Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Das tut die Bank, und das tun die von der Bank beauftragten Anwälte.

[Krestel (FDP): Wann fangen die an?]

Das sind durchweg sehr gute Anwälte.

Sen Dr. Sarrazin

Wenn man wirklich einmal durchdenkt, was Sie uns heute geboten haben, so heißt das, dass es in unserem Rechtssystem möglich ist, eine solches Desaster anzurichten, ohne eine Vorschrift zu verletzen und sich damit schadensersatzpflichtig zu machen. Sie sagen uns allen Ernstes, dass Sie nicht in der Lage sein wollen, mit einer

hochqualifizierten und professionellen Zuarbeit diejenigen Beweise und diejenigen Rechtsprobleme herauszuarbeiten, die man herausarbeiten muss, um jemanden zur Verantwortung zu ziehen – drei Jahre, nachdem das Ganze begonnen hat. Das kann nicht wahr sein. Da muss ein Fehler und Mangel im System sein, und zwar in Ihrem System bei der Aufarbeitung!

Wir oder zumindest ich hätten von der Beantwortung der Großen Anfrage erwartet, dass einmal gesagt wird, wie es dazu kommen kann, dass eine Klage als unschlüssig abgewiesen wird. Herr Sarrazin, das haben Sie nicht beantwortet. Da gehört doch schon etwas dazu, und da komme ich als jemand, der sich in diesem Bereich etwas auskennt, zu dem Schluss: Hier fehlt es an der Zuarbeit, wenn ich schon gute Anwälte habe. Da blockt doch jemand. Da gibt mir jemand nicht die notwendigen Informationen, um die Ansprüche, die ich habe, vernünftig begründen zu können. – Allein das muss uns doch hellhörig machen.

Wo sind die Rechtsprobleme, die in diesem Bereich neu aufgetreten sind? – Wir haben juristisches Neuland zu betreten: Mal einen konkreten Hinweis, wo ein konkretes oder auch diffiziles Problem ist, das neu angefasst werden muss! – Da erzählen Sie uns, dass man bei der Kündigung von Geschäftsführern im Urkundsprozess in der ersten Instanz sowieso nur den Arbeitsvertrag hinsetzt. Das ist doch Nonsens, wenn ich das mal so salopp sagen darf, Herr Sarrazin.

[Krestel (FDP): Sie sind aber zu stolz, es zu zeigen!]

Dann muss dies vor Gericht professionell betrieben werden, und dann wird es im einen Fall mal so und im anderen Fall mal so enden.

Wir hätten es ganz einfach, den Prozesserfolg zu steigern: Man beginnt nur noch in den Fällen, wo einem eine hinreichende Anzahl von Experten vorher bestätigt, dass man sehr gute Aussichten hat. – Wenn wir auf dieser Basis angefangen hätten, wäre wesentlich weniger angestoßen worden, als bisher angestoßen wird.

[Beifall des Abg. Zimmermann (SPD)]

Wenn also das Abgeordnetenhaus – wofür ich großes Verständnis habe – genau wie ich sagt: „Man muss hierbei hart durchgreifen und auch in den Fällen klagen, wo die Aussichten ungefestigt sind.“, dann darf man jetzt die Beteiligten nicht dafür tadeln, dass man in dem einen oder anderen Fall nicht so den Erfolg hat, den man sich gewünscht hat. Das ist vielmehr ein unvermeidliches Ergebnis.

[Zuruf des Abg. Braun (CDU)]

Die Aufgabe der Aufsichtsratsmitglieder aus dem Senat in den Organen der Bankgesellschaft und der Landesbank ist es und kann es nur sein – und diese Aufgabe wird auch voll wahrgenommen –, im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion, wo auch immer es geht, den Prozess der Sachverhaltsaufklärung und der Klageerhebung anzustoßen, zu begleiten und zu befördern. Mehr kann die Aufgabe nicht sein, und diese Aufgabe wird von uns in der Tat erfüllt. Was wir am Ende als Erfolg haben, das werden wir sehen. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Herr Ratzmann hat das Wort zu einer Kurzintervention. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

[Dr. Lindner (FDP): Sie kommen ohnehin noch dran. Was soll das?]

Herr Lindner, ich mache es kurz! – Herr Sarrazin! Bei dieser Beantwortung der Großen Anfrage hätte jetzt nur noch der beliebte Spruch gefehlt: Vor Gericht und auf hoher See ist man nur in Gottes Hand! – Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass man sehr große Skepsis gegenüber der Professionalität der juristischen Aufarbeitung dieses Bankenskandals sowohl durch Ihre Verwaltung als auch durch die Bank selbst haben muss, so war es Ihr Beitrag.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

[Beifall der Abgn. Krestel (FDP), Wieland (Grüne) und Zackenfels (SPD)]

[Beifall der Abgn. Henkel (CDU), Rabbach (CDU) und Krestel (FDP)]

Es ist völliger Nonsens, was Sie uns hier erzählt haben, und das, nachdem sich mittlerweile draußen – darauf ist hingewiesen worden – Initiativen bereit machen, Sie vor das Verfassungsgericht zu zerren. Vor diesem Verfassungsgericht werden Sie die Hosen herunterlassen müssen. Dort werden Sie nicht nur sagen müssen, dass und wie Sie diesen Bereich aufgearbeitet haben, sondern auch beweisen müssen, dass Ihr System, das Sie hier vorgeschlagen haben, wirklich das günstigere für das Land Berlin ist.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Herr Senator, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu einer Erwiderung.

[Pewestorff (PDS): Aber nicht mit Hosen herunterlassen!]

Die Redezeit ist ebenfalls auf drei Minuten beschränkt.

Meine Damen und Herren!

[Braun (CDU): Lassen Sie doch Frau Schubert reden, wenn Sie keine Ahnung haben!]

Sen Dr. Sarrazin

Jetzt kommen wir zu dem, was der Kollege Ratzmann in seinem Redebeitrag erwähnt hat und auch ich schon angeschnitten habe, nämlich dem Begriff der Schlüssigkeit. Sie schreiben in Ihrem Urteil – –

Das Gericht hat in seinem ausführenden Urteil zwei zentrale und schwierige Rechtsfragen anders beurteilt als die klagende Konzerngesellschaft. Dies führte zwangsläufig zur mangelnden Schlüssigkeit der Klage und zu ihrer Abweisung als unbegründet.

Der Begriff der juristischen Schlüssigkeit bezieht sich auf die Technik der Entscheidungsfindung des Gerichts. Für die Schlüssigkeit einer Klage ist notwendig und ausreichend, dass die klagende Partei Tatsachen vorträgt.

Schauen Sie, meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass ein Bankvorstand und ein Aufsichtsrat diese Dinge mit Ernst verfolgt, mich davon zu überzeugen, dass die dort mit dieser Frage befassten Anwälte gut bzw. sehr gut sind und die Dinge ebenfalls mit Ernst verfolgen, mich mit den von diesen aufgearbeiteten Unterlagen zu befassen und in den Gremien in Abwägung zu entscheiden. Das ist meine Aufgabe, und dieser Aufgabe komme ich nach. Das habe ich eben auch dargelegt, und das ist das, wozu ich hier berichten kann. – Das können Sie mir nun glauben oder nicht.

[Gram (CDU): Beste Vorlesung seit langem!]

Wir treten nun in die Besprechung der Großen Anfrage ein. Den Fraktionen steht eine Redezeit von bis zu zehn Minuten zur Verfügung. – Herr Dr. Lindner, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! – Sie wissen, Herr Senator Sarrazin, dass ich Sie schätze, aber zu dem Beitrag fiel mir das lateinisches Sprüchlein ein: Si tacuisses, philosophus mansisses!

[Pewestorff (PDS): Oh, Gott! Danach sollten Sie sich richten!]

Herr Sarrazin! Ich könnte es auch mit Ihren Worten sagen und das anführen, was Sie neulich zu Frau Kollegin Klotz sagten: Es war einfach nicht satisfaktionsfähig. –

[Beifall bei der FDP]

Es war unterirdisch! Dieses ständige Verwechseln von zivilrechtlichen Ansprüchen und strafrechtlichen Ansprüchen! Man kann es von Ihnen auch nicht erwarten.

[Zuruf des Abg. Pewestorff (PDS)]

Sie sind kein Jurist. Es muss auch nicht unbedingt sein. Lassen Sie vielleicht die Antworten von jemandem geben, der es auch kann! Aber dass Sie sich dann auch noch hinstellen und meinen, irgendwelche Belehrungen von wem auch immer in die Gegend streuen zu können, das war völlig neben der Kappe. Es wäre wesentlich besser gewesen, Sie hätten sich ein wenig fundierter mit diesen Fragen beschäftigt.

Ich möchte nur einmal Ihre Antworten bilanzieren. Sie teilen dort mit: Von den gekündigten Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern aus dem Konzern wurden gegen insgesamt 14 Klagen angestrengt, und zwei weitere hätten sich nicht gewehrt. Dann heißt es weiter: Bisher wurde keines der arbeitsrechtlichen Verfahren rechtskräftig verloren. – Das ist schön, aber gegen 11 der Klage stattgebenden Urteile ist von Seiten der Konzerngesellschaft Berufung eingelegt worden. Folglich haben Sie bisher alles erstinstanzlich verloren. Das ist die Bilanz, die Sie hier zu ziehen haben.

Von den schadensersatzrechtlichen Klagen ist eine rechtskräftig abgewiesen worden – d. h., das ist schon endgültig verloren. Gegen drei klageabweisende Urteile haben die Gesellschaften des Konzerns Berufung einge

legt – d. h., die sind auch alle verloren gegangen. Das ist Ihre Bilanz, wenn man die Beantwortung durchgeht. Das ist mehr als dürftig.

[Wieland (Grüne): Ein Urteil ist es nicht! – Heiterkeit]

Da haben Sie Recht, Herr Wieland! – Also, Sie schreiben in Ihrer Antwort: