Protokoll der Sitzung vom 25.09.2003

Deswegen habe ich mir diesen Gesetzesantrag schließlich so erklärt, dass dieses Gesetz nichts anderes ist als ein CDU-Wirtschaftspolitik-Bestandssicherungsgesetz. Nach dem Motto: Es gibt eine Tradition im Land Berlin – es hat verschiedene Wirtschaftssenatoren der CDU gegeben –, und da sagen Sie jetzt, das war alles richtig, was damals bis zum Jahr 2001 geschehen ist, das müssen wir sichern und deswegen schreiben wir alles noch in ein Gesetz hinein und haben damit ein CDU-WirtschaftspolitikBestandssicherungsgesetz, um es gegen den PDSWirtschaftssenator zu schützen. Das reicht nicht, Herr Wegner, ich finde, das schadet sogar dem Mittelstand in Berlin. Deswegen bin ich der Überzeugung, dass Berlin dieses Gesetz nicht braucht.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Jeder wird aus seiner parlamentarischen Tätigkeit Erfahrungen gesammelt haben, die in den vergangenen Jahren, unabhängig davon, wer die Regierung gestellt hat, deutlich gemacht hat, dass das Parlament in bestimmten politischen Verfahren häufig nur der zweite Sieger war. Wir haben zwar in der Verfassung des Landes Berlin im

Artikel 59 den Absatz 3, der sagt, dass die Öffentlichkeit über Gesetzesvorhaben zu informieren sei – der Senat hat also über Gesetzesvorhaben zu informieren. Gesetzentwürfe des Senats sind spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem betroffene Kreise unterrichtet werden, auch dem Abgeordnetenhaus zuzuleiten. Wir alle wissen, dass das schon seit vielen Jahren nicht der Wirklichkeit entspricht. Das gilt nicht nur für Gesetze, das gilt auch für in Abstimmung mit Dritten befindliche Rechtsverordnungen, das gilt selbst für einfache Pläne.

Erinnern Sie sich nur an den Kleingartenentwicklungsplan, eigentlich nur eine Marginalie. Vom Senat war er über Monate hinweg dem Abgeordnetenhaus zugesagt worden, bisher als Druckssache uns nicht zugeleitet. Die Kleingartenverbände haben aber dieses Exemplar seit vielen Monaten. Man muss sich also letztlich beim Kleingartenverband die Unterlage besorgen, wenn man auf deren Vorhaltungen reagieren möchte. Das ist insgesamt höchst unbefriedigend.

Danke schön, Frau Kollegin Paus!. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages an den Ausschuss Wirtschaft, Betriebe und Technologie. – Ich höre dazu keinen Widerspruch.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 8:

a) I. Lesung

Gesetz über die Unterrichtung des Abgeordnetenhauses von Berlin durch den Senat (Parlamentsinformationsgesetz – PIG)

Antrag der CDU Drs 15/2002

b) I. Lesung

Gesetz über die Unterrichtung des Abgeordnetenhauses von Berlin durch den Senat (Parlamentsinformationsgesetz – PIG)

Antrag der CDU Drs 15/2003

c) Antrag

Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Senat und Abgeordnetenhaus

Antrag der CDU Drs 15/2004

Ich eröffne die I. Lesung. Die Fraktion der CDU hat die Beratung gewünscht. Nach der Geschäftsordnung steht den Fraktionen für die Beratung jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU. – Das Wort hat der Kollege Herr Goetze. – Bitte schön, Herr Goetze!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzesantrag, den Ihnen die CDU vorliegt, ist etwas, was nichts mit Regierung und Opposition zu tun hat. Es hat primär auch nichts damit zu tun, dass in der Vergangenheit vieles besser gewesen sein soll, was jetzt nicht mehr so gut ist. Auch das ist nicht zutreffend. Es ist eher ein Vorschlag, der sich – ausgehend von der Föderalismusdiskussion, die wir in der Bundesrepublik Deutschland führen und die bedauerlicherweise von den großen Flächenländern geprägt wird – mit den Rollen von Regierung und Parlament in einem Bundesland beschäftigt. Ausgehend von der Frage, wie der Bund künftig in die Kompetenzen der Länder eingreifen soll, ob es nicht eine stärkere Abgrenzung zwischen Bundes- und Landeskompetenzen geben sollte und ob die Länder in ihrer eigenen Hoheit nicht künftig mehr entscheiden sollten, im Rahmen dieser Diskussion stellt sich die Frage, wie geht im Land Berlin die Regierung mit dem Parlament um.

Wir haben auch die Regelung im Artikel 50 der Verfassung:

Der Senat unterrichtet das Abgeordnetenhaus frühzeitig und vollständig über alle in seine Zuständigkeit fallenden Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung.

Das wird noch weiter ausgeführt für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Das heißt, es gibt zu Recht Regelungen, die ein solches Informationsrecht des Abgeordnetenhauses begründen. Sie sind unserer Auffassung nach nicht vollständig, und sie sind auch nicht ausreichend kodifiziert.

Der Urheber des Antrages, den wir Ihnen heute vorstellen, war eine bayerische Enquetekommission, die sich über die Reform der Parlamentsarbeit und des Föderalismus in der Bundesrepublik Deutschland Gedanken gemacht hat. Die SPD hat in einem weiteren Landtag diesen Antrag bereits eingebracht. Nun nehmen wir diese Idee für Berlin auf, um zu einer Verbesserung der derzeitigen Situation zu gelangen. Dem Parlament steht es zu, und es ist auch Ausdruck einer selbstbewussten Parlamentsarbeit, dass wir diese Informationen einfordern und diese Unterlagen frühzeitig bekommen. Deswegen fordern wir ein Gesetz und dazu eine Detailvereinbarung. Damit verbinden wir die Hoffnung, dass der Informationsfluss in Zukunft besser läuft.

Lassen Sie mich noch etwas zu unserem zweiten Antrag sagen, zur Aufforderung, die das Parlament an den Senat stellen soll, dem Berliner Abgeordnetenhaus die Verwaltungsvorschriften, die im Land Berlin gelten, zur Verfügung zu stellen. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat eine größere Umfrage und Analyse gestartet zum Thema, wie die einzelnen Bundesländer im Dynamik-Ranking liegen. Dabei liegt das Saarland ausgesprochen weit vorne. Das Saarland hat im letzten Jahr 2 278 Verwaltungsvorschriften gestrichen – gut zwei Drittel derjenigen, die im Land vorhanden sind. Dies ist

Dies ist der Kontext, in dem dies alles geschieht. Zu dieser Thematik legen Sie noch nichts vor. Das macht aber auch nichts; wir werden es gemeinsam nachholen müssen, uns materiell dazu zu äußern.

Ihre Anträge handeln davon, wie wir anlässlich dieser genannten Aufgaben, die allesamt Aufgaben des Senats sind, als Parlament überhaupt noch vorkommen. In diesem Punkt sind wir uns wohl alle einig: Am Ende ist es das Parlament, das die Interessen der Berlinerinnen und Berliner in all den genannten Fragen definieren muss. Deshalb ist der Ansatz Ihrer Anträge durchaus zu begrüßen, der da heißt: Alle Informationen, die diese Fragen betreffen, müssen frühzeitig auf den Tisch dieses Hauses.

Bei einigen Punkten Ihrer Anträge haben Sie sich ein bisschen in der Systematik verheddert, wenn Sie zum Beispiel vorschlagen, alle Verwaltungsvorschriften dem Abgeordnetenhaus vorzulegen. Ich erinnere daran, dass wir neben dem Gesetzesvorbehalt auch so etwas wie einen Verwaltungsvorbehalt haben. Wir sollten uns nicht als quasi Verwaltung gerieren und so tun, als könnte wir alle Verwaltungsvorschriften kontrollieren oder an deren Gestaltung mitwirken.

der richtige Weg. In Berlin gibt es keine Übersicht der derzeit geltenden Verwaltungsvorschriften. Entsprechende Anfragen durch uns an den Senat blieben unbeantwortet. Die Bibliothek hier im Hause verfügt über keine Sammlung. Da wir derzeit die Verfassungsregelung haben, dass nur das Abgeordnetenhaus insgesamt, also nur die Mehrheit dieses Hauses, das Recht hat, eine solche Anforderung von Verwaltungsvorschriften vorzunehmen, schlagen wir diese Änderung vor. Es muss zukünftig ein ursächliches Recht des Abgeordnetenhauses sein, diese Verwaltungsvorschriften zu erhalten, um einen laufenden Überblick auch über Streichungen etc. zu erhalten. Im Amtsblatt wird nur ein Bruchteil der neu erlassenen Verwaltungsvorschriften veröffentlicht. Die Übersicht, die man sich dort verschaffen könnte, ist auch nicht ansatzweise vollständig. Deswegen ist es für den Bürokratieabbau ganz entscheidend, die Finger auf diesen wuchernden Wust der Verwaltungsvorschriften zu legen und seitens des Parlaments zu kontrollieren, was dort dringend abgeschafft gehört. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Beifall des Abg. Ratzmann (Grüne)]

Danke schön! – Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Zimmermann von der Fraktion der SPD das Wort! – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Anträge der CDU, Herr Goetze, sind die ersten Ausläufer einer Diskussion über die Sicherung von Kompetenzen der Länder und der Landesparlamente, die wir in den nächsten Monaten noch intensiv werden führen müssen.

Worum es dabei eigentlich geht, haben Sie in Ihrer Antragsbegründung ja auch sehr schön ausgeführt, wenn Sie sagen, es gehe um die Sicherung der Interessen der Länder im föderalen System der Bundesrepublik und innerhalb der Europäischen Union. Ich möchte dem jedoch hinzufügen, dass es um den Kontext geht, dass wir diese Interessen auf der Ebene des Bundes, auf der Ebene der Europäischen Union und auch im Recht der Internationalen Organisationen durchsetzen müssen. Es geht also darum – etwa auf der Ebene des Bundes –, in der Föderalismusreformdebatte unsere Interessen einzubringen, Stichwort: Kompetenzverteilung, Gemeinschaftsaufgaben oder auch Stichwort: Müssen gewisse Kompetenzen des Grundgesetzes wieder zu den Ländern zurückgeholt? – Dies wird von vielen vorgeschlagen; wir beurteilen die Frage skeptisch und würden nur ungern den etwas forschen Vorschlägen üdlicher Freistaaten folgen. s

Es geht sodann auf der Ebene der EU um die Verfassungsproblematik, um die Frage, wie weit etwa nach der künftigen Verfassung die Daseinsvorsorge in den Kommunen möglich sein wird, wie weit wir unsere Gestaltungsmöglichkeiten wahren können. Auch das hat etwas mit den Interessen der Länder zu tun. Schließlich geht es – noch eine Ebene höher – darum, bei den Verhandlungen die WTO und GATS betreffend die Bereiche zu sichern, die Kultur und Medien betreffen. Dies sind Kern

bereiche der Länderhoheit, bei denen es darum geht, dass künftig die Gestaltungsmöglichkeiten erhalten bleiben.

[Zuruf des Abg. Ratzmann (Grüne)]

[Ratzmann (Grüne): Geht auch gar nicht!]

Dabei würden wir uns überheben. Es wäre besser, die Information zu regeln. Lassen Sie uns gemeinsam beraten, wie man die Information über die Verwaltungsvorschriften verbessern kann.

Sie wollen über die Information des Abgeordnetenhauses durch den Senat eine Vereinbarung schließen. Das halte ich für sehr problematisch, denn in der Systematik ist es nun einmal so, dass die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses festlegt, welche Pflichten der Senat hat und was er uns vorlegen muss. Wir sind das Verfassungsorgan, das einseitig durch Geschäftsordnung, an die der Senat gebunden ist, festlegt, was er uns liefern soll. Wenn wir das auf die Ebene einer Vereinbarung herabstufen, Herr Goetze, müssten wir mit künftigen Regierungen neu verhandeln. Wenn eines fernen Tages die CDU regieren sollte, müssten wir mit Ihnen neu verhandeln, welche Informationen wir bekommen. Das würde ich nicht gut finden, das können wir vergessen.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Kann ja sein, dass die SPD irgendwann einmal nicht regiert!]

Materiell werden wir aber prüfen, ob so ein Gesetz, wie Sie es vorschlagen, gebraucht wird, allerdings ohne Vereinbarung. Die Vorschläge, die Sie in Ihrem Antrag in Bezug auf die Vereinbarung machen, sind alle bereits geregelt – in der Verfassung, Artikel 50 – Staatsvertrag – in 21 a der Geschäftsordnung unseres Hauses über die Unterrichtung über alle anstehenden Vorhaben. Wir werden im Einzelnen prüfen müssen, ob es überhaupt zusätzlichen Regelungsbedarf gibt. Wenn dem so sein sollte,

dann sitzen Sie vielleicht noch in ein paar Landtagen rum, aber bei Regierungsbeteiligungen, da können Sie sich eher bei uns eine Scheibe abschneiden,

da sind wir im Moment bei fünf, 2006 werden wir auch noch in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen mitregieren. 2006 kommt dann der Bund dazu.

Jetzt kommen wir wieder zu dem vernünftigen Antrag zurück. Was die Einschränkung für 4 bis 6 bedeutet: „soweit es sich um Gegenstände von erheblicher landespolitischer Bedeutung handelt“, das müssten wir genauer definieren. Das muss ein klarer Berlinbezug sein. Ich gehe davon aus, dass alles, was im Bundesrat behandelt wird, eine zumindest maßgebende Bedeutung in landespolitischer Hinsicht hat. Da müssen wir noch Einschränkungen kriegen, denn das ist richtig, ich möchte hier nicht zugepflastert werden mit Informationen der Exekutive.

werden wir gemeinsam nach einer vernünftigen Lösung suchen. Die rechtlichen Instrumente sind also vorhanden, und in der praktischen Ausübung sind z. B. im Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten für die frühzeitige Information des Parlaments über all diese Fragen auf EU- und Bundesebene gewährleistet. Ein praktisches Problem kann ich daher nicht erkennen. Wir werden uns aber – wie bereits gesagt – gemeinsam im Ausschuss darüber auseinandersetzen und entscheiden, ob Verbesserungen möglich und nötig sind. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die Fraktion der FDP hat der Abgeordnete Herr Dr. Lindner das Wort! – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen! Meine Herren! In ähnlicher Richtung: Ich glaube auch, dass das ein guter Ansatz ist, den die CDU hier wählt. Es ist geboten, es geht hier schließlich darum, dass die erste Gewalt die dritte kontrolliert. Und Grundvoraussetzung ist es, dass sie ausreichend über alles Wesentliche, was die Exekutive so plant, vorhat und treibt, entsprechend informiert wird.

Herr Goetze, das geht auf Vorstöße, die bereits von Unionsvorstöße in anderen Landtagen gemacht wurden, zurück. In Bayern ist es gemacht worden.

[Henkel (CDU): Ist wahr!]

Es ist nicht alles gut, was in Bayern gemacht wird, aber