Letzter Punkt: Wir wollen als Koalition an unseren Koalitionsvereinbarungen gemessen werden, in denen wir formulieren:
Wir werden die Bedingungen dafür schaffen, dass die Hochschullehre modernisiert, in ihrer Qualität verbessert, die Studienzeiten verkürzt und flexible und differenzierte Angebote entwickelt werden.
Wir bieten Ihnen seit 2002 an, das mit uns zu diskutieren. Der politisch springende Punkt ist, dass die rechte Seite des Hauses sich an der Verbesserung von Studienbedingungen in Berlin nicht beteiligt. Herr Schmidt, das, was Sie heute gemacht haben, ist die Abschöpfung der Studierenden und die Beibehaltung der Studienbedingungen. Die drei anderen Fraktionen auf der linken Seite des Hauses sind da deutlich weiter als die Christ- und Freidemokarten. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Schmidt! Mit Ihren beiden Anträgen, die Sie jetzt neu eingebracht haben, ist es Ihnen gelungen – das freut mich als Abgeordnete der Berliner Grünen –, zu zeigen, was man mit Studienkonten alles machen kann. Sie haben das Studienkontenmodell wirklich ad absurdum geführt. Einige Kritikpunkte hat Frau Grütters dazu schon genannt.
Herr Schmidt, angesichts dessen, was ich bereits ausführte, wird es Sie nicht wundern, dass wir Ihre Anträge ablehnen, und zwar aus einer Vielzahl von Gründen. Da Sie uns die Anträge vorgelegt haben, damit wir endlich einmal die Studiengebührendebatte in diesem Hause intensiv führen, nutze ich die Gelegenheit darzustellen, welche grundsätzlichen Erwägungen mich und meine Fraktion dazu bringen, gegen Studiengebühren und Studienkonten zu sein.
Der erste Punkt ist ganz klar: Für uns steht nach wie vor fest, dass das Erststudium gebührenfrei bleiben muss, und zwar bis zum Diplom, Magister oder Master. Ich hoffe sehr und gehe fest davon aus, dass die grüne Bundespartei am Samstag nächster Woche auf unserem kleinen Parteitag, dem Länderrat, das noch einmal ausdrücklich unterstreichen wird. Warum bin ich dieser Auffassung? –
Natürlich reden wir nicht nur über mehr Steuern. Aber es ist eine gewaltige Aufgabe, für die Geld zur Verfügung gestellt werden muss. Natürlich reden wir in diesem Zusammenhang auch über die nach wie vor überfällige Abschaffung ökologisch schädlicher Subventionen. Da hat sich die FDP in den entsprechenden Vermittlungsausschüssen nicht mit Ruhm bekleckert.
Ich bin aber auch gegen Studiengebühren und besonders gegen Studienkonten, weil sie nicht die Effizienzverbesserung in der Lehre bringen, die die Befürworter von Studienkonten ihnen immer nachsagen. Sie wissen, dass ich Politologie studiert habe, aber ich habe auch Volkswirtschaft studiert. Wohlfahrtsökonomen würden zu dem Studienkontenmodell ganz klar sagen: Studienkonten sind nur second best. Es gibt aber erstbeste Lösungen, und die sollten wir anstreben. Das entscheidende Argument ist nicht allein der bürokratische Aufwand, der mit Ihrem Gesetz in drastischer Weise zu Tage treten würde, sondern das zentrale Problem ist: Wenn ich – wie Sie es wollen – Studierende nur zu Konsumenten mache und nicht mehr zu Mitgliedern der Hochschule mit demokratischer Teilhabe, wenn ich es zu einem Bildungsmarkt machen will, dann schaue ich mir den Markt an, wie Angebot und Nachfrage aussehen, und dann stelle ich fest, dass die entsprechenden Elastizitäten von Angebot und Nachfrage dazu führen, dass wir einen klassischen, eklatanten, großen Fall von Marktversagen haben. Es funktioniert eben nicht, weil das Angebot nicht so flexibel ist, wie es sein müsste, damit es sinnvoll funktionieren könnte. Da reicht es nicht aus, einfach das Beamtenrecht oder den öffentlichen Dienst abzuschaffen, sondern auch unter anderen Umständen werden Sie es nie hinbekommen, dass das Angebot so flexibel ist, dass die Elastizität so flexibel ist, dass das entsprechend sinnvoll gestaltet werden kann.
Es gibt – das wurde schon mehrfach gesagt – zwei Stränge: Der eine ist die Gerechtigkeitsdebatte und der andere ist die Steuerungs- oder Effizienzdebatte. Ich bin nach wie vor aus Gerechtigkeitsgründen gegen Studiengebühren und für ein gebührenfreies Erststudium, denn es ist nun einmal so: Der Standort Deutschland und wir alle hier im Land haben etwas davon, wenn es mehr und bessere Bildung gibt. Deshalb ist es eine allgemein-politische Aufgabe, die entsprechend gehandhabt werden sollte. Daran stelle ich die Ansprüche, die die Menschen in unserer Gesellschaft zu einer Gemeinschaft machen. Dann sollten die Menschen entsprechend der Leistungsfähigkeit ihren Beitrag dazu leisten. Ich muss dann leider nach wie vor feststellen, dass es keine progressiven Gebühren gibt. Es gibt eben nur progressive Steuern. Zu dem Argument bei der Verteilungsgerechtigkeit „Wieso? – Da hat doch jeder individuell etwas davon. Es gibt doch eine Bildungsrendite.“ sage ich: Das ist kein Argument. Das ist ein Argument mehr dafür, das über Steuern zu machen. Nur Steuern sind progressiv und können die entsprechende Bildungsrendite abschöpfen. Gebühren können
Es gibt noch ein zweites Gerechtigkeitsargument, nämlich das der Geschlechtergerechtigkeit. Herr Hoff hat bereits auf die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes über die Entwicklung in Australien hingewiesen. Man kann eindeutig feststellen, dass Studiengebühren nicht geschlechtergerecht sind, denn natürlich müssen Männlein wie Weiblein gleich hohe Studiengebühren zahlen. Aber nach wie vor ist es so, und das ist kurzfristig nicht zu beheben, dass Frauen als Akademikerinnen mit dem gleichen Abschluss und meist mit einem besseren Notendurchschnitt als ihre männlichen Kollegen hinterher geringere Einkommen haben und entsprechend länger brauchen, um die aufgehäuften Studiengebühren zurückzahlen zu können. In Australien ist es nach entsprechenden Berechnungen so, dass 33 % der Frauen, die eine akademische Ausbildung gemacht haben, ihre Studiengebühren bis zu ihrem Renteneintritt noch nicht zurückgezahlt haben. Der Anteil der Männer, bei denen das so ist, ist drastisch geringer. Das ist ein Zeichen dafür, dass es sich um eine krasse geschlechterspezifische Benachteiligung handelt. Deswegen bin ich auch aus geschlechterpolitischen Gründen gegen Studiengebühren.
Korrekturen in der Steuerpolitik sind die bessere Alternative. Grüne stehe für ein anderes steuerpolitisches Konzept als die FDP. Mir ist klar, dass so etwas wie leistungsgerechte Besteuerung eher in den Tabubereich der FDP gehört. Ich kann mir das vorstellen. Es ist auch ein wirtschaftspolitisches Argument, dass für die Entwicklung Deutschlands auch etwas auf der steuerpolitischen Seite getan werden sollte. Kitas, Schulen und Hochschulen sind eben Innovationsfelder, in die es sich zu investieren lohnt. Es ist durchaus angebracht, sich über einen Bildungscent zu unterhalten und darüber, inwieweit die Reform der Erbschaftssteuer Mehreinnahmen bringt, die man in die Bildung stecken kann, und inwieweit die Wiedereinführung der Vermögenssteuer – die eine direkte
Landessteuer ist – eine Möglichkeit bietet, den Hochschulen und dem gesamten Bildungssektor etwas zukommen zu lassen.
Das ist das zentrale Problem. Deswegen ist es ökonomisch sinnvoll, es nicht über die Nachfrage zu machen, sondern über die Angebotssteuerung.
Deswegen streite ich dafür, dass wir in den Hochschulverträgen zu erstbesten Lösungen kommen. Da sind die Hochschulverträge das richtige Mittel, um das zu tun. Aber die Kriterien, die wir bisher in dem Rahmen haben, sind völlig unzureichend. Sie reichen nicht aus. Wir sollten in den Beratungen über die Hochschulverträge unbedingt dazu kommen, dass es Leistungskriterien speziell für die Lehre gibt, die nicht nur quantitative Kriterien sind, sondern auch Qualitäten mit einbeziehen. Einen entsprechenden Fonds für Lehre, der gespeist wird, der entschieden wird nach Evaluation von Lehrenden untereinander und von Studierenden gegenüber Lehrenden, fände ich einen richtigen und wichtigen Ansatz in der Richtung. Da hätte man Leistungsanreize, die finanziell untersetzt sind, für eine positive Lehre. In die Richtung sollten wir
Zu beiden Anträgen, Drucksache 15/2757 und 15/2758, empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. – Ich höre keine Einwände. Dann verfahren wir so.
Zu dem Antrag, Drucksache 15/2693 empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich – gegen CDU und FDP – die Ablehnung. Wer dem Antrag dennoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP und CDU. Gegenprobe! – Das sind SPD, PDS und Grüne. Damit ist der Antrag abgelehnt.
(D Ich eröffne die I. Lesung. Für die Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Abgeordnete Wieland. – Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Keine Angst, es sind nur drei Sätze: Verehrte Frau Paus! Die Debatte um die Studiengebühren hat Ihre Partei bereits erfasst, denn Sie wissen, der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Herr Berninger, hat gestern oder vorgestern ein Konzept zum Thema Studiengebühren vorgelegt. Es ist schon erstaunlich, Sie reden hier von Gerechtigkeit, über neue Steuermodelle – wieder eine neue Steuer! Das ist der falsche Weg. Einige bei Ihnen sehen das genauso. – Danke!
Ich sehe, Sie sind eine aufmerksame Zeitungsleserin. Natürlich haben Sie Recht. Das ist schon seit Jahren so. Grüne sind aktiv in der Bildungspolitik.
Deswegen streiten wir natürlich und sind immer offen, über bessere Lösungen für diesen Bereich zu diskutieren. Es gibt auch eine Heinrich-Böll-Stiftung, die intensiv über das Thema Studienkonten debattiert und entsprechende Vorschläge unterbreitet hat. Wir haben diese Debatte in unserer Partei intensiv geführt.
Das alles, was ich eben gesagt habe, habe ich vor dem Hintergrund dieser Debatte gesagt und Ihnen trotzdem meine Schlussfolgerungen dargestellt, die von weiten Teilen meiner Partei geteilt werden. Ich bin in der inhaltlichen Debatte drin. Da gibt es unterschiedliche Positionen. Ich habe Sie auch darauf hingewiesen, der nächste Samstag wird ein spannender Tag. Es wird darüber debattiert werden – Herr Berninger wird auch da sein und seine Bundesbildungsbank vorstellen –, und dann werden wir weiter prüfen, wie realistisch seine Bundesbildungsbank ist. Ich gehe fest davon aus, dass Herr Berninger auf dem Bundesparteitag keine Mehrheit für seine Idee bekommen wird, und das aus guten Gründen.
Entwurf des Staatsvertrages der Länder Berlin und Brandenburg über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pewestorff, ich nehme Ihren Zuruf auf: Cottbus liegt in Brandenburg. – Diese Debatte, die wir jetzt vor uns haben, eignet sich vortrefflich dazu – und so wird sie zum Teil in Brandenburg auch geführt: Da sieht man es mal wieder, wenn es ernst wird, wollen die Berlinerinnen und Berliner nicht nach Cottbus gehen. – Oder wie es der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck gesagt hat: Cottbus liegt doch nicht auf dem Mond. – Da hat er Recht.
Auch nicht fast, ich nehme diesen Zuruf der PDSFraktion auf, damit er im Protokoll steht. – Die Landschaft sieht dort teilweise auf Grund der Politik, als Sie noch SED hießen, aus wie eine Mondlandschaft, da haben Sie allerdings Recht.