Für die Beratung beider Anträge ist eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion vorgesehen. Es beginnt die Fraktion der FDP. Wiederum Herr Abgeordneter Schmidt – bitte sehr!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Die Baumschutzverordnung – vermutlich bereits häufiger hier im Haus thematisiert – kann man wirklich nur als bürokratisches Monster bezeichnen. Inzwischen hat es einige Novellierungsversuche gegeben, die nicht sonderlich erfolgreich gewesen sind. Die Verordnung ist in der Tat nur schwer durchschaubar. So sind beispielsweise Walnussbäume von ihr erfasst, Haselnussbäume hingegen nicht. Für den einfachen Bürger ist es schwer zu durchschauen, weshalb dem so ist, aber auch ich frage mich, was der Hintergrund für diese Regelung gewesen ist. Auch der Vorschlag der Grünen ist nicht dazu geeignet, die Materie durchschaubarer zu machen, vielmehr würde alles noch komplizierter als es ohnehin schon ist.
Ich habe vor einiger Zeit eine Kleine Anfrage gestellt und mich danach erkundigt, wie viele Mitarbeiter in den Bezirksämtern mit dem Vollzug der Baumschutzverordnung befasst sind. Leider ist man nicht in der Lage gewesen, mir die Zahlen zu nennen und hat es als zu aufwändig bezeichnet, diese abzufragen. Das allein spricht Bände und lässt vermuten, mit welchem Aufwand hier gearbeitet wird.
Gefragt werden muss auch, welche Bäume überhaupt von der Baumschutzverordnung erfasst sind. Es ist schließlich nicht so, dass wir uns in einem rechtsfreien Raum befinden. Es gibt ein Naturschutzgesetz, ein Landeswaldgesetz und anderes mehr. Es gibt die Straßenbäume, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden und dadurch de facto bereits geschützt sind und nicht einfach abgesägt werden können. Im Ausschuss waren Sie nicht dazu bereit, aber vielleicht können die Vertreter der Koalition und der Grünen, die besonders an der Baumschutzverordnung hängen, hier darlegen, auf welchen Teil des Baumbestandes der Stadt sich diese Baumschutzverordnung überhaupt erstreckt, der sonst durch keine andere Rechtsvorschrift geschützt ist.
Als Argument wird immer wieder vorgebracht: Wenn die Baumschutzverordnung abgeschafft wird, dann wird es zu Fällaktionen kommen, dann holen alle die Säge heraus und fällen die Bäume in ihrem Garten, die sie schon immer loswerden wollten. Das ist wirklich lächerlich. Denn gerade die Baumschutzverordnung mit ihren Mindestmaßen regt dazu an, die Bäume abzusägen, bevor sie das Mindestmaß erreichen, weil man anschließend wirklich Schwierigkeiten – beispielsweise bei Schadensgefahr bei Stürmen – hat, den Baum abzusägen.
In Wirklichkeit ist es doch so, dass die Bürger Grün lieben. Deshalb ist diese Gängelvorschrift völlig überflüssig. Besonders bemerkenswert ist für mich, dass sich das Land nicht daran zu halten braucht. Wenn ich meine Abgeordnetenzeit Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass die Beschwerden über Baumfällungen immer nur Maßnahmen der öffentlichen Hand betrafen, wenn beispielsweise Straßenbäume über Nacht abgesägt worden sind. Niemand hat sich jedoch bei mir darüber beschwert, dass der Nachbar in seinem Garten einen Baum gefällt hat. Das zeigt, dass diese Vorschrift relativ wenig Sinn macht.
Wenn man sich Luftbilder von Gemeinden mit und ohne Baumschutzverordnung ansieht, stellt man überhaupt keinen Unterschied fest. Es ist alles gleich grün. Das spricht Bände.
Völlig verrückt wurde es in der Ausschussberatung, als die Grünen argumentierten, sie hätten an einem Kongress der Immobilienwirtschaft teilgenommen – das ist löblich – und dort erfahren, dass Grün den Wert eines Grundstückes erhöhe. Das ist nicht verwunderlich, sondern logisch. Die Grünen schließen nun daraus, dies spreche für die Baumschutzverordnung, und deshalb müsse diese erhalten werden. Dass der Grundstückseigentümer auch ein Interesse daran hat, dass sein Grundstückswert höher ist und deshalb Bäume darauf stehen, darauf kommen die Grünen nicht.
Für uns ist die Baumschutzverordnung ein bürokratisches Monster, sie muss weg. Die Vorschläge, die von den Grünen und dem Senat zur Novellierung vorgelegt worden sind, führen allesamt zu einer Verschlimmbesserung. Deshalb muss man sich trauen, konsequent zu sein. Das geht allein durch die Abschaffung der Verordnung. Wir freuen uns darüber, dass sich mittlerweile auch die IHK der Forderung angeschlossen hat, die Baumschutzverordnung abzuschaffen. Nur so ist eine Erleichterung möglich. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt kann ich die FDP in meinem ersten Satz doch nicht loben, Herr Schmidt. Beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt haben Sie sich darüber beschwert, dass die Grünen die Fachdebatte des Ausschusses noch einmal aufgerufen haben. Bei diesem Tagesordnungspunkt haben Sie das selbst gemacht. Das ist nicht konsequent.
Es geht um die Berliner Baumschutzverordnung. Ein Satz zur Historie: Die jetzige Verordnung gilt seit 1982. Ihr Vorläufer stammte aus dem Jahr 1961. Da kann man grundsätzlich von einem bewährten und akzeptierten Mittel sprechen. – Sie brauchen darüber nicht zu lachen, Herr Dr. Lindner. Das ist so. Das hat nicht nur etwas mit Verwaltungsbürokratie zu tun. – Die Leute halten sich daran. Es gab einmal eine prominente Ausnahme bei der CDU-Fraktion. Herr Haase meinte als Parlamentspräsident, er könne bei sich zu Hause entgegen den Verordnungen alles absäbeln, aber er hat dafür eins auf die Finger bekommen.
Wir haben zwei Anträge, und beide sind extrem. Der eine von der FDP sagt, die Baumschutzverordnung sei völlig überflüssig, man könne sie abschaffen. Die Damen und Herren von der Fraktion der Grünen wollen uns weismachen, wir müssten die bestehende Baumschutzverordnung noch verschärfen und verbürokratisieren. Beides ist in der jetzigen Zeit ein starkes Stück.
Die Verordnung hat sich grundsätzlich bewährt. Alle deutschen Großstädte haben solche Baumschutzverordnungen, Herr Schmidt. Es gibt eine Stadt, nämlich Bremen, die die Verordnung kürzlich abgeschafft hat. Im Gegensatz zu dem, was Sie hier dargestellt haben, hat Bremen damit schlechte Erfahrungen gemacht. Es ist tatsächlich ein Kettensägenmassaker eingetreten. Es wurde oftmals blind alles weggenommen, weil die Leute Angst hatten, die Verordnung könne wieder eingeführt werden. Das ist Realität und nicht lächerlich, Herr Schmidt. Das sollten Sie akzeptieren.
Nun zu den Grünen, die jedem Bäumchenbesitzer vorschreiben wollen, eine Art Baumpflegebuch zu führen und in ständigem Kontakt zum Natur- und Grünflächenamt zu stehen. Die Grünen wollen zudem künftig alle Obstbäumchen schützen. Das brauchen wir nicht. Daran haben die Leute selbst Interesse. Außerdem sollen alle Baumschäden einzeln aufgeschrieben werden. Das wäre gegenüber der bestehenden Verordnung ein bürokratisches Monster.
Vielen Dank, dass Sie klatschen! Es hört also doch noch jemand zu. Das freut mich. Dass Herr Dr. Lindner nicht klatscht, war zu erwarten.
Es ist bezeichnend, dass im Fachausschuss alle anderen Fraktionen gegen den Antrag der FDP gestimmt haben. Bei dem Antrag der Grünen haben auch alle anderen dagegen gestimmt. Das spricht nicht unbedingt für die Güte und Tragweite der Anträge.
Was müssen wir tun? – Wir brauchen – dazu steht die SPD-Fraktion – eine bürgerfreundliche, handhabbare neue Regelung. Bürgerfreundlich bedeutet, dass die Bürgerinnen und Bürger, auf deren Grundstück ein Baum steht, schnell entscheiden können, ob dieser Baum geschützt ist. Das heißt – ich sage das als Umweltpolitiker zähneknirschend –, dass wir den Stammumfang der geschützten Bäume von 60 auf 80 Zentimeter erhöhen müssen. Dadurch sind weniger Bäume geschützt. Zukünftig sollen nur noch Laubbaumarten und Kiefern geschützt sein. Bei Nadelhölzern ist ein Schutz nicht zwingend geboten – erst recht nicht bei Obstbäumen. Künftig wird es für Eigenheimbesitzer mit einem Bäumchen vor der Tür eine Wahlfreiheit zwischen einer Ersatzpflanzung und einer Ausgleichsabgabe geben. Niemand wird mehr verpflichtet, direkt neben dem alten Standort einen neuen Baum zu pflanzen, denn das kann in Einzelfällen unzumutbar sein.
Es gab einen Vorschlag der Senatsverwaltung, den auch der Senator vorübergehend gut fand, nämlich um Gebäude herum Freiräume zwischen drei und fünf Metern zu definieren, in denen alles gefällt werden darf. Dieser Punkt ist glücklicherweise mittlerweile vom Tisch. Er wäre ein Einfallstor für erheblichen Missbrauch gewesen, hätte zu Auslegungsschwierigkeiten bei den Bezirksämtern und zu Klagen zwischen Nachbarn geführt. Ob ein Baum drei oder fünf Meter vor einem Haus steht, sagt nichts über eine eventuelle Nutzungsbeeinträchtigung aus. Ich denke, wir sind uns da einig. Man schafft aber stattdessen über eine andere klare Regelung eine Vereinfachung. Wir sind nicht für eine generelle Freistellung, sondern sprechen in der Baumschutzverordnung von Tatsachen wie dem Freischneiden von Wegen und der unzumutbaren Verschattung von Wohn- und Arbeitsräumen. Wenn von den Bäumen eine Gefährdung von Personen oder Sachen ausgeht, sollen unbürokratisch Fällungen möglich sein oder Äste entfernt werden können.
Wir brauchen eine modernisierte Baumschutzverordnung. Dass sie notwendig ist, zeigen die Erfahrungen in Berlin und anderen Bundesländern. Eine Abschaffung brauchen wir nicht. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind weder für den FDP-Antrag noch für den der Grünen. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass
nur die jeweiligen Antragsteller diesen Anträgen zugestimmt haben. Mehr sind diese Anträge auch nicht wert.
Die FDP muss sich den Vorwurf gefallen lassen, zu holzschnittartig an die Sache heranzugehen. Ganz so locker, wie Sie das handeln wollen, geht es nicht. Wir kennen die Bürger und wissen genau – Bremen wurde schon genannt –, dass manche keine Grenze kennen und aus ihrem Garten einen Fußballplatz machen wollen. Dafür sind wir nicht. Edle Bäume und bestimmte Bestände müssen geschützt werden. Das muss allerdings nicht so bürokratisch gehandhabt werden wie in der Vergangenheit.
Der Antrag der Grünen macht die Sache so kompliziert, dass Sie einen Anwalt brauchen, wenn Sie in Ihrem Garten einen Ast abschneiden wollen. Das kann nicht unser Ansinnen sein. Ich will die einzelnen Dinge, wie Schutz von Obstbäumen, Amtshandeln, Genehmigungen, Ersatzpflanzungen und Ausgleichsabgaben, jetzt nicht alle vortragen. Mir würde als Gartenbesitzer mit meinen 1 000 Quadratmetern hundeelend, wenn ich daran denken müsste, welche Bürokratie ich in Gang setzen müsste, um irgendwo einen Ast abschneiden zu dürfen. Das kann nicht wahr sein.
Wir warten darauf, dass die neue Baumschutzverordnung vom Senat vorgelegt wird. Dann werden wir uns darüber streiten, wie wir zu einer Modifizierung kommen. Ich will hier nicht von einer moderneren, sondern von einer realistischeren Baumschutzverordnung reden, die die Grundstücksbesitzer in die Lage versetzt, eigene Entscheidungen treffen zu können.
Mit dem Freihalten um die Häuser, Herr Buchholz, und dem Abstand bin ich nicht einverstanden. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob man in drei, fünf oder sieben Meter Entfernung von der Nachbargrenze etwas unternimmt. Wenn jemand ein Haus auf einem Grundstück baut, auf dem in den letzten 30 Jahren nichts passiert ist und auf dem ein paar Bäume stehen, muss es aber gestattet sein, die Bäume zu entfernen, ohne Ersatzpflanzungen vorzunehmen oder Gebühren zu zahlen. Auf einem Baugrundstück muss die Möglichkeit bestehen, ein Haus zu bauen. Die Leute, die bauen, haben schon genügend Kosten am Hals und legen sich jahrelang finanziell an die Kette. Durch eine solche Regelung ginge das Grün in Berlin nicht zu Grunde. Diejenigen, die in den Siedlungsgebieten wohnen, wissen, was dort in den letzten Jahren abgelaufen ist. Zu den Abgeordneten kommen Leute, die sagen: Ich soll 12 000 Mark zahlen, weil ich den Baum abschneiden will. – Das ist eine Horrornummer. Dafür steht die CDU nicht.
Wir stehen dafür, dass grundsätzlich der kulturelle Bestand unserer Bäume geschützt wird, wobei es egal ist, ob das ein Privatgrundstück betrifft, Straßenbegrünung oder Ähnliches. Das müssen wir mit der neuen Baumschutzverordnung regeln. Wir können nicht zulassen, dass
Im Großen und Ganzen geht es um den Grünbestand in Berlin. Wir haben heute schon von Herrn Senator Strieder gehört, dass keine Großstadt in Europa so viel Grün hat wie Berlin. Wir haben überhaupt keine Probleme damit. 45 % der Stadtfläche sind grün. Da brauchen wir uns wegen ein paar Bäumen auf Grundstücken gegenseitig nicht heiß zu machen, die hier letztendlich dazu führen, dass vielleicht noch einer, der da irgendwo ein Haus hinbaut, ein paar Strahlen Sonne an sein Haus kriegt und damit weniger Heizung braucht, dass er vielleicht aus seinem Fenster gucken kann und sieht, was der Nachbar macht. Diese Freiheit müssen Sie den Leuten auch überlassen, dass da letztendlich nicht die Bürokratie das Wiehern kriegt.