Der Bruch der Verfassung führt zu einer Krise der parlamentarischen Demokratie, wenn er für die Verantwortlichen folgenlos bliebe. Die verliehene, nein, die ausgeliehene Macht muss denjenigen entzogen werden, die sich gegen die Verfassung stellen und das Vertrauen der Wähler missbraucht haben.
Ich schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu widmen.
Bereits im Jahr 2002 haben Sie im Deutschen Bundesrat, nicht weit von hier, im Streit um das Zuwanderungsgesetz die Verfassung gebrochen.
Im Dezember 2002 hat das Bundesverfassungsgericht dieses auch festgestellt – ohne dass es heute um eine inhaltliche Bewertung des Gesetzes geht. Darum ging es nicht. Es ging darum, dass Sie sich auch an dieser Stelle selbstherrlich über die Verfahrensordnung, die uns unser Grundgesetz gegeben hat, gestellt haben.
Und wider besseres Wissen sind Sie in der Sitzung am 28. Juni 2002 an dieses Pult getreten und haben behauptet, das Haushaltsgesetz 2002/2003 sei nicht verfassungswidrig:
Ich erkläre für den Senat hier ganz eindeutig, dass der vorgelegte Haushalt sich natürlich im Rahmen der Verfassung bewegt und auch nicht rechtswidrig ist. Ja, und zwar ganz klar!
Eine solche Aussage könnte auch nur Ausdruck von finanzpolitischer und staatsrechtlicher Inkompetenz sein.
Ein Mann, der sich rühmt, die Berliner Verfassung gebrochen zu haben, und die daraus resultierenden Misstrauensanträge von drei Fraktionen dieses Hauses als Unterhaltungsprogramm versteht, ist offensichtlich ungeeignet für das Amt eines Senators. Sie besitzen weder die notwendigen charakterlichen Eigenschaften, geschweige denn ein Unrechtsbewusstsein.
Herr Wowereit, Herr Sarrazin! Ihnen muss das Vertrauen entzogen werden. Sie haben durch Ihr Handeln dem Land Berlin und der Demokratie schweren Schaden zugefügt. Jeder Demokrat und verantwortungsbewusste Abgeordnete in diesem Saal muss bei den Misstrauensanträgen am Montag mit Ja stimmen. Die Mitglieder der CDU-Fraktion werden ebenso wie die Kollegen der FDP und der Grünen am Montag ein Zeichen setzen für die Verfassung und gegen die Verantwortungslosigkeit. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Zimmer! – Bevor ich dem Fraktionsvorsitzenden Müller von der SPD das Wort gebe, möchte ich die Gelegenheit nutzen, neu in unserer Mitte den Staatssekretär Schulte zu begrüßen, der heute gleich die richtige Einführung in die Haushaltsprobleme bekommt. – Herzlich willkommen! Gute Zusammenarbeit, Herr Staatssekretär Schulte!
Aber so einfach können Sie es sich heute wohl nicht machen, Herr Wowereit! Sie sind Volljurist, langjähriges Bezirksamtsmitglied, waren haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Ich muss also davon ausgehen, dass Sie sich der Bedeutung Ihrer Aussage an diesem Pult bewusst waren, vor allem, nachdem Herr Sarrazin zuvor bereits festgestellt hatte, dass man keinen Zweifel daran haben könne, das dieser Haushalsentwurf verfassungs- und rechtswidrig ist. Sie haben dies getan, um den Haushaltsgesetzgeber, nämlich dieses Parlament, zu täuschen. Aber auch nach dem Urteil hatten Sie nichts Eiligeres zu tun, als den Regierungsfraktionen zu raten, das Urteil des Verfassungsgerichts zu ignorieren und den ebenso verfassungswidrigen Haushaltsentwurf 2004/2005 möglichst schnell zu beschließen. Und dann interpretieren Sie das Urteil einfach um und behaupten dreist, es wäre ein Freibrief, um Ihre hilf- und planlose Kahlschlagspolitik noch zu verschärfen. Sie stellen sich bewusst über das höchste Berliner Gericht und dessen Urteile, Herr Wowereit!
Dieses Vorgehen passt in das System Wowereit, ein System, in dem Arroganz und Selbstbedienungsmentalität zur Tagesordnung gehören. Die ehemaligen Staatssekretäre Pasternack und vor allem Herr Bielka legen davon beredtes Zeugnis ab. Das Neueste, was wir lesen durften, ist, dass die Kollegin Fugmann-Heesing möglicherweise in die Charité wechselt und dort dann Karriere macht, nachdem Sie als Senatorin und bei der GEBB ausgedient hat. Die Sozialdemokratie sorgt für ihre verdienten Mitglieder im Senat.
Da wundert es gar nicht weiter, dass Sie mit den Krediten auf Kosten zukünftiger Generationen in Berlin auch nicht anders umgehen. – Herr Regierender Bürgermeister! Sie sind ein Verfassungsbrecher. Niemand wird Ihnen jemals wieder glauben, dass Sie aus Verantwortung für Berlin handeln, wenn es nur um den eigenen Machterhalt geht.
Der Senator für Finanzen, Herr Dr. Sarrazin, hat bereits frühzeitig erkennen lassen, dass er um die Verfassungswidrigkeit des Haushalts wusste. Er zog daraus den Schluss, dass er dann eben die Verfassung brechen müsse, weil er nicht fähig war, einen ordentlichen Haushalt aufzustellen. – Sie haben damit, Herr Sarrazin, vorsätzlich und bewusst, also mit Absicht, die Verfassung gebrochen und sind offensichtlich auch noch stolz darauf. Nach der Verkündung des Urteils des Verfassungsgerichts stellten Sie sich vor die Mikrofone und sagten: „Ich habe es schon von Anfang an gewusst!“ – Ein Verfassungsbrecher, der stolz auf seine Tat ist! Übrigens haben Sie während der Verhandlung vor dem Verfassungsgericht kleinlaut behauptet, Ihre Einschätzung aus dem Juni des vergangenen Jahres sei eine Art Missverständnis gewesen. Das passt gar nicht zu Ihrem Charakter – so, wie wir Sie hier kennen gelernt haben, wie wir Sie teilweise auch kennen lernen mussten. Es muss Ihnen sehr schwer gefallen sein, im Gericht vorzulesen, was Ihnen die Senatskanzlei von Herrn Wowereit aufgeschrieben hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich warte immer noch ganz gespannt, wann denn mal die große Stunde der Opposition kommen wird, insbesondere die große Stunde der CDU-Fraktion.
Es wäre doch heute ein schöner Tag gewesen. Bei der Inszenierung Ihrer Misstrauensanträge hätte man doch heute mal richtig loslegen können, wo denn Ihre Konzepte und Gegenentwürfe sind. Wieder Fehlanzeige, wieder nichts!
Oder kommen die noch? – Ganz im Gegenteil: Wie immer die üblichen Vorwürfe und Beschimpfungen als Verfassungsbrecher,
dass nicht gesagt werden würde, wo wir stehen, wo es langgehen soll. – Herr Zimmer, ich habe es Ihnen schon ein paar Mal gesagt, ich werde es aber gern heute noch einmal von hier vorne tun: Es hat noch keine Regierung gegeben, die wie diese den Berlinerinnen und Berlinern so deutlich gesagt hat, was in der Stadt geht und was nicht geht, und wo wir stehen, und welche Reformen wir anpacken müssen. Und wir haben Sie angepackt.
Es ist richtig, dass der Senat die Haushaltsentwürfe vorlegt. Aber die Parlamentarier entscheiden immer noch darüber. Jeder muss sich an die eigene Nase fassen – sowohl die Grünen als auch die CDU. Jeder muss sich fragen, an welcher Stelle er etwas unterstützt hat und wo nicht.
Womit hat sich das Verfassungsgericht eigentlich befasst? – Es hat sich mit dem Doppelhaushalt 2002/2003 befasst und mit nichts anderem. Die Opposition hat sich – entgegen ihrer Einschätzung – vor dem Verfassungsgericht mit ihrer Position, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sei nicht gestört, nicht durchgesetzt. Das war der Punkt, den Sie klären wollten. Das Gericht geht aber davon aus, dass das Gleichgewicht gestört ist, und zwar auch wegen des fehlenden Wachstums in den letzten Jahren, wegen der hohen Arbeitslosigkeit, die es in Berlin gibt. Das Gericht sagt, dass dadurch auch eine erhöhte Kreditaufnahme gerechtfertigt ist. Das Gericht sagt sogar – das ist sicher für alle bemerkenswert –, dass wesentliche Anhaltspunkte für eine Haushaltsnotlage vorliegen und auch ein Anspruch auf Sanierungshilfen des Bundes besteht. Allein dadurch ist eine erhöhte Kreditaufnahme zulässig.
Sie gehören doch gerade der Partei an, in der über Jahrzehnte die Oberverschleierer der Situation in Berlin gesessen haben, die auf jeder Betriebsversammlung gestanden und gesagt haben: Es wird sich überhaupt nichts ändern!
[Beifall bei der SPD und der PDS – Henkel (CDU): Herr Müller, wissen Sie, wie lange die SPD in Berlin regiert?]
Und Sie befinden sich auch nach wie vor genau in dieser Tradition, Herr Zimmer! Ausdruck dafür ist Ihr Interview am Dienstag dieser Woche in der „Berliner Zeitung“.
Da sind Sie sich nicht zu schade, in aller Öffentlichkeit – vor dem Hintergrund, vor dem wir hier diskutieren – zu sagen, dass Sie es billig fänden, dass der Wirtschaftssenator konkrete Einsparvorschläge gemacht hat. Und als der erstaunte Journalist noch nachfragt: „Haben Sie vielleicht eigene Überlegungen?“, sagen Sie, nein, Sie würden diesen Fehler nicht machen und so konkret werden wie der Wirtschaftssenator.
Allen nach dem Munde reden, das ist nach wie vor das Gütesiegel der Berliner CDU, und dazu passt – um auch das gleich am Anfang abzuräumen – auch Ihr hilfloser Ruf nach der Enquete-Kommission. – Herr Zimmer, natürlich ist Beratung immer gut und auch richtig und wichtig. Wenn man ein konkretes Problem hat, kann es oft helfen, dass Experten mitberaten – warum nicht auch mal eine Enquete-Kommission?
Ich glaube aber, in der Lage, in der wir im Moment sind, ist in allererster Linie die Politik gefordert. Wir sind gewählt, wir müssen beantworten, wo es langgehen soll!
Richtig, Herr Zimmer! Wir, der Senat und die Koalitionsfraktionen, völlig richtig! Aber ist mir was entgangen, oder sind Sie auch gewählte Abgeordnete? – Selbst Sie haben noch Wählerstimmen bekommen. Geben Sie doch mal für Ihre Wähler die Antworten!