Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dietmann! Man kann es sich auch einfach machen und den Antrag der Grünen, in dem die Grünen ein alternatives Modell für die Messeorganisation entwickelt haben, zum Anlass nehmen, um endlich einmal alles, was einem zur Messe einfällt, zu erzählen – ohne darauf einzugehen, was die Grünen in diesem Antrag vorgeschlagen haben.
Das Fazit zu Ihrem Redebeitrag lautet: Erstens stellen Sie eine Reihe von Behauptungen auf und verweisen auf ein Gutachten, in dem der Wissenschaftliche Parlamentsdienst die These aufstellt, dass ein verfassungswidriges Verhalten vorliegen könnte – nicht: „vorliegt“, sondern „vorliegen könnte“. Darüber werden wir in den entsprechenden Ausschüssen sicherlich noch diskutieren. Während die Position der Senatsverwaltung und des Arbeits- und Wirtschaftssenators der Öffentlichkeit nachvollziehbar zur Kenntnis gegeben wurde, ist dieses Gutachten von Ihnen bisher nicht offiziell freigegeben worden. Das finden wir bedauerlich. Läge es vor, könnten wir mit Ihnen eine Diskussion führen. Aber das, was Sie zur Transparenz anmahnen, halten Sie selbst bei dem von Ihrer Fraktion in Auftrag gegebenen Gutachten nicht durch. Damit
Der zweite Punkt ist: Man muss sich schon die Mühe machen, sich mit dem Antrag auseinander zu setzen. Sie dürfen nicht alles, was einem zur Messe einfällt, aufrufen und dabei in Ihren wolkigen Formulierungen bleiben, wonach ein starker Wirtschaftssenator etwas tun und nicht so kleinklein wie Herr Sarrazin handeln sollte. Das ist etwa die Kernaussage Ihres Redebeitrags gewesen. Das hilft der Messe auf keinen Fall weiter. Aus diesem Grund sollte man lieber über den Antrag der Grünen reden. Was die inhaltlichen Messeausrichtungspunkte, die Rahmenbedingungen der Messe und die Strategie der Koalition betrifft, will ich mich kurz fassen, nicht, weil ich dazu nichts zu sagen habe, sondern weil Herr Jahnke in seinem Redebeitrag alles dazu Notwendige gesagt hat.
Ich möchte noch einmal zum Kern Ihres Antrags kommen. Zwei Punkte sind dabei interessant. Sie schlagen die Aufteilung in zwei Gesellschaften vor, betrachten aber aus meiner Sicht bislang zwei Aspekte zu wenig. Diese spreche ich heute an und würde auch gern darüber mit Ihnen im Wirtschaftsausschuss diskutieren. Punkt eins ist die Frage, inwiefern das Messegeschäft nicht faktisch schon aufgeteilt ist. Auf der einen Seite gibt es den Immobilienbereich, auf der anderen Seite gibt es das originäre Messegeschäft. Organisatorisch ist dieses Geschäft innerhalb der Messe bereits getrennt. Das Argument, warum ich dies nun in zwei Gesellschaften aufteilen soll, ist mir aus Ihrem Antrag bislang nicht deutlich geworden, außer, dass Sie den Begriff der Transparenz einführen. Nur ein heikler Begriff reicht aber nicht aus zu sagen, dass zwei Gesellschaften benötigt werden.
Viel entscheidender ist der Punkt jedoch für mich, der mich auch dazu bringt, Ihrem Antrag nicht zuzustimmen, dass zu sehr unberücksichtigt bleibt, was materiell bereits in der Messegesellschaft aufgeteilt ist und welche steuerrechtlichen Konsequenzen und welchen finanziellen Aufwand die Aufspaltung der Messe in zwei Gesellschaften benötigt. Diese Sachverhalte kommen in Ihrem Antrag überhaupt nicht vor. Es ist aber notwendig, sich über die steuerrechtlichen und damit finanziellen Konsequenzen dieser Aufspaltung im Klaren zu sein, wenn zwei Gesellschaften gewollt werden. In Ihrer Rede habe ich dazu nicht gehört. In Ihrem Antrag habe ich dazu nichts gelesen. Diese finanziellen Konsequenzen, die Sie sich als Fraktion aber verdeutlicht haben müssen, gehören in einer öffentlichen Diskussion zu dem Antrag dazu. Dieser Sachverhalt ist der relevante Kern des Antrags. Meine Ablehnung des Antrags beruht auf mangelnder Verdeutlichung der finanziellen Konsequenzen. Nur nach Abschätzung der Konsequenzen kann über eine solche Entscheidung diskutiert werden. Danach muss beraten werden, ob man diesen finanziellen Aufwand vor dem Hintergrund, dass es in der Gesellschaft bereits eine Aufteilung der Messe in diese beiden Bereiche gibt. überhaupt möchte.
Dies sollten zunächst erste Hinweise in der ersten Lesung des Antrags sein. Sie werden im Ausschuss sicher erneut darüber diskutieren. Wir sollten uns dann über den Sachverhalt auch verständigen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es Zufall ist, dass wir in den vergangenen Jahren immer dann, wenn die Grüne Woche und andere interessante Messen eröffnet werden, auch gleichzeitig Plenarsitzungen haben. Das weiß ich nicht. Ich weiß aber, dass es kein Zufall ist, dass wir bereits heute wieder über die Messe Berlin reden und uns austauschen. Es ist zwingend. Warum?
Herr Hoff! Ich werde auf den Antrag zu sprechen kommen, muss aber vorweg begründen, warum ich meine, dass es eben kein Zufall ist. Wenn wir uns die vergangenen Monate anschauen, wie der Grundlagenvertrag im Plenum, aber vor allem in den Ausschüssen, beraten wurde, halte ich das für nicht sehr professionell und eines Parlaments für nicht würdig. Es wurde ein Zeitdruck aufgebaut, künstlich aufgebaut. Nachher hieß es: „Wenn der Grundlagenvertrag nicht abgeschlossen wird, gibt es keine Zielvereinbarung.“ Zielvereinbarungen wollt ihr doch auch. Das hatten wir beim Wassergesetz so, das haben wir jetzt bei dem Grundlagenvertrag wieder gehabt. Ich hoffe, dass es sich auch einmal ändert.
Das Land Berlin schreibt in der Finanzplanung fest, dass es in den Jahren 2003 bis 2008 an die 65 Millionen € zur Unterstützung der Messe bereitstellt. Als Gegenwert, gefordert in den zentralen Geschäftszielen, soll die Umsatzsteigerung um 21 % auf 144 Millionen € erfolgen, ohne dass überhaupt in irgendeiner Form dargelegt wird, wie das erreicht werden soll. Es gibt keine Wirtschafts- und keine Businesspläne. Es wird vielmehr suggeriert, dass eine Umsatzsteigerung allein das bedeute, was wir letztlich brauchen, nämlich Gewinne. Hier wird suggeriert, Umsatz ist gleich Gewinn ist gleich Erfolg. Das ist dilettantisch.
Die Kosten für das ICC belaufen sich jährlich auf 15 Millionen €. Wir alle wissen, dass diese Kosten nicht abnehmen, sondern steigen werden. Das in der Grundlagenvereinbarung angekündigte Konzept zur Nutzung und Sanierung sollte uns 2004 vorgelegt werden. Wir warten auch jetzt noch darauf. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass die Messe in der Konstellation mit ICC und anderen Liegenschaften keine schwarzen Zahlen wird schreiben können.
Ich komme nun zu dem Antrag der Grünen. Wir finden die Idee mit zwei gesellschaftsrechtlich getrennten Gesellschaften richtig. Wir unterstützen sie. Wir werden in den Beratungen Wert darauf legen, darauf hinzuweisen,
dass die Verwaltung für die Immobilien offen für alle Angebote sein soll, nicht nur für Veranstaltungen der Messe GmbH. Jeder, der entsprechend die Räumlichkeiten für Ausstellungen oder andere Zwecke gebrauchen kann, muss den Zugang haben.
Der Antrag wird deswegen auch von uns unterstützt, weil er spätere Entscheidungen offen lässt. Sie wissen, dass wir Liberalen dafür sind, dass alles, was Private regeln können, der Staat nicht regeln soll. Wir sind der Auffassung, dass das Veranstaltungsgeschäft für Messen in private Hände gehört.
Dass eine Privatisierung der Messe nicht von heute auf morgen durchzuführen ist, ist uns auch klar. Der Schritt ist aber zumindest durch Ihren Antrag von den Grünen weiterhin offen gehalten.
Wir erlauben uns auch noch vorzuschlagen, Ihrem Antrag eine Erweiterung zukommen zu lassen. Nach dem Grundlagenvertrag gibt es für das ICC drei Möglichkeiten: Einerseits wird die Sanierung bei Betrieb vorgeschlagen, weiter wird eine Komplettsanierung angedacht oder aber ein Abriss und Neubau erwogen. Das ICC wird also über einen langen Zeitraum noch ganz stark das Messegeschäft nach unten ziehen. Die Überlegung wäre, ob es nicht sinnvoller wäre zu sagen, dass Zwei plus Eins benötigt wird, also Ihre beiden vorgeschlagenen Trennungen in Verwaltungs- und Veranstaltungs-GmbHs sowie im Interesse Berlins eine eigene Lösung für das ICC, damit dieses auch aus dem Messegeschäft herausgehalten werden kann. Wie auch immer die Lösung aussehen mag, das gilt auch für einen Abriss, muss sie möglichst schnell erfolgen. Dies kann auch im Wettbewerb mit dem Palast der Republik erfolgen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie, wozu ich keinen Widerspruch höre.
Diesen Antrag hatte ich vorab zur Beratung an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten überwie
sen. Die nachträgliche Zustimmung stelle ich fest. Für die Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung jeweils eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP. Das Wort hat der Herr Kollege Dr. Lindner. – Bitte schön!
Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Wir haben kurz vor Weihnachten das Scheitern der für Deutschland wichtigsten Reform erlebt, der Reform des Föderalismus. Es ist nicht nur Scheitern irgendeiner Reform, sondern ist zu Recht als die Reform der Reform bezeichnet worden.
Sie ist Grundlage dafür, dass wir in unseren wesentlichen Bereichen Steuern, soziale Sicherungssysteme zu Trennungen zwischen den Zuständigkeiten von Bund und Ländern kommen und damit auch zu einem System, das Deutschland insgesamt wieder wettbewerbsfähig macht.
Es ist nicht wegen der Personen, die sich in dieser Kommission befanden, gescheitert. Ich bedanke mich auch namens meiner Fraktion bei den Berliner Vertretern, dem Herrn Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und dem Kollegen Ratzmann. Beide haben sich, jeweils natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, für Berlin eingesetzt. Auch alle anderen haben das Ihrige getan – es lag also, das möchte ich betonen, nicht an der Zusammensetzung und auch nicht an der Führung dieses Gremiums. Herrn Stoiber und Herrn Müntefering hätte man durch andere ersetzen können, die hätten es auch nicht besser gemacht. Es ist aber natürlich schön, an solchen Stellen dokumentieren zu können, dass diejenigen, die ihre Hoffnungen auf große Koalitionen setzen, sehr eindrucksvoll vor Augen geführt bekamen, dass eine solche Zusammenarbeit keineswegs erfolgsversprechend ist.
Gescheitert ist das Ganze daran, dass dort Leute mitmachten, die im Tagesgeschäft Politik betreiben, die in ihren Parteien stehen und die entweder Landes- oder Bundesparlamentarier sind und insoweit ihre Zuständigkeiten verteidigen. Jeder hat in seiner eigenen Partei erlebt, wie teilweise mit Zähnen und Klauen eigene Zuständigkeiten verteidigt wurden. Wir haben das am Ende bei der Bildung erlebt – ein ganz elementares Gebiet, bei dem die Länder nicht nachgeben wollten und der Bund weiteren Einfluss haben wollte. Es war nicht möglich, so wie es gestern im Ausschuss geschildert wurde, die Angelegenheit auszuklammern, denn dann hätte man das einzige große Thema ausgeschlossen, nachdem man schon die Finanzverfassung und die Neuordnung des Zuschnitts der Bundesländer außen vor gelassen hatte.
Da diese Kommission gescheitert ist, schlagen wir Ihnen vor, einen Konvent einzurichten. Der Bundespräsident wird ersucht, einen solchen einzuberufen. In diesem Konvent sollen keine Verfassungsjuristen oder Tagespolitiker vertreten sein – oder jedenfalls nicht vorwiegend –, sondern er soll sich im Wesentlichen aus Staatsleuten zusammensetzen, die einerseits Abstand vom Tagesgeschäft haben, andererseits über genug politische Erfahrung ver
fügen. Wir haben Ihnen Beispiele genannt: Die ehemaligen Präsidenten Herzog, von Weizsäcker, der ehemalige Bundeskanzler Schmidt, die ehemaligen Minister Genscher, Lambsdorff, Lahnstein, Apel, von Dohnanyi, Frau Limbach, Lothar Späth – das könnten wir beliebig erweitern. Wir haben genug fähige Frauen und Männer, die in einem solchen Gremium sitzen können.
Wir haben zudem gute Erfahrungen mit solchen Konventen – zum Beispiel bezüglich des Grundgesetzes, das durch die Vorlage eines Konvents in Herrenchiemsee entstanden ist, oder bezüglich der EU-Verfassung. Herr Wowereit, ich weiß nicht, ob Sie in dem Konvent Platz nehmen sollten,
Sie sind vielleicht noch ein bisschen zu jung oder vielleicht auch noch nicht Staatsmann genug. Jedenfalls hätten wir die Chance, dass ein großer Wurf vorgestellt wird, dass man sich – anders als bei einer Kommission – nicht im Tagesgeschäft verhakt und mit der Autorität der Mitglieder dieses Konvents etwas vorgeschlagen wird, was wir gar nicht mehr ablehnen können.
Leider musste ich feststellen, dass Ihre Bereitschaft, darüber ernsthaft nachzudenken bzw. etwas zu ändern, nicht besteht. Sie hoffen – teilweise naiv, man kann das gar nicht anders sagen –, dass diese Kommission noch eine Chance hat. Das hat sie natürlich aus den genannten Gründen der Zusammensetzung, die sich nicht ändern wird, nicht. Zudem sind wir in einem Wahlkampfjahr. Wichtige Wahlen wie in Schleswig-Holstein, NordrheinWestfalen, nächstes Jahr dann die Bundestagswahl, stehen vor der Tür – da glaubt doch niemand, dass diese Kommission Nennenswertes voranbringt, daher die Konventsidee. Übrigens sagte auch die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Frau Sager, in einem Interview mit der „Financial Times Deutschland“:
Nun können Sie natürlich sagen, warten wir noch auf 2005 – das Ergebnis kann ich Ihnen aber jetzt schon prognostizieren.