Was sich nicht so einfach in Zahlen ausdrücken lässt, ist die Belastung der einzelnen Familien. Spricht man mit den Betroffenen, ist für sie eines klar: Für diese Sparmaßnahme, meine Herren Senatoren, gibt es nur Gegenwind. Hinzu kommt, Herr Senator Sarrazin, dass Ihr unsäglicher Vergleich die Berlinerinnen und Berliner zu Recht scho
ckiert hat. Hier wird Ihr gestörtes Verhältnis zu Bildungseinrichtungen, insbesondere zu Kitas, offensichtlich.
Die Erziehenden wollen endlich wissen: Wie steht es mit der Bildung und der Familienpolitik in dieser Stadt? Sie wollen wissen, wie ernst es der Senat mit den Versprechungen meint und wann er sie umsetzt. Deswegen hat es Sinn, heute über diese Situation zu diskutieren, denn die Missverhältnisse in den Kitas und Schulen sind da.
Ich finde es auch offensichtlich, dass ein Missverhältnis zwischen den Herren Sarrazin und Böger besteht. Der eine will die Gebühren erhöhen, und der andere redet in jeder Pressekonferenz – und vorhin wieder, Herr Böger – davon, dass Kitagebühren eigentlich abgeschafft werden müssten.
Wenn ich Rosemarie Völler hieße, dann fielen mir ganz andere Worte dafür ein. Ich finde, das ist blanker Hohn, was Sie hier machen.
Es ist völlig richtig, der hohe Versorgungsgrad in Berlin ist ein Standortvorteil. Deshalb sollten wir das möglichst ausnutzen.
Die Erziehenden haben die Faxen dicke, und zwar egal, ob vorschulische Bildung, Schule oder Hochschule, überall werden sie zur Kasse gebeten. Wofür? – Diese Frage stellen sich nicht nur die Eltern.
Im Detail, erstens: Die Gebührenerhöhung im Kitabereich wird über 50 % der Familien zusätzlich belasten. Es trifft also diejenigen, die von den Politikern ohnehin nicht immer auf Händen getragen werden. Die Einnahmen, die man hier erzielen will, verschwinden in den schwarzen Löchern. Ein Mehr an Qualität wird nicht geboten. Herr Böger, auch wenn Sie es noch so oft bestreiten: Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst besagt, dass jede Erzieherin und jeder Erzieher 20 bis 25 Urlaubstage mehr hat.
Wie wollen Sie das ausgleichen? – Indem Sie die Gruppengrößen hoch setzen, die Mindeststandards herunter setzen? Das ist die Frage. Herr Senator, Sie können noch so viel darauf dringen, dass die Bezirke ihre Leistungen zu erbringen haben. Dann müssen Sie aber sagen, wie sie das tun sollen. Jetzt reden Sie von 300 Neueinstellungen. – Da sage ich einmal nach links – Senator Sarrazin telefoniert zwar gerade, aber ich könnte mir vorstellen, was er dazu sagen wird.
Zweitens: In den Schulen werden die Eltern erstmalig für Lernmittel ihrer Kinder zur Kasse gebeten. Ich sage ausdrücklich: Die FDP hat einen Vorschlag zur sozial abgefederten Elternbeteiligung eingebracht. Und wir wollten eine klare Lösung. Tatsächlich ist es jetzt ein
Wir sind dabei, wenn es um die Sanierung des Haushalts geht. – Schade, dass Herr Körting jetzt nicht da ist, der könnte jetzt mal ein bisschen zuhören. – Aber wir machen das nur mit, wenn wir das Übel an der Wurzel anpacken. Stopfen Sie Ihre roten Haushaltslöcher, indem Sie zum Beispiel die überkommenen Strukturen erneuern. Unsere Vorschläge – vielleicht hört es Herr Körting –: Überführen Sie die öffentlichen Kitas in die freie Trägerschaft!
Damit sparen Sie 9 %. Ihre geplante Gebührenerhöhung bei den Kitas bringt Ihnen rund 1 %, wenn sich das Ganze nicht sowieso als Luftbuchung entpuppt, weil die Eltern ihre Kinder schlicht und ergreifend abmelden. Stellen Sie einheitliche Antrags- und Bewilligungsverfahren her. Es kann doch nicht sein, dass jeder Bezirk macht, was er will, sein eigenes Spielchen spielt. Führen Sie endlich die Kitacard ein! So schaffen Sie schlanke Strukturen, die näher am Bürger sind und effizienter. Aber dieser Mut, Herr Körting, diese Durchsetzungskraft fehlt Ihnen allen. Obwohl lauthals verkündet, sind Sie Ihre Strukturveränderungen nicht angegangen. Es ist nichts passiert. Genau hier liegen unsere Schwerpunkte: erst die Aufgabenkritik, dann die Strukturveränderung.
heilloses Durcheinander. Die Kinder haben größtenteils noch immer keine Schulbücher. Unsere Bedenken haben sich bestätigt. Dieses Gesetz macht ausschließlich Probleme. Das kann man nicht nur mit Startschwierigkeiten erklären.
Nein, dieses Gesetz ist unbrauchbar und gehört dahin, woher es kommt, nämlich zurück in die Schublade.
Drittens – Herr Senator Flierl ist leider nicht da –: Zukünftig kommt es auch im universitären Bereich zur Erhebung von Studiengebühren. Ich sehe ein, PDS und SPD wollen das Kind noch nicht beim Namen nennen, man ziert sich noch, denn bisher war allein schon der Gedanke an Studiengebühren verwerflich. Auch hier sage ich deutlich: Die FDP spricht sich für Studiengebühren aus, aber nur unter der Maßgabe, dass die Gebühren ausschließlich in den Haushalt der Hochschulen eingestellt werden müssen, und zwar obendrauf. Rot-Rot will hier auf Kosten der Studierenden und Universitäten den Haushalt sanieren, und das erklären Sie bitte mal den Studierenden.
Fazit: Bei der Sanierung des Haushalts machen Sie nicht Halt vor dem Bildungsbereich. Wider jede Vernunft muss auch er herhalten, die Haushaltslöcher zu stopfen.
Sie unterstreichen nach wie vor die Notwendigkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren, ein wichtiges frauenpolitisches Thema im Übrigen. Bei diesen Äußerungen läuft mir langsam die Galle über, da kräuseln sich mir die Haare. Wenn Sie uns dann auch noch weismachen wollen, dass Familienpolitik eine Herzensangelegenheit von RotRot ist, dann kann ich nur sagen: Vergessen Sie es, es glaubt Ihnen keiner mehr. Sie haben das Vertrauen der Berlinerinnen und Berliner verspielt.
Dabei wäre es so notwendig, dass unsere Kitas endlich zu Bildungseinrichtungen werden. Jetzt haben wir wieder so einen Koffer. Erst war es ein PISA-Koffer, und jetzt schimpft sich das Ding Sprachförderungskoffer. Und wenn ich mich jetzt einmal umschaue, sehe ich hier viele Koffer, leider keine gepackten – muss ich ehrlich sagen.
Nein, Herr Böger, der Sprachförderkoffer allein bringt es nicht. Auch das Bildungsprogramm macht es nicht besser. Wir müssen den Erzieherinnen und Erziehern eine adäquate Fortbildung anbieten, und wir müssen auch eine Verbindlichkeit hineinbringen. Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben, nur, lassen Sie dabei die Ziele nicht aus den Augen, nämlich erstens die Qualität unserer Bildung zu erhöhen und zweitens die Familien dieser Stadt ange
Aber ich bin auch gern bereit und nenne noch ein paar weitere Verbesserungsvorschläge. Geben Sie den öffentlichen Schulen mehr Möglichkeit zur Selbstbestimmung. Geben Sie den öffentlichen Schulen ein Budget, das sie selbst verwalten können. Beschränken Sie die Funktion der Senatsschulverwaltung auf das Wesentliche. Fördern Sie die freien Schulen. Eins müssten Sie aus der Diskussion im letzten Jahr gemerkt haben: Sie sind für das Land ca. 20 % preiswerter als die öffentlichen Schulen. Das ist so.
Geben Sie den Berliner Universitäten und Hochschulen Planungssicherheit. Setzen Sie sich dafür ein, dass diese Einrichtungen nach eigenem Ermessen Gebühren erheben dürfen. Sorgen Sie dafür, dass die gewonnenen Mittel bei den Hochschulen bleiben.
Es muss Ihnen jetzt darum gehen, konsequent auf die Einrichtung vor Ort zu setzen. Geben Sie den Bildungseinrichtungen mehr Freiraum. Vertrauen Sie den Menschen vor Ort. Setzen Sie auf deren Kreativität und Kompetenz. Machen Sie sie zu Verantwortlichen. Dann wird es gelingen, mit knappen Mitteln ordentliche Resultate zu erzielen. Ihre Sparmaßnahmen werden wir so nicht mittragen. Betroffen sind Kinder, Jugendliche, Studierende in unserer Stadt. Betroffen sind die Familien in unserer Stadt. Ich sage nur, seit zwei Jahren steuern Sie die Geschicke Berlins. Ihr Herumrudern zeigt allerdings, Sie haben den Kompass verloren. – Vielen Dank!
Selbst Ihre Presseerklärungen, mit denen Sie die Stadt beglücken, sind das beste Beispiel dafür. Insofern bin ich Ihnen dankbar für diese Aktuelle Stunde, bietet sie doch die Gelegenheit, nach der häufig von wenig Sach- und Fachkenntnis getragenen Welle an Presseerklärungen wirklich darzustellen, wie die Situation ist. Der Haushaltsentwurf für die Jahre 2004, 2005 – hören Sie ruhig zu, Herr Rabbach – ist Ausdruck des Bemühens des Senats, mit dem hohen Schuldenberg klarzukommen und trotzdem Handlungsspielräume zu behalten, Prioritäten zu setzen und Weichen zu stellen, damit sich in einem über
schaubaren Zeitraum schrittweise die Bedingungen für die Stadt insgesamt, insbesondere auch für die Familien, wieder verbessern können. Damit verspielen wir nicht die Zukunft unserer Kinder, im Gegenteil, wir wollen sie endlich wieder ermöglichen, so steinig dieser Weg auch ist.
Gestatten Sie ein Beispiel oder ein Bild aus der Presse, das den Spagat verdeutlicht, der uns abverlangt wird, und das am Beispiel der Kitakosten. Da steht auf Seite 2 einer Berliner Tageszeitung ein Beitrag, der feststellt, dass es die richtige Entscheidung des Senats sei, Klage vor dem Bundesverfassungsgericht einzureichen, und dass es notwendig sei, dass Berlin auch in den nächsten Tagen eisern spare. Auf derselben Seite derselben Zeitung wird angesichts der Neuregelung der Elternbeiträge für den Kitabesuch beklagt, dass Kinder dem Senat lästig seien, Eltern Strafzölle für den Kitabesuch bezahlen müssten und dass es endlich notwendig sei, die Gebühren zu senken; am besten wäre Beitragsfreiheit. Auf Seite 3 beklagt der bekannte Grünen-Politiker Kuhn in einem Interview,
dass die von der Bundesregierung betriebenen Sozialreformen ein Gerechtigkeitsproblem hätten. Er sagt wörtlich: „Die Gutverdiener werden nicht in dem Maße belastet wie der Durchschnitt.“ Es ist schwer, so Kuhn, die Gutverdiener gerechter heranzuziehen. Da haben Sie die ganze Bandbreite der Forderungen: Geld sparen, Geld ausgeben und dabei sozial gerecht sein. Die Haltung der PDS ist hier eindeutig: Eisern sparen, um schrittweise wieder Handlungsspielräume für Berlin zurückzugewinnen; dabei trotzdem Prioritäten setzen für den Bildungsbereich, für die Zukunft der Stadt, und bei nicht zu verhindernden Belastungen soziales Augenmaß, wenn Sie so wollen, Gerechtigkeit wahren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Insbesondere spreche ich jetzt die Damen und Herren von der CDU-Fraktion an, besonders Herrn Rabbach.
Eines muss man Ihnen natürlich lassen: dass Sie Mut haben, wenn Sie eine Aktuelle Stunde beantragen, um darüber zu reden, wie Rot-Rot angeblich die Zukunftschancen Berliner Kinder verspielt. Ausgerechnet Sie!
Oder hoffen Sie etwa auf das Kurzzeitgedächtnis der Berlinerinnen und Berliner? Ihre tatkräftige Mitwirkung war es doch, die uns einen 50-Milliarden-Schuldenbetrag hinterlassen hat,