Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Wir brauchen also neue, aktuelle Schulbücher. Jedoch

wir wissen alle: Zusätzliche Ausgaben kann sich das Land Berlin nicht leisten. Im Gegenteil, es sind Ausgabenkürzungen unumgänglich. Die Bereitstellung der Schulgebäude, ihre Ausstattung, das Vorhalten des Personals erfordern bereits enorme finanzielle Anstrengungen.

auch schon seit Jahren – auch diese Problematik klären. Wir sind der Meinung, dass die jetzige Situation unbefriedigend ist. Die Antwort kann aber nicht Zentralabitur heißen. Sie kann auch nicht heißen, das alles um drei Monate gekürzt wird, wohl wissend, dass andere Bundesländer, die diesen Weg gegangen sind, immer noch mit den Problemen kämpfen, wohl wissend, dass die Anschlussperspektiven fehlen. Eine der Vorrednerinnen hat es bereits gesagt, dass die meisten Studiengänge zum Wintersemester beginnen. Die Bundeswehr ist nicht bereit, den Termin der Wehrdienstleistenden vorzuziehen.

[Sen Böger: Das stimmt doch gar nicht!]

Das stimmt sehr wohl, Herr Böger. In Rheinland-Pfalz wird dieses Modell schon seit zwei Jahren praktiziert. Lediglich 10 % der Abiturienten haben es bisher zumindest geschafft, entweder früher mit dem Studium oder einer Ausbildung zu beginnen. Wir wissen, dass nahezu alle Ausbildungsberufe zum 1. September beginnen. All diese Probleme sind ungeklärt. Deshalb sagen wir, dass wir diese Mogelpackung nicht akzeptieren werden.

Ich bin gespannt, was Sie jetzt im Schulausschuss präsentieren werden. Es sei Ihnen versichert, dass wir es unterstützen werden, wenn es etwas Vernünftiges ist. Ich erinnere Sie aber noch einmal an unsere Drucksache 15/1419 „Keine übereilte Oberstufenreform“. Diese geht in die richtige Richtung. Springen Sie über Ihren Schatten! Stimmen Sie dieser Vorlage von uns zu! Dann werden es Ihnen die Schüler dieser Stadt, aber auch die Eltern dieser Stadt danken. Ich danke Ihnen!

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der Vorlage an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport. – Ich höre dazu keinen Widerspruch. Wir werden so verfahren.

Die lfd. Nrn. 9 und 10 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen nun zur

lfd. Nr. 11:

I. Lesung

Achtundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Berlin (28. ÄndSchulG)

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/1604

Ich eröffne die I. Lesung. Auf eine Beratung wurde inzwischen verzichtet. So haben es mir die Geschäftsführer signalisiert. Die Fraktionen möchten ihre Reden zu Protokoll geben. Ich stelle fest, dass dem so ist. Dann bitte ich, entsprechend zu verfahren.

Sie wissen, für welche Lösung wir uns nach vielen

Diskussionen entschieden haben: Um die Arbeit mit aktuellen Büchern in gutem Zustand an allen Schulen möglich zu machen, wird den Eltern ab dem nächsten Schuljahr ein Eigenbeitrag abverlangt. Dadurch wird eine Verbesserung der Lernbedingungen erreicht, von der die Schülerinnen und Schüler profitieren.

Uns war bei der Umsetzung der finanziellen Eigenbe

teiligung besonders wichtig, dass die Bücher gekauft werden und in das persönliche Eigentum übergehen. Der Schüler weiß dann, dass das Englischbuch ihm gehört, dass er dafür verantwortlich ist und es, wenn er möchte, behalten kann.

Es gibt aber auch die Möglichkeit, die Schulbücher

nach einem Jahr Gebrauch an die nächste Klasse weiterzuverkaufen und so einen guten Teil der Anschaffungskosten – je nach Zustand des Buches – wieder hereinzuholen.

Damit sind wir bei der finanziellen Belastung der

Familien durch die neue Regelung. In der Tat gibt es ab dem nächsten Schuljahr eine begrenzte Eigenbeteiligung an den Kosten für die Lernmittel, wie es übrigens in vielen Bundesländern schon lange üblich ist, z. B. auch in Brandenburg. Die Eigenbeteiligung ist begrenzt, und zwar auf maximal 100 € p. a. für den Neuwert der Bücher. Wer gebraucht kauft, kann also wesentlich günstiger weg

Ihre Aussage über die Priorität von Bildung strafen

Sie selbst mit diesem Gesetzentwurf als Wahlkampfgetöse Lügen: Mit der Abschaffung der Lernmittelfreiheit schieben Sie noch mehr Kosten auf die Eltern ab. Diese sind durch die Anschaffung ergänzend zum Unterricht empfohlener Arbeitshefte und Übungsbücher ohnehin schon stark belastet. Machen Sie Kinder nicht zum Armutsrisiko!

Anstatt die Ausstattung der Schulen und die Unterrichtssituation gerade auch nach den Ergebnissen der PISA-Studie deutlich zu verbessern, bürden Sie den Lehrkräften zusätzliche Unterrichtsstunden auf! Die Qualität des Unterrichts wird sich so nicht verbessern, das Eingehen auf individuelle Probleme wird weiter erschwert.

Sie verhindern zudem die Einstellung junger Lehrkräfte mit neuen Ideen!

Die Ausstattungsvorsprünge Berlins, auf die der Fi

nanzsenator immer wieder so gern verweist, lassen unberücksichtigt, dass Berlin eine Großstadt mit besonderen sozialen Problemen ist: Es gibt extrem viele allein Erziehende, viele Kinder ausländischer Herkunft, eine strukturell hohe Arbeitslosigkeit, die zu verringern der Senat bisher kläglich gescheitert ist. Die Zahl derer, die einen Eigenbeitrag zu den Lernmitteln leisten müssten, ist verhältnismäßig gering, Sie verstärken die soziale Schieflage weiter. Diejenigen im „Grenzbereich“, die gerade noch zu viel verdienen, um öffentlich unterstützt zu werden, werden mit voller Härte getroffen! Nicht einmal eine Staffelung für Familien mit mehreren Kindern haben Sie vorgenommen!

kommen, muss vermutlich nur die Hälfte oder noch weniger aufwenden.

Damit sozial schwache Familien nicht über Gebühr

belastet werden, ist vorgesehen, Kindern von Sozialhilfeempfängern, Wohngeldbeziehern, Asylbewerbern und BAföG-Beziehern weiterhin alle Schulbücher über das Ausleihverfahren zu überlassen

Damit ist die soziale Balance gewahrt und der Vor

wurf, es würde durch die Einschränkung der Lernmittelfreiheit die Chancengleichheit verletzt, nicht haltbar.

Soziale Gerechtigkeit heißt unseres Erachtens nicht,

dass alle alles umsonst bekommen. Aufgabe des Staates ist es, dann einzugreifen, wenn der Einzelne nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Nach diesem Prinzip wird hier verfahren.

Unser Ziel ist klar: durch eine begrenzte, zumutbare

Belastung der einzelnen Familien wird eine deutliche Verbesserung in der qualitativen Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Schulbüchern erreicht.

Nachdem Rot-Rot die Aufhebung der Lernmittelfrei

heit bei den Beratungen des Nachtragshaushaltes durchgesetzt hat, bringen Sie heute die entsprechende Gesetzesänderung ein. Eltern sollen im Schuljahr einen Eigenbeitrag von 100 € zu den Lernmitteln erbringen. Die CDU lehnt eine weitere Belastung der Familien aus folgenden Gründen ab:

Die Feststellung der Bedürftigkeit derjenigen Schüle

rinnen und Schüler, deren Eltern von der Zuzahlung befreit werden sollen, verursacht einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Den Lehrkräften kann eine solche Aufgabe nicht auch noch aufgebürdet werden. Die Einsparungen, die Sie erhoffen, werden durch Aufwendungen für Personal auf ein Minimum reduziert!

Und selbst wenn die Eltern eine Eigenbeteiligung

leisten müssen, so können Sie die Zuweisungen für Lernmittel an die Schulen doch nicht verringern; ein wesentlicher Teil dieser Mittel wird schon lange nicht mehr für Bücher verwandt, sondern für die Herstellung aktueller Unterrichtsmaterialien, beispielsweise Kopien, sowie die Anschaffung von Arbeitsmaterialien für Hauptschüler. Sie werden also keinerlei Einsparungen erzielen!

Sie bewirken eine soziale Markierung der Kinder, die

keine neuen Bücher erhalten. Damit wird das Miteinander in der Klassengemeinschaft negativ beeinflusst.

Die Möglichkeit, in Büchern der vorhergehenden Schuljahre schnell einmal etwas nachzuschlagen, haben nur die bessergestellten Kinder, die die Bücher besitzen! Wir fordern Gerechtigkeit!

Die CDU–Fraktion lehnt eine Abschaffung der Lern

mittelfreiheit ab. Familien und Schulen dürfen nicht weiter der Steinbruch für rot-rote Sparmaßnahmen sein, während ein Denkmal für Rosa Luxemburg gebaut wird!

Für die CDU hat Bildung Priorität. Die finanziellen

Probleme der Stadt können nicht auf den Rücken unserer Schülerinnen und Schüler und ihrer Familien abgeladen werden!