Protokoll der Sitzung vom 10.02.2005

Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Ich frage den Senat:

1. Wie entwickelte sich in den letzten zwei Jahren die Zahl und Schwere der tätlichen Übergriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe in Berlin?

2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe besser zu schützen?

Wer antwortet darauf? Frau Senatorin Junge-Reyer? – Nein? – Der Wirtschaftssenator, Herr Wolf, antwortet. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kaczmarek! Auf Ihre Frage teilt mir der Vorstand der BVG folgendes mit: Die BVG führt seit April 2003 eine Vorfallstatistik über tätliche Übergriffe auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Zeitraum April bis Dezember 2003 gab es nach dieser Statistik 111 Übergriffe, die eine Arbeitsunfähigkeit der oder des angegriffenen Mitarbeiters oder Mitarbeiterin von bis zu drei Tagen nach sich zogen. 71 Übergriffe haben eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen nach sich gezogen.

Bm Wolf

Frau Matuschek! Die Frage von Herrn Kaczmarek bezog sich auf die BVG. Deshalb wurde sie an die BVG gestellt. Ich gehe allerdings davon aus, dass es ähnliche Entwicklungen auch bei der S-Bahn gibt und dass es keine singuläre Erscheinung bei der BVG ist, sondern es sich vielmehr um ein Phänomen von Übergriffen und Gewalttätigkeit in unserer Stadt insgesamt handelt, die auch bei der S-Bahn stattfinden.

Im Kalenderjahr 2004 waren es 131 Übergriffe, die eine Arbeitsunfähigkeit von bis zu drei Tagen nach sich zogen und 138 Übergriffe, die eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen nach sich zogen. Sie sehen, dass es einen Zuwachs bei den schweren Übergriffen gibt.

Zur Ihrer Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Mitarbeiter besser zu schützen, gibt der Vorstand der BVG folgende Auskunft: Zum einen seien im Unternehmensbereich Omnibus zurzeit zwei Fahrzeuge mit geschlossener Fahrerkabine als Prototypen zur Erprobung im Einsatz. Es ist wohl so, dass ein Großteil dieser Übergriffe im Omnibusbereich stattfindet, da wir bei den Unternehmensbereichen Straßenbahn und U-Bahn geschlossene Fahrerkabinen haben, die dem Fahrgast nicht zugänglich sind.

Des Weiteren hat die BVG vor oder setzt zurzeit schon um, dass über verstärkten Personaleinsatz von Sicherheitspersonal in den einzelnen Betriebsbereichen der Entwicklung des Anwachsens der Übergriffe auf Mitarbeiter entgegengewirkt wird. Zum Weiteren gibt es für Mitarbeiter Deeskalationsseminare, in denen sie geschult werden, Situationen richtig einzuschätzen und adäquat zu reagieren.

Danke schön! – Die Zusatzfrage geht an Herrn Kaczmarek. – Bitte!

Vielen Dank, Herr Senator! – Von diesen bedauerlichen Vorfällen werden nicht nur die Mitarbeiter im Busbereich betroffen, sondern auch Kontrollpersonal in den U- und S-Bahnen. Vor diesem Hintergrund stelle ich meine Frage, ob Sie es nicht für sinnvoll halten, dass in Zukunft – ähnlich wie in Hamburg und anderen deutschen Großstädten – eine Videoüberwachung in Fahrzeugen und Bahnhöfen erfolgt, die mit einer nach 24 Stunden zu löschenden Aufzeichnung der Aufnahmen verbunden ist, um einmal abzuschrecken und im Fall eines Vorfalls auch tatsächlich eine Beweissicherheit zu haben?

Danke schön! – Herr Senator – bitte!

Herr Kaczmarek! Es ist sicherlich sinnvoll, sich einmal die Hamburger Erfahrungen anzusehen. Wir sind uns darüber einig, dass es im Interesse der BVG und insgesamt der Sicherheit und Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs sein muss, dass Gewalttätigkeiten weitgehend ausgeschlossen werden und dann, wenn sie stattfinden, auch entsprechend diejenigen, die sie ausüben, zur Rechenschaft und Verantwortung gezogen werden. Ob hier eine Videoüberwachung die entsprechende abschreckende Wirkung hat und zur entsprechenden Verfolgung führt, vermag ich an dieser Stelle nicht zu beantworten.

Danke schön! – Die zweite Zusatzfrage geht an Frau Matuschek von der PDSFraktion. – Bitte!

Vielen Dank! – Hatten Sie eine solche Anfrage auch an die S-Bahn gerichtet? Sind bei der S-Bahn solche Fälle nicht bekannt?

Herr Wirtschaftssenator!

Danke schön! –

Wir kommen damit zur Frage der Frau Abgeordneten Matuschek von der PDS-Fraktion über

Fahrgäste im Nahverkehr

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! – Ich frage den Senat:

1. Wann und durch wen werden die konkreten Fahrgastzahlen auf Streckenabschnitten und Umsteige- bzw. Zustiegspunkten mit welchem Verfahren erhoben?

2. Wann, durch wen und mit welchem Ergebnis wurden oder werden prognostizierte Fahrgastzahlen auf Streckenabschnitten und Umsteigepunkten mit den realen Fahrgastzahlen abgeglichen?

Danke schön! – Frau Junge-Reyer – bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Matuschek! In Berlin sind die Fahrgastzahlen im öffentlichen Personennahverkehr seit 1990 von den Verkehrsunternehmen erhoben worden. Zunehmende Marktöffnung und natürlich der Wettbewerb haben dann dazu geführt, dass immer weniger Daten bezogen auf die Verkehrsbetriebe zur Verfügung gestellt wurden und dass immer weniger der Verkehrsverbund bzw. die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in den Stand dieser Informationen gesetzt worden ist.

Nachdem dann die Verantwortung für die Bestellung der Verkehrsleistungen vom Bund auf die Länder übertragen worden war, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Jahr 2002 erstmals seit 1990 eine umfassende Verkehrserhebung im öffentlichen Verkehr durch eine Arbeitsgemeinschaft von Ingenieurbüros durchführen

Frau Sen Junge-Reyer

2. Wie sieht das künftige Betreiberkonzept für die Langemarckhalle und den Glockenturm aus?

lassen, die dann im Abstand von fünf Jahren – so die Verabredung – fortgeführt werden soll. Bei Bedarf können zwischenzeitliche Zählungen durch die Verkehrsunternehmen durchgeführt werden. Es werden bei diesen Zählungen Ein- und Aussteiger gezählt und Umsteiger durch Abfragen der Verkehrswege ermittelt.

Zu Ihrer Frage 2: Zu den Prognosen des Verkehrsaufkommens wurden Prognosehorizonte entwickelt, und zwar für die Jahre 2010 und vorsichtig für das Jahr 2015. Insofern konnten diese Prognosen mit den erhobenen Daten noch nicht hinreichend abgeglichen und sicher gestaltet werden. Es werden zur Verbesserung dieser Prognosen inzwischen im Einsatz befindliche Modelle – so, wie ich dies gerade beschrieben habe – eingesetzt. Dabei werden Zählergebnisse und Erkenntnisse aus solchen Verkehrserhebungen eingesetzt, und es werden dann Verkehrsbelastungen errechnet, die mit den tatsächlich erhobenen Zahlen abgeglichen werden. Dieses Verfahren bezeichnet man als die Methode des Eichens einer solchen Zahl. Danach werden dann, soweit dies möglich ist, realitätsnah Verkehrsbelastungsergebnisse und damit prognostizierte Fahrgastzahlen ermittelt – bei allen Unwägbarkeiten, die dies bei einer solchen Methode haben muss.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat eine Grundlage für den Stadtentwicklungsplan Verkehr geschaffen, in dem diese Verkehrsmodelle, die damals zur Grundlage für den Stadtentwicklungsplan Verkehr genommen worden sind, auf die von mir beschriebene Weise geeicht worden sind, um die Zahlen so sicher wie möglich zu machen. Sie erfolgte mit den Daten der Verkehrserhebung der Verkehrsbetriebe, also der BVG, von 1998 und durch das Heranziehen der entsprechenden Straßenverkehrszählungen. Die Fortschreibung der Verkehrsmodelle mit diesen Zahlen der Verkehrserhebung von 2002 erfolgt zurzeit durch unsere Verwaltung. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.

Danke schön! – Die Zusatzfrage geht an Frau Matuschek. – Bitte sehr!

Vielen Dank! – Das ganze Verfahren scheint ein sehr kompliziertes zu sein. Deswegen möchte ich Sie noch einmal nach dem einfacheren Weg fragen. Beide große Verkehrsunternehmen in Berlin haben ausgeklügelte technische Systeme zur Ermittlung von Fahrgastzahlen. Warum ist es nicht möglich, diese technischen Systeme dahin gehend zu nutzen, aktuelle Fahrgastzahlen zu erheben, wenigstens einmal im Jahr?

Frau Senatorin!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin der festen Überzeugung, dass die Verkehrsbetriebe im eigenen Interesse in der Lage sein müssten, wenn sie über diese technischen Voraussetzungen verfügen, solche Fahrgastzahlen zu erheben. Wenn sie dies zurzeit nicht tun,

wird das Gründe haben, die wir von den Verkehrsunternehmen mit Sicherheit erfahren werden.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Damit kommen wir zur Frage Nr. 9

Die Geschichte erfahrbar machen – Umsetzung des Langemarckhallen-Konzepts

Bitte schön, Frau Martins!

Ich frage den Senator Böger:

1. Wie wird eine kontinuierliche Kooperation zwischen dem Sportmuseum und dem beauftragten Deutschen Historischen Museum für das Dokumentationszentrum in der Langemarckhalle aussehen?

Die Frage geht an Senator Böger. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Martins! In Ihrer Fragestellung gehen Sie davon aus, dass das Deutsche Historische Museum kontinuierlich für die Ausstellung am Glockenturm verantwortlich sei. Dem ist nicht so. Das Deutsche Historische Museum ist nur in Kooperation mit dem Sportmuseum verantwortlich für den Aufbau der Ausstellung in der Langemarckhalle, aber eben nicht für den Betrieb und die Kontinuität dort. Wir sind gleichwohl dankbar, dass der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien einen Betrag von rund 3,3 Millionen € zur Verfügung gestellt hat, um diese wichtige Dokumentation unterhalb der Langemarckhalle und in der Halle zu erstellen.

Zu Ihrer Frage 2, wie das künftige Betreiberkonzept für die Langemarckhalle und den Glockenturm aussieht: Sie wissen, dass schon jetzt der Glockenturm und das Gebäude von einem privaten Betreiber, einem engagierten Mann, betrieben wird. Mein Konzept ist, dass auch künftig diese Langemarckhalle und der Glockenturm weiterhin von einem Privaten betrieben werden. Die Ausstellung ist im Übrigen so konzipiert, dass sie das Olympiagelände einbezieht, die Besonderheit der Langemarckhalle, die Olympischen Spiele, die Versuchung und den Missbrauch durch die Politik so dokumentiert, dass eine besondere Erklärung nicht notwendig ist. Das heißt, es kann sehr wohl ein privater Betreiber ohne zusätzliches Personal diese Ausstellung betreiben. Darüber hinaus ist es denkbar, dass zu speziellen Führungen weiteres Personal gegen Entgelt denjenigen, die es interessiert, zur Verfügung gestellt wird.

Vielleicht noch ein Wort, weil Sie gefragt haben, wie das alles verbunden werden solle. Wir haben einmal den generellen Parlamentsauftrag und die Bitte, das Deutsche Sportmuseum in das Sportforum zu platzieren. Das ist ein

Sen Böger

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete Ströver! Nun ist hier nicht der Raum, speziell eine solche Konstruktion zu bespre

chen. Aber richtig ist, dass die Langemarckhalle einen Mythos des Heldentodes glorifizierend herstellt, dass sie dies zugleich in chauvinistischer Manier macht und mit einem Großsportereignis verbindet, in dem der einzelne Mensch in seiner Würde gar nichts und die politischen Ziele alles gelten. Es gilt, diese Perversion und diesen Missbrauch darzustellen.