Damit haben Sie letztlich Versuche unternommen, alles auf Peter Strieder zu schieben. Das war der erste Versuch: Misstrauensantrag gegen Strieder, das reicht, Klappe zu, Affe tot. Der nächste Versuch fand dann im
„Berliner Platz“ statt, Herr Wieland, das ist auch eine typische Masche, einen Nebenkriegsschauplatz zu eröffnen. Da haben Sie, weil wir ja nun wirklich nicht beim Tempodrom dabei waren, Rexrodt und Möllemann mit ins Spiel gebracht – sogar der tote Möllemann musste dafür herhalten. Wahrscheinlich werden Sie später eh noch so einen Tutti-Frutti-Vorwurf gegen die FDP im Allgemeinen formulieren. Das war auch so ein Klassiker, den Sie da unternommen haben. Der dritte Versuch war dann Ihre gestrige Presseoffensive: Der hat uns getäuscht, der böse Peter! Wir armen, guten Grünen haben überhaupt nichts mit dem Projekt zu tun. Wir werden im Sommer noch Gelegenheit haben, Ihren Wahlkampf in Brandenburg das eine oder andere Mal zu unterbrechen, um im Untersuchungsausschuss die einzelnen aufgeworfenen Fragen zu diskutieren.
Wir kommen jetzt in die Endphase, eine rot-rote Phase des Projektes, die auch amüsant ist. Wenn Sie sich diese Briefe durchlesen – ein stinkbanaler Hilferuf des Tempodroms im Sommer 2002: Wir brauchen mehr Kohle! 1,5 Millionen € brauchen wir!
Das ist erstaunlich, wenn Sie sich überlegen, was ein normaler Bürger bei seiner Sparkasse vorbringen muss, um irgendeinen Kredit über 30 000 € zu erhalten, und was für Briefe hier ausreichten, um 1,5 Millionen € zu bestellen. Die Aufforderung des politischen Paten Strieders an die Landesbank folgte auf dem Fuß. Und dann gab es ein schönes Umlaufverfahren von der IBB. Weiterhin gab es, wie auch im Verfahren 2001, kein Sanierungskonzept und keinen ausdrücklichen Hinweis, dass die Insolvenzgefahr nicht ausgeschlossen wird, auch wenn dieses Geld strömt. Es ist ein unerhörter Vorgang, dass da trotzdem noch das Geld wie bestellt abgeflossen ist.
Da sind wir nun bei der Würdigung Ihrer Person, Herr Strieder. In der Gründungsphase waren Sie sozusagen der bezirksbürgermeisterliche Pate. Sie haben sich dann im Weiteren wie ein Bankdirektor benommen, der eine Finanzierung an der Backe hat, von der er auch selbst sieht – Sie sind ja alles andere, aber nicht doof –, dass die Sache den Bach runter geht, der aber einfach den Absprung nicht schafft. Es wird jedes Mal noch schlimmer und noch schlimmer, Sie hätten sich längst davon trennen müssen, haben sich das aber nicht getraut, und haben es statt dessen befördert, damit es nicht eine Insolvenz großen Ausmaßes in Berlin gibt, die mit Ihrem Namen verbunden ist. Deswegen glaube ich auch – und ich greife dem Untersuchungsausschuss nicht vor, wie es vielleicht andere tun –, dass Sie das politisch nicht überleben werden. Vielmehr machen wir uns in der FDP-Fraktion Gedanken darüber, wie man Ihr Werk würdigen kann. Heiß in der Diskussion sind zwei Sachen: Einmal eine Flagge auf den Giebeln dieses Tempodroms mit Ihrem Kopf drauf, die zweite Variante wäre, bei den Schienen in der Leipziger Straße eine Bronzetafel anzubringen. Ich habe mir noch eine dritte Variante überlegt: Auf dem Sockel,
der für Liebknecht errichtet werden soll, könnte man eine Statue draufstellen, und da könnte er mal mit Blickrichtung Anhalter Bahnhof auf das Tempodrom gucken, oder man dreht ihn um, und dann könnte er auf seine Gleise in der Leipziger Straße schauen.
Und da sind wir – wo Sie schon so schön schreien, Herr Brauer – bei der PDS. Ihr Fraktionsvorsitzender beschwert sich darüber, dass die SPD offensichtlich den Mentalitätswechsel nicht mitgemacht hat. Sie haben den Mentalitätswechsel mitgemacht, Sie haben sich der Mentalität der SPD nahtlos angepasst
und zwar dadurch, dass Ihr Senator Wolf es ganz anschmiegsam veranlasst hat, dass dieser Umlaufbeschluss gefasst wurde. Ob Sie da in Asien waren oder nicht – Sie können mir nicht erzählen, dass hier der Staatssekretär völlig auf eigene Rechnung gehandelt hat.
Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Bemerkungen zum Thema Spenden und Sponsoring machen. Auch dies ist ein Bereich, den wir äußerst sensibel anzugehen haben. Es ist wichtig, dass Unternehmen und auch Personen politischen Parteien spenden und dass sie auch Sponsoring betreiben. Quer in allen Parteien ist es wichtig, dass so etwas passiert.
Da gibt es übrigens für keine einzige Fraktion einen Anlass zur Selbstherrlichkeit oder zur Selbstgefälligkeit. Ich habe hier eine schöne Liste grüner Großspender in der Tasche, da ist 2001 die Allianz dabei, Daimler Chrysler und andere, die auch Ihnen spenden. Im Internet gibt es einen lückenlosen Bericht über Sponsoren Ihrer Bundesdelegiertenkonferenzen. Auch Bündnis 90/Die Grünen haben überhaupt keinen Anlass zur Selbstgefälligkeit. Es steht ganz genau drin. Also: Machen wir es seriös. Lassen Sie uns ohne Vorverurteilung, ohne Selbstgerechtigkeit oder Scheinheiligkeit, ohne hysterische Inquisition und ohne Feuereifer seriös die Sache aufklären, denn darauf haben die Bürger Berlins, vor allen Dingen die Steuerzahler Berlins, ein Recht. Sie haben ein Recht darauf, dass wir alle Fakten genau untersuchen und würdigen und zu einem vernünftigen Abschluss bringen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner! Wenn Sie davor warnen, in Selbstherrlichkeit zu verfallen, dann ist das schon ein Treppenwitz der Geschichte. Sie sind wirklich das Selbstherrlichste und Selbstgerechteste, was mir hier jemals über den Weg gelaufen ist.
Zum Zweiten empfehle ich Ihnen mittlerweile wirklich, mal eine therapeutische Behandlung zur Aufarbeitung Ihrer Blessuren, die Sie offensichtlich das letzte Mal im Aufeinandertreffen mit Herrn Wieland am Montag davongetragen haben.
Sie vertragen es offensichtlich nicht, wenn auch einmal jemand anders sich von Ihnen an dieser Stelle nicht die Butter vom Brot nehmen lässt und Ihnen das Wort abschneidet. Das hat Herr Wieland getan. Wenn Sie damit nicht leben können, dann gibt es, wie gesagt, Therapeuten, die dafür bezahlt werden. Gehen Sie da einfach einmal hin.
Dritter Punkt, noch mal: Wir waren von Anfang an für eine Aufklärung dieser Vorgänge um das Tempodrom. Wir waren allerdings nicht – auch ich nicht – von erster Minute an davon überzeugt, dass ein Untersuchungsausschuss das richtige Gremium ist, im Übrigen im Unterschied zu Herrn Wieland, der vom ersten Tag an gesagt hat: Ich freue mich auf einen solchen Untersuchungsausschuss.
Ich will Ihnen auch sagen, warum ich von diesem Instrument Untersuchungsausschuss anfangs nicht überzeugt war: Unter anderem aus den Erfahrungen, die meine Kollegin Oesterheld im Untersuchungsausschuss mit Ihnen, Herr Lindner, macht. Der BSR-Ausschuss ist ein gutes Beispiel. Untersuchungsausschüsse einzuberufen bedeutet auch, dann verantwortlich und mit viel Arbeit dort zu erscheinen und die Arbeit zu leisten. Das haben Sie bisher versäumt. Das war einer der Gründe, warum ich dachte, es ist besser, die Fragen zu formulieren – das haben wir auch getan; die liegen heute in Form einer Großen Anfrage vor – und zu versuchen, es aufzuklären. Ich glaube allerdings mittlerweile auch, dass insbesondere die Vorgänge um die Spende einen Untersuchungsausschuss notwendig machen.
Letzter Punkt: Herr Lindner! Wir sind von Ihnen und ich bin von Ihnen niemals eingeladen oder gefragt worden, an einem Unersuchungsauftrag mitzuarbeiten. Das haben Sie zwar der Öffentlichkeit erzählt, Sie haben aber diese Frage niemals an uns gerichtet. Insofern würde ich mir in Zukunft einmal gut überlegen, wenn Sie zusammen auch mit den Grünen aus der Opposition etwas gemeinsam tun wollen, dann müssen Sie mit offenen Karten spielen und nicht Unwahrheiten verbreiten, die nicht den Tatsachen entsprechen. Das ist nicht in Ordnung, und es dient im Übrigen auch nicht der politischen Kultur, die wir hier alle vielleicht verbessern sollten.
Ich fasse zusammen: Sie möchten künftig eine Einladung von uns haben, wenn Sie sich überlegen, einen Untersuchungsausschuss zu bilden oder nicht. Okay, das halte ich fest. Das werden Sie das nächste Mal bekommen. – Und dann sagten Sie, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, Sie wollten einen Untersuchungsausschuss nicht haben, weil ich irgendetwas im BSR-Sonderausschuss nicht mache.
Im BSR-Sonderausschuss ist für die FDP-Fraktion als ordentliches Mitglied der Kollege von Lüdeke, der leitet auch diesen Ausschuss.
Wer leitet ihn denn dann? Sie müssen doch hingehen, wenn Termine sind, Herr Eßer! – Und als stellvertretendes Mitglied für die FDP-Fraktion ist noch der Kollege Erik Schmidt da drin. Ich bin nicht gemeldet, weder als Hauptmitglied noch als sonstiges Mitglied.
Was war das am Anfang? Irgendeine Verarbeitung von einer Sendung, irgendwas, wer wen unterbrochen hat. – Okay, ich gestehe zu meiner Schande, es war umgekehrt, ich habe den Herrn Wieland unterbrochen. Und die Therapie – ich weiß nicht, ob die nötig ist, keine Ahnung. Aber sonst war es nichts, sonst haben Sie nichts Nennenswertes oder Erwiderungsfähiges, Satisfaktionsfähiges, wie der Herr Sarrazin sagen würde, vorgebracht. Deswegen – –
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich will zu Beginn für mich gleich deutlich machen: Der Bau des neuen Tempodroms ist wirklich keine Erfolgsstory für Berlin. Angefangen damit, dass es – wie wir inzwischen wissen – völlig unnötig war, den Standort des Tempodroms zu verlagern, das ist wirklich die eigentliche Posse in der Geschichte,
dass genau an der Stelle, wo vorher das Tempodrom mit den Zelten erfolgreiche Kulturarbeit gemacht hat, jetzt das Tipi steht mit einem ähnlichen Konzept, in wunderbarer Nachbarschaft zum Kanzleramt, ohne dass sich daran irgendjemand stört. Ich glaube, das wäre auch mit dem alten Tempodrom möglich gewesen, wenn damals Helmut Kohl etwas großzügiger gewesen wäre. Aber nun gut, wir haben mit dieser Situation so umzugehen.
Ja, es war damals die Bundesregierung, die das nicht ertragen wollte – alternative Kultur an dem Standort neben dem Kanzleramt. Das müssen Sie von der CDU hinnehmen.
Aber aus heutiger Sicht muss man ganz deutlich sagen: Mit dem Bau dieses Gebäudes waren die damals Handelnden im Stiftungsrat völlig überfordert. Im Stiftungsrat saßen Leute mit den unterschiedlichsten Talenten, die, wie gesagt, für Berlin ein hervorragendes Kulturangebot organisieren konnten, die aber eben mit dem Führen dieses großen Wirtschaftsunternehmens, mit dem damit verbundenen nötigen Baucontrolling völlig überfordert waren. Das Ganze war eben an der Stelle gerade nicht mehr bloß ein Kulturzelt an einem anderen Standort, sondern jetzt ein ungemein großes Bauvorhaben und Unternehmen, das auch entsprechend qualifiziert von den damals Handelnden im Stiftungsrat hätte begleitet werden müssen.
Bei den angesprochenen Problemen, sowohl am Bau wie dann im Stiftungsrat und dem, was wir heute diskutieren, was im Untersuchungsausschuss eine Rolle spielen wird, muss man allerdings deutlich sagen: Das Tempodrom war von allen politisch Handelnden gewollt, nicht nur von Peter Strieder, so wie viele versuchen, es heute der Öffentlichkeit glauben zu machen, sondern von fast allen politisch Handelnden aus der Wirtschaft, die gesagt haben: Wir wollen diese Investition, diesen Bau, von den Kulturschaffenden ohnehin, von Medienvertretern, von Politikern. Es gab eine Übereinkunft: Wir wollen das Tempodrom als Institution für Berlin bewahren und retten. Ich will an eine einzige Überschrift in der „Morgenpost“ erinnern, die es deutlich macht, als dieser Umzugsbeschluss gefallen ist: „Das ist der Sieg der Großstadt über Posemuckel“. – Unter dieser Überschrift wurden damals dieser Umzug und der Neubau diskutiert.