Peter Kurth

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun hat Herr Lindner auf eine bürgerliche Antwort gewartet und ist zu den Medien herausgelaufen.
Kommen Sie herein, Herr Lindner! – Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns mit einem solchen Antrag der FDP auseinander setzen sollen. Drei Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hatten wir so einen Antrag schon einmal. Auch da sollte das Berliner Landesparlament mutig gegen die Mehrwertsteuererhöhung Position beziehen. Die Landtagswahlen sollten zu einer Volkabstimmung gegen die Mehrwertsteuererhöhung werden.
Herr Kollege Dr. Lindner! Die Landtagswahlen sind zu einer Volksabstimmung gegen die Regierungsbeteiligung der FDP geworden. Sie mussten zwei Landesregierungen verlassen.
Insofern ist die vermeintlich so populäre Position, gegen Steuererhöhungen zu sein, vielleicht im Ergebnis doch zu wenig. Ich will Ihnen nachher sagen, was zu wenig ist. Ich möchte aber zunächst einen Punkt von Herrn Matz aufgreifen, mit dem er völlig Recht hat.
Wenn das Land Berlin letztlich in einer beispiellosen Solidaraktion vom Bund und den anderen Ländern 35 Milliarden € einklagt, dann müssen wir auf der anderen Seite auch eine gewisse Schlüssigkeit in den Entscheidungen und Beschlussfassungen erreichen. Das heißt, wir können nicht das einzige für das Jahr 2007 wirkende Paket, um den Bundeshaushalt halbwegs ins Lot zu bekommen, halbwegs finanzpolitische Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, zu konterkarieren versuchen. Wer das Berliner Parlament ernsthaft auffordert, gegen diese Steuergesetze zu stimmen, der will damit billigend in Kauf nehmen, dass der Bund keine finanzielle Handlungsfähigkeit gewinnt, aber auf diese ist das Land Berlin so angewiesen wie kein anderes Bundesland sonst, und auch deswegen geht da
Es gibt Anträge der FDP, die in ähnlicher Form parallel in vielen Landesparlamenten auftauchen. Das ist ein ökonomisches Verhalten, gegen das nicht viel zu sagen ist, wenn Sie in der Begründung auf die Besonderheiten des Landes Rücksicht nehmen, in dem dieser Punkt diskutiert wird. Das tun Sie im Wesentlichen nicht, was ich bedauere, und ansonsten machen Sie es sich ein bisschen leicht.
Selbstverständlich!
Herr von Lüdeke! Ich habe das erstens nicht vergessen, und zweitens gibt es nicht viele, die über das Bundestagswahlergebnis richtig glücklich sind. Das ändert aber nichts daran, dass auch die Politik in der Bundesrepublik Handlungs- und Reformfähigkeit behalten muss. Es hat überhaupt keinen Sinn, nun regelmäßig zu versuchen, Schlachten der Vergangenheit nachzuholen. Wir stehen vor Aufgaben, deren Lösung die Bürger von der Politik insgesamt erwarten, und dem stellt sich die große Koalition. Ich bin nicht mit jedem Punkt gleich glücklich – Sie werden niemanden finden, der mit jedem Punkt gleich glücklich ist –, aber dass die Sanierung der öffentlichen Finanzen im Jahr 2007, die Einhaltung – endlich! – der Stabilitätskriterien und endlich die Schritte auf einen verfassungsmäßigen Haushalt zu den Punkten gehören, die dringend angegangen werden müssen und die eine große Koalition leichter angehen kann als andere, das dürfte unstreitig sein. – Im Übrigen auch bei den Liberalen, wenn sie nachdenken.
Sie verzichten in Ihrem Antrag auf die Benennung von Alternativen. Das halte ich für falsch, denn Sie können dem Bürger nicht einfach vormachen, man könne von einem Haushaltsjahr zum nächsten 25 Milliarden € ausgabenwirksam absenken. Das gelingt dem Bundeshaushalt nicht mehr. Ich erwarte und finde gut, dass die Parteien
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Zum anderen: Ich hatte bereits angesprochen, dass sich das Land Berlin in den entsprechenden Bundesratsausschüssen mit Anträgen bei der Beratung über das Haushaltsbegleitgesetz bereits gegen die Mehrwertsteuererhöhung im Haushaltsbegleitgesetz/Steuerrechtsänderungsgesetz gewendet hat. Das heißt, die Aufforderung der Freidemokraten in diesem Haus, wir sollten doch endlich einmal bei der entsprechenden Abstimmung im Bundesrat aktiv werden, brauchen wir nicht. Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag nicht zustimmen, denn das Land Berlin handelt bereits. Der Wirtschaftssenator hat sich als Bundesratsmitglied geäußert, wie das Abstimmungsverhalten des Landes Berlin im Bundesrat sein wird. Es ist klar, dass die beiden Koalitionsparteien durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten. Hierbei gilt die übliche Bundesratsklausel, die auch in den Koalitionsvereinbarungen gilt, nämlich: Wenn sich die beiden Koalitionsfraktionen nicht einig sind, dann muss sich das Land im Bundesrat enthalten. – Ich vermute, dass genau das passieren wird.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Herrn Senator Wolf: Herr Müntefering hat gestern im Bundeskabinett das so genannte Optimierungsgesetz eingebracht. Mich interessiert, wie die Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften in Berlin auf die zusätzlich auf sie zukommenden Aufgaben vorbereitet werden. Sehen Sie eine Chance, dass dieses Mal die Vorbereitung rechtzeitig klappt?
Vielen Dank! – Herr Müntefering plant ja mit diesem Gesetz noch im Jahr 2006 Einsparungen in einer Größenordnung von insgesamt 500 Millionen €. Mich interessiert, wie Sie die Auswirkungen auf den Berliner Haushalt einschätzen.
Ich frage die Senatorin Knake-Werner: Frau Senatorin, Ihr Integrationsbeauftragter Piening hat vor einigen Tagen der Presse mitgeteilt, dass noch bis zu 250 Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst, die grundsätzlich für Jugendliche mit Migrationshintergrund geeignet seien, unbesetzt seien. Ich frage Sie, ob Ihnen dieser Umstand bekannt ist und was Ihre Verwaltung unternommen hat, um dem Missstand abzuhelfen.
ist eine Position, die in Hamburg geklärt werden muss. Wir Berliner haben immer erklärt, wir haben nichts dagegen, wenn sich die Deutsche Bahn im Interesse der Bahn oder im Interesse Hamburgs dort aktiviert und engagiert. Das können wir ihr nicht verübeln, sondern das ist ihr legitimes Geschäftsinteresse. Wir haben aber immer etwas gegen die Verlagerung der Zentrale gehabt.
Natürlich müssen wir jetzt neben dieser positiven Botschaft auch noch sehen, was mit diesen anderen Formulierungen gemeint ist. Deshalb ist es richtig, dass wir weiter mit der Bundesregierung im Gespräch bleiben und ich selbst das Gespräch mit Herrn Mehdorn darüber führen werde, wie die weiteren Zukunftspläne aussehen. Wir müssen sehen, dass die Bahn – wenn sie an ihrem geplanten Auszug aus dem Sony-Gebäude zum Jahresende 2009 festhält – eine neue Bahnzentrale beziehen muss, entweder durch den Bau eines neuen Gebäudes oder durch die Nutzung vorhandener Gebäude. Da hat es ursprünglich Pläne am Gleisdreieck gegeben. Dann gab es eher Tendenzen im Umfeld des Hauptbahnhofs. Wir werden die Bahn stadtplanerisch und genehmigungsrechtlich mit allen Möglichkeiten unterstützen, damit sie eine würdige Zentrale in Berlin neu etablieren kann. Das ist für uns selbstverständlich. Wir haben ein großes Interesse daran, dass sich die Bahn als der größte Arbeitgeber in der Stadt hier wohlfühlt. Daran werden wir mit der Bahn zusammen weiter konstruktiv arbeiten, aber auch deutlich machen, dass es originäre Berliner Interessen gibt, die nicht automatisch die Interessen der Bahn sind, z. B. der Halt von Fernzügen am Bahnhof Zoo. Da haben die Berlinerinnen und Berliner und das Parlament eine andere Erwartungshaltung an die Bahn als die Bahn selbst. Da muss man unterschiedliche Interessen austragen können, ohne dass man in größere Friktionen kommt. Deshalb sind wir jetzt wieder auf einer soliden Gesprächsebene. Dieses Signal, das der Bahnchef heute selbst gesendet hat, dass die Zentrale in Berlin bleibt, ist ein positives Zeichen.
Angesichts des Umstands, dass nicht einmal 1 % der Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst von Jugendlichen mit Migrationshintergrund besetzt sind, wie bewerten Sie es, Frau Senatorin, dass Herr Piening wenige Tage vor Bewerbungsschluss eine solche Aussage in der Presse macht, Jugendliche zur Bewerbung auffordert und keine Senatsverwaltung irgendetwas davon weiß?
Frau Dr. Knake-Werner! Ich habe inzwischen auch gehört, dass der November-Artikel auf einem Pressegespräch beruht hat, was an sich nichts ungewöhnliches ist. Sehen Sie angesichts der Vielzahl von zumindest erklärungsbedürftigen, wenn nicht falschen Sachverhaltsdarstellungen nicht auch eine Aufgabe des Integrationsbeauftragten – wenn er eine vernünftige Öffentlichkeitsarbeit machen will –, Derartiges in geeigneter Form richtig zu stellen?
Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister. – Herr Wowereit! Ich frage Sie auch vor dem Hintergrund der Antwort, die Herr Sarrazin eben gegeben hat: Glauben Sie nicht, dass die möglicherweise nicht großen Erfolgsaussichten der Klage des Landes Berlin vor dem Verfassungsgericht weiter geschmälert werden, wenn sich der Regierende Bürgermeister öffentlich mit seiner Skepsis hierzu äußert?
Jetzt ist für die Linkspartei.PDS Frau Dr. Schulze mit einer spontanen Frage dran und hat das Wort und das Mikrofon.
Da zumindest Teile der Presse, die Ihre Rede verfolgt haben, das anders verstanden haben, frage ich Sie, Herr Wowereit: Könnte nicht auch vor dem Hintergrund Ihrer Antwort und der von Herrn Sarrazin der Eindruck entstehen, dass Sie Berlin langsam auf das Scheitern der Klage vorbereiten wollen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Redebeitrag von Frau Bluhm hat das Dilemma der Koalition deutlich gemacht. Sie werden die nächsten Wochen durch Berlin laufen – mit oder ohne WASGTruppe, mit oder ohne Oskar – und Zeter und Mordio über Hartz IV schreien. Das wird die einzige Aussage sein, auf die Sie sich in der Eile noch inhaltlich verständigen können. Auf der anderen Seite wird Ihr geschätzter Koalitionspartner sagen: Agenda 2010 ist der Weg, und den wollen wir fortsetzen. – Daraus einen Antrag zu machen, ist nicht ganz leicht. Und, Frau Bluhm, es ist Ihnen auch nicht gelungen.
Ihnen liegt heute ein Antrag in fünf Punkten vor, der bei allen Meinungsverschiedenheiten den Änderungsbedarf der Berliner Koalition darstellt. Wir wollen, dass gemeinsam mit anderen Bundesländern folgende Veränderungen geprüft werden: Erstens ein höherer Selbstbehalt bei Hinzuverdienst. Wir finden die jetzige Neuregelung nicht hinreichend. Zweitens wünschen wir eine Neufestlegung der Regelleistung hinsichtlich ihrer Höhe und drittens die Einbeziehung der Nichtleistungsempfangenden in alle beschäftigungspolitischen Maßnahmen, die private Altersvorsorge und eine bessere Unterstützung zur Verhinderung der Altersarmut. Zudem müssen die Kompetenzen zwischen den Kommunen und der Bundesagentur geklärt werden.
Vor dem Hintergrund, dass die Bundes-SPD die nächsten Wochen bis zum 18. September in einem Werben um den Agenda-2010-Prozess gestalten will, finde ich, dass die Einigung der Berliner Koalition ein hohes Gut ist.
Auf der anderen Seite fanden aus Sicht der PDS ganz wichtige Punkte keinen Eingang in den Antrag. Wir sind der Meinung, dass es eine einheitliche Regelleistung in Ost- und Westdeutschland geben muss. Die Aufspaltung in 345 € West und 331 € Ost ist nicht akzeptabel.
Bundesminister Stolpe sieht es, so hört man, ebenso. Ministerpräsident Beck sieht es anders.
Ein zweiter entscheidender Punkt ist für die PDS die Höhe der Regelleistung. Es existiert ein detailliertes Gutachten des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der nach jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem deutschen Sozialhilferecht auf den Cent genau ausgerechnet hat, dass 412 € eine bedarfsdeckende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts darstellen. Insbesondere Dienstleistungen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind ansonsten nicht denkbar. Berlin, sein Handwerk, der Mittelstand, der Handel und viele andere werden unter diesen erneuten Nachfrageausfällen noch einmal zu leiden haben. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben – Theater, Museum, Kino – ist extrem wichtig für die Motivation und das Lebensgefühl der 400 000 Betroffenen. Die Drei-Euro-Tickets sind ein wichtiger Weg, um ohne viel Geld ins Theater oder die Oper zu kommen. Ich bin froh, dass die Nachfrage danach so groß ist.
Aber für eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, für das Gefühl, aus diesen Bereichen nicht ausgeschlossen zu sein, sind sie nicht ausreichend. Zudem haben wir uns eine 58er-Regelung gewünscht, die einen echten Vertrauensschutz garantiert.
Nun stellen wir den Antrag hier zur Debatte. Wir sind sehr gespannt, welche Bundesratsmehrheiten sich ergeben und wie die CDU-geführte Länder auf die von einer rotroten Koalition vorgeschlagenen Veränderungen reagieren. Ich erinnere Herrn Kurth daran, dass er oft fachpoli
tisch nachgefragt hat, wie Berlin in dieser Frage agieren wird. Ein eigener Antrag der CDU liegt bisher nicht vor. Die Grünen haben sich darauf beschränkt, die Zuverdienstregelung neu regeln zu wollen. Heute liegt nur unser Antrag vor. Wir bitten den Senat, unverzüglich tätig zu werden. Wir stellen den Antrag mit allem, was er leistet bzw. nicht leistet, zur Diskussion und werden weiter für Veränderungsbereitschaft streiten.
Aber selbstverständlich!
Das ist Ihr Pech, Frau Bluhm! – Ich will dazu gern etwas sagen: Die CDU hat zugestimmt und bleibt ohne Abstriche bei der Grundidee.
Wir haben deutlich gemacht, wo wir organisatorische Probleme sehen. Das betrifft die Aufgabenverteilung zwischen der Bundesagentur und den Kommunen. Was organisatorisch zum Teil daraus gemacht wird – nicht nur in Berlin, aber vor allem in Berlin –, das sehen wir in der Tat
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Die Menschen nehmen die Bundesregierung und die Verantwortlichen – das sind nun bedauerlicherweise auch Sie – in die Pflicht. Und wenn sie hören und sich darauf eingelassen haben, dass Hartz IV „Fordern und Fördern!“ heißt, dann fragen sie eben auch: Was heißt denn das – Fördern? Wo ist es angekommen? – Wir sehen die Vermittlungszahlen, die jetzt vorliegen. Im April liegt der Wert weit unter 1 %, und zwar unter Berücksichtigung derjenigen, die Sie in die Ein-Euro-Jobs geführt haben. Was spielt sich denn da vor Ort ab?
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Der Punkt 5 ist hochinteressant. Sie sagen – und drücken das freundlich undeutlich aus –, dass wir jetzt einmal eine eindeutige Regelung der Fachaufsichten brauchen. Das stimmt. Selbstverständlich brauchen wir eine regionale Arbeitsmarktpolitik, die diesen Namen auch verdient. Das heißt, die Arbeitsgemeinschaften brauchen eine Steuerung, eine Führung, und zwar nicht nur – wie es bisher passiert – aus Nürnberg, wo es auch den Mitwirkungsgremien weitgehend entzogen ist, sondern wir brauchen eine regionale Verantwortung, die dieser Aufgabe gerecht wird. Darin unterstütze ich Sie. Das heißt aber auch deutlich: Trennen wir zwischen den Versicherungs- und den Fürsorgeleistungen! Trennen wir sauber zwischen dem, was die Bundesagentur, und dem, was die Kommunen machen werden! – Ich bin zuversichtlich, dass es auf Bundesebene hierbei zu entsprechenden Änderungen kommt, bevor – nicht unüblich – der Senat seine gesellschaftspolitischen Wirkungsanalysen abgeschlossen hat.
sehr kritisch. Diese Kritik wird auch in der Öffentlichkeit flächendeckend geteilt. Das ist ja wohl klar.
Die Grundidee ist richtig, aber das, was dieser Senat in der Verantwortung Ihrer beiden Senatoren daraus gemacht hat, ist die eigentliche Katastrophe.
Dazu komme ich gleich!
Wir haben jetzt den Antrag vorliegen, dass zu einer Reihe von Punkten, die seit einiger Zeit diskutiert werden, eine gesellschaftspolitische und arbeitsmarktpolitische Wirkungsanalyse gemacht werden soll. Das ist richtig, aber eigentlich steht jetzt an,
dass der Senat seine Hausaufgaben macht und für eine vernünftige Umsetzung in Berlin sorgt, Frau Kollegin! Werfen Sie einen Blick in den „Tagesspiegel“ von heute! Dort finden Sie einen Bericht über das Jobcenter in Kreuzberg-Friedrichshain. Demnach hat der dortige Leiter nicht damit gerechnet, dass Leute warten, und deswegen gibt es dort auch keinen Warteraum. Und deshalb stehen die Leute jetzt stundenlang im Regen. Darüber wird heute in der Presse berichtet. Man fragt sich, was in den Senatsverwaltungen geschehen ist, wenn so etwas fünf Monate nach Inkrafttreten passieren kann. Warum lassen Sie die Leute im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen?
Allein im Jobcenter Kreuzberg-Friedrichshain fehlen immer noch Hunderte Mitarbeiter. Wir haben einen Betreuungsschlüssel von 250 bis 300. Sie kennen doch das, was der Gesetzgeber versprochen hat. Ich will jetzt gar nicht in die Feinheiten gehen.
Dann gehe ich jetzt in die Feinheiten: Herr Clement hat gesagt, dass am 31. März jeder Jugendliche unter 25 Jahren eine Eingliederungsvereinbarung habe.
Wo sind die? Wo bleibt die Erfüllung der Quote in Berlin? – Das ist ein Skandal, was Sie aus diesen Ankündigungen machen.
Diskutieren Sie das bitte mit Ihrem Koalitionspartner! Es sind Ihre Anträge, die Sie hier gemeinsam einbringen. –
Vielleicht haben Sie mit der grundsätzlichen Aufgabenzuordnung zur Bundesagentur die falsche Strukturentscheidung getroffen. Und vielleicht ist das richtig, was die Union von Anfang gesagt hat, dass man nämlich da, wo man die Kommunen stärker in der Verantwortung hat und wo die Kommunen optiert haben, die besseren Erfolgsraten hat.
Es gibt dafür Anhaltspunkte, und das sollte man in die weitere Beschäftigung einbeziehen.
Erlauben Sie mir einen Hinweis zum Schluss: Wenn ich mir die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt anschaue, stelle ich fest, dass wir nach den 10-MilliardenMehrausgaben vor dem nächsten „Hammerthema“ stehen. Herr Eichel hat nämlich in seinem Etat 6,7 Milliarden € an Einnahmen eingeplant, die die Bundesagentur an den Bund für die Nichtvermittelten zu zahlen hat – 10 000 € pro Fall. Das ist doch absurd. Wie kann man den Beitragszahlern verdeutlichen, dass aus ihren Beitragsmitteln 6,7 Milliarden € an den Bundeshaushalt abgeführt werden? – Hier haben wir eine große Menge an grundsätzlichem Korrekturbedarf. Es sind viele grundsätzliche Punkte zu klären, und dafür geht Ihr Antrag leider nicht weit genug. Das liegt daran, dass Sie auf den Koalitionspartner Rücksicht nehmen – oder auch nicht. Die Menschen und
Drittens: Die Nicht-Leistungsempfangenden, die durch Partnereinkommen aus dem Leistungsbezug herausfallen – das trifft besonders für die Frauen zu –, sollen in allen beschäftigungspolitischen Maßnahmen einbezogen werden. Das ist bisher eine Kann-Leistung, und bisher gibt es keinen Anreiz für die Agenturen. Deshalb werden sie auch bisher nicht in die Leistungen einbezogen. Wir wollen, dass ein Anreiz, ein finanzieller Bonus geschaffen wird, der bei erfolgreicher Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt dann für die Agenturen zum Tragen kommt.
Eine weitere Berliner Forderung ist die eindeutige Regelung der Fachaufsicht, die im SGB II nicht eindeutig geregelt ist. Der jetzige Zustand in der Arbeitsgemeinschaft ist so nicht mehr hinnehmbar. Hier muss unbedingt eine Änderung vorgenommen werden. Deshalb bringen wir heute den Antrag ein. Der Senat wird aufgefordert, nach Prüfung unserer Änderungsvorschläge gegebenenfalls in Absprache mit den anderen Bundesländern eine Bundesratsinitiative zu initiieren.
die dringende Notwendigkeit einer Lösung der Probleme können aber auf Ihre Koalitionsprobleme keine Rücksicht nehmen. Wir brauchen eine umfassende Korrektur des Gesamtthemas, und zu der wird es auch kommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! An dem Antrag der Grünen und dem heute gewählten Punkt zur Priorität sind zwei Dinge zu begrüßen. Erstens sorgt der Antrag noch einmal für die bei diesem Senat dringend notwendige Sensibilität, was das Thema Umsetzung von Hartz IV angeht. Das ist nicht der einzige Punkt, den man hierzu nennen könnte, aber heute sind die so genannten MAE-Jobs Gegenstand des Antrags. Frau Grosse, wenn Sie sagen, der Senat habe das Problem erkannt, dann will ich Ihnen vorlesen, was Frau JungeReyer in der Antwort auf eine Kleine Anfrage geschrieben hat:
Die konkrete Ausfüllung der Begriffe „öffentliches Interesse“ und „Zusätzlichkeit“ erfolgt auf lokaler Ebene im Konsens der beteiligten Akteure.
Genau das ist nicht der Fall. Und mich wundert, dass die Bauverwaltung offensichtlich nicht einmal Zeitung liest. Dort wird das Problem tagtäglich in etlichen Artikeln geschildert. Das Problem ist auf Senatsebene nicht einmal bekannt. Deswegen wird dort auch nicht angesetzt.
Diesem Problem begegnet der Antrag der Grünen. Das ist gut so.
Zweitens mahnt der Antrag zur Einheitlichkeit des Vorgehens in Berlin. Das ist, wie wir wissen, ein Problem. Ich glaube, tief in seinem Herzen teilt der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen das unbefriedigende Gefühl, wenn er sich jetzt hinstellen und sagen muss: Mir bleibt nur die Rolle des Moderators, und die behaupte ich mehr, als ich sie tatsächlich wahrnehmen kann. Im Grunde kann ich gar nichts machen. Die Arbeitsgemeinschaften entziehen sich meiner Aufsicht. Die Beiräte haben letztlich auch nichts zu sagen. Es ist ganz egal, ob sie schon arbeiten oder nicht. Die machen, was sie wollen. – Die Eindrücke, dass es Zahlenvorgaben aus Nürnberg gibt, mehren sich. Beispielsweise wird gesagt: Arbeitsagentur XY, du hast aber wenig in dem Bereich getan. Jetzt liefere mal nach, und zwar dalli. – Das hat mit regionaler Arbeitsmarktpolitik nichts mehr zu tun. Hier werden keine Schwerpunkte gesetzt. Hier wird auch der notwendige Konsens mit den Gewerkschaften und der Wirtschaft aufgegeben. Dass angemahnt wird, hier möglicherweise über die Bundesagentur nachzujustieren, damit vor Ort Verantwortung wahrgenommen werden kann, ist ein weiterer richtiger Punkt in diesem Antrag. – Damit hören die richtigen Punkte dann leider auf.
Frau Dr. Klotz! Ich weiß nicht, was Sie sich bei der Begründung dieses Antrags gedacht haben, wenn Sie schreiben:
Angesichts der knappen Mittel öffentlicher Haushalte ist in der Regel jede Arbeit als zusätzlich zu betrachten.
So, wie es im Gesetz steht, sagen Sie. Aber das ist das, was Sie zur Forderung erheben, was Sie zur Begründung für Ihren Antrag gemacht haben. Sie können sich Ihre ganze feine Semantik im Vorfeld sparen, wenn Sie sagen: Knappe Kassen bedeuten, die Bezirke können letztlich machen, was sie wollen, die öffentliche Hand kann machen, was sie will. – Genau damit provozieren Sie ein Problem, dessen Lösung Sie behaupten, aber nicht erreichen können.
Ich halte den Weg über die Positivliste grundsätzlich für richtig. Ich glaube, man kann die Positivliste, wie sie als Entwurf vorliegt, noch ergänzen. Man kann auch quotale Überlegungen anstellen, wobei in einem bestimmten Prozentsatz ausgeschrieben und vergeben wird. All dies halte ich für möglich.
Ich halte es für sehr wichtig, dass sich der Senat bald darüber Gedanken macht, wie er wirklich eine stärkere Verantwortung und einheitliche Steuerung in dem Bereich wahrnehmen kann. Im Moment entsteht der kaum erträgliche Eindruck, dass die Arbeitsgemeinschaften machen, was sie wollen, und dass eine Moderation oder intensive Steuerung nicht stattfindet.
Ich halte es für zwingend – das ist mit Ihrem Antrag nicht zu leisten, Frau Dr. Klotz –, dass wir uns mit den Akteuren auf dem ersten Arbeitsmarkt – den Kammern, den Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften – im Konsens bewegen.
Es kann nicht sein, dass wir uns über die Befürchtungen, die vom Deutschen Gewerkschaftsbund genauso geteilt werden wie von den Wirtschaftsverbänden, hinwegsetzen und sagen: Zusätzlich ist das, was wir als solches behaupten, weil kein Geld da ist. – Das geht nicht. Dazu ist die Gefahr auch für den ersten Arbeitsmarkt viel zu hoch.
Ein letzter Punkt, der bei diesem Aspekt genauso gilt wie bei vielen anderen Aspekten von Hartz IV: Wir sehen, dass mit diesem Instrument in einem bestimmten Umfang Probleme gemildert werden könne, dass aber der zusätzliche Impuls für den ersten Arbeitsmarkt ausbleiben wird. Deswegen ist das Beispiel der Ein-Euro-Jobs die Mahnung und das Anliegen an die Politik, sich dem Thema Lohnkostenzuschüsse in anderer Konsequenz zuzuwenden als bisher.
Wir werden den Antrag im Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie diskutieren. Die richtigen Punkte habe ich genannt, aber in der jetzigen Form ist der Antrag nicht zustimmungsfähig. – Vielen Dank!
Frau Grosse
Herr Senator! Was halten Sie persönlich von der Ankündigung des Bundeswirtschaftsministers, dass am 31. März jeder arbeitslose Jugendliche unter 25 Jahren eine Eingliederungsvereinbarung haben wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Grosse! Das, was Sie zum Thema Hartz IV gesagt haben, brauchen Sie nicht im Parlament zu wiederholen, das richtet sich an die Adresse der beiden zuständigen Verwaltungen. Nur, die sind mal wieder komplett nicht vertreten, sondern draußen im Kasino. Sie müssten einen geeigneten Weg finden, das irgendwie einmal an die zuständigen Stellen weiterzureichen.
Seit der letzten Woche haben wir die neue Arbeitslosigkeit – die Arbeitslosenquote in Berlin 19,4 %, fast 330 000 Menschen in Berlin sind als arbeitslos erfasst.
Wir haben außerdem, das ist ein zweiter Wert, die Positionierung des Landes Berlin, was die Wirtschaftsentwicklung der Bundesländer angeht. Die Berliner Wirtschaft ist im letzten Jahr um 0,4 % gewachsen. Das nächst schlechtere Land, Mecklenburg-Vorpommern, hat immerhin 0,8 % gehabt. Länder wie Sachsen sind bei 2,3 %. Berlin ist bei 0,4 %.
Es genügt langsam auch nicht mehr, beim Verweis auf diese Wirtschaftsentwicklung zu sagen, Berlin sei so unvergleichlich. Woanders sind die Rahmen- und Standortbedingungen auch schwierig. Da wird aber mit Nachdruck gearbeitet. Ich hoffe, dass es dem Finanzsenator inzwischen gelungen ist, ein bisschen Verständnis dafür zu entwickeln, dass sich auch Berlin Vergleichen und einem Benchmarking im Bereich der Finanzpolitik stellen muss. Das gilt auch für Wirtschaftspolitik und wirtschaftspolitische Anstrengungen, denn Arbeitsmarktpolitik funktioniert ohne Wirtschaftspolitik nicht.
Was sagt der Wirtschaftssenator zu den Zahlen? – Er fordert erstens – das ist eine interessante Feststellung –, dass die Bundesregierung
endlich zu einer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik übergeht, die den Aufbau regulärer Beschäftigung fördert.
Ich kann diese Forderung unterstreichen. Ich würde mir das auch wünschen. Aber ein Koalitionspartner der SPD sollte nicht nur die Presseerklärungen nutzen, um derartige Initiativen anzumahnen, sondern sollte auch den direkten Weg, den er vielleicht hat, nutzen. Er fordert außerdem einiges von der Bundesagentur für Arbeit und sagt dann weiter – das ist das einzige, was ihm zum Land Berlin einfällt –:
Seinerseits wird das Land Berlin zur Unterstützung der Jobcenter weitere Kräfte aus dem Stellenpool anbieten.
Das ist ein schöner Satz. Nur wissen wir alle, dass Berlin und die neuen Bundesländer genau in diesem Qualifizierungsbereich, genau dort, wo es um Fort- und Weiterbildung geht, so schlecht wie nie zuvor dastehen, und zwar wegen der Bundesagentur, die gesagt hat: Wir haben eine Verbleibequote von 70 %, und wenn die nicht gegeben ist, wird gar nicht mehr gefördert. – Damit fallen die neuen Bundesländer und Berlin nach hinten. Andere Regionen werden bevorzugt. Gerade da, wo es erforderlich wäre, wird so wenig gefördert und weitergebildet wie nirgendwo sonst. Das war Ihr Schwerpunkt aus dem Jahr 2003. Was ist daraus geworden? – Diese Frage muss man stellen dürfen. Dann ist der Ansatz zu fragen, ob wir das in diesem Rahmenprogramm machen wollen, völlig berechtigt.
Wir haben gesagt: Natürlich entlassen wir den Senat nicht aus seiner Verantwortung für eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Ich finde eine Formulierung, wie sie die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag gewählt haben, wonach das eher eine gesamtstädtische Moderatorenrolle werden soll, höchst gefährlich, weil sie genau die Tendenz fördert, die im Haus von Senator Wolf ohnehin vorhanden ist, nämlich zu sagen: Ich beobachte mal die Aktivitäten aller anderen und bilde mir dann eine abschließende Meinung dazu.
Vielmehr steht der Senat in der Verantwortung. Dann kann man auch vor dem Hintergrund von Hartz IV sagen: Welche Möglichkeiten gibt es noch? Welche finanziellen
Was wir aber alle nicht wissen und weshalb wir jetzt diese Debatte führen müssen, ist die Frage, wie diese Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik am Ende des laufenden Jahres konkret aussehen wird. Wir wissen nicht, wie die Arbeitsagenturen mit den Haushaltsmitteln, die sie jetzt allein verwalten, umgehen werden. Es kommt ein Problem hinzu, über das wir in Berlin diskutieren müssen: Wir haben 15 bis 20 % Betroffene mehr. Wir haben demnach eine riesige zusätzliche Zahl von Menschen, die Arbeitslosengeld II empfangen, die in den zuvor angestellten Berechnungen nicht aufgetaucht ist. Wir haben die Bereitschaft der Agentur für Arbeit, dafür 3 % mehr Geld nach Berlin fließen zu lassen.
Das stellt auch für die Qualität der Maßnahmen ein großes Problem dar. Ich wende mich insbesondere an die den Bundestag tragenden Parteien: Auf sie kommt ein riesiges Problem zu, wenn der Trend dahin geht, sehr viel preisgünstigere und kürzere Maßnahmen zu realisieren, weil die den Haushalt nicht so stark belasten und die gleiche Summe für sehr viel mehr Betroffene reichen muss. Das ist das eigentliche Problem.
Ressourcen stehen zur Verfügung? Welche Schwerpunkte setzen wir? – Und das kommt in ein Rahmenprogramm.
Dazu muss Ihnen allerdings mehr einfallen als harmlose Prüfungsaufträge. Wir haben uns im Ausschuss gestern enthalten. Wir werden das hier wieder tun, weil der Antrag ziemlich unschädlich ist. Aber glauben Sie bitte nicht, er würde etwas bewegen und zu Veränderungen und Verbesserungen in einer wirklich desolaten Situation führen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Grosse! Sie sagen, wer zuletzt lacht, lacht am besten. Ich finde bei dem Thema Hartz IV gar nichts zum Lachen,
für keinen Beteiligten, und Sie haben am allerwenigsten Grund dazu, das sage ich Ihnen gleich.
Genauso wenig ist es ein Ruhmesblatt, dass die Koalition in der letzten Woche zu gleich einem halben Dutzend Anträgen, die zum Teil seit Mai vorliegen, wiederum die Vertagung durchsetzen musste, mit der Begründung, man habe hier noch erheblichen internen Abstimmungsbedarf. Ich glaube nicht, dass es diesen Abstimmungsbedarf gegeben hat, sondern es war lediglich Unlust, sich mit diesen Anträgen der Opposition zu befassen.
Damit haben wir heute die Situation, uns gleich mit 15 Punkten auseinander setzen zu müssen, die es gar nicht mehr ermöglichen, im Detail auf die einzelnen Punkte einzugehen.
Sie können schreien, so viel Sie wollen, Herr Liebich, ich rede weiter.
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Ich versuche einmal, den Fragecharakter herauszuarbeiten. – Ich habe das zur Kenntnis genommen, Frau Freundl. Ich habe von Ihnen jetzt auch überhaupt nicht gehört, in welcher Weise ich das Abstimmungsverhalten von Rot-Rot gestern im Ausschuss falsch wiedergegeben habe.
Als Letztes – der Höhepunkt: Das Parlament hat am 26. August eine Entschließung getroffen, gegen die Stimmen der PDS, bei Enthaltung der FDP. Alle anderen Parteien waren sich einig. In dieser Entschließung haben wir gesagt – ich darf zitieren, Herr Präsident –:
Die sich durch Hartz IV für das Land Berlin ergebenden finanziellen Entlastungen sind daher auch zu Gunsten öffentlich geförderter Beschäftigung, dabei vor allem zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse, einzusetzen.
Das war schon einmal ein Konsens zwischen SPD, CDU und Grünen. Und dieses haben die Grünen gestern im Arbeitsausschuss noch einmal zur Abstimmung gestellt.
Aha! Frau Freundl! – Und da sagt der Senator Wolf, er sehe da ganz erhebliche Probleme wegen der Klage in Karlsruhe; derartige Aktivitäten eines einzelnen Landes seien sehr bedenklich. Das passt auch in die Argumentationslinie der PDS, die gegen diese Entschließung war. Die SPD zuckt ein bisschen zurück, Frau Grosse windet sich heftig gestern im Ausschuss, und dann sagen Sie, das haben wir doch schon beschlossen und müssen wir vielleicht nicht. – Ich zitiere – mit Ihrer Genehmigung, Herr Präsident – noch einmal.
Prima! – Dazu schreibt heute ein Journalist. er steht Rot-Rot normalerweise etwas näher als der bürgerlichen Opposition:
Souveränität und Selbstsicherheit zeigen sich darin, auch mal eine Schwäche einräumen und Anregungen des politischen Gegners aufnehmen zu können. Nimmt man den gestrigen Zwischenfall als Maßstab,
gemeint ist die Abstimmung im Ausschuss –
ist es damit bei Rot-Rot ganz, ganz schlecht bestellt. Am ungeschicktesten ist es, auf diese Weise beim heiklen Thema Hartz IV zu verfahren, wo alles auf die Feinwaage kommt. Denn die gestern gezeigte Halsstarrigkeit sorgt nur wieder für eines: die Arbeitslosen mal wieder zu verunsichern.
Das, meine Damen und Herren von der PDS ist das Ergebnis einer widersprüchlichen, einer nicht mehr schlüssigen Vorgehensweise zu diesem Thema: Mal das eine, mal das andere; wir haben es doch nicht so gemeint, wird schon nicht so schlecht kommen. – Die Presse findet hierzu sehr deutliche Worte, und – Frau Grosse, wenn Sie ehrlich sind – es sind allein diese verheerenden Eindrücke, die es bei der öffentlichen Meinung hinterlässt, wenn Sie in letzter Minute dann doch zu einer Korrektur kommen.
Aber selbstverständlich!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor ein paar Wochen haben wir mit mehr oder weniger guten Wünschen unseren Kollegen Wieland in den brandenburgischen Landtagswahlkampf verabschiedet.
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Mit unterschiedlich guten Wünschen, das räume ich ein. Herr Wieland erlebt seit ein paar Wochen „PDS live“. Mit „PDS live“ meine ich, wie sie argumentiert, wenn sie nicht durch das eine oder andere Amt in Regierungsverantwortung an dem, was sie wirklich denkt, gehindert wird. Es ist Herr Wieland, der möglicherweise bei dem einen oder anderen etwas weniger verdächtig ist als Vertreter von CDU und FDP, der darauf hinweist, dass im brandenburgischen Landtagswahlkampf PDS und DVU das fast identische verbale Rabaukentum – „Weg damit!“ usw. – an den Tag legen, wenn es um das Thema Hartz IV geht.
werden können. Das ist Ihr Werk, meine Damen und Herren von der CDU!
Und wenn Sie ganz ehrlich sind: Sie sagen immer, das Gesetz gehe Ihnen nicht weit genug – das ist die Wahrheit, und das muss hier klipp und klar gesagt werden.
Fakt ist aber auch, dass bei der größten Arbeitsmarkt- und Sozialreform in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die Auswirkungen individuell verschieden sind. Hier verkleistern wir nichts, Herr Liebich, wir sagen die Wahrheit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Radebold! Wenn die Abstimmung über die GSW nicht mehr aktuell ist, spricht doch vieles dafür, die Debatte über die GSW in zwei Wochen zu führen und heute über ein aktuelleres Thema zu reden.
Die CDU-Fraktion schlägt Ihnen vor, über den Stand der Vorbereitungen in Berlin im Vorfeld der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zu diskutieren. Wer die Aktualität dieses Themas bezweifelt, der soll einmal versuchen, bei seiner Zeitungslektüre diesem Thema zu entgehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Senatorin! Ihnen ist aufgefallen, von unseren zwölf Fragen ist keine einzige wirklich beantwortet.
Das kann auch nicht überraschen. Ich glaube auch nicht, dass Sie uns irgendein Wissen vorenthalten haben. Ich glaube, dass Sie die Fragen heute tatsächlich nicht beantworten können. Und das ist eines der Probleme.
Ich folge Ihrem Ansatz, wenn Sie sagen, wir müssen noch einmal schauen, was die Grundidee von Hartz war. Ich sage Ihnen, die Grundidee von Hartz war, auch wenn davon heute keine Rede mehr ist, dass die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland halbiert werden sollte. Davon ist heute keine Rede mehr, aber das war sein Versprechen im Frühjahr 2002.
Ich weiß, dass Sie damit nichts zu tun haben, aber ich will diesen Zusammenhang herstellen. Man hat gesagt: Wir schaffen es, durch zwölf intelligente Module die Vermittlungsleistungen so zu erhöhen, dass wir die Zahl der Arbeitslosen halbieren, signifikant reduzieren. Davon ist keine Rede mehr.
Wir haben damals gesagt – das lässt sich nachlesen, auch in Protokollen dieses Hauses –, dass es nicht nur um
Ich lasse die Überlegung, ob es richtiger gewesen wäre, die Zuständigkeit bei den Kommunen zu bündeln, beiseite, weil sich dies inzwischen erledigt hat. Ich bin mit der derzeitigen Ausgestaltung, wie sie insbesondere in Berlin Realität werden wird, nicht zufrieden. Ich halte es für ein großes Problem, dass wir für einige Problemgruppen unverändert eine doppelte Zuständigkeit haben werden – bei den Sozialämtern und den Agenturen. Das ist insbesondere dann ein Problem, wenn Sie sich ansehen, dass wir über Menschen reden, die von der Suchtberatung, Schuldnerberatung erfasst werden – diese Personengruppe ist bei den Sozialämtern –, Personen, die Grundsicherung beziehen, hingegen gehen zu den Agenturen. Das wird zu erheblichen Problemen führen. Was jetzt geleistet werden muss, vor dieser Aufgabe kann sich der Senat nicht wegducken, ist, dass die Bezirke eine klare Berechnungsgrundlage bekommen, von welchen Bedarfsmaßstäben – personell, finanziell, ausstattungsmäßig – ausgegangen wird. Das wissen die Bezirke bis heute nicht. Die Bezirke wissen lediglich, dass ein großer Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Sozialämtern wechseln sollen. Sie wissen, dass die Besoldungsgruppen der bezirklichen Mitarbeiter ein wenig höher liegen als bei den Arbeitsagenturen. Wer davon betroffen ist, in welchem Rahmen sich das vollziehen soll, ist bis heute ungeklärt.
das Vermittlungsproblem geht. In einer Region – Berlin und die neuen Bundesländer gehören dazu –, in der es keine freien Arbeitsplätze gibt, lösen wir das Problem nicht durch Vermittlungsanstrengungen. – Das haben Sie gesagt, damit haben Sie Recht. – Wir haben es damals schon gesagt und deshalb kritisiert, das Hartz zu kurz springt, weil er sich gar nicht mit den Fragestellungen beschäftigen darf, die in Deutschland wesentlich dafür verantwortlich sind, dass keine Arbeitsplätze entstehen. Da muss man sich – ob Ihnen das passt oder nicht – mit Fragestellungen wie Tarifrecht, Kündigungsschutz oder anderem befassen. Das durfte Herr Hartz aber gar nicht. Deshalb ist er zu kurz gesprungen. Das merken wir jetzt. Das ist der zentrale Fehler dieses Konzepts, der in der Tat auf Landes- und Kommunalebene nicht mehr wird wettgemacht werden können.
Das geht jetzt aber, weil wir staatliche Leistungen zu Lasten der Problemgruppen des Arbeitsmarktes reduzieren. Was wirklich ein Problem ist, ist der Umstand, dass wir ausgerechnet bei dem Kernstück von Hartz, der Zusammenlegung der Betreuung von Sozial- und Arbeitslosenhilfeempfängern, bei dem richtigen Ansatz, diese Betreuung zusammenzuführen, zweieinhalb Jahre nachdem Herr Hartz sein Papier vorgestellt hat, feststellen, dass die Voraussetzungen zur Umsetzung flächendeckend nicht bestehen. Weder die IT-Ausstattung, noch die rechtlichen und erst recht nicht die finanziellen Rahmenbedingungen sind vorhanden. Gleichwohl, Frau Senatorin, ist Ihr Ansatz falsch zu sagen, das, was uns vor allem fehle, sei Geld. Geld wird in Deutschland immer noch eine ganze Menge ausgegeben, aber sehr viel weniger effektiv als in anderen Staaten. Was uns fehlt, ist, dass der erste Arbeitsmarkt, dass die Wirtschaft endlich anspringen.
Ich komme nachher noch zur Verantwortung der Senatorin. Ich erinnere nur an den Eingangssatz, Frau Kollegin, dass sie sagte, Sie wolle gern über Hartz als Bundesgesetz nachdenken. Das Kernproblem dieses Konzepts werden wir bei der praktischen Ausprägung sehen. – Auf Bundesebene sind wir auch zweieinhalb Jahre nach Vorstellung des Hartz-Konzepts nicht weiter als in einem qualifiziertem Anfangsstadium. Wir reden über die Problemgruppen. Das sind in Berlin 460 000 Menschen, und es ist jetzt noch gut ein halbes Jahr Zeit, bevor das Ganze greifen soll. Ich habe mir Ihren Zeitplan eben noch einmal angesehen und kann dazu nur feststellen: Das glauben Sie doch nicht im Ernst, dass das klappt.
Selbstverständlich trägt der Senat, was die Berliner Seite angeht, einen gehörigen Teil Verantwortung dafür, dass die Bezirke nicht weiterwissen, dass sie allein gelassen werden mit zentralen Fragen. Beispielsweise haben wir die Einbeziehung freier Träger in wesentlichen Punkten nicht geklärt.
Auch etliche andere Fragen sind bis heute nicht geklärt.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiter der Sozialämter sollen zu einem großen Teil zu den Arbeitsagenturen wechseln. Das ist unverändert die Vorstellung. Ich habe heute mit einigen Stadträten telefoniert, um den Sachstand abzufragen. Das ist das, wovon die Bezirke ausgehen. Wenn es nicht zutrifft, Frau Senatorin, sollten Sie das, was die Bezirke seit langem anmahnen, endlich tun, nämlich für eine vernünftige Grundinformation der Bezirke sorgen. Diese gibt es bislang nämlich nicht.
Ich komme zu einigen Problemen, die in Berlin – ungeachtet der Probleme auf Bundesebene – hinzukommen. Das ist beispielsweise der gesamte Jugendbereich. Sie wissen, dass das Jugendamt zuständig ist für die Sozialhilfebetreuung behinderter Jugendlicher, für junge Volljährige, die Pflegeleistungen erhalten. Welche Regelungen sind hier geplant? Welche Regelungen sind geplant, wenn die Jugendlichen in Bedarfsgemeinschaften wechseln, die zu den Agenturen wechseln?
Was heißt das, Frau Grosse?
Die Arbeitsgemeinschaft, Frau Grosse – es wäre schön, wenn eine solche Klarheit bestünde –, ist längst nicht so weit, nicht auf Landes- und nicht auf Regionalebene, festzustellen, welche Bedürfnisse in Zukunft von den Sozialämtern abgedeckt werden müssen, welche personelle und finanzielle Ausstattung hier erforderlich ist. Das ist bisher
Mache ich. – Die vernünftigste Maßnahme, und das ist ein Appell, gerade auch in der Auswertung der Antwort auf unsere Große Anfrage, dass wir das gesamte Thema einvernehmlich um ein Jahr verschieben, dass wir für eine saubere rechtliche, technische, finanzielle Vorbereitung sorgen und dann – und sicherlich getragen von einem größeren Konsens – mit diesem Kernstück weitermachen. Die Einführung zum 1. Januar 2005 würde ein Desaster. – Vielen Dank!
Das dürfen Sie!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Thema Ausbildungsplatzabgabe haben wir uns bereits in der letzten Sitzung beschäftigt. Wer meint, seit der letzten Sitzung sei nichts Wesentliches mehr passiert, der irrt. Vor ein paar Tagen war die Expertenanhörung im zuständigen Bundestagsausschuss. Es gibt eine Reihe interessanter Berechungsmodelle, und es gibt auch die ersten Änderungsvorschläge der Regierungsfraktionen auf Bundesebene an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung.
Kommen wir zunächst zur Expertenanhörung. Dass die gesamte Wirtschaft den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnt, das wird niemanden überrascht haben. Dass auch alle Bundesinstitute den vorliegenden Gesetzentwurf
Wenn Betriebe mehr als 7 % ausbilden, gewinnen sie einen Förderanspruch. Dieser hätte im letzten Jahr 211 000 Ausbildungsplätze erfasst. Wir kommen zu einem Transfervolumen, das wahrscheinlich zwischen zweieinhalb und drei Milliarden € liegen wird. Da ist in der Tat nur noch von einem Bürokratiemonster zu sprechen. Dass das mit 70 Millionen € erledigt werden könnte, ist geradezu abwegig.
Zu den übrigen Verwaltungsverfahren ist jetzt noch nicht viel zu sagen, aber allein die Vorstellung, dass die Bundesregierung Ende September eines Jahres entscheiden soll: „In diesem Jahr wird die Abgabe erhoben, weil keine kurzfristige Änderung zu sehen ist“, macht deutlich, dass von Planungssicherheit für ausbildungswillige Betriebe nicht die Rede sein kann.
Hören Sie auf die Angebote der Wirtschaft, im Rahmen einer ernst gemeinten Selbstverpflichtung auf die Bundesregierung zuzugehen!
Hören Sie wenigstens auf den Städte- und Gemeindebund, der auch unter Einbeziehung der sozialdemokratischen Kommunen – Herrn Schmalstieg aus Hannover – dringend davor warnt, dieses Gesetz zu verabschieden, und machen Sie nicht in einer Stadt, in der es ohnehin schwer genug ist, Ausbildungsplätze zu finden und Betriebe zu überzeugen, diese Anstrengungen kaputt. Herr Senator Wolf – leider nicht da – weiß ganz genau: Der Ausbildungskonsens in Berlin ist zu Ende, sobald der erste Berliner Betrieb zahlen muss. Das sollten wir gemeinsam nicht riskieren. Wir sollten gemeinsam auf die Berliner Wirtschaft zugehen und sagen: Wir unterstützen auch die Bundesländer mit einer politischen Mehrheit, die der Bundesregierung eher näher steht, um diesen Gesetzentwurf in letzter Minute zu verhindern. – Das ist der Sinn des Antrags. Ich bitte herzlich, ihm zuzustimmen.
skeptisch beurteilen, dass hat den einen oder anderen schon überrascht. Von allen geladenen Sachverständigen gab es einen einzigen, nämlich den DGB und die Einzelgewerkschaften, die an dem vorliegenden Gesetzentwurf nichts auszusetzen hatten und ihn grundsätzlich befürworteten.
Nun ist das mit dem Expertentum des DGB und der Einzelgewerkschaften, was Ausbildung angeht, so eine Sache. Bei den eigenen Ausbildungsanstrengungen jedenfalls hört das Expertenwissen auf. Nehmen wir Verdi – eine Ausbildungsquote von 0,29 %. Nicht eine einzige Einzelgewerkschaft kommt über 1 bis 2 %. Würde der Gesetzentwurf so, wie er vorliegt, auf den DGB angewandt, hätte der DGB etwas über 4 Millionen €, genau 4,1 Millionen € zu zahlen.
Würde der DGB den Quoten des Gesetzentwurfs genügen, müsste er seine Ausbildungsanstrengungen versiebenfachen. Das wäre übrigens kein schlechtes Zwischenergebnis der bisherigen Bemühungen,
aber zu so viel Selbstkritik bzw. Einsicht hat sich der DGB bisher nicht verständigen können.
Kommen wir zu den Änderungen, die sich als wahrscheinlich herausstellen. Da ist zunächst einmal das Entgegenkommen der Bundesregierung, dass Kommunen, die einem Haushaltssicherungsverfahren unterliegen – in NRW übrigens 50 % der Kommunen –, insolventen Betrieben gleichgestellt werden sollen. Na ja, man fragt sich, was mit den Kommunen ist, die zwar über Bedarf ausbilden, aber noch unter den 7 % liegen. Dazu sagt der Gesetzentwurf nichts.
Es gibt einen Fortschritt, nämlich die Aufnahme weiterer Ausbildungen in den Katalog der Berufe. Dieser Fortschritt deutet allerdings auf ein schwerwiegendes Versäumnis der Bundesregierung hin. Anders als im Koalitionsvertrag versprochen, gibt es nämlich bisher keine Ansätze, das Berufsausbildungsgesetz dahin gehend zu reformieren, dass wir endlich zu weiteren Ausbildungsberufen auch für gering qualifizierte Jugendliche kommen.
Etliches andere bleibt unbeantwortet. Angekündigt sind weitere Änderungsverfahren in der nächsten Woche, bis am Freitag das Gesetz beschlossen werden soll.
Interessanter sind die Berechnungen, die wir inzwischen haben. Das Ganze wird, so sagt das Bundesfinanzministerium, 70 Millionen € kosten, übrigens auch dann, wenn die Abgabe in einem Jahr gar nicht erhoben wird; angeblich ist es ja das Ziel der Bundesregierung, auf das Erheben der Abgabe zu verzichten. Dann müssten die 70 Millionen € im Bundeshaushalt eingestellt werden – bisher keinerlei Ansätze dazu.
Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, so geht es nicht.
Sie haben sich in Ihrer Rede um die zentrale Frage in einer Weise herumgedrückt, das ist schon ein bisschen verwirrend. Was ist mit den Kommunen, die über Bedarf ausbilden, aber unter 7-%-Klausel liegen? Nach dem derzeitigen Gesetzentwurf haben die zu bezahlen. Und das ist das, was den Städte- und Gemeindebund auf die Palme treibt und was die Kommunen finanziell massiv belasten wird.
Das sind die 250 Millionen €, von denen immer wieder die Rede ist. Und dass Sie auf diesem Punkt überhaupt nicht eingehen und anderen Demagogie vorwerfen, ist wirklich absurd – erstens.
Zweitens: Wenn wir schon Ausnahmeregelungen für Kommunen schaffen, dann sollten Sie zumindest auch einmal bereits sein, darüber nachzudenken, was denn mit Betrieben ist, die auch über Bedarf ausbilden, aber unter der 7 %-Klausel bleiben. Die gibt es nämlich auch. Räumen Sie doch ein und lassen Sie alle Kritik von CDU, FDP und Wirtschaftsverbänden weg, nehmen Sie nur die Kritik von Sozialdemokraten und Grünen, die einmal um die Ecke gedacht haben, wenigstens ernst. Wir stehen hier vor dem nächsten arbeitsmarktpolitischen Großvorhaben, dessen Scheitern schon feststeht, bevor es überhaupt begonnen hat.
Leider, seitdem Herr Hartz sein Unwesen treibt, hagelt es von diesen Großprojekten. Das Scheitern haben nicht Sie auszuhalten, es geht zulasten von Berliner Unternehmen und Berliner Lehrstellenbewerberinnen und -bewerbern, und das zwei Tage, nachdem wir die Berliner Ausbildungstage hatten. Das ist wirklich ein Drama.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Erste, was wir gemeinsam im Hauptausschuss gelernt haben, war ja, dass der Ausschuss für zwei Problemgruppen des Arbeitsmarktes nicht zuständig sein soll, dass dieses bei der Sozialverwaltung liege. Die Zuständigkeitsverteilung des Senats für diese zwei Problemgruppen drückt sich in der gegenwärtigen Präsenz so aus, dass nunmehr überhaupt keiner mehr da ist.
Die Ignoranz, die Sie sich zum Teil im Umgang mit Dingen angewöhnen, die Sie fachlich nicht mehr behandeln, diese Ignoranz ist wirklich bald nicht mehr zu topen, Das muss tatsächlich einmal festgehalten werden.
Deswegen sollten wir am Vorabend der Haushaltsdebatte wenigstens zu einer Willensbildung des Parlaments insgesamt in der Lage sein. Wir sollten sagen: Wir haben zwei Problemgruppen, es gibt Umsetzungsprobleme, aber es gibt die Bundesmittel. Unser Appell, der des gesamten Parlaments, sollte sein, dass der Senat sich zusammen mit der Agentur darum bemüht, diese Mittel für Berlin einzusetzen und nutzbar zu machen. Das ist kein Vorwurf, keine Kritik. Wenigstens für das Jahr 2004 sollten wir diesen Antrag am Vorabend der Haushaltsdebatte beschließen. Dazu, meine Damen und Herren von der SPD und der PDS, sollte ein Parlament in der Lage sein.
Im Ausschuss haben Sie sich wirklich gewunden – ich habe mir das noch einmal durchgelesen –, Zuständigkeits- und Kofinanzierungsprobleme, derzeitiger Informationsstand: Nein; der Senat muss erst die Schlussrechnung für 2003 machen; nicht zuständig – usw. usw.
Wirklich, zwei Programme des Bundes für zwei Problemgruppen. Der Appell, die Bundesmittel für Berlin einzusetzen. Das ist alles, was in diesem Antrag steht. Auf mehr Argumente seitens Rot-Rot kann man nicht eingehen, weil Rot-Rot auch in diesem Punkt die fachliche Diskussion verweigert, verweigert hat im Ausschuss und auch heute hier. Den Appell, den die Grünen formuliert haben, können wir von ganzem Herzen – ich sage das
Zunächst muss die Frage gestellt werden, ob das Sammelsurium an diversen Finanzierungsmöglichkeiten noch durchschaubar ist: Bundesmittel, ESF-Mittel, Landesmittel, co-finanzierte Landesmittel, Europäische Fördermittel als Landesmittel noch einmal umgeschichtet. Ich würde gerne die beiden Senatoren, die dafür zuständig sind, fragen, ob sie noch den Überblick haben, aber beide sind bedauerlicherweise nicht im Saal.
Auf Bundesebene wird derzeit darüber diskutiert, wie das föderalistische Prinzip transparenter gemacht werden kann. Für die Arbeitsmarktpolitik bezüglich dieses föderalistischen Hickhacks gilt dasselbe. Wir brauchen in Zukunft eine einfachere und effektivere Finanzpolitik. Die Bezirke scheinen ebenfalls zu machen, was sie wollen. So kann es nicht weitergehen. Reißen Sie das Ruder endlich herum, bevor wir den Super-Gau in der Arbeitsmarktpolitik erleben!
ausdrücklich – unterstreichen. Nutzen wir diese Programme, appellieren wir gemeinsam an den Senat, zügig umzusetzen. Wir werden diesem Antrag mit großer Überzeugung zustimmen. – Danke sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum 11. November des letzten Jahres – Auftakt des Karnevals – hat die SPD-Bundestagsfraktion die Eckpunkte einer Ausbildungsabgabe beschlossen, wie wir wissen, gegen den andauernden Widerstand des zuständigen Ministers für Arbeit und Wirtschaft, – wie jeder weiß – als Kniefall vor der SPDLinken, damit die über die Agenda nicht allzu sauer ist.
Die offiziellen Zahlen liegen vor. Im Dezember 2003 hatten wir 32 600 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber. Wir hatten 11 200 betriebliche Ausbildungsplätze, 13 800 in berufsvorbereitenden Maßnahmen, 5 800 im Bund-Länder-Sonderprogramm und etwas über 700 Stellen im Jugendsofortprogramm.
Was ist an dieser Statistik unbefriedigend? – Zunächst einmal fehlen wie üblich etwa 2 000 Bewerberinnen und Bewerber, von denen niemand genau weiß, was aus denen eigentlich geworden ist. Wir wissen es einfach nicht. Dann gibt es Überschneidungseffekte, denn inzwischen haben sich einige Betriebe angewöhnt, abzuwarten, ob sie einen Ausbildungsplatz, den sie anbieten, nicht auch über ein Sonderprogramm – teilweise – finanzieren können. Es gibt Mitnahmeeffekte – das kann keinen verwundern.
Aber diese Zahlen sind nicht befriedigend, und sie sind in erster Linie ein Bruch des Koalitionsversprechens, dass jeder Jugendliche in Berlin einen Ausbildungsplatz erhalten soll.
Die Ausbildungspolitik des Senats war nie darauf angelegt, ernsthaft an der Erfüllung dieses Versprechens mitzuwirken, dieses Versprechen zu realisieren. Wir sehen deutlicher als je zuvor, dass wir von dem Versprechen in der Realität weit entfernt sind. Nehmen wir die einzelnen
Was brauchen wir statt dessen? Was brauchen wir statt neuer Strafsteuer und neuer Bürokratie? – In erster Linie und auf Bundesebene brauchen wir neue Ausbildungsmodelle. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht das Versprechen: Wir schaffen für etwas schwächere Jugendliche verkürzte Ausbildungsgänge. – Nichts davon ist passiert. Wir brauchen mehr Verantwortung der Tarifparteien. Wir brauchen in Berlin eine genauere Analyse der Bewerberinnen- und Bewerbersituation, der tatsächlichen Ausbildungssituation. Diese Daten haben wir bis heute nicht. Mitte der 90er Jahre, um nur zwei Beispiele zu nennen, waren 8 % aller Auszubildenden Jugendliche
mit Migrationshintergrund. Heute sind es noch 4 %. Was ist da passiert? Das ist nicht nur eine Folge des geänderten Staatsangehörigkeitsrechts. Hier gibt es massive Probleme, die auch mit dem Integrationsthema zusammenhängen. Was sind die Gründe für die in Berlin überdurchschnittlich hohe Abbruchquote? Wir kämpfen um jeden Ausbildungsplatz – mehr als 10 % der Ausbildungsverhältnisse werden vor ihrer Beendigung abgebrochen. Was sind die Gründe? Wie setzen Sie hier überhaupt an? Glauben Sie wirklich, dass Zwangsabgaben die Antwort auf eine solche Problemsituation in Berlin sind? Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.
Wir brauchen auch künftig modularisierte und flexible Ausbildungsmodelle, die Sicherung der MDQMFinanzierung war ein wichtiger Schritt. Wir brauchen neben Verbundausbildung unverändert das Schwergewicht auf betrieblichen Ausbildungsplätzen. Wir brauchen das beharrliche Werben um jeden Platz, den wir erreichen. Das Werben des Senats wäre überzeugender, wenn er selbst etwas glaubwürdiger wäre. Ich erinnere Sie an einen Antrag der CDU, dass man in die Zielvereinbarungen mit den landeseigenen Unternehmen das Ausbildungsverhalten wenigstens aufnimmt. Damit ist nicht gesagt worden, es darf nicht in eine bestimmte Richtung verändert werden, es muss erhöht werden. Wir haben gesagt, es soll ein Punkt in dieser Zielvereinbarung werden. Position der SPD war: Aber das ist doch nicht nötig. – Der Antrag ist abgelehnt worden, und wenige Wochen später, Frau Grosse, gab es parteiübergreifendes Entsetzen im zuständigen Ausschuss, als wir über das Ausbildungsverhalten von Vivantes gesprochen haben. Das ist die Realität, und hier trägt der Senat direkt oder indirekt die Verantwortung. Sie sollten es sich mit guten Anträgen der Opposition nicht zu leicht machen. Vivantes ist kein Einzelfall. Wir haben den Rückgang immer wieder besprochen, wir haben das Ausbildungsverhalten landeseigener Unternehmen im Ausschuss zu thematisieren versucht, doch der Senat steigt hierauf unverändert nicht ein.
Bereiche: Handwerkskammer - 6 %, IHK + 6 %, freie Berufe - 13 % und der öffentliche Dienst - 25 %.
Dazu sagt Herr Wolf, die Zahlen seien unbestreitbar schlecht, und damit hat er Recht. Das ist aber das Unglaubwürdige an dieser Senatspolitik: die Ausbildung selbst zurückfahren, wo immer es geht – in der Verwaltung, in den landeseigenen Unternehmen – und dann die Wirtschaft mit Zwangsabgaben belegen.
Egal, ob es um Ausbildung oder um die Übernahme ausgebildeter Bewerber geht: Es wissen nicht nur die betroffenen Jugendlichen, es weiß auch die Öffentlichkeit, dass der Senat im Bereich der Ausbildungspolitik versagt hat und dass er davon lediglich abzulenken versucht.
Was sind die wesentlichen Gründe dafür, dass Ausbildungsplätze nicht mehr angeboten werden? – Es ist in erster Linie die eigene wirtschaftliche Lage. 40 000 Insolvenzen im letzten Jahr, der Verlust von Hundertausenden sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Wer um das eigene wirtschaftliche Überleben kämpft, wer vor einer ungelösten Übernahmesituation steht, Einzelhändler, Handwerker, Freiberufler, solche Unternehmen schaffen keine Ausbildungsplätze und können dies auch nicht.
Ein weiterer, besonders in Berlin relevanter Grund sind Qualifikation, Leistungsfähigkeit und Motivation der Auszubildenden. Wir haben 3 000 Jugendliche, die in Berlin jedes Jahr die Schule ohne Abschluss verlassen. Wir haben Tausende von Jugendlichen, die, auch nachdem sie einen Schulabschluss und einen Ausbildungsplatz erlangt haben, Schwierigkeiten haben, die Ausbildung durchzuhalten. Frau Grosse, wir waren doch bei der Diskussion mit dem Türkischen Bund, wo das Arbeitsamt Mitte berichtet hat, dass die Mitarbeiter des Arbeitsamtes wochenlang nach Beginn des Ausbildungsjahres die Auszubildenden morgens abholen, damit sie sich daran gewöhnen, regelmäßig um 7 Uhr eine Beschäftigung aufzunehmen. Das ist die Realität, nicht nur in so genannten Problemkiezen. Das ist ein Problem, dem Sie sich etwas sorgfältiger widmen sollten, anstatt es der Wirtschaft vor die Füße zu werfen und eine Zwangsabgabe zu fordern.
Was würde eine Ausbildungsabgabe bewirken? – Zunächst einmal Kosten von geschätzten 700 Millionen €. Die Ankündigung, Sie kämen mit 150 Plätzen in der Behörde aus, ist ein schlechter Witz. Sie glauben doch nicht im Ernst, bundesweit Betriebsprüfungen und die Sondersituationen in den einzelnen Unternehmen mit 150 Beschäftigten erfassen zu können. Es sind Transferleistungen gerade von den wirtschaftsschwächeren Regionen in die reicheren Regionen zu erwarten – ein schlechter Treppenwitz der Geschichte, dass aus Berlin und den neuen Bundesländern Ausbildungsverhältnisse in BadenWürttemberg indirekt subventioniert werden. Manchmal hat man den Eindruck, die Bundesregierung weiß nicht mehr, wo sie eigentlich lebt.
Dass die Zwangsabgabe von 5 000 bis 7 000 € nicht einmal ein Drittel der Vollkosten ausmacht, ist geradezu
2. In den letzten Jahren stehen jedoch zu Beginn des Ausbildungsjahres regelmäßig weniger betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung als Bewerber vorhanden sind – eine Schere, die sich immer weiter öffnet. Zum Teil ist dies sicherlich ökonomischen Schwierigkeiten der Betriebe in Zeiten schwacher Konjunktur geschuldet, zum Teil aber auch einer um sich greifenden Trittbrettfahrermentalität, insbesondere bei großen Unternehmen, frei nach dem Motto: Für von uns künftig benötigte Fachkräfte werden schon andere sorgen, im Zweifelsfall der Staat.
3. Diese Mentalität ist nicht länger hinnehmbar. Im Sozialbereich besteht beispielsweise längst ein parteiübergreifender Konsens darüber, Trittbrettfahrerei zu Lasten der Gesellschaft nicht länger zu dulden. Weshalb, so frage ich, sollen wir dann länger zusehen, wie sich Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung, für Berufsausbildung zu sorgen, entziehen?
Nur dieser Tatsache ist es geschuldet, dass über andere Formen, wie Ausbildungsplätze geschaffen werden können, nachgedacht werden muss. Daran brauchte man keinen Gedanken zu verschwenden, wenn die Wirtschaft ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung und damit auch ihrem eigenen, längerfristigen Interesse in hinreichendem Maße nachkäme.
die Einladung zu Mitnahmeeffekten, zu Freikäufen, was doch im Ernst niemand wollen kann.
Die Abgabe führt zu einem Bürokratie- und Kostenmonster sondergleichen, sie führt zu nicht einer einzigen Stelle. Unser Appell an den Senat, der sich morgen in der Sonderkommission trifft: Kündigen Sie den Ausbildungskonsens in Berlin nicht auf. Setzen Sie weiter darauf, mit Wirtschaft und Gewerkschaften an einer Verbesserung einer schwierigen Situation mitzuwirken. Gehen Sie nicht aus innerparteilichen Beschwichtigungs- und Arithmetikgründen einen für Berlin katastrophalen Weg. Wir können alle zusammen dem zuständigen Bundeswirtschaftsminister Clement nur jede Menge Durchsetzungsvermögen gegen diese Politik wünschen. – Danke sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zahl der Abgeordneten, die diese Diskussion für wichtig halten, hat einen besonders niedrigen Stand erreicht. Das ist bedauerlich bei derartigen Themen. Noch bedauerlicher ist, dass die Senatoren, soweit von diesem Thema betroffen, der Diskussion auch nicht folgen wollen.
In Kapitel 45 ihrer inzwischen mit Recht geschätzten Antragsreihe „Mehr Berlin, weniger Staat“ ist die FDP beim Berliner Bildungsurlaubsgesetz angekommen. Man muss dazu wissen, dass es sich um eines der ganz wenigen Gesetze handelt, die aus den Zeiten von Rot-Grün stammen, der Zeit, als unser Parlamentspräsident noch als Regierender Bürgermeister gewirkt hat. Insofern ist ein wenig sozialdemokratische Nostalgie durchaus zu verstehen. Man sollte allerdings einer Gefahr nicht erliegen – dass nämlich diejenigen, die das Bildungsurlaubsgesetz nach 13 Jahren in Frage stellen, kritisch diskutieren wollen,
dazu komme ich noch – irgendetwas gegen politische Bildung oder gar Fort- und Weiterbildung hätten. Die Frage ist allein, ob dieses eines gesetzlichen Anspruchs gegen den jeweiligen Arbeitgeber bedarf. Weder die FDP noch die CDU, die diesem Antrag zustimmen wird, stellen politische Bildung oder Fort- und Weiterbildung in Frage – ganz im Gegenteil; insbesondere betriebliche Fort- und Weiterbildung bedarf eines stärkeren Stellenwertes in der betrieblichen Realität.
meine Erkundigungen bei einem großen Bildungsträger eingezogen. Die größte Gruppe in Berlin stellen mit 60 % die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Privatwirtschaft, der öffentliche Dienst nimmt nur 23 % ein.
Danke für den Hinweis! Das hätte ich gar nicht gedacht. – Die Betriebsgröße hat zwar für die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub auch noch eine Bedeutung, aber aus Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten kommen immerhin 15 % derjenigen, die an solchen Bildungsurlaubsmaßnahmen teilnehmen.
Die Beteiligung von Frauen am Bildungsurlaub ist ebenfalls kontinuierlich gestiegen. Ein Grund liegt darin, dass Frauen im Rahmen betrieblicher Weiterbildung seltener berücksichtigt werden als die männlichen Kollegen. Daher ist der Bildungsurlaub für Frauen häufig die einzige Gelegenheit, sich während der Arbeitszeit weiterzubilden. Recherchen haben ergeben, dass Frauen eine Bildungsfreistellung häufig für eine Weiterbildung im EDVBereich nutzen, da diese betrieblich nicht angeboten wird, weil sie inzwischen vorausgesetzt wird. Für diese Arbeitnehmerinnen stellt der Bildungsurlaub eine Anpassungsqualifizierung dar. Das muss und das soll auch so bleiben.
Demokratie darf nicht am Werktor enden. Arbeitgeber dürfen nicht frei nach Gutsherrenart entscheiden, wer sich weiterbilden darf und wer nicht.
Wer will, dass Arbeitgeber wieder nach Gutsherrenart entscheiden, sollte sich einfach von Ihnen zurückbeamen lassen. Das geht leider nicht, aber das wäre vielleicht etwas für Sie.
Für uns ist und bleibt auch die politische Bildung ein wichtiger Baustein zur Förderung unserer freiheitlichen Demokratie. Sie ist unersetzlich in der Aufklärungsarbeit für eine tolerante und humane Gesellschaft, gerade in Zeiten der Globalisierung, in Zeiten von tiefgreifenden Veränderungen.
Dieses Gesetz ist nicht überflüssig. Es trägt mit dazu bei, unsere demokratischen gesellschaftlichen Strukturen zu festigen.
Sie stellt außerdem für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Investition in die Zukunft dar. Deshalb ermuntere ich von dieser Stelle aus alle, dieses Gesetz weiterhin mit Leben zu erfüllen. – Und zu Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, sage ich: Gut, dass Sie nicht in der Regierung sind!
Es ist ein besonders gutes Feld dafür, dass Unternehmen gemeinsam mit den Betriebsräten vor Ort individuelle Lösungen erarbeiten, was das Fort- und Weiterbildungsangebot für die jeweils Beschäftigten in den nächsten Jahren sein soll. Das ruft geradezu nach einer stärkeren Möglichkeit für betriebliche Vereinbarungen und stellt im Gegenzug gesetzliche Ansprüche genau in Frage. Ich bin sicher, dass Unternehmer und Arbeitgeber, die sich mit der Zukunft ihres Unternehmens beschäftigen, das Thema Fort- und Weiterbildung ernst nehmen, dass aber auch die meisten Arbeitnehmer – Herr Lehmann hat die Zahlen genannt – im Wesentlichen verantwortungsbewusst mit diesem Gesetz umgehen. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist die Realität in ihren Unternehmen, insbesondere in mittelständischen Unternehmen, klar, so dass sie im Regelfall keine unbegründeten oder von den Firmen nicht vertretbare Ansprüche durchsetzen.
Auch ich habe mir auf der Internetseite die Angebote angeschaut, die mit gesetzlichem Anspruch durchgesetzt werden sollen. Sie haben ein paar genannt. „Tanzen in Japan“ könnte man noch hinzufügen. Das sind alles Angebote, die an der betrieblichen Realität der meisten Unternehmen vorbeigehen. Mir geht es um einen Punkt, und
Kollege Lehmann – das sage ich Ihnen als Arbeitsmarktpolitikerin –, wie Sie mit dem Recht der Beschäftigten auf Bildungsfreistellung umgehen, das ist schon ein starkes Stück. Bezahlte Bildungsfreistellung ist doch keine Berliner Erfindung, die man einfach mal so abschafft. Bildungsfreistellungsgesetze gibt es inzwischen in 12 von 16 Bundesländern. Die internationale Arbeitsorganisation ILO, die OECD und der Europarat haben sich für die Einführung einer gesetzlichen Bildungsfreistellung und eines bezahlten Bildungsurlaubs ausgesprochen. In Italien, Frankreich, Belgien und Schweden gibt es seit Mitte der 70er Jahre gesetzliche Regelungen für den Bildungsurlaub.
Ich glaube, Kollege Lehmann, Sie haben kein einziges Gespräch mit Beschäftigten und mit Betriebs- und Personalräten geführt. Dann würden Sie nämlich wissen, dass Unternehmen Fremdsprachenkenntnisse, IT-Kenntnisse, rhetorische Fähigkeiten und soziale Kompetenzen hoch schätzen, und genau diese Seminare werden am häufigsten für Bildungsurlaub nachgefragt und auch angeboten. Allerdings sind in den letzten Jahren die Anträge auf bezahlte Bildungsfreistellung immer häufiger abgelehnt oder erst gar nicht gestellt worden, denn ganz offensichtlich wird in Zeiten der ökonomischen Krise, des erhöhten Arbeitsdrucks und der Reduzierung von Personal auch an bezahlter Fort- und Weiterbildung, vor allem aber an Bildungsfreistellung auf Wunsch von Beschäftigten gespart. In Berlin ist der Anteil der Bildungsurlaubsteilnehmer an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – Sie hatten das auch erwähnt – von knapp 2 % Anfang der 90er Jahre auf unter 1 % zurückgegangen. Das ist allerdings ein bundesweiter Trend, und hier gibt es inzwischen auch wieder eine Erholung.
ich bitte auch die Abgeordneten der Koalition, sich ein wenig damit zu befassen. Wir haben heute im Pressespiegel erneut eine Übersicht gehabt, wie das so genannte Benchmarking der Bundesländer für Berlin aussieht. Wir sehen auch in dieser Liste, dass Berlin dieses Mal ausnahmsweise nicht den 16. Platz einnimmt, sondern den 15. – seit dem Jahr 2002. Aber vielleicht erinnern Sie sich auch an eine Umfrage, die es im Sommer gegeben hat, die die „Wirtschaftswoche“ und das Institut der Deutschen Wirtschaft gemacht haben, wo man Bundesländer nach vielen Kriterien unter Befragung von insgesamt 25 000 gewerbetreibenden Unternehmen beurteilt hat. Zu diesen Kriterien gehörten Punkte wie Entbürokratisierung, Deregulierung, Schnelligkeit von Verwaltung etc. An dieser Untersuchung sind zwei Punkte bemerkenswert. Erstens: Platz 1 hat das Saarland eingenommen und Platz 2 Bremen.
Daraus lernen wir, dass Haushaltsnotlagesituationen, d. h. wenig Geld zu haben, offensichtlich an der Dynamik von Politik, an der Bereitschaft, von der Regelungsdichte herunterzugehen, nichts ändert. Wir haben auch gesehen, dass Berlin bei diesen Umfragen den letzten Platz eingenommen hat, und dies ist leider die Realität. Viele gehen zwar auf das Thema Deregulierung und Abbau von Vorschriften gern in Sonntagsreden ein, aber sobald es dann konkret wird, kommen sie direkt mit der ganz großen Keule, Frau Grosse, und sagen: Wer dieses oder jenes als gesetzlichen Anspruch in Frage stellen will, der hat ein Verständnis nach Gutsherrenart. – Wo leben Sie denn?
Wir wollen, dass die Unternehmen sich in Bezug auf Fort- und Weiterbildung mehr Mühe geben als bisher. Wir wollen betriebliche Verständigung darüber, wir wollen ein stärkeres Gewicht, und wir wollen, dass überall da, wo es nicht mehr notwendig ist, gesetzliche Ansprüche verschwinden. Wir müssen langsam auch in Berlin dazu kommen, dass nicht derjenige unter Begründungszwang gerät, der ein Gesetz in Frage stellt und abschafft, sondern dass diejenigen, die ein Gesetz verteidigen, sich etwas bessere Gründe einfallen lassen sollten als die Koalition. – Vielen Dank!
Sind Ihnen, verehrte Frau Dr. Klotz, bei Ihren vielen Gesprächen schon Arbeitgeber begegnet, die die Regelungsdichte in Berlin beklagt haben?
Lassen Sie uns also im Ausschuss darüber diskutieren, was die Qualität der Bildungsangebote betrifft, die dort auf 111 Seiten angeboten werden. Das Ziel kann aber nicht sein, die Weiterbildung über diesen Weg abzuschaffen, sondern das Ziel muss sein, viel mehr Motivation für mehr Weiterbildung und eine bessere Weiterbildung zu schaffen.
Das tut die FDP nicht, sie versucht, das komplett wegzuhauen. Bloß weg mit dem Quatsch, Herr Lindner, das ist das Niveau, das Sie an dieser Stelle an den Tag legen. Dass wir dem zustimmen, können Sie nun wirklich nicht erwarten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Monaten haben wir uns im Ausschuss intensiv mit den unterschiedlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Ausbildungssituation in Berlin befasst. Es gibt im Ausschuss einen Konsens über die Bedeutung des Themas, d. h. wir müssen uns mit einzelnen Fragestellungen befassen, die unterschiedliche Aspekte betreffen: Wie entwickelt sich das Ausbildungsverhalten der Berliner Wirtschaft? Wie reagiert die Politik darauf? Welche Sonderentwicklungen gibt es in Berlin? – Ein weiterer Punkt, dem wir einen eigenen Antrag gewidmet haben, ist die Frage: Wie entwickelt sich das Ausbildungsverhalten dort, wo der Senat, die Politik als Eigentümer von Unternehmen und Anstalten mittelbar in der Verantwortung stehen oder unmittelbar in der Verwaltung? Welche Aktivitäten sind im Hinblick auf die Bundesebene zu ergreifen? Welche Aktivitäten haben wir im Hinblick auf die Wirtschaft und deren Gremien insgesamt zu ergreifen? – Es gibt nicht nur einen Konsens, was die Bedeutung des Themas angeht, sondern auch einen dahingehend, dass wir uns frühzeitig mit diesem Komplex beschäftigen müssen und nicht mit den üblichen LastMinute- und Sonderaktionen im September/Oktober Aktionismus vortäuschen und Entwicklungen hinterherlaufen dürfen, die seit vielen Monaten absehbar waren und sind.
Wir werden heute sehen, wie weit dieser Konsens tatsächlich reicht. Das verbale Bekenntnis zu Prioritäten nimmt jedenfalls dem Senat keiner mehr ab. Natürlich ist Prioritätensetzung nicht allein eine Frage des Haushalts, aber gänzlich trennen kann man das auch nicht. Wer innerhalb von nur zwei Jahren ein Drittel der verfügbaren Mittel streicht, der sollte mit verbalen Erkenntnissen zu Prioritäten, Herr Senator, etwas zurückhaltender sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Die Beantwortung der Großen Anfrage wird all diejenigen, die sich im Ausschuss in den letzten Monaten mit den Fragestellungen befasst haben, ein wenig ratlos lassen. Sie wirkten zwar – wie üblich – im Detail ganz gut informiert, irgendeine Linie war jedoch schwer zu erkennen, Schwerpunkte auch nicht so recht. Ich glaube auch, dass Sie über die tatsächlichen Probleme etwas hinweggegangen sind.
Ich beginne dort, wo Sie aufgehört haben – bei Ihrer Koalitionsvereinbarung. Dort haben Sie in der Tat gesagt:
Der Senat wird im Bündnis mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften unter Ausschöpfung aller finanziellen und organisatorischen Unterstützungsmöglichkeiten dafür Sorge tragen, dass allen Jugendlichen, die wollen und können, ein Ausbildungsplatz angeboten wird.
Das ist keine Bemühenszusage, sondern klingt nach etwas mehr. Man könnte es als Versprechen ansehen. Die Frage lautet dann natürlich: Wie sieht die Realität aus. – Auf den Hinweis der Kollegin Grosse im Ausschuss, es stünde das Jahr nicht dabei, in dem diese Zusage erfüllt sein soll, gehe ich besser nicht ein.