Protokoll der Sitzung vom 29.04.2004

Ich bitte Sie, Frau Junge-Reyer, mit der Schwurformel „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!“ oder „Ich schwöre es!“ den Schwur zu vollziehen.

Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe!

Dann sind Sie jetzt gewählt.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Gratulation]

Darf ich mir mal den Vorschlag erlauben: Wenn Frau Junge-Reyer auf ihren neuen Platz geht, dann könnten wir schon mal fortfahren. Frau Senatorin! – Gegen Frauenpower kann man nichts machen.

[Beifall bei der PDS]

Dann bitte ich aber wirklich, wieder Platz zu nehmen.

Ich fahre fort. Die lfd. Nrn. 5 bis 7 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Lfd. Nr. 8:

I. Lesung

Gesetz zum Staatsvertrag über die Errichtung eines Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamtes der Länder Berlin und Brandenburg

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/2742

Dazu eröffne ich die I. Lesung, für die eine Aussprache nicht vorgesehen ist, jedoch ein Hinweis. In der Vorlage ist der Text des Staatsvertrags nicht mitberücksichtigt worden. Die Justizverwaltung hat diesen nachgereicht, er wurde gestern in den Fraktionen verteilt. Da die Vorlage nun vollständig ist, kann die Überweisung, wie im Ältestenrat vorgeschlagen, an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptausschuss erfolgen. Zur Mitberatung wird auch der Ausschuss für Berlin und Brandenburg aufgefordert, so z. B. der Wunsch aus dem Ausschuss selbst.

[Widerspruch bei der SPD]

Dazu höre ich Widerspruch. Herr Gaebler, möchten Sie widersprechen? Sollen wir abstimmen? – Wenn Sie das möchten. Wer der Überweisung an den Ausschuss für Berlin, Brandenburg, Medien usw. seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – FDP und CDU. Die Gegenprobe! – Das sind PDS und SPD. Enthaltungen? – Die Grünen. Das Zweite war die Mehrheit. Dann ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 9 und 10 sind durch die Konsensliste erledigt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 11:

a) I. Lesung

Reform der Hochschulfinanzierung (1) – 10. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Hochschulen im Land Berlin

Antrag der FDP Drs 15/2757

b) Antrag

Reform der Hochschulfinanzierung (2) – Studienkonten einführen, leistungsorientierte Mittelzuweisung fortentwickeln

Antrag der FDP Drs 15/2758

c) Beschlussempfehlung

Hochschulen mit Zukunft (3) – Bundesratsinitiative zur Aufhebung des Studiengebührenverbots

Beschlussempfehlung WissForsch Drs 15/2693 Antrag der FDP Drs 15/1607

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider ist es bedauerlich, dass gerade bei dieser Debatte der Wissenschaftssenator nicht da sein kann. Vielleicht kommt er ja noch.

[Hoff (PDS): Er ist auf dem Weg!]

Ich hatte angenommen, dass bei ihm die Erinnerung an den PDS-Parteitag noch so schmerzlich ist, dass er – –

Kollege Schmidt, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Ich glaube, Sie finden leider nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit des Hauses. – Also bitte, die, die im Saal sind, möchten sich hinsetzen und zuhören, und die anderen möchten bitte den Saal verlassen! – Bitte schön, Herr Kollege Schmidt, fahren Sie fort!

Vielen Dank! – Vielleicht war die Erinnerung an den Parteitag der PDS so frisch, dass ihn die Studienkonten noch schmerzen. Aber wenn er noch kommt, dann um so besser. – Wie ich gestern in der Zeitung lesen konnte, hat sich die SPD daran gemacht, ein paar alte Protokolle durchzulesen – die Arbeit hätte sie sich sparen können –, um zu suchen, was wir von den Studienkonten à la Rot-Rot halten. Das will ich Ihnen am Anfang sagen: Die fanden wir von der Konstruktion her völlig falsch, weil sie zwei Steuerungswirkungen haben, die wir ablehnen. Die Hochschulen bekommen einen Anreiz, Langzeitstudierende zu haben, weil sich diese zumindest finanziell mehr lohnen als normale Studenten; und die Hälfte des Geldes fließt ans Land ab. Das sehen wir bei allen Entgelten, die Studierende zu zahlen haben, anders. Das muss zu 100 % an den Hochschulen für Qualitätsverbesserungen eingesetzt werden.

Schmidt, Erik

Die Grundpunkte zu unserem Modell: Jeder Studierende erhält ein Konto mit einer bestimmten Anzahl von Punkten plus Zuschlag, die notwendig sind, um das Studienziel zu erreichen. Das wären für den Masterabschluss beispielsweise insgesamt 360 Punkte – 300 Punkte plus Zuschlag in Höhe von 20 Prozent. Diese Punkte werden je nach verbrauchten Leistungen für einzelne Veranstaltungen – Module – innerhalb des Studiums abgebucht. Es gibt einen Mindestumsatz an Punkten, damit der Anreiz besteht, überhaupt zu studieren, und man diejenigen „packen“ kann, die sich aus anderen Gründen an der Hochschule einschreiben. Die Punkte kann man nicht nur an der Hochschule einlösen, an der man eingeschrieben ist, sondern das soll an allen Berliner Hochschulen möglich sein, so dass jeder Studierende sich die besten Veranstaltungen aussuchen kann, unabhängig von der Hochschule, an der er immatrikuliert ist.

Wie kommt man nun von den Studienkonten zu den Geldzuweisungen für die Hochschulen? – Schon jetzt gibt es in den Hochschulverträgen ein System, das sich leistungsorientierte Mittelzuweisung nennt. Da werden ungefähr 15 Prozent aus den Globalzuschüssen der Hochschulen in einen Topf gepackt. Nach bestimmten Parametern werden sie jeweils für Fachhochschulen und Universitäten getrennt aufgeteilt. Das ist Grundlage für unsere neue, strukturierte Mittelzuweisung nach den Studienkonten.

[Beifall bei der FDP]

Und natürlich, auch wenn man sich das Gutachten von Herrn Dohmen anschaut, wurde deutlich, dass dieses Modell relativ kompliziert in der Einführung ist, so kompliziert, dass wir glauben, es wäre so gar nicht so einfach und so schnell einzuführen gewesen. Bedauerlich ist, dass die Diskussion um die Studienkonten lediglich auf die Frage der Langzeitstudiengebühren reduziert worden ist oder über generelle Studiengebühren diskutiert wurde. Da verkennt man die Wirkung, die Studienkonten auch in der Hochschulfinanzierung entfalten können. Sie sind nämlich ein hervorragendes Instrument, wie man die Landeszuschüsse zwischen den Hochschulen im Wettbewerb besser verteilen kann. Deshalb finden wir die Diskussion um die Studienkonten richtig und wichtig.

Die Entwicklung der Zuschüsse für die Hochschulen einschließlich Hochschulmedizin wird zwischen 2002 und 2009 erschreckend sein. Setzt man 100 Prozent im Jahr 2002 an, bleiben davon im Jahr 2009 nur noch 80 Prozent übrig. Das zeigt, dass eine Entwicklung „eingeläutet“ ist, die abwärts führt, wenn man nicht gegensteuert – alles nach der Planung von Rot-Rot. Bis 2009 dauert es noch ein wenig. Aber auch vor 2006 wird sich hoffentlich schon etwas ändern; denn dieser Senat wird nicht mehr bis 2006 durchhalten.

Unabhängig von der Zuschusshöhe sind Überlegungen wichtig, wie das Geld, das wir in die Berliner Hochschulen investieren, noch effizienter eingesetzt werden kann und wie man mit dem gleichen Geld eine bessere Lehrqualität erreichen kann. Diese Überlegung gibt es nicht nur in der FDP, sondern auch in anderen Parteien. Die Studienkonten bieten da eine interessante Ausgangsgrundlage. Die FDP hat schon lange an dem Modell für Bildungsgutscheine gearbeitet und es immer vertreten. Ich fasse knapp zusammen, was sich dahinter verbirgt: Jeder Studierende an einer deutschen Hochschule erhält den Bildungsgutschein, kann ihn dort abgeben. Der Gutschein hat einen bestimmten Geldwert, den kann die Hochschule beim Land, dem Zuwendungsgeber, abgeben und bekommt darüber ihre Zuwendungen zugewiesen.

[Zuruf des Abg. Dr. Flemming (SPD)]

Dahinter steckt ein Wettbewerbsgedanke, dass die Studierenden sich ihre Hochschulen auch unter Qualitätsgesichtspunkten aussuchen sollen – was sie auch jetzt bereits tun – und sich die Zuwendungen danach richten und nicht – wie bislang – eher auf Grund von pauschalen Festlegungen und historisch gewachsenen „Besitzständen“ zugeteilt werden. Damit würde man die Nachfragemacht der Studierenden stärken, und es würde ein Wettbewerb zur Qualitätsverbesserung in der Lehre initiiert.

Die Studienkonten ermöglichen eine genauere Abrechnung. Sie verfeinern die Idee, die wir schon vor langer Zeit entwickelt haben. Die Anträge, die wir ins Parlament eingebracht haben, sollen eine Diskussionsgrundlage dafür darstellen, wie wir Qualitätsverbesserungen in

der Lehre erreichen, ohne zusätzliches Geld einzusetzen, und wie wir das Geld effizienter verteilen können.

Wir halten es für notwendig, dass man die Lehrparameter in der leistungsorientierten Mittelzuweisung ändert. Die Lehre muss ein stärkeres Gewicht bekommen. Da können die Kreditpunkte über die Studienkonten eine wichtige Rolle spielen. Bisher ist es so, dass die Lehrparameter über einen Wert Studierender in der Regelstudienzeit und andere relativ pauschal erfasst werden. So hat man ein Problem, diejenigen zu erfassen, die teilzeitstudieren, und es werden statistisch relativ ungenaue Aussagen über die tatsächliche Lehrqualität an den einzelnen Hochschulen geliefert und darüber, ob es möglich ist, mit dem Besuch bestimmter Veranstaltungen in einem Studiengang schnell zu studieren oder ob man Probleme hat, voranzukommen.

Wir wollen die getrennten Kreisläufe, die es bisher zwischen Universitäten und Fachhochschulen gibt, zusammenführen. Den in der leistungsorientierten Mittelzuweisung existierenden Parameter für Forschung sehen wir als verzichtbar an, um den Parameter für die Lehre zu stärken. Es gibt schon jetzt andere Programme, wo sich gute Forschungsleistungen der Universitäten besser bezahlt machen – beispielsweise die Drittmittelprogramme der Deutschen Forschungsgemeinschaft –, so dass das Land keinen zusätzlichen Anreiz setzen muss und dieser Parameter sicher verzichtbar ist. Das Geld aus diesem gemeinsamen Topf, den alle Berliner Hochschulen dann speisen, wird nach Anzahl der Kreditpunkte, die je nach Fächergruppen unterschiedlich gewichtet werden, neu

Schmidt, Erik

Ich danke Herrn Schmidt für das Aufgreifen dieses Themas, und zwar aus zwei Gründen. Der erste ist: Herr Lindner hat heute Morgen vehement den Sachverhalt dar

gestellt und auch einen Konflikt zwischen SPD und PDS konstruiert. Die PDS ist – was man nicht annehmen konnte – bei einer Programmpartei angekommen. Sie hat Grundsätze. – Es ist für Führungen manchmal schwierig, Grundsätze durchzusetzen. Das kann ich auch von der SPD sagen, wo es ebenfalls manchmal so ist. – Das sind Voraussetzungen, die ich durchaus schätze. Das muss man festhalten.

aufgeteilt. so dass jede Hochschule das Geld bekommt, das sie in ihren einzelnen Veranstaltungen an Kreditpunkten eingelöst hat. Damit schafft man im Gegensatz zum heutigen Modell, dass sich die Studierendenwünsche direkt in Geld bezahlt machen. Bei den heutigen Abrechnungen gibt es Verschiebungen von einigen Hunderttausend Euro zwischen einer Universität und einer anderen. Das ist kein großer Anreiz, sich für Verbesserungen in der Lehre einzusetzen.