Für die Beratung steht uns eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Es beginnt in der Reihenfolge der Wortmeldungen die FDP mit Herrn Abgeordneten Hahn. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach so vielen kontroversen Debatten und so heftigem Schlagabtausch wie in der letzten Stunde ist nun, so hoffen wir, die Stunde der Einigkeit gekommen.
Ich sehe, Sie freuen sich mit uns, dass wir einmal einig sind und dem Regierenden Bürgermeister beipflichten können.
Dieser Mann, der hier sonst so wenig Freude hat und so wenig Zustimmung findet, dass er dieses Hauses meidet, so gut es eben geht, ist nun zwei Jahre im Amt. Man glaubt es kaum! Und wenn er hier so teilnahmslos sitzt, wundert man sich, wie er das mit seinen Partybesuchen schafft. Das muss ja ein ganz anderer Mensch sein. Der, den wir hier im Parlament erleben, kann das gar nicht sein, der so munter wird, wenn es um andere Lebenssphären geht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hahn! Ich nahm bis vor kurzem an, dass wir in einer Sache einig seien. Ich darf feststellen, wir sind uns heute temporär, zur Stunde zumindest, in zwei Sachen einig: Wir teilen die Begeisterung für unseren Regierenden Bürgermeister.
Aber immerhin, er hat nach zwei Jahren einen Wunsch geäußert, zwar über die Presse, aber immerhin; wir haben es gelesen, und ich zitiere das, mit Erlaubnis der Präsidentin:
schon aus städtebaulichen Gesichtspunkten. Zuständig ist der Bund, aber so, wie der Palast jetzt dasteht, ist er ein Schandfleck in der Mitte Berlins. Als Zwischenlösung sollte eine Grünfläche entstehen. Ich hoffe aber auch, dass der Bund eine Lösung für das zu errichtende neue Gebäude findet.
Das hoffen wir auch. Aber zunächst einmal freuen wir uns darüber, dass der Regierende Bürgermeister schon mal einen politischen Wunsch geäußert hat.
Er sitzt doch sonst so gramgebeugt über Problemen wie die Bedrohung aus dem All, die Bedrohung durch Ufos. Nun kommt ein politischer Wunsch, und das verdient doch, beim Wort genommen zu werden. Und genau das wollen wir tun. Und weil es nun die letzte Sitzung vor den Ferien ist, wollen wir ihn auch nicht warten lassen mit seinem Jubiläumswunsch, „Weg mit dem Schandfleck!“, sondern wir möchten, dass das Parlament ihn in seinem Wunsch kraftvoll unterstützt, und das mit einer Entschließung gleich hier, heute Abend, ohne lange Überweisung in den Ausschuss. Denn, wo wir einig sind, da können wir die Einigkeit auch demonstrieren.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie sorgen sich um das Erscheinungsbild unserer Stadt. Recht so! Die Verwahrlosung droht ja überall. Und genau in der Mitte der Stadt, da haben wir diesen wahren Schandfleck zu beklagen. Und was sind die vielen Worte des Senators Strieder, seine Bemühungen, die Linden wieder in Ordnung zu kriegen, daraus eine touristische Attraktion zu machen, wenn Sie auf diesen Schandfleck, den der Palast der Republik nun einmal darstellt, zuführen? Nein, es kann hier weder Zwischennutzung noch anderes geben. Wir müssen diesen Schandfleck so schnell wie möglich beseitigen, damit die Straße Unter den Linden und das Berliner Zentrum insgesamt wieder an Attraktivität gewinnen.
Und wen immer es nach Zwischennutzungen gelüstet, der hat doch in Berlin jede Menge anderer Gebäude zur Verfügung. Denken Sie nur einmal an das MetropolTheater. Auch hier können kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Nein, das brauchen wir nicht. Es ist allemal besser, diesen Schandfleck abzudecken und provisorisch zu begrünen, als ihn da zu lassen. Ich erinnere hier mal, um wieder ernst zu werden, an das ehemalige Außenministerium der DDR. Da hat der Bund seinerzeit keine Zeit verloren. Er hat diesen zweiten Schandfleck in der Mitte Berlins abreißen lassen. Nun steht da heute eine Ecke der
Schinkelschen Bauakademie – ein Ecke, aber immerhin, und es ist allemal besser als das, was vorher da war.
Nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, geben Sie sich einen Ruck! Lassen Sie unseren Regierenden Bürgermeister, lassen Sie den Mann nicht hängen. Unterstützen Sie ihn mit uns, mit der Opposition. Gemeinsam wollen wir zum Bund gehen und sagen: Beseitigt diesen Schandfleck. Wir helfen und unterstützen den Regierenden Bürgermeister. In dieser Stunde der Einigkeit bitte ich Sie um Ihre Unterstützung. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit!
Ich würde Sie nur einladen, das dauerhafter zu machen und nicht nur auf wenige Ausnahmen zu begrenzen.
Ich denke, Ruinen können durchaus ihren Reiz entwickeln. Verfallene Gemäuer können durchaus große touristische Magnete werden, Athen zum Beispiel. Aber der Palast der Republik in seinem jetzigen Zustand kann diesen Reiz nicht für sich reklamieren. Er ist ein Schandfleck, ein Ärgernis. In dem Maße, wie die alten Schandflecke der DDR verschwinden, scheint dieses Gebäude die ganze Tristesse aus sozialistischen Tagen kompensieren zu wollen, so scheint es.
Wir Berliner wissen, was uns erwartet, wenn wir die Linden ostwärts bummeln. Trotz Gewöhnung an diesen Anblick ärgern wir uns dennoch jedes Mal aufs Neue. Um die Wirkung dieses Baus in seiner ganzen Ausstrahlung zu begreifen, sollten wir uns einmal vorstellen, wir seien Berlinbesucher. Wir sind das erste Mal in Berlin, laufen vom Brandenburger Tor die Linden hinab und stoßen, ganz angetan von dem klassizistischen Berlin, auf diese Ruine. Genau an dem Punkt, wo architektonisch die Spannungsmitte der alten Bebauung liegen müsste – diese Ruine. Wir würden uns fragen, wieso man dieses Gebäude nicht entfernt oder aber in seinem äußeren Zustand verändert.
Nun gibt es Stimmen, die meinen, man sollte dieses Gebäude wenigstens mit Leben füllen, also einer Zwischennutzung zuführen. Dies sollten wir nicht wollen, weil nichts dauerhafter ist als eine provisorische Lösung.
Und zuletzt, meine ich, sollten wir auch mit den Parlamentariern ins Gespräch kommen, mit denen wir uns wohl weitestgehend einvernehmlich sehen, die aber durchaus noch Fragen einzubringen haben. Die Zeit der Beratung sollten wir uns nehmen. Ich bitte darum, diesen Antrag in den Ausschuss zu überweisen, um noch mal Raum zu haben, die Randbedingungen zu bewegen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Regierende Bürgermeister jetzt unter uns wäre, dann könnte er sicherlich dem seltenen Moment beiwohnen, wo die CDU ihm auch mal Recht gibt, was schließlich selten genug vorkommt. Auch wir pflichten ihm bei – das, was da steht, kann man schon nicht mehr Palast der Republik nennen, das ist nur noch der asbestsanierte Rohbau –, dass dieser so schnell wie möglich abgerissen werden sollte. Ich denke, dem steht auch gar nichts im Wege. Und wenn hier gerade die Frage kam, wir müssen uns mit den lieben Kollegen im Deutschen Bundestag und der Bundesregierung ins Einvernehmen setzen: Die Bundesregierung hat im März im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage eine deutliche Antwort darauf gegeben. Mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zitieren. Dort heißt es:
Die Zwischennutzung attraktiver Areale hat in der Vergangenheit oftmals zu einer Verfestigung des Standorts geführt. Aber selbst wenn eine Zwischennutzung gewollt würde, wäre eine solche nicht zu verantworten. Warum? Erhebliche Summen müssten investiert werden, um die Ruine für Veranstaltungen nutzbar zu machen. Das Gebäude ist entkernt, sanitäre Voraussetzungen fehlen, elementare Sicherheitsstandards für den Besucherverkehr sind nicht gegeben. Die Arbeitsgruppe Schlossareal schätzt die Kosten für die Herbeiführung einer provisorischen Grundinfrastruktur auf mindestens 1,6 Millionen €.
Was also dann? Das Abreißen des Palastes ist in der Tat die nächstliegende Option, vor allem auch, weil derzeit eher damit zu rechnen ist, dass vor dem Hintergrund der Finanzsituation des Bundes der Neubau mit Teilen der Schlossfassade noch einige Jahre auf sich warten lassen wird. Die naheliegendste Zwischennutzung wäre also eine Grünfläche.
Aber auch diese naheliegende Zwischenlösung dürfte in keinem Fall eine dauerhafte Lösung sein, weil auch sie ihre Schwächen hat. Ich will nur daran erinnern, die Sichtbeziehung einer Stadt darf nicht ins Leere gehen. Das hieße aber konkret, die Sichtbeziehung von den Linden her kommend und vom Alten Museum hat keine Begrenzung, geht ins Leere. Aber diese Zwischenlösung hätte wenigstens den Wert, keinen Ärger, kein Unverständnis auszulöse
Wie nun weiter? Ich gehe davon aus, dass alle hier im Haus die Wahrnehmung des Regierenden Bürgermeisters teilen. Von einer Fraktion wissen wir es. Ich nehme an, die anderen Fraktionen werden sich dem anschließen. Die FDP-Fraktion hat einen Antrag daraus gemacht. Ich meine, wir sollten über diesen Antrag aber jetzt nicht sofort abstimmen, sondern ihn in die Ausschüsse geben. Warum?
Ach, wir sind schon mutig. Aber man muss auch Randbedingungen wahrnehmen. Das gehört auch dazu, wenn man verantwortlich eine Sache entscheiden will. Auch wenn wir uns weitestgehend einig sind, – –
Ja, wir wollen sachgerecht entscheiden, aus dem Grund auch in die Ausschüsse. Ich sehe die Notwendigkeit, über einige Randbedingungen noch einmal vertieft zu beraten. Zum Ersten: Der Palast ist Bundeseigentum.