Wir wollen mehr öffentlichen Personennahverkehr, wir wollen mehr Kunden in Bussen und Bahnen und weniger motorisierten Individualverkehr. Wer das – so wie wir – will, wer wirklich über Daseinsvorsorge nachdenkt, der muss über ein bezahlbares System nachdenken, das den Menschen in allen Gebieten der Stadt eine schnelle, verlässliche und vor allen Dingen bezahlbare Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr bietet.
Das ist die Aufgabe, und das bedeutet auch, dass es ein Sozialticket gibt, das den Namen sozial tatsächlich verdient. Ein solches Ticket darf nicht mehr als 20 € kosten, und die Finanzierung eines solchen Tickets ist Aufgabe der öffentlichen Hand.
Es kann nicht angehen, dass es dieses Angebot, diese notwendige Anbindung an das Personennahverkehrssystem für einen großen Teil der Berliner Bevölkerung nicht mehr geben kann. Dass Sie den Zuschuss für die BVG in entsprechender Höhe gekürzt haben, wird doppelt und dreifach auf Sie zurückfallen, wenn Sie dies auf die Transferzahlungen aufschlagen müssen. Deshalb noch einmal ganz klar unsere Haltung: Wir wollen ein Sozialticket, wir wollen, dass es nicht mehr als 20 € kostet, und es muss vom Senat finanziert werden.
Ich wünschte mir heute die Weitsicht eines Ernst Reuter, der 1929 die Herkulesaufgabe der Vereinigung von drei riesigen Verkehrsbetrieben in nur zwei Jahren vorangetrieben hat, weil er Visionär war, weil unter den Bedingungen von 1929 rechtlich, steuerlich und sozial die Einheitlichkeit der Verkehrsbetriebe notwendig war. Aber Ernst Reuters Vision war davon geprägt, dass der Verkehr ein zentrales Element der Entwicklung urbaner Gesellschaften ist und dass man ein zeitgemäßes Instrument braucht, um diese Entwicklung zu steuern. Das war sein Werk und nicht der Erhalt irgendeiner Unternehmensstruktur auf Teufel komm raus.
Es muss etwas passieren, und das heißt nicht Zerschlagung, um dieses schöne Schlagwort, das in der letzten Zeit immer wieder durch die Presse geisterte, zu nennen. Das wollen Sie mit Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der FDP. Sie wollen zurück vor den Zeitraum vor 1929, aber das wollen wir nicht. Wir wollen die Strukturänderungen, die notwendig sind, um das Land Berlin von finanziellen Risiken zu entlasten und um das Unternehmen an die rechtlichen Bedingungen der Europäischen Union anzupassen. Die Diskussion um beides wird von den Regierungsparteien verweigert. Mein Kollege Eßer hat in der Begründung darauf hingewiesen, dass die zugesagten Konzeptionen, die vorgelegt werden sollten, bisher noch nicht einmal in Arbeit sind.
Sie sind doch schon wieder dabei, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen, alles abzuwehren, was in Richtung anderer konzeptioneller Überlegungen geht und so zu tun, als sei alles in bester Ordnung. Nichts ist aber
Drittens muss der kontrollierte Wettbewerb zugelassen werden. Mit der Vertrags- und der Konzessionsvergabe muss bereits vorgesehen werden, dass sukzessive Linienbünde ausgeschrieben werden. Der Vertrag sollte nicht länger als acht Jahre laufen.
Ein letztes Wort möchte ich noch zur Rechtsform der BVG anbringen, die auch immer wieder angesprochen worden ist. Ob sie weiterhin im Rahmen einer Anstalt öffentlichen Rechts geführt werden kann, wird letztendlich auch davon abhängen, ob die Tarifvertragsparteien in der Lage sind, sich selbst auf eine Konzeption für die Personalkostenreduzierung zu einigen. Bisher ist das nicht geschehen. Das liegt unter anderem daran, dass sich der Vorstand dermaßen mit der Ausschüttung von Gehältern im AT-Bereich diskreditiert hat. Wenn der Vorstand nicht in der Lage ist, ein entsprechendes Modell mit den Gewerkschaften zu vereinbaren, muss der Senat auch den Weg gehen, von seiner Seite aus selbst die Strukturbedingungen herbeizuführen. Das kann auch heißen, dass auf die von Ernst Reuter gewählte Rechtsform zurückgegriffen wird, nämlich zur Aktiengesellschaft. Aber – um das klar zu sagen – auch ein solcher Weg, eine solche Strukturänderung ist ohne betriebsbedingte Kündigungen vorzunehmen.
in Ordnung. Die BVG ist finanzpolitisch eine tickende Zeitbombe, die uns demnächst um die Ohren fliegen wird. Die Eigenkapitalquote hat sich innerhalb von vier Jahren rapide verschlechtert. Die BVG finanziert selbst ihr operatives Geschäft mit Krediten und frisst sich so langsam selbst auf.
Ab dem nächsten Jahr soll auch noch – so sieht es jedenfalls der Vertrag BSU 2000 vor – die Umstrukturierungsbeihilfe von derzeit 162 Millionen € per annum reduziert werden. Wenn das so weitergeht, ist eine Kapitalzuführung durch das Land unausweichlich. Wir reden hier über nahezu eine Milliarde € Schulden. Wissen Sie, wie viele Lehrerinnen man dafür einstellen könnte? Wissen Sie, wie viele kostenlose Kitaplätze man dafür zur Verfügung stellen könnte? – Die Erfahrungen mit der Bank müssten doch allen hier im Haus mahnendes Beispiel dafür sein, dass wir nicht schon wieder auf diejenigen, die jetzt meinen, sie hätten alles in der Hand, die uns vorgaukeln, sie würden das Problem auch lösen können, vertrauen und einfach alles so vor sich hin dümpeln lassen.
Das ist nicht alles. 2008 läuft der Vertrag BSU 2000 aus. Dann werden die Konzessionen neu vergeben. Spätestens dann wird die Beachtung des EU-Rechts unausweichlich werden. Entweder Beihilfe, das heißt Prüfung durch die Kommission, oder kontrollierter Wettbewerb. Wer meint, man könne sich um das EU-Recht herummogeln, wie man es seinerzeit bei Abschluss des Vertrages BSU 2000 getan hat, hat die Zeichen der Zeit verkannt. Die Kommission hat bereits angekündigt, sie werde kommunale Verkehrsmonopolisten genauer unter die Lupe nehmen. Auch das so genannte Magdeburger Urteil des Europäischen Gerichtshofs bringt für die BVG wenig Hoffnung. Direktvergabe mit Zuschuss wird es nur für Kommunen geben, die ihr Unternehmen effizient führen. Das heißt aber, dass mindestens die Sanierungsvorgaben aus BSU 2000 erfüllt werden müssen.
Was sollen wir also tun? – Als erstes – so lautet unser Konzept – muss das Er- und Bestellerprinzip richtig umgesetzt werden. Der Senat und die Politik müssen wieder die Verantwortung dafür übernehmen, wie Nahverkehr in der Stadt ausgestaltet wird. Sie müssen vor allen Dingen ihre Kontrollfunktion wahrnehmen. Aus der BVG muss das herausgelöst werden, um letztendlich diese Funktion wahrnehmen zu können.
[Frau Dr. Klotz (Grüne): Es wäre gut, wenn die Politik wenigstens mal zuhören würde, welche Vorschläge unterbreitet werden!]
Zweitens muss das Verbundsystem wieder installiert werden, das uns in die Lage versetzt, nicht nur bis zur Stadtgrenze zu planen, sondern ein
Verbundsystem ermöglicht, das den Namen auch verdient und in der Lage ist, Ausschreibungen vorzunehmen.
– die immobile Infrastruktur in eine landeseigene Gesellschaft zu übernehmen, um sicherzustellen, dass dies in der öffentlichen Hand bleibt, haben wir eine Struktur und eine Konzeption, die uns in die Lage versetzt, unter den Bedingungen, die die Europäische Union vorgibt, letztendlich wirksam die Weichen zu stellen und einen öffentlichen Personennahverkehr in die Stadt zu bringen, der die Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllt. Genau in diese Richtung muss man denken.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir führen diese Debatte einen Tag nach einer Veranstaltung der BVG-Hauptverwaltung. Dort fand gestern eine Feier zum 75-jährigen Bestehen des Unternehmens statt, auf der auch drei Fraktionsvorsitzende der im Haus vorhandenen Fraktionen vertreten waren. Eine Fraktion, die CDU, war leider nicht dabei. Das ist schade. Sie haben etwas verpasst, galt es doch, 75 Jahre eines Unternehmens zu begehen, das wie kein anderes im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht und das auch – wie kein anderes – für die Mobilität, für die Lebensfähigkeit, auch für die Zukunftsfähigkeit dieser Stadt steht.
Das ist zukunftsweisend, Herr Ratzmann! – Drittens sieht man daran: Manche Sachen haben einen relativ langen Weg, und es dauert ein wenig, bis am Ende etwas herauskommt, dafür ist es dann aber zielgerichtet und kann auch genau dosiert werden. Das ist ein Ansatz, der für die BVG und ihre derzeit schwierige Situation wichtig ist.
Wir haben als Ausgangspunkt den Unternehmensvertrag von 1999. Dieser wurde schon angesprochen. Hierbei handelt es sich um eine dreiseitige Vereinbarung. Ich sage bewusst dreiseitig, auch wenn eine Seite nur begrenzt gefragt worden ist, wir vertreten sie aber hier mit, und dies sind die Kunden. Das Land Berlin hat sich zu bestimmten Dingen verpflichtet. Das Unternehmen hat sich zu bestimmten Dingen verpflichtet, und auch für die Fahrgäste sind bestimmte Beiträge damit verbunden.
Das Land Berlin sagt: Wir zahlen eine garantierte Summe für den Betrieb in den Verkehrleistungen, bis 2007 einschließlich. Das Unternehmen hat sich mit Vorstand und Personalvertretung dazu verpflichtet, Umstrukturierungen, Rationalisierungen und Ähnliches vorzunehmen. Die Fahrgäste tragen dazu bei, indem zum Beispiel auch höhere Fahrpreise und eine stärkere Effizienz der Verkehrleistungen hinzunehmen sind.
In den Festreden wurde noch einmal die Weitsicht Ernst Reuters gelobt, der das Unternehmen als damals zuständiger Stadtrat aus der Taufe gehoben hat. Herr Ratzmann, Sie sind allerdings in der Interpretation einem kleinen Irrtum erlegen. Damals war es nämlich tatsächlich vor allem das Ziel, die verschiedenen Einzelgesellschaften der unterschiedlichen Verkehrsträger, der Hochbahngesellschaft, der Straßenbahngesellschaft und der Busgesellschaft zusammenzuschließen und sie als staatliche Garantie für die Daseinsvorsorge in kommunale Regie zu übernehmen.
Offensichtlich nicht, Herr Eßer. Das habe ich eben bei Herrn Ratzmann nicht so herausgehört. – Wie aus dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von damals zu lesen ist, sollte dadurch nicht nur renditeorientiert gearbeitet werden, sondern eine vorausschauende Verkehrspolitik auch an den Stellen gemacht werden, wo durch Wettbewerb und reine Wirtschaftstätigkeit für die Stadt nicht genug getan werden konnte. Das war der Ansatz von Ernst Reuter, und ich glaube, diesen sollten wir in der heutigen Debatte auch sehr ernst nehmen.
Wissen Sie, Herr Eßer, Sie reden offensichtlich heute nicht zu diesem Thema, weil Sie noch an Ihrem Antrag arbeiten müssen, in dem dann steht, was Sie eigentlich wollen. Ich werde darauf zurückkommen, dass dies aus Ihren bisherigen Papieren nicht so recht hervorgeht.
Ich will aber noch einmal auf den gestrigen Festakt zurückkommen, weshalb ich auch diese Gießkanne mitgebracht habe. Die BVG hat dort zum Abschluss des Festakts zwei Bäume vor der Hauptverwaltung gepflanzt.
Dazu hat dann jeder eine dieser Gießkannen erhalten. Ich fand das zunächst etwas ungewöhnlich, aber wenn man darüber näher nachdenkt, so ist es eigentlich das richtige Zeichen. Ein Zeichen der Zuversicht, ein Zeichen des Vertrauens in die Zukunft des Unternehmens, und das ist zwar noch keine ausreichende, aber eine gute Voraussetzung für viele weitere Jahre der Arbeit für Berlin, für die Menschen in der Stadt. Deshalb möchte ich an dieser Stelle sagen: Herzlichen Glückwunsch zu 75 Jahren BVG, und herzlichen Dank vor allem an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Leistungen, die sie jeden Tag für die Stadt und ihre Menschen erbringen!
Ich komme zu der Gießkanne zurück: Man kann da sehr viel hineininterpretieren. Zum einen: Alles fließt!
Auch im Verkehr ist das eine notwendige Bedingung für gute Verkehrsleistungen. Man kann sich auch darüber unterhalten, ob es für das bisherige Subventionsprinzip
nach der Gießkanne steht. Da sehen wir aber, dass der Auslass schon relativ klein geworden ist, dass nicht im großen Stil Subventionen verteilt werden sollen.
Dieser Vertrag ist Grundlage für die Sanierung der BVG. Er ist Grundlage dafür, dass dieses Unternehmen zukunftsfähig ist. Die Zielsetzung ist es zum einen, die Qualität der Verkehrsleistungen durch die BVG zu halten, zum anderen die Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen und damit die Zukunft des Unternehmens zu sichern.