Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Lehmann! Als ich die Begründung zum Antrag Ihrer Fraktion gelesen habe, habe ich mich gefragt, wie Sie wohl in der Rederunde die Abschaffung des Bildungsurlaubsgesetzes begründen werden, denn das, was uns mit Ihrem Antrag vorliegt, ist von wenig Sachkenntnis getrübt,
dafür viel mehr von selektiver Wahrnehmung, Vorurteilen, Behauptungen, Halbwahrheiten und leider auch von Unwahrheiten. Zum Teil hat sich diese meine Einschätzung in Ihrer Rede noch einmal bestätigt.
Anders als es in Ihrer Antragsbegründung steht, ist Bildungsfreistellung mitnichten ein Luxusgut von Beschäftigten im öffentlichen Dienst. In Berlin beträgt der Anteil der Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus dem öffentlichen Dienst nur ein Drittel bis ein Viertel – leider, muss man sagen, denn es gibt inzwischen Senatsverwaltungen, die überhaupt keinen Bildungsurlaub mehr genehmigen.
Das kann ich gleich sagen. – Ein Blick in die Statistik zeigt auch, dass Bildungsurlaub vor allem von denjenigen eingereicht wird und diejenigen erreicht, die von der Wissenschaft als eher bildungsfern bezeichnet werden. In Berlin sind es zu mehr als 50 % Haupt- und Realschüler und nicht leitende Angestellte. 80 % sind Beschäftigte bis zu 45 Jahren, 60 % sind Frauen, zu fast 70 % dienen die Seminare der beruflichen Weiterbildung.
Seit In-Kraft-Treten des Bildungsurlaubsgesetzes in Berlin hat sich ein breites Netz von Organisationen, Un
Das tun nicht nur Arbeitgeber, das tun, wie Sie wissen, alle Fraktionen in diesem Haus. Nichtsdestotrotz: Wenn es konkret wird, dann scheiden sich die Geister.
Mir sind vor allem Arbeitgeber begegnet, Herr Kurth, die sich darüber beklagen, dass das Bildungsniveau der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, aber auch der Arbeitslosen in dieser Stadt zu niedrig ist.
Mir begegnen Arbeitgeber, die sagen: Wir brauchen viel mehr Weiterbildung. – Das ist natürlich der Punkt, für den man auch die Rahmenbedingungen setzen muss. Wir müssen auch einmal zur Kenntnis nehmen, dass es immer mehr Arbeiternehmerinnen und -nehmer, aber im Übrigen auch Arbeitslose gibt, die ihr eigenes Geld und ihre eigene Zeit für Bildung einsetzen. Das ist mitnichten nur eine Veranstaltung, die öffentlich finanziert wird. Es gibt aber leider auch viel zu selten eine Veranstaltung, die von Arbeitgeberseite finanziert wird und deswegen sage ich, dass es sich hierbei gar nicht um ein Urlaubsgesetz handelt, sondern um ein Gesetz, das eine Freistellung ermöglicht, eine Freistellung, in der eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Kurs in Anspruch nehmen kann, dessen Kosten sie oder er im Übrigen selbst bezahlt, um danach höherqualifiziert in den Betrieb zurückzukehren. Ein Töpferkurs in der Toskana wird nicht finanziert, und ich glaube auch nicht, dass das erheblich zum Qualifikationsniveau der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beiträgt.
ternehmen, gerade auch kleineren Unternehmen, und Bildungsträgern, hier vor allem der Volkshochschulen, entwickelt, die Bildungsurlaub anbieten und nutzen. Dieses Netz gilt es, verstärkt auszubauen und nicht zu zerstören, und genau das wäre die Folge Ihres Antrags, meine Damen und Herren von der FDP! Bildungsfreistellung muss als Möglichkeit der Erwachsenenbildung und -weiterbildung im Zusammenspiel von Beruf, Betrieb und Gesellschaft erhalten, ausgebaut, weiterentwickelt und propagiert, aber doch nicht abgeschafft werden.
Die Zerstörung von Weiterbildungsstrukturen und -möglichkeiten ist mit Sicherheit nicht der richtige Weg zum lebenslangen Lernen und in die Wissensgesellschaft. Das, meine Damen und Herren von der FDP, sollten Sie sich auch einmal überlegen.
Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Klotz. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben es also mit einem Antrag der FDP zu tun, wo oben drüber steht: „Mehr FDP, weniger Bildung!“ – Das ist nämlich der eigentliche Kern Ihres Antrags. Wir werden ihm nicht zustimmen, ich werde aber ein paar Sätze dazu sagen.
Auch wir glauben, dass man bei den 111 Seiten Bildungsangeboten, die man im Internet einsehen kann, vielleicht konzentrierter hinsehen muss, was wirklich förderungsfähig ist. Aber ich muss ehrlich sagen, Herr Kurth: Ich habe in den vergangene Jahren eine Menge Klagen von Arbeitgebern gehört wegen zu hoher Lohnnebenkosten, wegen fehlender Flugdirektverbindungen – so, wie von Ihnen gestern wieder. Ich habe keinen einzigen Arbeitgeber getroffen, der gesagt hat: Die ausgeprägte Standortschwäche in Berlin ist durch das Berliner Bildungsurlaubsgesetz verursacht. – nicht einen einzigen!
[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS – Abg. Kurth (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]
Ich glaube, Sie haben sich mit Ihrer Argumentation, ins Saarland oder nach Bremen zu gucken, selbst einen kleinen Fallstrick gelegt, weil sowohl Bremen als auch das Saarland ein Bildungsurlaubsgesetz haben. Es gibt nur sehr wenige Länder, die keines haben. Insofern halte ich einen direkten Zusammenhang zwischen Standortschwäche auf der einen und Bildungsurlaubsgesetz auf der anderen Seite für Unsinn und kann Ihnen da nicht zustimmen.
Sind Ihnen, verehrte Frau Dr. Klotz, bei Ihren vielen Gesprächen schon Arbeitgeber begegnet, die die Regelungsdichte in Berlin beklagt haben?
Lassen Sie uns also im Ausschuss darüber diskutieren, was die Qualität der Bildungsangebote betrifft, die dort auf 111 Seiten angeboten werden. Das Ziel kann aber nicht sein, die Weiterbildung über diesen Weg abzuschaffen, sondern das Ziel muss sein, viel mehr Motivation für mehr Weiterbildung und eine bessere Weiterbildung zu schaffen.
Das tut die FDP nicht, sie versucht, das komplett wegzuhauen. Bloß weg mit dem Quatsch, Herr Lindner, das ist das Niveau, das Sie an dieser Stelle an den Tag legen. Dass wir dem zustimmen, können Sie nun wirklich nicht erwarten.
Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.
Ja, zum Beispiel! – Wir alle erinnern uns noch mit Unbehagen an die Medienberichterstattung zu Beginn des Jahres über den Fall des jugendlichen Serienstraftäters Mohammed R. Im Zusammenhang damit wurde stets darauf hingewiesen, dass gerade männliche junge Täter nichtdeutscher Herkunft an der Spitze der Straftäterstatistik ständen und dies insbesondere bei Rohheitsdelikten
sowie im gesamten Bereich der Jugendgruppengewalt. In der Tat kann man sich auch angesichts des Berichts über die Kriminalität in Berlin aus dem Jahre 2002 dieser Ansicht nicht verschließen. Denn addiert man nach diesem Bericht die nichtdeutschen Personen und die Personen mit nichtdeutscher Herkunft, d. h. Tatverdächtige mit Migrationshintergrund, so ergibt sich ein Anteil von 43,9 %, rund 44 % an den ermittelten Straftätern im Bereich Jugendgruppengewalt. Aber wie auch immer der Einzelne die Zahlen interpretieren mag, es steht fest, dass die polizeiliche Kriminalstatistik seit Jahren ausweist, dass nichtdeutsche Tatverdächtige in wichtigen Deliktfeldern im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung deutlich überrepräsentiert sind.
Bei unserer Großen Anfrage geht es um die Jugendkriminalität insgesamt und nicht nur um die Jugendkriminalität, die die Gruppe der Täter mit nichtdeutscher Herkunft betrifft. Dennoch, und das will ich hier, Kollege Brauer, freimütig einräumen, wollen wir unser besonderes Augenmerk ganz bewusst auch auf diese Tätergruppe richten. Ich will auch gerne erklären warum. Wenn man etwas positiv verändern will, so muss man die Lage zunächst nüchtern analysieren und die Dinge erst einmal betrachten und benennen. Dies muss man tun, ohne sich dabei in die Tasche zu lügen. Dies gilt nicht nur, aber eben auch und gerade für den Bereich der Kriminalität junger Täter nichtdeutscher Herkunft. Aber genau hier, und das zeigen Ihre Zwischenrufe, habe ich den Eindruck, dass in Berlin nicht alle politischen Kräfte dieser Ansicht sind.
Eine Beratung in I. Lesung ist nicht mehr vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie an den Hauptausschuss. – Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch, wir werden so verfahren.
Die Große Anfrage wurde zuletzt auf unserer Sitzung am 13. November vertagt. Für die Begründung erhält die antragstellende Fraktion der CDU mit der vereinbarten Rededauer von fünf Minuten das Wort. Das Wort hat der Abgeordnete Herr Henkel – bitte sehr!
Warten Sie doch mal ab, Frau Kollegin, wie wir uns das aufgeteilt haben. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unsere Große Anfrage zur Entwicklung und über Maßnahmen im Bereich der Jugendkriminalität haben wir vor dem Hintergrund einer nach wie vor Besorgnis erregenden Kriminalitätsentwicklung bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden gestellt.