Wir sollten alle einmal in den Archiven nachschlagen – Sie kochen nur die peinliche Debatte des Jahres 1993 wieder auf, Ihre Argumente sind seitdem – Kollege Mleczkowski war es wohl damals – nicht zivilisierter geworden. Sie haben Angst vor dem Namen dieser jungen Frau, die in Ihren Augen zwei entscheidende Makel hat: Sie hat die Waffe gegen Hitler erhoben, und sie war Kommunistin. Ihr Antrag, Herr Kollege Lindner, liegt auf derselben Wellenlänge wie Ihr Versuch, Berlin mit einem Noske-Denkmal zu beglücken – das Sie sich übrigens selbst nicht mehr zu vertreten trauen.
Die Berliner FDP gibt sich leidenschaftlich gern – wir haben das vorhin in der Haushaltsdebatte erfahren – den Anstrich, allerdings nur den Anstrich, einer modernen Hauptstadtpartei. Ihr von Phobien gekennzeichnetes Geschichtsbild zeigt aber in aller Deutlichkeit immer wieder, dass Sie doch nur ein verlorenes Häufchen Ewiggestriger sind. Kümmern Sie sich meinetwegen um die städtische Müllabfuhr,
Im revolutionären Russland war Ernst Reuter als Kommissar für die wolgadeutschen Gebiete quasi Mitglied der Regierung Lenin. Unter Paul Lévi, dem politischen Erben Rosa Luxemburgs – Sie strapazieren Luxemburg allzu gern –, war es der Generalsekretär der KPD, der sich nachdrücklich gegen die Stalinisierung der Partei und gegen die damalige Putschistenpraxis stellte. Der Mann hieß Ernst Reuter. Was sollte die PDS gegen einen solchen Politiker haben?
[Beifall bei der PDS – Beifall des Abg. Gaebler (SPD) – Henkel (CDU): Dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu! – Beifall bei der CDU]
Was sollte sie gegen einen Politiker einwenden, der in Magdeburg als Oberbürgermeister ein für die Weimarer Republik einmaliges soziales Wohnungsbauprogramm durchzusetzen suchte? – Hören Sie zu, Herr Kollege, Sie können es gebrauchen!
Was sollte die PDS gegen einen Politiker haben, der sich sofort nach der Rückkehr aus dem Exil in verantwortlicher Stelle – übrigens noch vor Luftbrücke und vor Spaltung und allen möglichen anderen bösen Ereignissen – im Magistrat von Berlin erfolgreich in den Dienst des Wiederaufbaus dieser so furchtbar zerstörten Stadt stellte?
Ernst Reuter trug auch aus unserer Sicht maßgeblich dazu bei, das Überleben Berlins in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg zu sichern, und nicht zuletzt war es auch seine charismatische Persönlichkeit, die die vom Senat eingeforderte – ich zitiere – „lebendige Beziehung zwischen der Stadt und dem Geehrten“ bestätigt. Auf eine peinliche Weise verkürzt die CDU in ihrer Begründung die Lebensleistung Ernst Reuters auf die Zeit von Luftbrücke und Blockade, ja eigentlich nur auf einen einzigen, viel zitierten Satz. Nun wäre das schlichte Geschichtsbild Ihrer Fraktion Ihr alleiniges Problem, wenn Sie denn nicht immer wieder versuchten, aus Ihrer heiligen Einfalt politisches Kapital zu schlagen. Man riecht die Absicht und ist verstimmt.
Ihr Versuch, die SPD-PDS-Koalition im Plenum in eine scheinbare Konfliktsituation zu bringen, wird nicht aufgehen. Dass Sie sich dabei ausgerechnet der Person Ernst Reuters bedienen, ist denn doch ein zu übles Spiel. Wenn wir Ihren Antrag ablehnen, so ist das genau diesen Ihren
vordergründigen Absichten geschuldet und nichts anderem. Die Debatte über Ernst Reuter ist damit nicht beendet, und wir werden gemeinsam eine der Lebensleistung des ersten Regierenden Bürgermeisters von Berlin angemessene Lösung finden.
entsorgen Sie Ihren Antrag gleich mit, und hören Sie endlich mit den fortgesetzten Versuchen auf, Berlin in Ihrem Unsinne historisch clean zu gestalten.
[Beifall bei der PDS und der SPD – Zuruf von der CDU: Ein widerlicher Typ! – Henkel (CDU): Mieser Demagoge!]
Danke schön! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Abgeordnete Herr Dr. Lindner. – Bitte sehr!
Ich bitte Sie, dass Sie Ihre Wortwahl etwas gemäßigter den parlamentarischen Gepflogenheiten anpassen, bevor ich hier eine Rüge ausspreche. Das sind keine parlamentarischen Aussprüche mehr. Wir können nur das rügen, was wir hier oben hören und das war deutlich. – Herr Lindner, Sie haben das Wort für Ihre Kurzintervention.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass wir uns, und ich mir auch persönlich, seit heute Mittag Pöbeleien von dieser Seite anhören
Danke schön! – Ich habe Herrn Brauer sofort das Wort für die Kurzintervention gegeben, möchte aber noch nachtragen, Herr Dr. Lindner, dass die Art von Beschimpfung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben ja heute viel in der Presse über den Stellenwert dieses Parlaments lesen dürfen, ob das Niveau steigt oder sinkt. Diese Anträge sind leider ein weiterer Versuch, das Niveau zu senken, und die Debatte war es teilweise auch.
Aber wogegen ich mich und die FDP-Fraktion aufs Schärfste verwahre, ist die unverschämte, infame und beleidigende Unterstellung, wir hätten etwas gegen Leute, die mit der Waffe in der Hand gegen Hitler gekämpft haben.
Das ist eine solche Unverschämtheit, die ich mir von einem solchen zotteligen Lümmel wie Sie anhören muss.
Das nehmen Sie zurück, dass wir Freie Demokraten damit ein Problem hätten! Man kann über alles diskutieren, man kann diskutieren, ob man eine Straße so oder so benennt, aber einem anderen letztlich zu unterstellen, dass er Nazi sei – und nichts anderes tun Sie –, ist eine Unverschämtheit ohne Ende. Und das nehmen Sie gefälligst zurück!
Herr Kollege Dr. Lindner! Sie werden spätestens bei der Lektüre des Protokolls dieser Debatte – ich nehme an, Sie werden sehr gründlich lesen – feststellen, dass die von Ihnen soeben behauptete Gleichsetzung Ihrer Person bzw. Ihrer Fraktion mit irgendwelchen politischen Bestandteilen des braunen Regimes von mir nicht vorgenommen wurde.
Behaupten Sie bitte solches nicht. Ich habe lediglich festgestellt, und dabei bleibe ich, dass sich von der Argumentation der Fraktion der Freien Demokratischen Partei Deutschlands im Jahre 1993, als sich das Thema „Unbenennung der Käthe-Niederkirchner-Straße“ schon einmal auf der Tagesordnung dieses hohen Hauses befand, bis zum heutigen Tage offensichtlich eine Kontinuitätslinie zieht. Sie haben diese Kontinuitätslinie, die so nachdrücklich in Ihrem Antrag nicht steht – das räume ich gerne ein –, in Ihren Sottisen auf Zwischenrufe vorhin aus den Reihen meiner Fraktion noch einmal nachdrücklich bestätigt. Das können Sie nicht von der Hand weisen.
Zum Rest Ihrer äußerst qualifizierten Bemerkungen, Pardon, verbietet sich, glaube ich, jeglicher Kommentar. Selbst im Zorn lasse ich mich nicht so weit hinreißen,
solche Begriffe zu gebrauchen, geschweige denn, auf Ihre merkwürdige Argumentation ernsthaft reagieren zu wollen. – Herzlichen Dank!
abgesehen davon, dass man natürlich auch Lautstärke als Waffe einsetzen kann – wie der Ausdruck „Lümmel“ an die Adresse eines Abgeordneten, Sie haben das mehrfach in den Mund genommen, nicht unsere Sprache sein sollte. Ich rüge dies ausdrücklich noch einmal von hier oben.