Wer die europäische Einigung als Alternative zur atlantischen Partnerschaft oder gar als Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten von Amerika versteht, wird Europa nicht einen, sondern spalten. Unsere osteuropäischen Nachbarn verstehen die europäische Einigung eben nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft, sondern zuerst und vor allem als Sicherheitsverbund. Wenn sie vor die Alternative Europa oder atlantische Gemeinschaft gestellt werden, werden sie sich für die atlantische Gemeinschaft und damit gegen Europa entscheiden. Deshalb darf gerade die deutsche und gerade die Berliner Politik diese Alternative atlantische Gemeinschaft oder Europa niemals zulassen.
des Diktators zusammengetragen – eine einzige Bilanz des Schreckens. Dieser Diktator hat die hässliche Fratze seiner Unmenschlichkeit erneut unter Beweis gestellt, indem er Kopfgelder auf getötete US-amerikanische und britische Soldaten ausgesetzt hat.
In der internationalen Ordnung ist es wie im Staat: Am Ende brauchen Recht und Demokratie immer auch die Macht zu ihrer Durchsetzung. Recht ohne die Fähigkeit zur Durchsetzung schafft keine Ordnung, schafft keine Gerechtigkeit, schafft keine Demokratie, schafft keine Stabilität und schafft auch keinen Frieden.
In der Nachkriegszeit, in der Ordnung des alten OstWest-Gegensatzes haben wir mit großen Schwierigkeiten, mit vielen Risiken, aber am Ende außerordentlich erfolgreich die Fähigkeit hoch entwickelt, militärische Gewalt so einzusetzen, dass die bloße Drohung ihrer Anwendung ausgereicht hat, das Ziel zu erreichen, nämlich militärische Gewalt niemals anwenden zu müssen. Das hat trotz vieler Sorgen und großer Emotionen am Ende fast perfekt funktioniert.
Ich habe großen Respekt vor den Demonstranten gegen den Krieg, aber ich verstehe auch die Frage der irakischen Opposition, warum die Friedensbewegung angesichts einer Million Toten im Irak durch den Diktator jahrelang geschwiegen hat.
Die Bundesregierung hat durch ihre unnötige vorzeitige Festlegung entscheidend dazu beigetragen, dass die internationale Drohkulisse gegen Hussein geschwächt wurde.
Dieses Verhalten hat weder den Inspektoren geholfen noch den Krieg verhindert. Der irakische Diktator hätte zu jeder Zeit den Krieg verhindern können, indem er den Forderungen der Vereinten Nationen in den vergangenen 12 Jahren nachgekommen wäre.
Bis heute hätte er die Möglichkeit, durch den Gang ins Exil den Krieg sofort zu beenden. Aber auch diese letzte Chance auf eine friedliche Lösung des Konflikts lässt er unvermindert und unverändert verstreichen. Möglicherweise wäre von all den vielen Übeln, zwischen denen am Schluss zu wählen war, das demütigende Scheitern der Vereinigten Staaten von Amerika für den Frieden in der Zukunft und für die Stabilität in der Welt ein noch größeres Risiko gewesen als der Krieg, den wir jetzt leider erleben.
Selbst wenn dieser Krieg auch mir ohne einen neuen Beschluss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ein großes Risiko zu sein scheint, könnten die langfristigen Auswirkungen bei einem demütigen Scheitern der Verei
[Beifall bei der CDU und der FDP Doering (PDS): Man muss nur die Mehrheit akzeptieren – das ist alles!]
Die deutsche Regierung nennt den Irakkrieg illegitim, weil er ein Präventivkrieg ist. Aber muss das Völkerrecht nicht weiterentwickelt werden, weil Terroristen ihre Kriege im Geheimen vorbereiten und nicht mehr Staaten gegeneinander Kriege führen? Das Präventivargument wurde von den USA überdehnt – keine Frage. Grundsätzlich falsch ist es trotzdem nicht. Wer an der Zukunft des Völkerrechts interessiert ist, muss Kriterien für präventive Maßnahmen aufstellen, anstatt Prävention kategorisch abzulehnen. Es mag sein, dass amerikanische Regierungen und deren Präsidenten Entscheidungen treffen, die wir nicht für richtig halten – ich glaube, dass man über die jetzt getroffene Entscheidung sehr wohl äußerst unterschiedlicher Meinung sein kann, in einer Demokratie wohl sein muss. Aber das ändert nichts daran, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine der verlässlichsten und größten Demokratien in der Geschichte und der verlässlichste und stärkste Partner der Deutschen sind
und dass wir in unserem eigenen Interesse auch in Zukunft alternativlos – ich betone ausdrücklich: alternativlos – auf die enge und unverbrüchliche und von Vertrauen getragene Partnerschaft mit Amerika angewiesen sind und dass wir den Amerikanerinnen und Amerikanern und deren Regierungen gerade in Berlin unendlich viel verdanken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben ein überragendes Interesse daran, dass sich Amerika weiter in Europa, weiter in Deutschland und auch weiter hier
CDU-Chefin Angela Merkel hat sich sehr viel deutlicher als bisher auf die Seite der USA und Großbritanniens gestellt. In der ARD nannte sie den Krieg gegen den Irak „unvermeidbar“. Wörtlich sagte Merkel: „Man hat einen Punkt erreicht, an dem der Krieg unvermeidbar geworden war. Bei einem Nichthandeln wäre der Schaden noch größer gewesen.“
Gott sei Dank gibt es auch in der CDU und der CSU Menschen, die sich von diesem Wortgehabe distanzieren. Herr Stoiber geht auf Distanz, Herr Müller aus dem Saarland ist gegen den Krieg – zu Recht! Meine Damen und Herren von der CDU! Wenn es um Krieg oder Frieden geht, sind keine Ergebenheitsadressen gefragt, Herr Henkel, sondern Ehrlichkeit und Klarheit.
Der Papst, dem Sie mit Ihrem C im Parteinamen bekanntlich näher stehen als wir, hat in einer seiner Botschaften eindeutig gesagt: Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit. Und ich möchte noch hinzufügen – Herr Steffel, Sie haben vorhin demokratische Verhältnisse in der Region des Iraks angemahnt –: Demokratie lässt sich nicht herbeibomben!
bei uns in Berlin engagiert. Und eigentlich müssten die Amerikaner stolz darauf sein, was sie in Sachen Frieden, Freiheit und Demokratie in fast 60 Jahren bei ihren deutschen Schülern erreicht haben. Die einst kriegerischen Deutschen sind friedfertig geworden, bewachen und schützen den Frieden in Europa. Die einst nationalistischen Deutschen sind aus tiefer Überzeugung Mitglieder der Europäischen Union und der NATO. Unser Amerikabild ist generationsübergreifend überwiegend positiv. Von John. F. Kennedys „Ich bin ein Berliner!“ und von Ronald Reagans „Mr. Gorbachev! Tear down this wall!” sind wir geprägt. American way of life ist seit Generationen für junge Europäer und junge Deutsche eine nachahmenswerte Lebensweise. Aber trotzdem verbinden gerade wir jungen Deutschen mit Amerika eher Manhattan, Hollywood oder Woodstock als Westpoint. Wir müssen wieder lernen – Deutsche und Amerikaner, Regierungen und Bürgerinnen und Bürger beider Länder –, aufeinander zuzugehen. Als es um den Krieg ging, haben wir das bedauerlicherweise nicht geschafft. Vielleicht schaffen wir es, wenn es hoffentlich möglichst bald um den Frieden geht. Es wird schwer genug, Frieden zu schaffen, solange sich die Kriegsparteien anmaßen, im Namen Allahs oder im Namen Gottes zu handeln. – Ich danke Ihnen!
Vielen Dank, Herr Dr. Steffel! – Für die Fraktion der SPD erhält das Wort Frau Fischer. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit einer Woche gibt es Krieg im Irak. Menschen leiden, Menschen sterben – täglich mehr. Das ist für uns, die wir dieses aus der Ferne miterleben müssen, bitter und schmerzlich. Und was besonders bitter ist: Dieser Krieg war vermeidbar.
Er wurde ohne Zustimmung der Vereinten Nationen begonnen, zu einem Zeitpunkt, an dem der Irak sicherlich unter der Drohung von militärischer Gewalt zunehmend mit den UN-Inspektoren unter der Leitung von Hans Blix kooperierte, zu einem Zeitpunkt, an dem die Entwaffnung des Iraks auch ohne Krieg Fortschritte machte. Wir bedauern zutiefst, dass die USA und einige andere Staaten nicht bereit waren, diesen erfolgreichen Weg weiter zu gehen.
Am Unrechtscharakter der Saddam-Diktatur, Herr Steffel, hat die Bundesregierung nie Zweifel aufkommen lassen. Aber gegen diesen Krieg hat sie eine klare Haltung eingenommen – die Opposition auf Bundesebene leider nicht. Frau Merkel war in Washington, bei Herrn Rumsfeld, und machte eines deutlich: Sie möchte zu den neuen Europäerinnen gehören.
[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Dr. Lindner (FDP): Die ist heute gar nicht hier, die Frau Merkel!]
Das Abgeordnetenhaus hat sich in seiner Entschließung „Berlin – City for Peace“ gegen einen solchen Krieg ausgesprochen.
Wir haben zugleich deutlich gemacht, dass wir den USA viel zu verdanken haben und dass die Freundschaft, die uns verbindet, unterschiedliche Auffassungen zulässt. Wer seinem Freund nur nach dem Mund redet, ist in Wahrheit kein Freund.
Wir wissen auch, dass nicht alle Amerikaner diesen Krieg gutheißen. Das haben in letzter Zeit eindrucksvoll Prominente aber auch amerikanische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die in diesem Land und in unserer Stadt leben, in Worten und auf Demonstrationen gezeigt.
Die Ablehnung des Krieges wird von der großen Mehrheit der Bevölkerung in Berlin und außerhalb getragen. Damit stimmen die Berlinerinnen und Berliner mit ihren Sorgen und Ängsten mit vielen Menschen in anderen europäischen Ländern überein. In dieser Stadt hat es zahlreiche und sehr beeindruckende Demonstrationen gegen den Krieg gegeben. Das besonders Beeindruckende ist gerade die Friedlichkeit und Besonnenheit, mit der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, aber auch die Polizei vorgegangen sind. Dies hat sich bei der Schülerdemonstration in der letzten Woche mit ca. 50 000 Beteiligten
Berlin ist auch eine internationale Stadt. Menschen aus allen Nationen leben hier, auch aus den Ländern, die von diesem Krieg betroffen sind. Die Kriegsberichterstattung der Fernsehanstalten bringt die Bilder des Krieges in jedes Wohnzimmer, die Bilder zeigen ein Geschehen, das grausamer und brutaler ist, als mancher sich das vorgestellt hat. Die dabei ausgelösten Emotionen dürfen sich jedoch nicht in Gewalt entladen. Mit Besorgnis sehe ich
insbesondere die Gefahr – und ich greife hier ein Beispiel heraus –, dass die Türkei im Rahmen des Irakkrieges in dem von Kurden bewohnten Norden des Iraks in kriegerische Handlungen verwickelt werden könnte. Dieser Krieg führt auch zu einer zusätzlichen Belastung des leider schon angespannten Verhältnisses zwischen Türken und Kurden – in unserer Stadt leben Menschen aus beiden Völkern, Herr Senator Dr. Körting hat dies bereits geschildert. Ich erinnere an dieser Stelle an den Appell des Regierenden Bürgermeisters vom 20. März, in dieser Stadt die Kultur von Toleranz und Friedlichkeit aufrecht zu erhalten, also allen Menschen friedlich zu begegnen, egal aus welchem Land sie stammen, welchen Glaubens sie sind oder welche Hautfarbe sie haben.
Klaus Wowereit hat Recht, wir haben vor allem eine gemeinsame Aufgabe – die Weltoffenheit Berlins auch in Zeiten internationaler Spannungen zu bewahren.
Dieser Krieg, der auch mit der Begründung begonnen wurde, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, birgt im Gegenteil die Gefahr in sich – wir haben es vorhin gehört –, dass der Terrorismus eher angefacht wird. Auch das haben wir in der Resolution „Berlin – City for Peace“ schon angesprochen. Deutschland und Berlin sind nicht außen vor.
gezeigt, die – anders als in Hamburg – einen guten Verlauf nahm. Es ist erfreulich, wenn junge Menschen, denen man oft Desinteresse an Politik und Gesellschaft unterstellt hat, zeigen, dass es sich lohnt, nicht resigniert wegzuschauen, sondern durch Proteste Politik auch zu unterstützen.
Bei einer Befragung der Schüler nach der Demonstration war dies einer der Hauptgründe, die Bundesregierung in ihrem Bemühen gegen den Krieg zu unterstützen.
Als Innenpolitikerin danke ich der Polizei für die Übersicht und Flexibilität, mit der sie der schwierigen Aufgabe gerecht wird, die Sicherheit der vielen gefährdeten Einrichtungen zu gewährleisten und zugleich die Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit zu ermöglichen.