Protokoll der Sitzung vom 25.09.2003

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Trifft es zu, dass – wie der Staatssekretär Strauch betonte – die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Verkehr und Umwelt federführend mit der Umsetzung des Sanierungskonzeptes BSU 2000 seit seiner Unterzeichnung für die BVG betraut ist?

Danke schön, Herr Kollege Wegner! – Das Wort hat nunmehr der Herr Senator für Stadtentwicklung – bitte schön, Herr Strieder!

Danke schön, Herr Senator! – Dann ist der Abgeordnete Czaja mit einer weiteren Frage dran!

Herr Senator Sarrazin oder wer auch immer das beantworten möchte: Die Defizite bei Vivantes sind nicht aus einem schlecht laufenden Geschäft oder schlechter Arbeit der Ärzte, sondern wegen der Spielwiesen von Herrn Schäfer entstanden.

[Gaebler (SPD): Frage?]

Die gesamten neuen Beteiligungen, die man Herrn Schäfer ermöglicht hat – –

Kommen Sie zu Ihrer Frage, bitte!

Jetzt komme ich zu meiner Frage, Herr Präsident. Deswegen frage ich: Wie schätzen Sie die Arbeit dieser Beteiligungen ein? Und sind Sie nicht auch meiner Meinung, dass das Parlament diese Beteiligungen viel stärker kontrollieren müsste, als das bisher der Fall war?

[Rabbach (CDU): Sie kontrollieren nicht!]

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!

Das Unternehmen, das aus ehemaligen städtischen Krankenhäusern hervorging, ist in den vergangenen beiden Jahren einen nicht einfachen Weg gegangen. Der gesamte Bereich wird quer über alle Krankenhäuser hinweg umgebaut. Dabei werden verwandte Bereiche teilweise ausgelagert und teilweise arrondiert. Das Konzept ist vernünftig. Die Umsetzung des Konzepts ist auch auf Kurs. Natürlich ist es so, dass das Unternehmen damit konfrontiert ist, dass konstendämpfungsbedingt die Umsatzmöglichkeiten fallen, während andererseits Kostenelemente abgebaut werden müssen.

[Rabbach (CDU): Das ist ein Schlingerkurs!]

Wenn Sie den mittelfristigen Trend der Planungen betrachten, sehen Sie in der Linie 2001, 2002, 2003, dass der Trend weiter eingehalten wird, allerdings – das ist mit Verlaub, Herr Abgeordneter, auch richtig – mit im Vergleich zum Umsatz des Unternehmen von über 800 Millionen € relativ bescheidenen Abweichungen in diesem Jahr bei Aufwand und Ertrag,

[Czaja (CDU): Getrennt!]

die im Wirtschaftsausschuss des Aufsichtsrats und im Aufsichtsrat intensiv diskutiert werden und auf die es auch Antworten geben wird. Der Weg, der vom Unternehmen beschritten wird, nämlich sich zu integrieren, über die ehemaligen Krankenhäuser hinweg Kosten abzubauen, die Produktivität zu steigern, ist ein Weg, der ohne jede Alternative ist. – Ich bin ein bisschen erstaunt über Ihre Frage, weil die Unternehmensgeschichte zu einem Zeitpunkt ihren Ausgang nahm, als die CDU in der Landesregierung noch maßgebliche Verantwortung trug.

[Frau Herrmann (CDU): Und der SPD!]

Ich hatte den Eindruck, dass dies damals absolut einvernehmlich geschah, auch was die Person von Herrn Schäfer und seine Bestellung betrifft.

Danke schön, Herr Senator!

Dann kommt die nächste Anfrage des Abgeordneten Wegner von der Fraktion der CDU zum Thema

Senator Strieder und die BVG

[Rabbach (CDU): Der fährt doch Dienstwagen!]

Bitte schön, Herr Wegner, Sie haben das Wort!

2. Wenn die BVG „vertragsbrüchig“ ist, wie Senator Strieder meint, warum hat er dann seit 1999 nicht von den im Sanierungsvertrag vorgesehenen Leistungsstörungsrechten Gebrauch gemacht?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Wegner! Ihre Frage geht von zwei unzutreffenden Prämissen aus.

1. Der Senat hat in seiner Sitzung am 24. August 1999 dem Abschluss eines Unternehmensvertrags mit der BVG zugestimmt und die für die Anstalten des öffentlichen Rechts zuständige Senatsverwaltung, nämlich die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe, beauftragt, unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr sowie der für Finanzen die Umsetzung des Unternehmensvertrags entsprechend den im Vertrag dargelegten Kriterien im Sinne einer Erfolgskontrolle zu begleiten und gegebenenfalls zur Zielerreichung weitergehende Maßnahmen zu ergreifen und hierüber dem Senat jährlich zu berichten. Mit der Durchführung des Vertrags ist also die Senatsverwaltung für Wirtschaft beauftragt gewesen. Die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr, wie sie damals hieß, und die Senatsverwaltung für Finanzen waren dabei in Begleitung tätig.

2. Das Ziel des Unternehmensvertrags ist die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit der BVG während der Laufzeit des Vertrags. Die Verantwortung für die Erreichung dieses Ziels liegt beim Vorstand der BVG. Die vorliegenden Ergebnisse der Sanierung zeigen, dass die Senkung des jährlichen Aufwands von der BVG entgegen

Sen Strieder

Herr Senator! Ich frage mich, wie lange wir uns auf die Aussage verlassen können, dass die Senatsverwaltung für Wirtschaft für die BVG zuständig ist. Können Sie mir erklären, warum der Staatssekretär für Wirtschaft uns in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses – ich glaube, das war am vergangenen Montag – erklärt hat, dass Sie als Senator federführend für die BVG oder die auflaufenden Probleme der BVG zuständig sind

und die Senatsverwaltung für Wirtschaft nur begleitend tätig ist?

Herr Abgeordneter Wegner! Die Frage ist relativ einfach zu beantworten: Die Verkehrsverwaltung ist der Aufgabenträger, sie ist der Besteller von Verkehrsleistungen bei der BVG, bei der S-Bahn, bei der DB Regio – wo auch immer. Deswegen sitzt unsere Verwaltung auch nicht in den Aufsichtsgremien der jeweiligen Unternehmen, um von vornherein zu verhindern, dass es dabei zu irgendwelchen Interessenkollisionen kommen kann.

Unsere Aufgabe ist es, das Verkehrsangebot in der Stadt aufrechtzuerhalten, zu bestellen und auszuwählen, wo gefahren werden soll. Welches Unternehmen das macht, ist für den Aufgabenträger relativ belanglos. Aus dem städtischen Gesamtinteresse heraus sind wir natürlich auch daran interessiert, dass wir die BVG erhalten, dass sie effizient und kostengünstig ist und sich letztlich in dem kommenden Wettbewerb durchsetzen wird.

Insofern kann ich Ihnen also nur sagen, dass der Kollege Branoner zur damaligen Zeit Aufsichtsratsvorsitzender der BVG war und Vorsitzender der Gewährträgerversammlung, dass unter seiner Federführung die Gewährträgerversammlungen stattgefunden haben und dass es zwischen der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr – später: für Stadtentwicklung – einerseits und der Wirtschaftsverwaltung andererseits immer Diskussionen gegeben hat, wie hart man herangehen muss. Denn die Verkehrsverwaltung war immer der Auffassung, dass dieser Wettbewerb auf jeden Fall kommen wird – möglicherweise erzwungen durch europäisches Recht. Wenn dieser Wettbewerb kommt, dann wollen wir, dass die BVG auch in der Lage ist, sich diesem Wettbewerb zu stellen. Dabei ist aber zu beachten, dass wir auf Seiten der BVG insbesondere noch ein Ausgabenproblem haben. An dem wird hart gearbeitet. Das ist auch Gegenstand der Erörterungen im Rahmen der heutigen Aktuellen Stunde.

dem Plan nicht erreicht werden wird. Das ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die vom Vorstand der BVG insbesondere im Personalbereich herbeigeführten Maßnahmen nicht ausreichend sind. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat seit Beginn des Monitorings im Januar 2001 regelmäßig in den Sitzungen der Gewährträgerversammlung, an denen wir als Gast teilgenommen haben, auf diesen Umstand hingewiesen und gegenüber der damaligen Senatsverwaltung für Wirtschaft deutlich gemacht, dass im Aufsichtsrat der BVG Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Zielerreichung des Sanierungskonzeptes wirklich erreichen zu können.

Die vertraglichen Regelungen zur Leistungsstörung sehen vor, dass die Vertragsparteien bei einer Störung der Erfüllung der vertraglichen Pflichten – also bei einer Verfehlung der geplanten Zielerreichung – eine Klärung und Regelung anstreben – so wörtlich. Das geschieht durch die Diskussionen sowohl in der Gewährträgerversammlung als auch im Aufsichtsrat der BVG. Wie Sie wissen, hat es auch personelle Konsequenzen beim Vorstand der BVG gegeben.

Nunmehr hat die Gewährträgerversammlung den Vorstand am 10. Juni 2003 aufgefordert, bis spätestens 31. Oktober 2003 ein Konzept vorzulegen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Maßnahmen die im Unternehmensvertrag vereinbarten Sanierungsziele noch erreicht werden können. Damit soll die BVG die Chance erhalten, die Ziele tatsächlich zu erreichen. Das ist kein abstraktes Ziel, und es ist auch kein Ziel, das nur aus finanziellen Erwägungen aus Sicht des Landes Berlin wichtig ist, sondern entscheidend ist, dass wir die BVG so aufstellen, dass sie wettbewerbsfähig ist und sich notfalls auch im Wettbewerb mit anderen Anbietern z. B. für bestimmte Buslinien durchsetzen kann. Das ist das erklärte Ziel sowohl des Vorstands der BVG als auch des Senats.

Deshalb beabsichtigen wir keineswegs, derzeit den Unternehmensvertrag mit der BVG zu kündigen, denn das würde bedeuten, dass die Arbeitsplätze dort unmittelbar wegfielen und die Leistungserbringung der BVG nicht mehr möglich wäre. Unser Ziel ist vielmehr darauf gerichtet, bis zum Abschluss des Sanierungsplanes der BVG die BVG so weit zu haben, dass sie tatsächlich kostengünstig, effizient und wettbewerbsfähig arbeitet.

Eine Nachfrage des Kollegen Wegner – bitte schön!

Herr Senator Strieder – bitte!

Herr Abgeordneter! Sie können sehen, dass der Senat mit hoher Intensität an der betriebswirtschaftlichen Sanierung der BVG arbeitet. Aber völlig unabhängig von der Frage, wer die Leistung erbringt, ist für die Bürgerinnen und Bürger entscheidend, dass U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse öffentlichen Personennahverkehr darstellen und Mobilität sichern müssen. Es ist erst in zweiter Linie die Frage, wer diese Linien betreibt. In erster Linie ist es Aufgabe der Verkehrsverwaltung, dafür zu sorgen, dass es überhaupt den öffentlichen Personennahverkehr gibt und dass er bei dem Unternehmen bestellt wird, das am kostengünstigsten und am besten für die Kunden arbeitet.

Das Wort zu einer Nachfrage hat nun Kollege Kaczmarek. – Bitte schön!

Die BVG empfindet es sicher als finstere Drohung, dass sich der Senat jetzt auch um die

Deswegen ist es dringend erforderlich, auch dann, wenn es zu Veränderungen oder sogar manchmal zu Unannehmlichkeiten führt, solche Verkehrslinienveränderungen vorzunehmen und immer zu überprüfen: Können wir das öffentliche Personenverkehrsangebot nicht noch effizienter und damit kostengünstiger für die Stadt und den Stadtsäckel machen? – Der Auseinandersetzung, die darauf folgt, wird man sich stellen müssen. Wir haben beispielsweise der BVG gesagt, dass wir einer Expresslinie von der Philharmonie nach Köpenick nicht zustimmen würden, weil das ein Parallelverkehr zur S-Bahn wäre, den man nicht noch zusätzlich aufbauen kann. Wenn nur Kunden, die bisher die S-Bahn genommen haben, in Zukunft den Bus nehmen, haben wir keinen Zuwachs an Kunden für den öffentlichen Personennahverkehr.

Die Linienveränderungen, die zum Dezember geplant sind, werden gegenwärtig mit den Bezirken abgestimmt. Ich bedauere es sehr, dass, bevor wir die Abstimmung mit der BVG abgeschlossen haben, darüber nun schon öffentlich diskutiert wird. Keine dieser Linien ist bisher von uns so akzeptiert worden, aber es wird zu Veränderungen kommen. Es wird auch dazu kommen, dass die Umsteigehäufigkeit sich erhöhen wird und dass Unannehmlichkeiten an der einen oder anderen Stelle entstehen. Wir versuchen, diese in Gesprächen mit der BVG zu minimieren, aber unser Ziel ist es, Kosten einzusparen. Das, was die BVG jetzt an Veränderungen vorgelegt hat, führt zu einer Kosteneinsparung von 8 Millionen € pro Jahr. Ich glaube, das ist ein Betrag, der notwendig ist und erreicht werden muss.

Betriebswirtschaft kümmern will. Aber die Frage ist nun – Herr Senator Strieder, vielleicht können Sie dieses Geheimnis einmal aufklären: Wenn, wie Sie sagen, der Wirtschaftssenator Herr Wolf für diese Vertragsangelegenheit zuständig ist, dann wundert mich – offensichtlich sind Sie omnipotent –, dass Sie hier die Fragen beantworten. Eigentlich hätte er dann hier antworten müssen.

[Heiterkeit bei den Grünen]

Herr Senator Strieder!

Wer die Fragen beantwortet, entscheidet der Senat, Herr Kaczmarek! Herr Wegner hat deutlich gemacht, dass er mich fragen wollte, und da wollten wir gegenüber dem Abgeordneten auch höflich sein, damit er von dem, den er fragt, auch die Antwort bekommt.