Protokoll der Sitzung vom 15.01.2004

360 000 Wohnungen im Eigentum der Wohnungsbaugesellschaften.

Allerdings wird es eine strukturelle Änderung in den Entscheidungskompetenzen geben. Die Portfolio-Entscheidungen treffen zurzeit die Konzerngremien. Künftig, so hat der Senat beschlossen, ist die Steuerung auf einheitlicher Basis durch den Eigentümer geplant. Die Zielvorgaben werden künftig für alle städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Senat formuliert.

Wir hatten in den vergangenen Jahren eine allgemein sehr schwierige Situation auf dem Grundstücksmarkt. In diesem Zusammenhang haben Wohnungsbaugesellschaften zum Beispiel Grundstücke erworben, die unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht vermarktet werden können. Die Wohnungsbaugesellschaften haben daraus die Konsequenzen gezogen und Wertberichtigungen ihrer Anteile an Tochterunternehmen oder ihrer freien Grundstücke veranlasst. Zudem haben sie aus der Marktentwicklung die Konsequenz insoweit gezogen, dass neue Projekte nur begonnen werden, wenn die Nachfrage zum Beispiel durch Bestellbau gesichert ist. Freie Grundstücke werden zunehmend veräußert und nicht mehr selbst bebaut.

Die Zielvorgaben und deren Controlling in den Wohnungsbaugesellschaften müssen ohne Zweifel verbessert werden. Ich habe zu diesem Zweck mit den Geschäftsführungen, Vorständen und Aufsichtsratsvorsitzenden jedes Konzerns intensive Erörterungen über die wirtschaftliche Situation geführt und die Erwartungen des Senats formuliert. Der Senat wird beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 2004 betriebswirtschaftliche und wohnungspolitische Zielvorgaben beschließen und den Erfolg des Managements daran messen.

Zukünftig wird der Senat mit den Wohnungsbaugesellschaften verbindliche Zielvorgaben vereinbaren, wie beispielsweise die Erhöhung der Eigenkapitalquote, Senkung der Kreditverbindlichkeiten, ein effizientes Portfolio und Kreditmanagement, die Senkung des Personal- und Sachaufwands und die Erhöhung der Produktivität, der Wirtschaftlichkeit und Rentabilität, die Verbesserung der Serviceleistungen gegenüber den Kunden und die Beibehaltung eines hohen Instandhaltungsniveaus erreicht werden können

Die Leistungen werden künftig durch folgende Neuordnung der Wohnungswirtschaft gezielt verbessert: Der Eigentümer agiert aktiv und gibt den Gesellschaften Zielvereinbarungen vor. Damit wird sichergestellt, dass die betriebswirtschaftlichen und wohnungspolitischen Vorgaben der Eigentümer zur Handlungsmaxime der Gesellschaften werden. Diese Eigentümerstrategie wird mit Hilfe eines strategischen Controllings durchgesetzt.

Es wird eine Steuerung auf einheitlicher Basis eingeführt, sowie die Neubestimmung von strategischen Kennziffern und die Anwendung qualifizierten Benchmarks.

Sen Strieder

Synergieeffekte bei der Inanspruchnahme von Fremdfinanzierungen, der EDV-Verfahren, bei Ausschreibungen von Leistungen und so weiter sind zu nutzen.

Auch für die Besetzung der Aufsichtsräte und die Bestellung der Wirtschaftsprüfer hat der Senat neue Leitlinien formuliert.

[Dr. Lindner (FDP): Und für die Geschäftsführung!]

Die Wirtschaftsprüfer sind unabhängig und durch ihre Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit durch die öffentliche Kritik an ihren Gutachten und die sie betreffenden Haftungsfragen heute bei der Begutachtung eines Unternehmens sehr viel kritischer als noch vor wenigen Jahren. Das ist hilfreich, wenn auch für die Unternehmen bisweilen schmerzhaft.

Die Aufsichtsräte sind im letzten Jahr mit sehr qualifizierten Managern aus Vorstandsetagen von Banken und aus dem Unternehmensbereich besetzt worden.

[Dr. Lindner (FDP): Und der SPD!]

Sie orientieren sich an den Zielvorgaben des Senats und werden in die Zielvereinbarungen der Gesellschafter einbezogen.

Unsere Wohnungsbaugesellschaften leisten einen wichtigen Beitrag für den sozialen Zusammenhalt der Stadt und werden dies auch in Zukunft tun.

[Dr. Lindner (FDP): Zum Zusammenhalt der SPD!]

Es gibt aber ohne Frage die immer drängendere Notwendigkeit, mehr privates Kapital für den Erhalt und die Sanierung unserer Wohnungen zu mobilisieren. Hierfür brauchen wir unbedingt eine Verbesserung der steuerlichen Möglichkeiten. Es ist nicht einzusehen, dass immer mehr gut verdienende Menschen ihr Geld in Häuser in London oder in Filmproduktionen in Hollywood stecken und dabei nicht einen Cent an den deutschen Fiskus abführen müssen, während unsere eigenen Regelungen so investitionsfeindlich sind, dass wir inzwischen fast einen Stillstand bei Anlagen und damit bei Kapitalsammelstellen für die Sanierung unserer Städte feststellen können.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Dr. Heide (CDU)]

Es kommt in der Tat darauf an, dass wir für die notwendige Sanierung in unseren Städten wieder Möglichkeiten auch durch steuerliche Anreizsysteme schaffen, sich privat an dieser Sanierung zu beteiligen. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass wir einen Film in Hollywood mit 259 % Verlustzuweisung finanzieren, kein einziger Cent davon in Deutschland ausgegeben wird, während das gleiche Vormodell für Wohnungs- und Stadtsanierung in Deutschland selbst nicht möglich ist. Wir werden nicht mit öffentlichem Geld, für öffentliches Eigentum, die Wohnungen und die Städte allein sanieren können. Aber das private Geld zusammenzubringen, um in großen Gemeinden die alten Bestände wirklich zu sanieren, halte ich für eine ganz wesentliche Frage, um den Wohnungsbe

stand in der ganzen Stadt bei allen Gesellschaften auf einem hohen Niveau zu halten.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Bei aller Kritik und allen Fragen, die wir gemeinsam zu bewältigen haben, auch wenn wir uns die Bilanzen der Wohnungsgesellschaften genau ansehen – das müssen wir tun –, bin ich dankbar, dass diese Kritik im Parlament geführt wird, weil sie auch eine Unterstützung darstellt. Im Interesse der Städte wäre es vielleicht doch sinnvoll, wir würden als Berliner Parlament eine gemeinsame Initiative starten, um unsere Städte finanziell wieder anders auszustatten. Dazu gehört gerade die Sanierung von Wohnraum in den Innenstädten! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Senator! – Für die folgende Besprechung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu 10 Minuten zur Verfügung. Dazu hat jetzt Frau Oesterheld für die Fraktion der Grünen das Wort. – Bitte schön, Frau Oesterheld!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt geht es mir ein wenig wie Herrn Sarrazin vorhin. Eigentlich wollte ich etwas anderes erzählen und unser Konzept vorstellen. Ich muss jetzt aber auf die Rede von Herrn Strieder eingehen.

Ich fange bei Punkt 1 an: Es gibt keine Insolvenz. – Herr Strieder! Die Rettung von Marzahn und Hellersdorf ist in letzter Minute erfolgt. Hören Sie auf, solche Stories zu erzählen. Wir wissen es doch. Wenn Sie anfangen, bei solchen Sachen halb an der Wahrheit entlang zu schliddern, ist das Vertrauen in die von Ihnen genannten Zahlen sehr minimal.

[Beifall bei den Grünen]

Ich komme nun zu den Schulden. Sie können mir natürlich viel erzählen, was im Controllingbericht 2002 steht. Ich kann es nicht überprüfen, weil ich ihn nicht habe. In 2001 bin ich noch davon ausgegangen, dass wir 9 Milliarden € Schulden haben. Sie sagen jetzt, dass es 11,3 Milliarden € sind. Für mich sind von 9 Milliarden € auf 11,3 Milliarden € von 2001 auf 2002 eine Schuldenerhöhung, wie auch immer man es berechnen mag. Wir können uns nachher über die Zahlen noch streiten. In dem Rahmen sind die Zahlen von 2001 etwas anders.

Weiter haben Sie von 18,1 % Eigenkapital gesprochen. Das stimmt vielleicht wieder im Durchschnitt. Ich sage aber auch, dass die Gesellschaften unterschiedlich gut dastehen. Uns helfen doch keine Durchschnitte, wenn das eine oder andere Unternehmen angeschlagen ist.

Dritter Punkt – darüber haben wir noch gar nicht geredet: Bei der DM-Eröffnungsbilanz haben Sie gesagt, da sei abgewertete worden. 2001 stand es bei einzelnen Gesellschaften noch in voller Höhe drin. Es kann sein, dass es jetzt in 2002 enthalten ist. Das kann ich nicht beurteilen. Ich weiß jedoch, dass die Buchwerte der Wohnungsunternehmen alle zu hoch waren. Das heißt, die Buchwer

Sen Strieder

te für die Immobilien sind eben gerade nicht abgewertet worden, zumindest nicht bis 2001.

Dann haben Sie gesagt, auch der Wohnungsverkauf sei eine sinnvolle Strategie. Das habe ich nicht ganz verstanden. Dass müssten Sie mir noch einmal erklären. Gerade jetzt, wo der Immobilienmarkt zum Erliegen gekommen ist, massenweise Wohnungen auf den Markt zu bringen, halte ich nicht für sehr sinnvoll, auch wenn dadurch Einnahmen für die Sanierung generiert werden könnten. Aber gerade da entstehen den Gesellschaften auch Probleme. Wenn ich nämlich meine Häuser unter Buchwert verkaufen muss, ist das nicht gerade gut für das Unternehmen.

[Beifall bei den Grünen]

Dann reden Sie immer von diesen 270 000 bis 280 000 Wohnungen, die Sie noch behalten wollen. Ich habe Ihnen dies schon einmal gesagt und vorgerechnet: Wenn man die Eigenverkäufe, die die Gesellschaften bis 2006 planen, hinzunimmt, sind wir bei 245 000 Wohnungen. Dann sind Sie nicht mehr bei 270 000. Wieso nennen Sie also immer diese Zahl? Sie trifft nicht zu. Geben Sie doch einmal die Zahlen ehrlich zu!

[Beifall bei den Grünen]

Nächster Punkt: Sie haben sich in Ihrem Redekonzept, das Sie an die Presse verteilt haben, auch auf die DEGEWO und die Frage der Projektentwicklung eingelassen. Es ist, glaube ich, aus dem Ernst & Young-Gutachten gewesen, dass diese Projektentwicklung den Unternehmen ebenso erhebliche finanzielle Risiken einbringt. Dazu haben Sie bezüglich der Summe nichts gesagt, sondern Sie haben so getan, als ob es für alle nur von Vorteil wäre und ich ihnen nicht gönne, dass sie dort Gewinne machen. Aber leider Gottes ist genau das Gegenteil passiert.

Auf die Mündliche Anfrage haben Sie vorhin gesagt: Die Gesellschaften sollen sich in Zukunft auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. – Das kann ich nur unterstützen, das haben Sie soeben aber nicht gesagt. Ich habe auch den SPD-Abgeordneten gratuliert, dass sie das durchgesetzt haben, weil ich das absolut sinnvoll finde. Alle anderen Sachen sind nicht Aufgaben der städtischen Wohnungsunternehmen.

Dann erzählen Sie uns etwas von mehr privatem Kapital. Ich hoffe, Sie meinen nicht, dass die Gesellschaften wieder das machen, was wir schon einmal hatten: Sie legen Fonds auf, geben Mietgarantien, hängen dann mit den Mietgarantien in den Miesen, haben dann große Risiken und müssen Millionen Ablöse zahlen – das ist auch die Idee des privaten Kapitals für die Sanierung der Wohnungen gewesen. Was hat sie das aber gekostet? – Und diese Art der Mietgarantien ist alles andere als ein Vorteil der städtischen Wohnungsunternehmen. Diese Art der Finanzierung sollten wir ausschließen.

[Beifall bei den Grünen]

So viel zu Ihren Ausführungen.

Ich will nun zu einigen Punkten kommen, die ich für notwendig halte. Wir haben davon geredet, dass die Aufsichtsräte in Zukunft Ihre Zielvorgaben durchsetzen werden. Diese Zielvorgaben haben Sie aber nicht richtig benannt. Dass die Unternehmen effektiver arbeiten sollen, ist richtig. Dagegen kann man nichts haben. Ich habe jedoch immer noch das Gefühl, dass Ihre Vorstellungen wohnungspolitisch sehr gering sind.

Meine Auseinandersetzung mit den Gesellschaften zeigt, dass sie verkaufen. Sie verkaufen die Häuser, die ich für das Land Berlin gern behalten möchte.

[Dr. Lindner (FDP): Wozu soll das gut sein?]

Das heißt, die Frage ist, wie hindern wir die Gesellschaften, gerade die Häuser zu verkaufen, die günstigere Mieten haben. Wenn das Land Berlin irgendwann das Wohngeld komplett bezahlen muss, wird es noch interessanter, dass die städtischen Wohnungen preiswerte Wohnungen sind. Spätestens dann sollten sich die Kommunen, und auch das Land Berlin, überlegen, dass wir die preiswerten Wohnungen zur Belegung erhalten.

[Beifall bei den Grünen]

Solche Ideen kommen bei Ihnen gar nicht vor.

Wenn wir die GSW verkaufen, haben wir einen großen, in Berlin verteilten Bestand verkauft. Wollen Sie denn wirklich, dass am Ende nur noch Marzahn, Gropiusstadt oder Falkenhagener Feld übrig bleiben?

[Dr. Lindner (FDP): Am besten gar nichts mehr!]

Die Überlegung, wie man strukturell mit den Immobilien der städtischen Unternehmen umgeht und wo man sie erhalten will, ist wichtig, um genau diese Konzentrationsprozesse zu verhindern, die letztlich dazu führen, dass die Gebiete schwierig werden könnten. Aber auch in dieser Frage haben Sie in Ihrer Konzeption bisher nichts beigetragen.