Wir reden über Projekte, die Sie nicht schön finden können. Wir finden sie auch nicht schön. Aber was machen Sie denn mit dem Kreisel? Was machen Sie mit dem ICC? Sie können diese Gebäude doch nicht marode verfallen lassen. Ich weiß, da haben Sie jahrelange Erfahrungen in einem großen Teil der Stadt.
Sie müssen doch irgendwann an diese Probleme heran, sonst fällt Ihnen das alles zusammen. Wir wissen alle, was dies bedeuten würde, dass diese Stadt dann nicht mehr lebensfähig wäre. Sie müssen wieder in die Investition hinein, und Sie müssen dabei erst einmal die aufgelaufenen Schäden der letzten Jahre regeln.
[Dr. Lindner (FDP): Der Palast der Republik ist Symbol für diesen Senat! – Rabbach (CDU): Den wollen sie ja erhalten, und die Oper wollen sie abreißen!]
Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit sind die Themen der Großen Anfrage der Grünen, beides an und für sich selbstverständliche Begriffe. Wenn man die Halbwertzeit von Eckwertbeschlüssen, Finanzplanungen, Haushalts- und Nachtragshaushaltsentwürfen und -gesetzen betrachtet, ist das leider nicht so.
Zu Beginn einige Anmerkungen zum Primärdefizit: Der rot-rote Senat hat sich im Februar 2002 einen ausgeglichenen Primärhaushalt 2006 zum Ziel gesetzt. Von diesem Ziel hat sich die Koalition in den letzten Monaten verabschiedet. Zuerst mit Hinweisen auf die konjunkturelle Lage, auf die Steuereinnahmen. Heute, wenn ich Herrn Senator Sarrazin richtig verstanden habe, endgültig. Ob es 2008 oder 2009 mit einem ausgeglichenen Primärhaushalt klappt, wer weiß es. Festzuhalten bleibt, dass das Ziel am Ende der mittleren Finanzplanung im Jahre 2007 jedenfalls nicht erreicht werden wird.
Zur Haushaltswahrheit gehört aber auch, darauf hinzuweisen, dass ein ausgeglichener Primärhaushalt nur die erste Hälfte des Weges ist, den diese Stadt zu beschreiten hat. Herr Sarrazin hat uns vorgerechnet, dass eine Schuldenhilfe des Bundes nicht mehr als 1,2 Milliarden € an Zinsersparnissen bringen wird. Am Ende des Jahrzehnts werden wir bereits bei jährlichen Zinsbelastungen von 3,5 Milliarden € liegen. Selbst wenn der Bund – sozusagen als best case – eine sofortige Entschuldung des Landes vornähme – der Finanzsenator rechnet mit 25 Milliarden € –, fehlten immer noch 2 Milliarden €, um die Neuverschuldung auf Null zu fahren. Wohl gemerkt, wir reden vom best case, nicht beachtet sind dabei jahrelange Teilzahlungen des Bundes, Zinsen und Zinseszinsen, die
Zum Thema landeseigene Betriebe haben Sie neben der Bankgesellschaft im letzten Jahr auch die Feuersozietät als mahnendes Beispiel gehabt. Nur ein Teil der Beteiligungen ist für die FDP unter dem Gesichtspunkt der Vermögensaktivierung zu untersuchen. Der andere Teil läuft unter dem Aspekt der Risikominimierung und Risikoteilung für das Land. Der Finanzsenator nennt das in
terne Sanierungskonzept für die BVG selbst „äußerst ambitioniert“, es ist anscheinend zu ambitioniert, wie wir heute gelernt haben. Es reicht aber nicht, nur die BVG wettbewerbsfähig machen zu wollen. Der gesamte Berliner ÖPNV muss auf mehr Markt und Wettbewerb umgestellt werden. Nur im Wettbewerb wird sich zeigen, was von der heutigen BVG Bestand haben kann.
Je zügiger die Möglichkeit der Beteiligung privaten Kapitals an der BVG gewährt wird, desto geringer werden die künftigen Belastungen, nicht in Bezug auf die Entschuldung, sondern auch beim Betriebskostenzuschuss für das Land ausfallen. Gleiches gilt übrigens für Vivantes. Je zügiger das Land privates Kapital in Form einer Beteiligung oder durch den Verkauf einzelner Krankenhäuser akquiriert, desto geringer sind die Bürgschaftsrisiken für das Land Berlin. Dass die FDP für eine Kündigung der Zielvereinbarung mit der BSR eintritt, ist bekannt. Eine Aufrechnung mit Forderungen, die sich aus der Neuberechnung der Deponierückstellungen ergeben, würde eine Rückzahlung der Gewinnvorabausschüttung obsolet machen.
Zum Thema ICC haben wir in den letzten Wochen vieles gehört, leider wenig Sinnvolles oder Zielführendes. Für die FDP steht nach wie vor die Veräußerung der Messe am Anfang. Erst in diesem Kontext kann mit Interessenten über die Zukunft des ICC verhandelt werden. In diesem Rahmen stellt sich dann die Frage nach einer Kostentragung durch das Land. Ähnlich sieht es beim BBI aus. Vor Abschluss der Planungsverfahren können keine Angaben über das Gesamtvolumen gemacht werden. In beiden Fällen, ICC und BBI, sollten die Risiken in jedem Fall im Sanierungskonzept für die Verfassungsklage dargestellt werden.
durch jedes Abweichen von der Konsolidierungslinie – egal ob bei den Einnahmen nach unten oder bei den Ausgaben nach oben – zusätzlich anfallen. Die FDP hält es für richtig, wenn sich der Senat zunächst um die Konsolidierung des Primärhaushalts kümmert und dabei zunächst eine künstliche Trennung in Bezug auf die Zinsbelastungen in Kauf nimmt. Eine Diskussion, ob dies zwei Jahre früher oder später gelingt, ist für die Beurteilung der Durchsetzungsfähigkeit und Handlungsfähigkeit dieses Senats und damit für die Wahl 2006 relevant. Man sollte aber nicht den Eindruck erwecken, dass Berlin mit einem ausgeglichenen Primärhaushalt über den Berg wäre.
Damit kommen wir zur entscheidenden Frage, die auch Herrn Zackenfels beschäftigt: Wie seriös und verlässlich muss das Entschuldungskonzept, das Sanierungsprogramm des Senats sein, um in Karlsruhe bestehen zu können? – Die Antwort gab der Finanzsenator bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts 2003 selbst:
Wir müssen zeigen, dass wir das Sanierungsprogramm, das wir im Sommer mit der Klage einreichen, auch einhalten. Wir stehen mit der Klage unter bundesweiter Beobachtung und sind gezwungen, durch ein aktives Handeln den Nachweis zu bringen, dass wir jenseits der Teilentschuldung durch den Bund unsere Probleme selbst lösen können. Es gilt: Lügen haben kurze Beine. – In dem Fall hätten sie sogar sehr kurze Beine.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zu sehen, die die Grünen zu Recht einfordern. Alle Risiken müssen im Sanierungsprogramm benannt werden. Man könnte die vorliegende Liste problemlos erweitern, z. B. um die Sanierungskosten der städtischen Kitas – da reden wir über 100 Millionen € – oder um die Schließungskosten für den Flughafen Tempelhof – auch ein dreistelliger Millionenbetrag. Die Wohnungsbaugesellschaften hatten wir schon angesprochen. Berlin muss zeigen, dass es mit seinen Haushaltsrisiken umgeht und sie löst. Dass Defizite, die am laufenden Haushalt vorbei angelaufen sind, genannt seien Entwicklungsgebiete, BLEG-Liquidation, Baufeld Ost und Entschuldung der Eigenbetriebe, irgendwann ausgeglichen werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Zum Teil wollen Sie dies jetzt im Haushalt 2004/2005 angehen. Exemplarisch aber ist die Defizitübernahme für die Entwicklungsgebiete. Diese wird Ihre gesamte mittelfristige Finanzplanung kaputtmachen. Wir reden dabei über 1 bis 1,5 Milliarden €, egal ob Sie damit 2004 oder erst 2006 beginnen. Sie müssen sich nur fragen lassen, ob eine Nichtaufnahme bereits 2004 Ihr gesamtes Sanierungsprogramm von vornherein als unseriös hinstellt und damit die Chancen vor dem Bundesverfassungsgericht schmälert.
Am Ende noch ein Wort zur Staatsoper: Die Frage nach einem Opernkonzept ist nicht nur eine haushälterische, sondern zuvorderst eine kulturpolitische. Wir werden im Juli erfahren, welche Mittel der Bund für die Opernlandschaft bereitstellt. Sollte Senator Flierl dann seine Drohung, Deutsche Oper und Staatsoper zusammenzulegen, wahrmachen, hätten wir in ein paar Jahren den kulturpolitischen oder den haushaltspolitischen GAU. Entweder muss Berlin Abstriche von seinem bereits in Karlsruhe liegenden Sanierungskonzept machen, oder die rot-rote Koalition macht die renommierteste Kultureinrichtung Berlins dicht. Das ist auch eine Möglichkeit, sich von einer Oper zu trennen, Herr Sarrazin, und wohl die wahrscheinlichere Variante, wie wir gestern gelernt haben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass dieser Senat mit dem Anspruch eines Mentalitätswechsels gerade in der Haushaltspolitik angetreten ist. Davon haben wir leider bei der Haushaltsplanung noch nicht allzu viel gemerkt. Die Risiken im und um den Haushalt sind immer noch nicht klar bestimmt. Es steht zu hoffen, dass die strengen Voraussetzungen zum Erhalt von Bundesergänzungszuweisungen den Senat zumindest jetzt zwingen
Da frage ich Sie, Herr Senator, wie sich Ihre anscheinend fehlende Sensibilität erklärt. Ich verwiese auf Vorgänge wie die Einbehaltung der Überschüsse bei der Staatsoper, die Kürzung der Lottozuschüsse für das Berliner Ensemble, das Verhalten des Senats in Sachen Admiralspalast/Metropol-Theater und die Entschuldung der Opern bzw. die Opernreform. Der Entwurf zur Opernreform spricht schon von vornherein davon. Unser Senator Strieder hat schon vor Wochen gesagt, dann werden eben zwei Opern zusammengetan. Die Fusion war für ihn überhaupt kein Problem. Im Entwurf zur Opernreform steht von vornherein die Ankündigung: Wenn das mit der Stiftung nicht klappt, wird fusioniert. – Da frage ich mich allen Ernstes: Hat der Senat eigentlich bemerkt, dass sein politisches Agieren, gewollt oder ungewollt, dazu führt und folgerichtig auch die katastrophale Wirkung auslöst, Engagement, Elan und Lust auf eigenverantwortliches Handeln zu zerstören und damit den Chancen des Landes Berlin, Kulturmetropole zu bleiben oder zu werden, Schaden zufügt? Wenn wir die Kultur als einzigen in sich geschlossenen, intakten und leistungsfähigen Bereich Berlins erkennen, der nicht nur durch Sparen eingeschränkt und verkleinert werden kann, sondern den man so aufbauen kann, dass er ein Verdiener für Berlin wird, sowohl in Form von Zahlen als auch in Form von Nebenwirkungen, frage ich den Senat – in erster Linie den Herrn Finanzsenator –, ob er denn über ein Konzept verfügt, die Vorteile für Berlin herauszuarbeiten, wenn diese Kulturbereiche intakt bleiben, ob er das schon einmal durchgerechnet hat und welche wirtschaftliche Schubkraft sich daraus ableiten lässt. Ich glaube einfach – bei allem Respekt vor Ihrer Rechenkunst – nicht, dass Sie die Bedeutung der
deutung der kulturellen Potenzen in dieser Stadt unternehmerisch einschätzen, so einschätzen, dass man sagt, was kann man denn daraus machen. Ich bin der Meinung, Sie haben noch bis zum 1. Juli Zeit, sich das zu überlegen, dass man nicht sagen kann, wenn ich den einen Bereich kürze, muss ich den anderen Bereich auch kürzen, wenn ich den Gleichheitsgrundsatz im Hinterkopf habe. Der Kulturbereich kann, anders als andere Wirtschaftsbereiche, anders vielleicht auch als Wirtschaft und Wissenschaft, tatsächlich aus dem Stand heraus in schwarze Zahlen geführt werden.
Man muss nur die richtigen Konzeptionen haben. Da würde ich sagen, wäre es schön, wenn Sie die Tage noch nutzen würden. – Danke sehr!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Große Anfrage ist damit begründet beantwortet und besprochen worden.
werden, Strukturentscheidungen in ein verbindliches Sanierungsprogramm zu gießen. Dies wird dann im Sinne von Haushaltsklarheit und -wahrheit auch auf die mittelfristige Finanzplanung und die Haushaltspläne durchgreifen. – Danke!
Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Nunmehr hat der fraktionslose Abgeordnete Dr. Jungnickel das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zeitweise hat die Debatte richtig Spaß gemacht. Ich hatte den Eindruck, dass der eine oder andere bemerkt hat, dass es sich hier u. a. auch um eine kulturpolitische Debatte handelt. Die Nummern 5 und 9 des Antrags der Grünen zeugen davon. Ich habe mich gewundert, Herr Zackenfels – weg ist er –, dass er hier eine schöne Pflichtübung geleistet und dem Herrn Schruoffeneger vorgeworfen hat, dass er eine politische Interpretation für seine Fälle gebracht hat. Wir sind hier nicht im Hauptausschuss, sondern im Parlament, wenn ich mich richtig erinnere. Der Herr Senator für Finanzen hat uns vorhin ermahnt, uns noch ein paar Tage zu gedulden. Der Haushaltsentwurf ist wohl für den 1. Juli angekündigt worden. Insofern darf man sich vielleicht darauf berufen, dass man nicht haushaltspolitisch, sondern politisch argumentiert.
Für die Beratung empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu 10 Minuten pro Fraktion. Zu diesem Punkt hat sich der Senator Sarrazin gemeldet, und freundlicherweise würde er das zu Beginn der Debatte tun, damit nicht noch einmal eine neue Rederunde entsteht. – Herr Sarrazin, Sie haben das Wort!
Vielen Dank Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Das Thema SEZ hat uns alle in den vergangenen Tagen durchaus bewegt. Sie kennen die lange Geschichte des SEZ, darauf will ich nicht eingehen.
Es war nicht einfach, dafür einen Investor zu gewinnen, der bereit ist, in der bestehenden Substanz weiterzumachen und einen Badebetrieb anzustreben. Wir hatten das SEZ im Senat am vergangenen Dienstag behandelt. Da gab es noch Fragen und kritische Bemerkungen zum Thema der Verbindlichkeit der Aufnahme des Badebetriebes. Ich habe heute Morgen auf dieser Basis mit dem Investor Gespräche geführt und teile Ihnen dazu folgenden Sachstand mit, was natürlich nicht bedeutet, dass ich eine Senatsentscheidung vorweg nehmen kann, sondern der Senat wird sich damit noch einmal befassen. Heute Morgen hat sich folgendes ergeben:
Herr Senator! Konkret die Frage: Wann wird das Bad eröffnet? Wie ist es möglich, dass der Finanzsenator diesen Vertrag offensichtlich überhaupt nicht gelesen hat, denn der Investor hat von vornherein gesagt, er will dieses stufenweise ausbauen? Das ist mir völlig unverständlich, ich bitte um eine Antwort darauf.
Herr Rabbach! – Bitte daraus keine Fragestunde zu machen, wir sind in der Debatte. Die Fraktionen haben auch noch die Möglichkeit zu reden. Jetzt ist erst Herr Rabbach an der Reihe und dann der Finanzsenator.
Ich habe an den Senator Sarrazin die Frage: Welches Datum verbirgt sich denn hinter dem Punkt, von dem Sie sprachen, dass der Badebetrieb eröffnet sein soll und muss? Ist es denn, wie es heute in der „Morgenpost“ steht, das Jahr 2007? Sind Sie bereit, jetzt etwas Konkretes zu sagen und nicht von Punkten, sondern von konkreten Daten zu reden?
1. Der Investor sagt zu, und das wird auch im Vertrag verankert, dass er bis zur Aufnahme eines Badebetriebes alle Einnahmen aus dem SEZ ins SEZ reinvestieren wird. Das wird vom Liegenschaftsfonds nachgeprüft. Es wird kein einziger Euro aus dem SEZ an den Investor fließen, bis der Badebetrieb aufgenommen worden ist.
2. Wenn der Badebetrieb bis zu einem bestimmten Punkt nicht aufgenommen worden ist, und zwar unabhängig davon, ob dies schuldhaft oder nicht schuldhaft geschah, hat das Land Anspruch auf Übertragung des SEZ.
3. Dabei hat der Investor Anspruch auf die Auslagen, die ihm bis dahin tatsächlich entstanden sind, also einen Euro, mehr wird das nicht sein. Das bedeutet, dass der Investor jetzt die Chance hat, zu zeigen, dass er durch stufenweise Eröffnung das SEZ bis zum Badebetrieb führen kann. Wenn er das nicht kann, aus welchen Gründen auch immer, fällt das SEZ an uns zurück.
4. Für diesen ungünstigsten Fall haben wir zumindest für einige Jahre Unterhaltskosten für das SEZ gespart. Auch das sind beachtliche Beträge. 500 000 € im Jahr kommen leicht zusammen. Wir haben für den Fall des entgültigen Scheiterns, das ich nach dem heutigen Gespräch als eher unwahrscheinlich ansehe, dann immer noch die Möglichkeit, das SEZ selbst zu verwerten.
Herr Senator! – Es gibt mehrere Zwischenfragen, und zwar vom Abgeordneten Schruoffeneger, vom Abgeordneten Rabbach und auch von Frau Senftleben.
Ich möchte das gern beenden, dann kann gern gefragt werden. Ich bin auch schon fast am Ende. Dass, was ich jetzt umrisshaft angedeutet habe, wird im Vertrag verankert werden, und dieser Vertrag wird dem Senat am Dienstag zur Zustimmung vorgelegt werden. – Vielen Dank!