Wir hatten alle unsere Beispiele in der Affäre, die vor der Visaaffäre und vor der Schiedsrichteraffäre stattfand, der Nebentätigkeitsaffäre. Wir alle hatten sie in unseren Reihen. Da waren die Meyers, die Ahrens, die Gabriels, die Flachs und die Volmers. Sie alle haben ein schiefes Licht auf unser Gebaren in den Parlamenten im Umgang mit Verdiensten geworfen, die neben der Abgeordnetentätigkeit erzielt werden. Auch mein Kollege Volmer im Bundestag hat dadurch, dass er neben seiner Abgeordnetentätigkeit Teilhaber einer Firma war, die im Umfeld seines eigenen politischen Wirkens tätig war, ein schiefes Licht auf die Politik geworfen und hat sicherlich auch zu dieser Politikverdrossenheit und dem schlechten Ansehen der Politiker mit beigetragen. Das Problem in seinem Fall war, dass er zwar angegeben hat, dass er Nebentätigkeiten ausführt und dafür auch etwas bekommt, aber dass unklar war, in welchen Bereichen er sich mit seiner Firma umgetan hat und wofür er sein Geld bekommt.
Ich weiß, dass Herr Kurth in einer hoch dotierten Position bei Alba ist, das weiß jeder, weil er es nachlesen kann. Warum soll nicht angegeben werden, was er für diese hoch dotierte Position bekommt?
Das einzige Problem hat eher Herr Lindner, weil er immer so tut, als würde er ordentlich Kohle verdienen und den Tauchurlaub auf den Malediven aus der Portokasse bezahlen, und wenn er offen legen müsste, was er verdient, würde herauskommen, dass er gar nicht zu den großen Finanzhaien in der Stadt zählt, sondern dass alles mehr Schein als Sein ist.
Das Problem sind bei genauerer Betrachtung nicht die beruflichen Einkünfte, sondern die kleinen Geschäftchen, die nebenher laufen: die Nebentätigkeiten, das Gutachterwesen, die Beratertätigkeit. Da liegt der Hase im Pfeffer, und das ist genau der Punkt, wo wir heran müssen, wo wir sagen, das muss aufgedeckt und klar gemacht werden, da muss Transparenz hinein. Das ist das Stichwort.
Ich habe kein Problem damit, zu sagen, was ich in meiner Anwaltskanzlei verdiene. Ich bin Teilhaber in einer Sozietät, ich habe eine Vereinbarung, dass ich an Ge
Danke schön, Herr Ratzmann! – Das Wort für die Fraktion der SPD hat nunmehr Herr Kollege Dr. Felgentreu. – Bitte schön, Herr Dr. Felgentreu! Ergreifen Sie das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst eine SPD-typische Anekdote der Marke „neulich am Info-Stand“. Wir von der SPD lieben solche Geschichten, sie dokumentieren Volksnähe.
Warum erzähle ich das? – Der Satz zeigt zweierlei. Erstens, dass in der Bevölkerung vollkommen unrealistische Vorstellungen vom Einkommen von Politikerinnen und Politikern herrschen, und zweitens, dass vielfach unterstellt wird, Politiker hätten gar keine andere Motivation als die materielle. Ihre Vorlage, Herr Ratzmann, ist genau in demselben Geist geschrieben. Damit beginnt meine Kritik an Ihrem Ansatz.
In Ihrer Begründung akzeptieren Sie die Vorurteile als Arbeitsgrundlage, anstatt ihnen entgegenzutreten und selbstbewusst auf den Wert der Arbeit zu bestehen, die wir leisten. Mutmaßungen, wie Sie in Ihrer Begründung schreiben, über Verflechtungen und Überlastungen, kann man auch durch noch so viel Transparenz nicht ausräumen.
winn und Verlust im letzten Jahr nicht beteiligt war. Ich werde dieses Jahr an Gewinn und Verlust beteiligt sein. Ich habe dieses Jahr schon 6 000 Euro aus meiner Kanzlei bekommen, und ich habe kein Problem damit, zu sagen, dass ich noch Anteile an einem Difa-Rentenfonds ungefähr in Höhe von 35 000 Euro habe und dass ich da auch noch ein paar Dividenden – –
Ja, was soll’s, wo ist das Problem? – Das kann doch jeder wissen! Natürlich stehen wir alle im Licht der Öffentlichkeit, und natürlich weiß jeder, was Herr Wowereit verdient. Da ist von Interesse, dass er an den Ku’damm zieht und nicht mehr in Lichterfelde wohnt.
Meinetwegen auch in Lichtenrade! – Das alles wird breit in der Öffentlichkeit diskutiert, da hat auch niemand ein Problem, seine Witzchen darüber zu machen, wie er sich auf irgendeiner Gala verhält und mit wem er dorthin geht. Aber wenn wir offen legen sollen, wie unser Bankkonto aussieht, dann wir es heikel; wenn es ans Portemonnaie geht, da soll niemand heran.
Deswegen sage ich: offen legen, Transparenz für alle, da schaut einmal jemand darauf, und dann hat er es auch ganz schnell wieder vergessen, aber jeder hat die Möglichkeit, nachzuvollziehen, für wen und für welche Interessen die Leute hier im Parlament sitzen und wie sie gebunden sind. Je offener wir das Ganze handhaben, um so weniger Missbrauch wird damit getrieben.
Um einem Argument vorzubeugen, das immer gern von Herrn Gaebler kommt, zum Datenschutz: Wir haben mit dem Datenschutzbeauftragten gesprochen, Herr Gaebler. Keiner hat ein Problem mit dem Datenschutz in diesem Bereich, alle sagen, das ist mit dem Datenschutz sehr wohl vereinbar, wenn Abgeordnete das offen legen und dazu verpflichtet werden, ihre Einkünfte zu offenbaren.
Letzter Satz, Herr Momper! – Niemand verlangt, dass Sie Ihren Steuerbescheid ins Netz stellen, sondern verlangt ist nur, dass Sie Angaben aus diesem Steuerbescheid veröffentlichen. Das, denke ich, müssen wir tun, damit wir der Politikverdrossenheit, die in diesem Land herrscht, wirksam entgegentreten können. Mit gutem Beispiel vorangehen, Herr Gaebler, dann können wir auch wieder ehrlich über Wertvermittlung in diesem Land reden. – Danke!
Also: Neulich am Info-Stand analysierte eine Neuköllner Bürgerin mir gegenüber glasklar meine politische Motivation. Sie sagte: „Sie sind doch sowieso nur in der SPD wegen dem Dienstwagen und den 10 000 € im Monat.“
Wer mutmaßen will, der wird das tun. Wir sollten einer solchen Haltung nicht auch noch Vorschub leisten, indem wir ihre Berechtigung anerkennen. Insofern ist mir nicht nachvollziehbar, warum die Grünen in dieser Form Druck machen, anstatt das Ergebnis der von der Präsidentenkonferenz eingesetzten Transparenz-AG abzuwarten. Es kann etwas damit zu tun haben, dass die Grünen wegen der Vorgänge um Ludger Volmer peinlich berührt sind und nun meinen, ihrer Klientel an dieser Stelle etwas beweisen zu müssen.
Wie dem auch sei, dieser Entwurf ist nicht nur problematisch, weil Sie sich weigern, die Ergebnisse einer Diskussion auf Bundesebene abzuwarten, er ist auch lückenhaft und inkonsequent. Wenn Sie schon mit der Hypothese arbeiten wollen, dass Berufstätigkeit per se den Interessenkonflikt heraufbeschwört, dann müssen Sie unbedingt auch anwaltliche Mandatsverhältnisse transparent behandeln und Auskunft darüber geben, wen ein Abgeordneter, der Anwalt ist, vertritt. Das aber wollen Sie ausschließen, auf Grund welcher Logik eigentlich?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Ratzmann! Wenn ich Ihre Rede höre, dann ist das nach dem Motto: Der Bürger liest die Höhe des Einkommens von Rechtsanwalt Gram, trocknet sich die Tränen und der Politikverdruss ist weg. – So einfach geht es nun wirklich nicht! Mir hat bis heute kein Mensch klarmachen können, was die Veröffentlichung von Nebeneinkünften gegen Politikverdruss in diesem Land zu tun hat. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, auch nichts mit Transparenz.
[Ratzmann (Grüne): Weil es im Gesetz steht, lieber Herr Felgentreu! Der Gesetzgeber hat eine Wertung getroffen!]
Ich kann deshalb hier nicht mehr ankündigen als die Mindesterwartung, dass wir uns mit der Drucksache sachlich auseinander setzen und die einzelnen Vorschläge genau prüfen werden. Ein Punkt ist z. B. sicherlich diskutierenswert, die Frage, wie umzugehen ist mit Leistungen, denen keine Gegenleistung gegenübersteht. Das will niemand, das muss dann auch entsprechend geregelt sein. Aber wir werden das, was Sie vorschlagen, mit den bestehenden und sehr weitgehenden Regelungen, die dieses Haus längst praktiziert, abgleichen. Wir werden darauf achten, dass es nicht zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten von Abgeordneten kommt, deren Erwerbsfreiheit durch das Mandat in einem Halbtagsparlament nicht weiter beeinträchtigt werden darf.
Die negative Grundhaltung Ihres Antrags werden wir uns keinesfalls zu Eigen machen. Wir haben Grund, auf das, was wir hier leisten, und auf die Institution Parlament stolz zu sein. Der Umgang mit uns selbst muss widerspiegeln, dass wir unsere Aufgabe selbstbewusst erfüllen. Das entbindet und übrigens nicht von der Pflicht, durch offene Debatten über die Inhalte unserer Politik, durch engen Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern und vor allem durch gute, sachgerechte Politik, die Berlin voranbringt, die Menschen davon zu überzeugen, dass unser Selbstbewusstsein begründet ist. Vorauseilender Gehorsam gegenüber einer mutmaßlichen öffentlichen Meinung über Politiker und die Politik ist dafür kein Ersatz.
Ich habe ihr ein Beitrittsformular gegeben und gesagt: „Kommen Sie in die SPD, dann kriegen Sie auch einen Dienstwagen und 10 000 €!“
Das Ergebnis war erst Verunsicherung, dann Nachdenklichkeit und schließlich eine gute, aufgeschlossene Diskussion über den Wert guter Politik. Vor allem auf dieser Ebene entsteht Transparenz, nicht aber durch Paragraphen und ihre Reiter und Reiterinnen. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Dr. Felgentreu! Vorbildlich war insbesondere die Einhaltung der Redezeit. – Jetzt ist der Kollege Gram für die Fraktion der CDU an der Reihe. Redezeit ist 5 Minuten.
Was Sie allerdings hier tun, verehrte Kollegen von der Grünen-Fraktion, ist, dass sie wieder die Welt in Gut und Böse teilen.