Vor diesem Hintergrund möchte ich nun auf Ihre Fragen detailliert eingehen. Sie fragen 1. nach der mittelfristig wirksamen kulturpolitischen Konzeption. Ich werde zunächst dem Senat und dann dem Abgeordnetenhaus zum Ende des Jahres ein kulturpolitisches Gesamtkonzept vorstellen, das den eben genannten Leitlinien für Berlin folgt und auf folgende gleichrangige Schwerpunkte konzentriert ist: 1. Erhalt der kulturellen Substanz der Stadt bei notwendiger Haushaltskonsolidierung. 2. Modernisierung der Einrichtungen durch Rechtsformänderung. 3. Effektivere und staatsferne Steuerung. Zuschussabsenkung im Tausch gegen Planungssicherheit und Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und Abschluss mehrjähriger Verträge. 4. Neuverhandlung der kulturellen Hauptstadtförderung mit dem Bund. 5 Beseitigung von strukturellen Disproportionen innerhalb und zwischen den Ebenen der Berliner Kulturpolitik.
Unter 2. erkundigen Sie sich nach der Rolle der Opernhäuser und Theater im Gesamtentwurf des Senats. Sie werden hier trotz Ihrer interessierten Frage vermutlich keine Ausführung zur historischen und aktuellen Bedeutung dieser Kultureinrichtung erwarten. Als große personalintensive Institution beanspruchen sie allerdings fast die Hälfte des Kulturetats. Das heißt, eine gelungene Strukturreform in diesem Bereich ist entscheidend für mögliche Konsolidierungsbeiträge der Kultur und vor allem für die Wiedergewinnung von Handlungsspielraum im Kulturbereich selbst.
Es ist aber auch klar, dass die Häuser steigende Personalkosten nicht länger erwirtschaften können. Genau diese Politik der letzten Jahren hat die Bühnen in immer größere Defizite getrieben. Da die Etats aber nicht steigen werden, ist gerade im Bühnenbereich die Aushandlung eines Solidarpaktes, eines Bündnisses für die Bühnen, von zentraler Bedeutung und möglicherweise auch aussichtsreicher als an anderen Stellen des öffentlichen Dienstes.
Die eigentlich interessante Frage ist natürlich die 3. Frage. Frau Grütters, Sie haben sie auch wiederholt:
Wie lange wird sich Berlin drei eigenständige Opernhäuser in der Verantwortung des Landes noch leisten können?
Mit aller Deutlichkeit muss ich hier zunächst konstatieren, dass Berlin als Stadt immer nur ein Opernhaus hatte. Es war übrigens nicht Berlin, sondern die Bürgerschaft Charlottenburgs, die 1912 die städtische Oper in der Bismarckstraße errichtet und betrieb. Die Linden- und die Krolloper wurden vom Preußischen Staat betrieben.
In der Zeit der Teilung gab es de facto drei Staatsopern: Die Komische Oper und die Staatsoper wurden
von der DDR-Regierung und nicht vom Magistrat unterhalten. Die Deutsche Oper wurde aus dem Berliner Landeshaushalt, der bekanntlich zu mehr als 50 % vom Bund direkt finanziert wurde, getragen. Auf Ihre Frage Nr. 3 will ich daher auch sehr exakt antworten. Berlin wird sich drei Opernhäuser nur unter vier Bedingungen weiter leisten können: 1. Es gibt für diese drei Häuser ein Publikum und eine Verankerung in der Stadt. 2. Wir schaffen rechtliche und organisatorische Strukturen für einen modernen Opernbetrieb, die es erlauben, den Zuschuss angemessen abzusenken. 3. Es gibt eine weitere erkennbare Entlastung des Berliner Kulturhaushaltes durch den Bund. 4. Es kommt zum Abschluss eines Bündnisses für die Bühnen, mit dem die Personalkostensteigerung begrenzt wird. Genau auf diese vier Punkte habe ich mich in den letzten Monaten konzentriert. Es gibt intensive, vertrauensvolle und vertrauliche Gespräche mit der Staatsministerin für Kultur und Medien. Der Bund macht – zu Recht – sein verstärktes kulturpolitisches Engagement in Berlin von einer Modernisierung der Strukturen der Bühnenbetriebe abhängig. Es wird über Entlastung durch Übernahme einzelner Einrichtungen zur Abrundung bundeskulturpolitischer Aufgaben und über Hilfen zum Strukturwandel geredet. Der Bund beabsichtigt nicht, eine Oper zu übernehmen oder sich an der Grundfinanzierung der Opern in Berlin zu beteiligen. Und auch für die immer wieder von Kollegin Ströver – von mir mit gewisser skeptischer Sympathie betrachtete – vorgetragene Idee der Übernahme der Staatsoper durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz kann sich leider niemand weiter begeistern als Frau Ströver selbst. Sie hat nicht viel Resonanz. Ich halte diese Idee für ganz elegant, aber nicht für durchsetzbar.
Eine andere Handlungsebene der letzten Monate betraf die Gespräche mit den drei Opernintendanten und -leitungen sowie mit der Deutschen Opernkonferenz. Vielleicht ist hier der Platz, noch einmal die grundsätzliche Differenz zu Ihrem Herangehen zu verdeutlichen. – Herr Stölzl ist leider nicht da; Frau Grütters, nehmen Sie es bitte mit! – Im Unterschied zu Ihnen, Herr Stölzl, der Sie der Versuchung nicht entgangen sind, sich als Generalintendant der Berliner Opern zu fühlen und sich später peinlicherweise sogar selbst ins Gespräch zu bringen, im Unterschied zu Ihnen, der Sie nie mit den Intendanten in einer gemeinsamen Runde sprachen und der Sie mit Ihrem Konzept in der Deutschen Opernkonferenz Ihr Waterloo erlebten, verfolge ich einen anderen Weg. Es gibt einen moderierten, vertraulichen Dialog mit den Intendanten und geschäftsführenden Direktoren, die die verschiedenen, im politischen Raum befindlichen Entscheidungsvarianten fachlich beurteilen und betriebswirtschaftlich unterlegen. Außerdem gibt es eine Einladung an die Deutsche Opernkonferenz, an der Konzeptionsbildung mitzuwirken.
Sie wissen, dass im politischen Raum zur Zeit zwei Varianten diskutiert werden. 1. Die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Stiftung „Oper in Berlin“, in die die drei Opernhäuser als eigenständige, künstlerisch selbständig geführte Opernbetriebe eingebracht werden, während
die nichtkünstlerischen Bereiche – Werkstätten, Verwaltung, Marketing und Ticketing –, soweit sinnvoll, gemeinsam betrieben werden. Im Grundsatz liegt mir hierzu die Zustimmung der Intendanten und des Gesamtpersonalrats vor. Diese Stiftung sollte ohne einen künstlerischen Generalintendanten die Koordination der drei Opernbetriebe sowie die effektive Nutzung der gemeinsamen Ressourcen ermöglichen. Die Realisierung dieser Variante hängt sowohl von der Bereitschaft aller künstlerisch Verantwortlichen als auch von den darstellbaren Zuschussabsenkungen ab. Die angestrebte Rechtsformänderung muss mit dem Abschluss eines mehrjährigen Leistungsvertrages und einer zu verhandelnden Zuschussabsenkung verbunden werden. Die von den Gewerkschaften und Personalräten erwartete Fortschreibung des Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen muss mit einem Solidarpakt verbunden werden.
An dieser Stelle sage ich noch ein Wort zu Ihrem Papier von gestern. Auch ich teile die Auffassung, dass die Opern stärker kooperieren und ihr jeweiliges Profil ausbilden müssen, dass die Spezifik der jeweiligen Aufführungsorte berücksichtigt werden sollte. Ich halte aber nichts davon, den Opern ihr künstlerisches Profil von Staats wegen vorzuschreiben. Ihr wiederholter Versuch, den Opern Repertoires zu verordnen, hat Ihnen bereits vor Jahren den bösen Vorwurf der Opernkonferenz, in die Nähe zentralistischen Denkens, ja der Reichsmusikkammer geraten zu sein, eingebracht. Es ist plattester Vulgärmaterialismus, anzunehmen, in der in der Barockzeit entstandenen Lindenoper könnten nur Barockopern gespielt werden, und die große Oper gehöre allein in die größte Oper. Nach dem Scheitern Ihrer Opernreform sollten Sie insbesondere der Staatsoper gegenüber mehr Sensibilität aufbringen. Ebenso abwegig ist es, die als städtische Oper bestens profilierte Komische Oper in Verdrängung der eigenen Verantwortung bei der Liquidation des MetropolTheaters nun zum Operettentheater umbilden zu wollen. Ich setze dagegen darauf, dass die Häuser in gemeinsamer Abstimmung ihre jeweiligen künstlerischen Profile entwickeln, dies im Rahmen einer gemeinsamen Stiftung intern austragen und dem Publikum dann ein Gesamtangebot unterbreiten.
Einen anderen Punkt, Frau Grütters und Herr Stölzl, kann ich auch nicht übergehen. In Ihrem Papier schreiben Sie, es müsse dringend ein Abfindungsfonds her, den die CDU schon seit Jahren fordere. Größenordnung: 15 Millionen €. Nicht schlecht, was? Gute Idee! Ich frage Sie, wer hier zehn Jahre lang regiert hat. – In der Tat brauchen wir solch eine Strukturhilfe. Es gehört zu meinen Zielen, dies nun zu schaffen.
Frau Grütters, noch ein Wort zu Ihrer Kritik zu den Personalentscheidungen: Es ist unter aller Kritik, dass Sie auf dem Rücken Betroffener Ihre von der CDUKulturpolitik zu verantwortenden Fehlentscheidungen vergessen machen wollen. Nicht die einzelnen Personalentscheidungen waren falsch, um nicht falsch verstanden zu werden; es handelt sich jeweils um herausragende
Künstlerpersönlichkeiten. Aber Leute zusammenzubinden, die nicht zusammengehören, das treibt ganze Opernhäuser auseinander. Das wäre etwa so, als wenn Radunski und Stölzl zur selben Zeit Kultursenator hätten sein sollen.
2. Kommen wir zurück zu der anderen derzeit diskutierten Variante. Im Gespräch ist auch die Fusion zweier Opern, genauer: der beiden großen Häuser. Die kulturpolitischen Kosten für diese Variante sind sehr hoch, möglicherweise zu hoch. Sie wäre nur gegen die Intendanten bei Verlust herausragender Künstlerpersönlichkeiten und um den Preis einer als feindliche Übernahme verstandenen Integration von Ensembles durchzusetzen. Das existierende, aus der langen Geschichte Berlins erwachsene Problem der Bewältigung der Bipolarität der beiden großen Häuser sollte nach meiner Auffassung anders und nicht gegen die künstlerisch Verantwortlichen und die Beschäftigten bewältigt werden.
Aber ich stimme Ihrer Einschätzung zu, Frau Grütters, dass ohne Bewegung auf allen Seiten hin zu einem Stiftungsverbund eine Fusion oder gar eine Schließung nicht zu verhindern ist. Deswegen achte ich auch außerordentlich die Positionen der Koalitionskolleginnen Frau Dunger-Löper und Frau Fugmann-Heesing und des Kollegen Strieder, die dieses Alternativszenario mit aller Deutlichkeit skizziert haben. Es ist wichtig, dass wir diesen Korridor jetzt beschrieben haben, indem wir unsere politische Grundsatzentscheidung, die mit meiner Vorlage zum Ende des Jahres vorbereitet und dann getroffen werden soll, jetzt auch genauer umreißen können.
Zu Ihrer vierten Frage ist zu bemerken, dass Herr Holender einzig den Auftrag hat, die Deutsche Oper bei der Konkretisierung der künstlerischen Planung für die Spielzeiten 2003/2004 und 2004/2005 zu beraten. Er ist weder Intendant noch soll oder will er es werden. Die Entscheidung über die Intendanz der Deutschen Oper, für die ein Generationswechsel wünschenswert wäre, erfolgt unmittelbar nach den Strukturentscheidungen durch das Parlament.
Zu 5: Art und Umfang der Sanierung der Staatsoper erfolgen ebenfalls im Zuge der anstehenden Strukturentscheidung. Derzeit wird ein von der Staatsoper entwickeltes Finanzierungsmodell zur Sanierung mit den Senatsverwaltungen für Finanzen und für Stadtentwicklung erörtert.
Zu 6: Die Komische Oper verfügt über einen Intendanten, einen nominierten Nachfolger und über ein ausgezeichnetes künstlerisches Team. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn Intendanten auch inszenieren, wie es auch in der Staatsoper der Fall ist. Die Komische Oper ist nicht nur das für das moderne Musiktheater traditionsreichste
Haus der Stadt, sondern der Komischen Oper ist es gelungen, in Fortsetzung dieser Tradition die Stadt von unten zu vereinigen. In der Berliner Stadtgesellschaft hat die Komische Oper zu Recht eine feste Verankerung.
Zu 7: Die Lösung der Ballettfrage ist abhängig von der Strukturentscheidung bei den Opern. Wir brauchen ein leistungsfähiges Ballett für Berlin, das auch den Tänzerinnen und Tänzern mehr Auftrittsmöglichkeiten bietet, als sie gegenwärtig haben.
In Ihrer letzten Frage geht es um den Zeitraum und die Finanzierungsfragen. Wir reden über Planungen, die mit dem Haushalt 2004 ansetzen. Es handelt sich um eine mittelfristige Planung. Strukturentscheidungen – das wissen Sie –, zumal, wenn sie sozialverträglich umgesetzt werden sollen, brauchen Zeit und einen langen Atem. Dort, wo Berlin diesen langen Atem nicht hat, werden wir mit dem Bund über degressive Strukturhilfen verhandeln. Voraussetzung dafür ist, dass Berlin ein tragfähiges Strukturkonzept vorlegt. Daran arbeiten meine Verwaltung und ich gemeinsam mit den Beteiligten. Wir stehen unter Zeitdruck, das ist nicht unbedingt schlecht. Dieser Zeitdruck hat seine Ursachen vor allem darin, dass die zielführenden Gespräche mit dem Bund sinnvollerweise erst nach den Bundestagswahlen haben beginnen können. Und es besteht die Absicht – Sie fragen nach den Umsetzungsmöglichkeiten –, die Verabredung mit dem Bund in den neu zu verhandelnden Hauptstadtkulturvertrag einzubringen. Den Berliner Teil dieser Aufgabe werde ich dem Abgeordnetenhaus bis Jahresende, spätestens bis Januar, in der beauftragten Vorlage präsentieren können.
So weit meine Beantwortung Ihrer Großen Anfrage. Zum Schluss: Die Berliner Opern sind entschieden besser als ihr Ruf. Gehen Sie hin! Stimmen Sie mit den Füßen ab! Ob Schostakowitschs „Die Nase“ in der Staatsoper, Zemlinsky in der Komischen Oper oder Jenufa in der Deutschen Oper – es lohnt sich. Und ob der Ruf der Berliner Kulturpolitik sich bessert, hängt auch vom Ausgang der Operndebatte in diesem Parlament ab. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Senator Dr. Flierl! Weil Sie die Abwesenheit von Herrn Professor Stölzl angesprochen haben, gestatten Sie mir einen Hinweis. Herr Professor Stölzl hat sich entschuldigt. Er bedauert es sehr, dass er heute nicht da ist. Er hält, auf dessen ausdrücklichen Wunsch, die Laudatio für Harry Kupfer bei der Preisverleihung an der Komischen Oper. Er hat also auch etwas mit Oper zu tun, aber arbeitet an einer anderen Front, wenn ich es einmal so ausdrücken darf.
Zu dieser interessanten Diskussion herzlich willkommen in unserem Kreis. Alles Gute für Ihre Aufgabe in der Wirtschaftsverwaltung!
Nun geht es weiter mit Frau Grütters, die sich zu Wort gemeldet hat und für die Fraktion der CDU spricht. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Wir liegen, was die konkreten Dinge angeht, offensichtlich gar nicht so weit auseinander. Aber ich möchte doch etwas dazu sagen, dass Sie viel Raum auf den Hinweis des Scheiterns unserer Opernpolitik verwendet haben. Wir haben jedenfalls kein Haus zur Schließung angeboten. Weshalb wir die Frage jetzt beantwortet haben wollen, liegt daran, dass seit Monaten eine wenig konsequente Personalpolitik für Schlagzeilen sorgt. Es fällt uns schwer, so lange abzuwarten, bis der Ruf der Stadt gänzlich ruiniert ist. Wenn Sie das geringe öffentliche Verständnis für Kultur und ihre sozialen Effekte anmahnen, dann kann ich nur sagen, dass ich das eher beim Senat als in der Bevölkerung sehe. In der Bevölkerung ist es so, dass 70 % laut DIW-Studie der Kultur positiv gegenüber stehen und 30 % immerhin zu den regelmäßigen Kulturnutzern gehören.
Zur Erinnerung noch etwas mehr, man kann es gar nicht häufig genug sagen: Es sind immerhin 65 000 Personen in der Kultur beschäftigt, die machen einen Umsatz in Höhe von 1,6 Milliarden € in Berlin, das sind 2,2 % der gesamten Wirtschaftsleistung in der Stadt. Herr Sarrazin, Sie schütteln mit dem Kopf, aber ich finde, das gehört als Prämisse in solch eine Debatte sehr wohl hinein. Pro Kopf der Bevölkerung geben wir 230 € im Jahr für Kultur aus. Davon kommen 30 % vom Bund, das ist in keiner anderen Stadt so. Wir liegen damit bei den Ausgaben, die Herr Sarrazin immer betont, hinter Stuttgart, Düsseldorf, Hamburg und München. Darauf sollte man dann doch hinweisen. Wie haben seit der Wende den Etat fast halbiert und das Angebot fast verdoppelt. Ich stimme mit Ihnen überein, wenn Sie darauf hinweisen, welche sozialen Effekte Kultur hat. Kultur ist auch Ausdruck von Humanität, und wie eine Gesellschaft aufgestellt ist, sieht man daran, wie sie mit ihrer Kultur umgeht.
Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der Senat die Opernhäuser nach einigen bedeutenden Personalentscheidungen, ich habe die Intendanz Komische Oper und die Intendanz Deutsche Oper angesprochen, nicht bereit ist, diese Häuser mittelfristig auf starke personelle Füße zu stellen. Deshalb ist es schon bemerkenswert, wenn Sie Herrn Holender für die Spielzeit 2003, 2004, 2005 mal eben als Berater holen wollen. Entweder zusätzlich zu einem – kurz nach der Beschlussfassung über das Konzept , wie Sie sagen – zu bestellenden neuen Intendanten, dann wäre er überflüssig. Mich wundert schon, dass sich dieser Mann öffentlich, offenbar ungefragt, zur Fusion äußert und sich als ein Befürworter einer solchen darstellt. Das finde ich unpassend. Wir haben immer gesagt, dass eine Fusion viel kostet – das müssen auch Frau Dunger-Löper und Frau Fugmann-Heesing berücksichtigen –, das bedeutet zunächst einmal Kosten für einen Sozialplan. Im Übrigen hat Herr Stölzl damals sehr wohl mit den Intendanten
geredet, aber ich gebe zu, die Systematik seiner Vorstellung war eine andere, als Sie es heute machen: Erst reden, dann vorstellen, das finden wir auch richtig. Darüber hinaus hat es schon damals unterschiedliche Auffassungen des Senators und der Fraktion gegeben.
Sie sprechen heute von vier Bedingungen: rechtliche und organisatorische Strukturen so gestalten, dass der Zuschuss angemessen abgesenkt werden kann. Was heißt das? – Das hätten wir gern etwas genauer ausgeführt. Dann wüssten wir nämlich, ob wir über den Zuschuss an ein ganzes Haus oder sogar an zwei Häuser sprechen oder über einen, der kleiner ist. Zweitens sprechen Sie den Bund an. Hierfür haben wir alle noch keine richtige Lösung, weil Frau Weiss nur von einer strategischen Partnerschaft spricht, das wird sie vielleicht noch genauer fassen. Bündnis für Bühnen, Personalkostensteigerungen auffangen, was heißt das? – Auch hier sind die Hauptfaktoren im Moment nicht geklärt. Wenn wir eine Opernholding in der Rechtsform einer Stiftung ansprechen, dann deshalb, weil das Modell Stiftung – Sie wissen, dass es immer von mir ein Anliegen war, nicht nur in der Kultur, sondern auch im Wissenschaftsbereich – tatsächlich als eines der besten Modelle, auch was das Stichwort Rechtsformänderung angeht, dasteht und dass wir es vor allen Dingen dreimal erfolgreich praktiziert haben in CDURegie im Kulturbereich: Stadtmuseum, Technikmuseum und Philharmoniker.
Ja, das ist keine neue Idee, auch nicht von uns, aber in der Tat sehr gut und lange vorbereitet. Dass Frau Vollmer und Herr Eckhardt sie so aufschreiben, finde ich richtig. Ich bin gestern gefragt worden, was unser Modell von einem, das gut ist, unterscheidet. Das muss es nicht, es soll ja dasselbe sein.
Doch! Einiges wohl, was das künstlerische Profil angeht, beziehungsweise das Wandern zwischen den Häusern.
Für das Berlin-Ballett ist natürlich keine Regelung getroffen. Frau Meister, Sie haben in Ihrer gestrigen Erklärung zu unserem Konzept einen wesentlichen Punkt übersehen. Wir haben sehr deutlich gesagt, dass mehrjährige Verträge abgeschlossen werden müssen. Dazu fehlt mir auch noch eine Aussage des Senators. Wir praktizieren das sehr erfolgreich bei den Hochschulverträgen. Wenn Einrichtungen, wie die Universitäten oder innerhalb des Kulturbereichs die Opern wirklich eine herausragende Bedeutung haben, müssen sie auch langfristig abgesichert werden. Das gehört bei uns dazu, auch nachdem das Land das erfolgreich praktiziert hat, genau wie bei der Verstiftung, das gilt auch für langjährige Verträge. Jetzt ist die Zeit, es den Opernhäusern anzubieten.
Wir sind natürlich der Meinung, dass über die Rechtsformänderung andere haushalts- und tarifrechtliche Regelungen möglich gemacht werden müssen. Das alte Thema Vertretungsregelungen muss neu diskutiert werden. Es
kann nicht sein, dass aus Hamburg oder München Ersatz beschafft wird, wenn in der Deutschen Oper ein Musiker ausfällt, und nicht in derselben Stadt. Der Abfindungsfonds war schon unter Staatssekretär Pufendorf ein Thema. Wir haben damals von der Größenordnung 36 Millionen DM gesprochen. Ich weiß, dass die Situation heute etwas anders ist, weil natürlich auch schon einiges auf diesem Feld geschehen ist. Ich kann es deshalb nicht so genau beziffern wie Sie es tun, aber wenn wir alle ehrlich sind, dann wissen wir genau, dass für den reibungslosen Start einer neuen Opernstiftung oder -struktur, natürlich eine Bereinigung von den alten, personellen, finanziellen Lasten sein muss. Das beste Modell wäre ein Abfindungsfonds. Natürlich ist es eine Frage, woher das Geld kommen soll. Vielleicht sind Sie an dieser Stelle mit anderen Geldgebern wie dem Bund im Gespräch, aber es muss doch erlaubt sein, dass man in eine eigene Idee einen solchen Fonds mit hineinschreibt.
Dass wir die Form der Stiftung – dritter oder vierter Punkt zur Rechtsform – richtig finden, liegt unter anderem daran, wie die Aufsicht besetzt ist. Ich habe bereits an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass interessierte Fachleute eine solche Aufsichtsfunktion in den Räten mit einer anderen Hingabe wahrnehmen, als es momentan behördlicherseits geschieht. Bei einer klugen Disposition würde in solch einer gemeinsamen Struktur – Stiftung Opern Berlin – natürlich auch dafür gesorgt werden können, dass es keine Schließtage mehr gibt oder dass man zumindest an jedem Abend in eine Oper gehen kann.
Wir haben sehr wohl, und zwar ganz bewusst, darauf verzichtet, Herr Flierl, den Häusern eine Programmvorgabe zu machen.
Ja, Herr Stölzl hat daraus auch gelernt, das gebe ich zu. Aber, Herr Cramer, wenn Sie ehrlich sind, und sich an die Debatte erinnern, die wir damals im SFB-Sendesaal mit der Opernkonferenz geführt haben, gab es deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Fraktionsmitgliedern, die diese Schwerpunktsetzung im Profil, die die Politik den künstlerischen Leitern vorschreiben wollte, damals schon beklagt haben. Natürlich wiederholt auch ein Mann wie Stölzl so etwas nicht.
Deshalb ist es überzeugend, wenn er heute sagt: Diese Schwerpunktsetzung bedeutet eine Einengung von selbstbewussten Künstlern, die so nicht gemacht werden kann. Ich habe Übrigens auf dem Podium – Herr Flierl, ich hätte erwartet, dass Sie da ehrlich sind –, Herrn Homoki natürlich nicht gesagt, er soll immer wieder Operette spielen. Aber ich glaube ihm umgekehrt auch nicht, dass nur eine Operette pro Jahr beziehungsweise pro Spielzeit sinnvoll ist und dass die nicht ausverkauft ist. Das kann ich mir in einer Stadt wie Berlin nicht vorstellen. Im Übrigen wundere ich mich nicht, dass das Deutsche Theater jetzt zum ersten Mal seit 60 Jahren eine Operette herausbringt. Dafür ist das Deutsche Theater eigentlich nicht der Spielort.