Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das, was wir hier gerade zwischen dem Kollegen Tromp und Herrn Hahn erleben durften – er ist leider nicht da –, hat beredtes Zeugnis darüber abgelegt, wie Lobbypolitik sich in einem so komplexen Feld wie einer Föderalismuskommission letztendlich darstellt. Herr Tromp, aus seinen eigenen Interessen heraus, plädiert leidenschaftlich dafür, dass die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau abgeschafft wird, auf der anderen Seite aber dafür, dass natürlich die Gemeinschaftsaufgabe der regionalen Wirtschaftsförderung ganz bestimmt erhalten bleiben muss, weil daran die Europatauglichkeit des Landes hängt, während Herr Hahn, der scheinbar noch in irgendwelchen vorrevolutionären 48er Revolutionsblütenträumen zu schweben scheint, gleich mit einem Schlag alles auf einmal beseitigen will, um etwas Neues zu implementieren. – So wird es nicht funktionieren, Herr Lind
ner und Herr Hahn, weil dieser Prozess sich sehr komplex und mit ganz unterschiedlich handelnden Akteuren nach vorne bringen wird. Natürlich kann man sich wünschen, dass an vielen Punkten mehr herauskommen würde, dass das Ganze schneller geht. Aber die Leute und auch die einzelnen Akteure mitzunehmen, ist das vordringlichste Ziel, weil das Ganze nur funktionieren wird, wenn hinterher mit den neuen Kompetenzen, mit den Verlagerungen auch verantwortlich umgegangen wird. Und das ist das eigentliche Problem, vor dem wir auch im Land Berlin stehen werden, zu sagen: Was fangen wir denn an mit der Kompetenz, die wir hier bekommen werden? – Herr Hoff hat eben schon einmal darauf hingewiesen, natürlich wird es darauf ankommen, dass sich Exekutive im Rahmen von Mittelverwendung und der Aufstellung von Haushaltsplänen anders verhalten wird, als sie es bisher getan hat. Aber auch in anderen Bereichen ist es notwendig, und es ist jetzt schon notwendig, anzufangen, sich zu überlegen, was man denn macht.
Der Regierende Bürgereister ist mittlerweile dafür bekannt, landauf, landab und auch in der Kommission, dass er ein Vorreiter für die Verlagerung der Kompetenzen im Rahmen des öffentlichen Dienstrechtes vom Bund auf die Länder ist. Darin ist er mannigfach unterstützt worden. Aber das hat auch Konsequenzen, wenn man so etwas macht. Man kann eine solche Verlagerung redlicherweise nur verlangen, wenn man auf der anderen Seite auch anfängt, darüber nachzudenken: Was mache ich denn mit dieser Kompetenz im Land? – Sie können sich vorstellen – ich weiß nicht, ob Sie auch schon Gespräche geführt haben –, dass die Betroffenen mit Argusaugen darauf gucken, wie sich dieses ganze Gebilde zukünftig neu strukturieren wird, und mit Recht verlangen, dass sie frühzeitig in einen Prozess der Umgestaltung im Land Berlin einbezogen werden. Wir alle wissen, dass wir enorme Probleme haben, was das Personal angeht. Wenn wir neue Kompetenzen und Freiräume bekommen, dann ist das der richtige Zeitpunkt, jetzt anzufangen zu sagen, wir wollen auch eine Konzeptionierung erstellen, was wir mit dieser neuen Freiheit anfangen.
deckt, womit Ministerpräsident Wulff in der Öffentlichkeit argumentiert. Das heißt also, er ist mit einem Rammbock in eine weit geöffnete Tür gerannt und hat danach noch eine ganze Menge politisches Porzellan zerschlagen. Das ist der Vorwurf, den man ihm machen muss.
Ich will in einem letzten Punkt noch einmal auf den Regierenden Bürgermeister eingehen, der über die Zweckbindung der Gemeinschaftsaufgaben und die Verantwortung des Parlaments gesprochen hat. Ich denke, dass dieser Ansatz durchaus richtig ist. Ich finde aber – das ist der interessante Punkt –, dass man sich darüber Gedanken machen muss, dass ein Haushaltsplan von der Exekutive aufgestellt wird. Und das Plädoyer, das der Regierende Bürgermeister nach der Abschaffung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau hier für die Fortführung der Aufgaben im Investitionsbereich der Hochschulen gehalten hat, muss sich dann aber auch bei der Haushaltsplanaufstellung und der Investitionsplanung des Landes Berlin niederschlagen. Es kann nicht sein, Herr Regierender Bürgermeister, dass Sie auf der einen Seite sagen, die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wird abgeschafft, in der Investitionsplanung nimmt der Senat die Hochschulbauausgaben nicht mehr hinein, und dann zu sagen, es ist doch die Verantwortung des Parlamentes, die Ausgaben für die Investitionen im Hochschulbereich zu sichern. Dann müssen Exekutive und Legislative in der strategischen Feststellung, was die Zukunftsfelder dieser Stadt sind, auch sagen, dass nach der Überwindung der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau die Investitionen in den Wissenschaftssektor dieser Stadt zwangsläufig zukunftsnotwendige Investitionen dieser Stadt sind. Unter dieser Voraussetzung kann man sich dann auch darüber Gedanken machen, ob man auf eine Zweckbindungsforderung nicht so viel Wert legt, wie ich das in meiner ersten Rederunde gesagt habe. Aber wie gesagt, eine konditionierte Positionierung muss dann von Legislative und Exekutive erfolgen, und wenn wir uns da, wie so oft, einig sind, würde ich mich freuen. – Vielen Dank!
Wenn ich mir das Verhältnis zwischen Exekutive und dem Landesparlament angucke, dann muss ich sagen: Da muss sich aber noch eine ganze Menge verändern, wenn wir wirklich dazu kommen wollen, dass das, was an Kompetenzverlagerungen kommt, im Landesparlament auch seinen Niederschlag findet. Das, was gerade die Regierung in letzter Zeit hier abliefert, fördert unser Verrauen in einen veränderten Umgang, eine veränderte Kommunikation nicht gerade. Wenn ich mir angucke, dass Herr Sarrazin zur Vorstellung der Erwiderungsschrift in dem Verfahren Karlsruhe nicht etwa zuerst die Fraktionsvorsitzenden oder die Fraktionen einbezieht und mit ihnen darüber redet, die alle dieses Verfahren unisono unterstützt haben, sondern das Erste, was er tut, ist, damit an die Presse zu gehen, und wir dürfen dann aus der Presse erfahren, was das Land Berlin sagt und wie es sich in diesem Verfahren positioniert, dann ist das kein guter Stil des Umgangs, und das fördert auch nicht das Vertrauen
Es ist klar, dass die FDP natürlich keinen Bildungswildwuchs im Sinne einer völligen Unübersichtlichkeit des Bildungssystems haben möchte. Natürlich sind auch wir der Auffassung, dass man mit einem Bildungsabschluss aus Berlin in Niedersachsen oder in Bayern studieren kann und vice versa. Das ist doch selbstverständlich. Es gibt für uns aber nur zwei Möglichkeiten, dies zu erreichen. Entweder belassen Sie die Kompetenz für Bildung ausschließlich bei den Ländern und versuchen, über ein Instrumentarium wie das Setzen von Qualitätsstandards Transparenz zu schaffen – und zwar für alle Bildungsabschlüsse, vom Kindergarten bis zur Hochschulreife – und durch ein unabhängiges und von den Ländern finanziertes Institut. Über die darf dann aber nicht mehr Beschluss gefasst werden, denn die Beschlussfassung von 16 souveränen Ländern ist das zentrale Problem. Das stellt ein kaum mehr an Langsamkeit zu unterbietendes Modell dar, das wirklich systemfremd ist. Mit den Qualitätsstandards müssen zweijährig stattfindende nationale PISA-Studien einhergehen. Dadurch haben Sie, Herr Ratzmann und Herr Hoff, folgenden Effekt: Kein Land wird sich durch das dann folgende Ranking leisten können, unter ein bestimmtes Niveau zu fallen. Derjenige, der die beste Bildungspolitik macht, ist dann an der Spitze, und an daran orientiert sich die faktische Angleichung. Das ist eine Möglichkeit. Selbstverständlich werden die Länder ihre Abschlüsse gegenseitig übernehmen. Wem das nicht reicht, wer eine gesetzlich verbindliche Lösung haben will, dem stellt unsere föderale Ordnung einen anderen Weg zur Verfügung, der Zuständigkeit des Bundes heißt. Was aber nicht funktioniert – und das hat die Vergangenheit bewiesen, sonst wären wir in der Bildungspolitik doch nicht dort, wo wir angekommen sind –, ist, dass sich 16 Fachminister treffen und unter dem Druck stehen, einen einheitlichen Beschluss zu fassen. Das machen die Landesinnenminister doch genauso wenig. Die treffen sich zwar in einer Konferenz, aber doch nicht, um ihre Polizeiaufgabengesetze anzugleichen.
darein, dass das Parlament tastsächlich dasjenige Institut und Instrument sein wird, um die neuen Kompetenzen dann auszufüllen.
Herr Körting! Das, was Sie im Innenausschuss mit den neuen Zweidrittelpolizeiangestellten gemacht haben, war genau dasselbe. Sie bewegen sich auf einem Feld, das verfassungsrechtlich höchst umstritten ist. Wir wissen, dass ein Gutachten erstellt wurde und dass Ihr Ansinnen verfassungsrechtlich nicht von allen getragen wird. Man kann darüber streiten, und es mag auch sein, dass ihr Weg letztlich haltbar ist. Uns aber einen Brief vorzulegen, dass eine Normenkontrollkommission zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist, ohne uns das zu präsentieren oder ohne zumindest zuzulassen, dass 14 Tage später diese Frage noch einmal diskutiert wird – wenn das in diesem Hause nicht möglich ist, wenn sich ein bestimmter Umgang nicht ändert – auch und gerade gegenüber den Oppositionsparteien –, wenn Sie meinen, aus der Exekutive heraus ohne Einschaltung des Parlaments alles entscheiden zu können, dann wird das, was an Kompetenzverlagerung kommen soll und kommen wird, nicht dazu führen, dass die Landesparlamente gestärkt werden, sondern dass die Ministerpräsidenten auf der Bundesratsebene gestärkt werden. Das kann nicht unser Ansinnen im Sinne von mehr Transparenz und mehr Bürgernähe sein. [Beifall bei den Grünen]
Was den Antrag der FDP angeht, so werden wir noch vielfach darüber diskutieren müssen, wie die Verflechtungen zwischen den einzelnen Fachministerien zukünftig aussehen sollen. Klar ist, dass die KMK reformbedürftig ist, klar ist auf der anderen Seite aber auch, dass es unsere Aufgabe als Länder ist, zu gewährleisten, dass gerade im Bildungsbereich die notwendige Mobilität in der gesamten Bundesrepublik und in Europa künftig für jeden Einzelnen wahrnehmbar ist. Es kann doch nicht angehen, dass ich heute mit einem französischen Schulabschluss leichter in den einzelnen Bundesländern studieren kann, als ich es mit einem bayerischen Abschluss in SchleswigHolstein machen kann. Wir müssen gewährleisten, dass nach jeder einzelnen Klasse, die erfolgreich absolviert worden ist, nahtlos in einem anderen Bundesland an den dortigen Lernfortschritten angeknüpft werden kann. In den vergangenen Jahren war die Länderkompetenz diesbezüglich nicht unbedingt eine Erfolgsstory. Dies gilt auch im Hinblick auf die Qualitätsstandards, die wir im internationalen Vergleich erreicht haben. In der Kommission haben die Länder den Mund recht voll genommen, und haben dies zu einem Essential in den Verhandlungen erklärt: Bildungspolitik ohne Bund. – Das war das Dogma, das aufgestellt worden ist. Wenn man das erfüllen will, muss man es anders machen als in den vergangenen Jahrzehnten. Um diese Trendwende zu erreichen und diesen Punkt der nötigen Mobilität im Bildungssystem zu gewährleisten, müssen sich die Länder sehr stark zusammenraufen.
Ich bin zuversichtlich, dass das klappt, wenn auch die Exekutive bereit ist, sich in diesen Prozess hineinzubegeben und es nicht nur als einen Zuwachs an Macht auf der
Bundesebene oder auch im Land begreift. Nur dann wird das wirklich funktionieren. Unsere Aufgabe im Landesparlament ist es, dafür einzutreten, und ich hoffe, dass wir alle an einem gemeinsamen Strang ziehen. – Danke.
Vielen Dank, Herr Ratzmann! – Herr Dr. Lindner hat um eine Kurzintervention gebeten und erhält das Wort. – Bitte schön!
Herr Kollege Ratzmann! Sie und Herr Hoff haben unseren Antrag zur Kultusministerkonferenz ja wenigstens gelesen – im Gegensatz zum Regierenden Bürgermeister. Deswegen lohnt es sich, bei Ihnen beiden darauf einzugehen.
Entweder gelingt es, sich dort in einer bestimmten Weise zu verabreden, oder die Ungleichheit ist eben in Kauf zu nehmen. Wenn man das nicht will, dann müssen wir so ehrlich sein und sagen, dass es der Bund übernehmen muss.
Die Fraktionen haben sich inzwischen verständigt, dies ohne Beratung zu tun. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie an den Hauptausschuss. – Dazu gibt es keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.
Lassen Sie mich noch einen letzten Satz sagen, weil Sie gesagt haben, der Kollege Hahn hätte geredet, als stamme er aus der Revolution von 1848. Das müssen Sie uns Liberalen nachsehen, der Liberalismus fußt zu einem erheblichen Teil in der Bürgerrevolution von 1848, und das ist nicht schlecht, dass wir dort unsere Wurzeln haben. – Herzlichen Dank!
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Lindner! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. Die Große Anfrage Drucksache 15/2926 ist begründet, beantwortet und besprochen. Die Vorlage – zur Kenntnisnahme – Drucksache 15/3258 ist zur Kenntnis genommen. Zum Antrag auf Annahme einer Entschließung der Fraktion der FDP – Stichwort: Föderalismusreform – Drucksache 15/3314 – wird um sofortige Abstimmung gebeten. Wer diesem Antrag der FDP seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das mehrheitlich abgelehnt. Wer der einstimmigen Beschlussempfehlung des Ausschusses für Europa- und Bundesangelegenheiten und Medienpolitik gemäß § 21 Abs. 5 Satz 5 Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses über „Bundesstaatskommission zum Erfolg führen“ – Drucksache 15/3315 – zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke! Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so angenommen.
Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Weiterbildung von Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel zu verbinden und höre dazu keinen Widerspruch.
Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I bis II – Drucksache 15/2857 –. Der Ausschuss hat die Vorlage einstimmig angenommen. Wer der Vorlage seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so angenommen.
Gesetz zur Änderung des Investitionsbankgesetzes und des Gesetzes über die Landesbank Berlin – Girozentrale –
Gesetz zur Schaffung eines Gesetzes zu Artikel 29 der Verfassung von Berlin und zur Änderung des Kindertagesbetreuungsgesetzes