Ja, dazu sage ich gleich etwas! – Eine weitergehende soziale Staffelung war von uns auch angedacht. Wir haben darüber mit dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein gesprochen. Dort lehnt man eine weitere soziale Staffelung ab. Der Blinden- und Sehbehindertenverein sagt, damit würde das System des Nachteilsausgleichs – also der einkommensunabhängigen Leistung – ausgehebelt.
Dieses Argument leuchtet mir erst einmal ein. Trotzdem würde ich auch gern noch einmal diese Frage thematisieren, wenn wir in der nächsten Woche die Anhörung durchführen. Auf diesen Gedanken sind selbstverständlich alle gekommen. Deshalb habe ich gesagt: Ist ja ein toller Vorschlag! – Darüber reden wir doch schon die ganze Zeit, unter anderem auch im Ausschuss.
Ich komme gleich zum Ende. – Die finanzielle Situation des Landes Berlin und die Verpflichtung, die wir nun haben, uns einem Ländervergleich zu stellen, lassen eine Begründung der gegenwärtigen Kosten des Landespflegegeldgesetzes nicht mehr zu. Trotzdem muss man feststellen: Mit den vorgesehenen Einsparungen erhalten wir weiterhin die Vielfalt der Leistungen, die alle genannt haben. Das bewerte ich – wie bereits gesagt – als ausgesprochen positiv.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand die Debatte teilweise ärgerlich, und zwar dann, wenn behauptet wurde, dass uns die Haushaltsnotlage und der Gang nach Karlsruhe zu diesen Entscheidungen zwingt. Das hat Frau Radziwill gesagt,
und das hat Frau Breitenbach im letzten Satz anklingen lassen, obwohl es ansonsten ja eine etwas differenziertere Rede war. Das kann man so nicht machen von Seiten der Opposition.
[Heiterkeit bei der PDS – Hoffmann (CDU): Er meint: von Seiten der Regierungskoalition! – Ratzmann (Grüne): In die Zukunft geblickt!]
Dass den Kollegen von der FDP zwar ein ähnliches Argument auf die Lippen kommt, aber sie als Ausgleich wiederum nur Maßnahmen und Projekte im Bereich Jugend, Arbeit und Soziales im Sinn haben, das ist die FDPLinie, die ich in der Regel nicht mitgehe.
Das war die erste große Sparaktion des Jahres 2004/2005, und ich will der Geschichtsklitterung, die Frau Knake-Werner nach dem Landesverfassungsgerichtsurteil vorgenommen hat, entgegentreten, als sie sagte, nach dem Landesverfassungsgerichtsurteil sei das Blindengeld nicht mehr zu retten. Das finde ich aus dem Mund einer Senatorin, die genau diese Streichung des Blindengeldes Monate vor dem Landesverfassungsgerichtsurteil vorgeschlagen hat, etwas unredlich. Man sollte zu seinen eigenen Prioritätenentscheidungen stehen.
Ich glaube, dass das Gesetz in dieser Form nicht möglich ist. Sie haben die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes bisher mit etwas über 8 Millionen € beziffert. Sie sagen aber selbst, Sie könnten nicht einschätzen, welche Mehrkosten durch dieses Gesetz andererseits entstehen, wenn bisher Berechtigte in die Sozialhilfe gehen und einen Rechtsanspruch auf Blindengeld nach dem BSHG erlangen. Da bleiben zum Schluss mit Sicherheit nicht mehr 8 Millionen € übrig, sondern eine deutlich geringere Summe. Das finde ich als Entscheidungsgrundlage eine wichtige Frage zu wenig.
Ich will mich Frau Breitenbach anschließen: Auch wir denken, es muss eine Einkommensstaffelung geben. Mich
Ich eröffne die I. Lesung. Zur Beratung stehen den Fraktionen gemäß Geschäftsordnung wieder jeweils fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der FDP. Ich bitte um Disziplin bei der Redezeit, denn unser Blitz kann nicht mehr blitzen. Es beginnt die FDP, Herr Dr. Lindner hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Haushaltsnotlage, in der sich Berlin befindet, muss ich uns allen wohl nicht noch einmal in Erinnerung rufen. Was ich aber in Erinnerung rufen oder erstmalig bekannt machen möchte, ist eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel zur Finanzlage Berlins, ein Vergleich mit Hamburg. – Schade, dass der Finanzsenator heute nicht unter uns sein kann. – Ich zitiere:
und bei den Verwaltungs- sowie Sozialausgaben liegen. Diese drei Kategorien zusammen beinhalten ein Sparpotential in Höhe von 5,9 Milliarden €.
wundert, dass Sie das hier so offen formulieren und nicht klar dafür eintreten. Wenn man einerseits als Fraktion und als Regierungspartei im Kitabereich eine Erhöhung um 7 € pro Kind und Monat nicht mitmacht, aber mittlere Einkommen mit dreistelligen Beträgen pro Monat belastet – aus der Begründung soziale Gerechtigkeit und soziale Staffelung –, dann ist das ein Grundprinzip, das sich durchziehen und das man auch hier gelten lassen muss. Ich kenne die Argumente der Betroffenen und des Blindenvereins. Ich kann sie auch verstehen. Aber ich glaube, das ist ein Stück weit der Mentalitätswechsel, den wir in Berlin brauchen. Wir können nicht Nachteile, die sich aus Lebenslagen ergeben, als Land abfedern, sondern wir müssen das vom individuellen Bedarf abhängig machen. Deswegen wollen wir eine Einkommensstaffelung. Wir wollen nicht, dass die Einkommensstaffelung darin besteht, dass diejenigen, die wenig Einkommen haben, dann in die Sozialhilfe gelangen, sondern wir wollen eine Berliner gesetzliche Regelung jenseits der Sozialhilfeleistungen, die diese Einkommensstaffelung ermöglicht. Es gibt auch noch etwas zwischen dem Hochverdiener und der Sozialhilfesituation. Hier wird bisher der Rasenmäher eingesetzt, und das geht nicht.
Eine zweite Anmerkung möchte ich machen, die sich auf das bezieht, was der Blindenverein heute vorgeschlagen hat: Wie wird das alles verwaltet, was für Verwaltungskosten sind darin? Warum – das ist eine begründete Frage – sind in Berlin 46 Stellen in den bezirklichen Sozial- und Jugendämtern damit beschäftigt, Blindengeld auszuzahlen und zu verwalten, bei insgesamt ca. 5 200 Fällen in der Stadt? – Das ist absurd. Andere Länder machen das anders, sie haben das zentralisiert. Es ist nicht Aufgabe der Sozialämter. Es ist keine Sozialhilfeleistung im eigentlichen Sinne. Eventuell – das muss man rechnen – lassen sich hier erhebliche Kosten einsparen. Wenn man diese potentiellen Einsparungen der Verwaltungsabläufe und die eventuellen Mehrkosten rechnet, die nach Ihrem Modell bei der Sozialhilfe anfallen, dann werden wir in den Ausschussberatungen Lösungen finden können, die fast einen gleichen Spareffekt haben, einkommensgestaffelt sind und denjenigen, die auf dieses Geld angewiesen sind, weiterhin dieses Geld zu Verfügung stellen. Das sollte das Ziel der Beratungen im Ausschuss sein, nicht eine Verteufelung in alle Richtungen, ein reines SchwarzWeiß-Malen; damit wäre keinem der Betroffenen gedient.
Danke schön, Herr Kollege Schruoffeneger. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung in den Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz sowie an den Hauptausschuss. – Ich höre dazu keinen Widerspruch.
Der auf der Basis der Funktionalgliederung gewonnene Streichkatalog zeigt, dass die Ausgabenschwerpunkte bei den Subventionen
Wenden wir uns heute dem Ausgabenschwerpunkt öffentlicher Dienst und Personal zu. Wir hatten hier schon mehrfach Debatten über die Frage, ob man zum Personalabbau auch kündigen soll und kann oder nicht. Wir haben hierzu eine dezidiert klare Auffassung. Wir meinen, es wird wie in einem insolvenzbedrohten Unternehmen der Privatwirtschaft ohne Kündigungen nicht funktionieren. Die Koalition sagt: Wir wollen es ohne Kündigungen, wir schließen sogar Kündigungen ausdrücklich durch neue Vereinbarungen aus. Wir setzen auf Personalmanagement und unseren Stellenpool. – Das ist eine Möglichkeit. Wir sagen, das ist eine ergänzende Möglichkeit, deswegen haben wir uns im Unterschied zu den anderen Oppositionsfraktionen nicht gegen das Stellenpoolgesetz gewandt.
Aber ganz klar ist: Wenn Sie die Frage Stellenpool lösen wollen durch Versetzungen, Umsetzungen und Abordnungen, müssen Sie dies auch praktisch möglich machen. Da waren Sie auf gar keinem schlechten Weg, muss ich Ihnen konzedieren. Sie hatten in Ihrem Ursprungsentwurf zum Stellenpoolgesetz zur Mitbestimmung durch Personalräte ausdrücklich vorgesehen, dass es im Wesentlichen „nur“ um Mitwirkungsrechte der Personalräte geht. Jetzt haben Verdi, der Beamtenbund, der Hauptpersonalrat und andere Druck gemacht, und wie immer sind Sie in die Knie gegangen. Fortan soll bei allen längerfristigen Versetzungen über 12 Monate doch wieder die Mitbestimmung eintreten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag der FDP in unseren Unterlagen las, muss ich sagen, hatte ich zu Beginn den Eindruck dass es wieder nur ein Antrag der FDP ist, um – Entschuldigung, Herr Dr. Lindner – auch einmal wieder hier vorn zu stehen. Sie haben es allerdings geschafft, in Ihrer mündlichen Begründung das ein wenig zu erläutern, was in Ihrer schriftlichen komplett fehlt. Wenn Sie sich mal Ihren Antrag angucken, dann gibt es in Ihrer Begründung in dem Antragsformular gar nichts zu dem Warum, sondern nur, was Sie ändern wollen.
Aber Sie haben es schon ganz richtig erkannt: Sie werden bei uns wenig Zustimmung und Unterstützung finden. Wenn ich bedenke, dass Sie sonst nur damit bekannt werden und sich einen Namen zu machen versuchen, dass Sie entweder die Abschaffung des öffentlichen Dienstes in Gänze fordern – den Ausgabenschwerpunkt, habe ich heute gelernt – oder aber, dass Sie dann zumindest auf 1.-Mai-Kundgebungen – das ist dann noch besonders nett – die Notwendigkeit von Gewerkschaften ernsthaft bezweifeln, dann hat es mich eben fast gewundert, dass ich von Ihnen nicht ähnliche Kommentare höre wie von Herrn Löhnitz. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren. Er ist der Meinung, wir leben in einem Land, das durch „eine dämliche Demokratie und anderen geistigen Schwachsinn kaputtgemacht wird.“ – Sie werden verstehen, dass wir das wenig komisch und noch weniger unterstützenwert finden, Herr Dr. Lindner.
Das Argument der Personalräte war nicht falsch. Sie haben gesagt, es gibt einen Gleichheitsgrundsatz, der verbietet, dass man Versetzungen und Umsetzungen außerhalb des Stellenpools der Mitbestimmung und anlässlich des Stellenpools nur der Mitwirkung unterzieht. Dieses Argument hat was; es ist nur die Frage, welche Schlüsse man daraus zieht. Sie haben daraus den Schluss gezogen, bei längerfristigen Versetzungen jetzt doch wieder Mitbestimmung zu gewähren. Wir sagen: Wenn sie Gleichbehandlung haben wollen, sollen sie Gleichbehandlung bekommen; dann führen wir einheitlich Mitwirkung statt Mitbestimmung ein, und das ist unser Gesetzesänderungsvorschlag.
Ich glaube, wenn Sie nüchtern darüber nachdenken, was es heißt, in dem Umfang, den Sie selbst vorsehen, Tausende von Menschen im öffentlichen Dienst zu versetzen, jedes Mal eine Mitbestimmung durchzuführen, möglicherweise mit Einigungsstellenverfahren, werden Sie selbst bei ruhigem Nachdenken zu dem Ergebnis kommen, dass es gar nicht anders funktioniert, als Mitbestimmung durch Mitwirkung zu ersetzen. Das ist ja nicht gar nichts, sondern da wird immer noch vorher informiert und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Personalräte sind nicht rechtlos gestellt.
Ich sage Ihnen auch: Es ist gerechtfertigt. Mitbestimmung in der Privatwirtschaft bei Versetzung und anderem schafft einen Ausgleich zwischen dem legalen – und ich sage auch legitimen – Gewinnstreben eines privaten Unternehmers auf der einen Seite und dem Individualinteresse eines Arbeitnehmers auf der anderen Seite. Wir befinden uns aber in einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, und da gibt es kein Gewinnstreben, sondern auf der einen Seite das allgemeine Wohl, das durch das Land Berlin vertreten wird, und auf der anderen Seite das Individualinteresse des Arbeitnehmers. Deswegen ist es richtig und vernünftig, es dort auf Mitwirkung zu beschränken.
Das Bundespersonalvertretungsrecht lässt dies zu. Laut § 104 kann man abweichende Regelungen treffen. Es ist auch durch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich so bestätigt. Das heißt, wenn Sie wollen, dass die Sache funktioniert, und wenn Sie wollen, dass wir im Land Berlin das Thema Überausstattung im öffentlichen Dienst mit Energie und Schwung anpacken, müssen Sie wenigstens, wenn Sie schon nicht die Stärke aufbringen, zu Kündigungen zu kommen, Ihr eigengewähltes Instrument so gängig machen, dass es den gewünschten Erfolg mit sich bringt. Deswegen bitte ich Sie herzlich, jenseits Ihrer üblichen Ressentiments diesem Gesetz positiv gegenüber zu stehen, es vernünftig zu diskutieren und letztlich diesem Gesetzesvorhaben auch zuzustimmen. – Herzlichen Dank!