Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Berlin für Europa fit machen – III – Konzept für Wirtschaftsförderung Blickrichtung EU-Osterweiterung erarbeiten

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3685 Antrag der CDU Drs 15/2654

d) Beschlussempfehlung

Berlin für Europa fit machen – IV – rollende Landstraße Richtung Osten einrichten

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3686 Antrag der CDU Drs 15/2655

e) Beschlussempfehlung

Berlin für Europa fit machen – V – Verkehrsinfrastruktur Richtung Osten ertüchtigen

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3687 Antrag der CDU Drs 15/2656

f) Beschlussempfehlung

Berlin für Europa fit machen – VII – touristische Leit- und Informationssysteme auch in Polnisch

Beschlussempfehlung EuroBundMedien Drs 15/3688 Antrag der CDU Drs 15/2658

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der CDU, und zwar in Person von Herrn Tromp. – Bitte schön, Herr Tromp, Sie haben das Wort!

Wir müssen nach einem Jahr und Diskussion in den Ausschüssen festhalten, dass die Koalition hier anscheinend nicht den Handlungsbedarf sieht. Sie hat die Anträge abgelehnt und wird es heute wieder tun. Wir bedauern das, und wir haben nicht ohne Grund, weil wir an dem Thema weiter festhalten werden, zusammen mit den anderen Oppositionsfraktionen beantragt, dass diese Themen in einer der nächsten Sitzungen des Europaausschusses wieder auf die Tagesordnung kommen, weil wir nämlich glauben und fest davon überzeugt sind, dass sie gerade für Berlin sehr wichtig sind und man sie deshalb immer wieder auf der Tagesordnung halten muss.

Generell ist festzuhalten, dass nach einem Jahr der Osterweiterung Berlin im Gegensatz zu anderen europäischen Regionen leider noch nicht davon profitiert hat und auch noch nicht so weit ist. Ein Beispiel mag hier die Region Wien-Bratislava sein, wo grenzüberschreitend ein neuer Wirtschaftsraum entsteht. Solche Aktivitäten hätte man sich in Berlin auch gewünscht. Wir leugnen nicht, dass der Senat eine Vielzahl von Aktivitäten angestoßen hat. Man braucht sich den Europabericht nur anzuschauen – ein ziemlich dickes Kompendium. Aber – das wurde in der letzten Ausschusssitzung auch deutlich – es fehlt eben der rote Faden. Man merkt sehr deutlich, Europapolitik ist hier keine Chefsache wie in anderen Ländern und damit längst nicht so effizient.

Damit komme ich auf einen alten Punkt: Wir haben in dieser Sache leider keine Durchschlagskraft. Auch hier mag ein Beispiel stellvertretend für viele Dinge sein: Berlin fordert lauthals eine Metropolenförderung. Wenn es darum geht, sich deutschlandweit darauf zu einigen, ob

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erfahrungsgemäß ist vieles von dem, was

Sie, Herr Tromp, im Europaausschuss vortragen und vorlegen, richtig und diskutabel. Auch diesmal sind wieder eine Menge durchaus vernünftige Ansätze in Ihren Anträgen vorhanden. Nur: Zunächst einmal handelt es sich teils um eine Reihe von Selbstverständlichkeiten, die Sie aufgelistet haben, wenn man an die interregionale Zusammenarbeit denkt oder die Kooperation mit anderen Ballungsräumen oder an das Ziel, das Optimum aus den EUStrukturfonds herauszuholen. Das sind alles Selbstverständlichkeiten, die der Senat x-mal erklärt hat, die der Senat auch tatsächlich verfolgt. Deswegen müssen wir dies hier nicht erneut aufgreifen.

Es gibt auch eine Reihe von Forderungen, die Sie in die Anträge gießen, die tatsächlich in den Programmen des Senats dezidiert vorhanden sind und die bereits Leitlinie des täglichen Handelns des Senats auf Bundes- und Europaebene sind. Das ist die Reform der Strukturpolitik. Es gibt umfangreiche Papiere dazu, mit denen die Strategie, mit der Berlin agiert, festgelegt ist. Es gibt Kontakte zur Wirtschaft in unseren östlichen Nachbarstaaten, und es gibt die trilaterale Beziehung mit Brandenburg und dem westlichen Polen. All diese Dinge sind in Arbeit, all diese Dinge sind konzeptionell vorbereitet und befinden sich in der Umsetzung des Senats. Deswegen brauchen wir dies nicht erneut zu beschließen.

wir diese Forderung als Deutschland in Brüssel vortragen, sagen die Bundesländer: Ja, das können wir nachvollziehen. – Die Bundesregierung sagt Nein und lässt damit den rot-roten Senat im Regen stehen. So wie es aussieht, wird die Metropolenförderung nicht als offizielle deutsche Forderung vorgetragen werden. Wir müssen zukünftig mehr Gewicht entwickeln, und dazu gehört ohne Zweifel mehr Engagement. Ein erster Schritt könnte sein, dass wir in Brüssel gemeinsam mit Brandenburg unsere Ressourcen bündeln, dass wir, wenn auch nicht als gemeinsame Landesvertretung, so doch zumindest in einer Bürogemeinschaft versuchen, Ressourcen zu bündeln, um gemeinsam europäische Entwicklung für die gesamte Region aufzugreifen.

Ein zweiter Punkt könnte sein, dass wir unsere Partnerschaften, gerade zu Westpolen, intensivieren. Auch hier wäre es ratsam, wenn der Regierende Bürgermeister mit gutem Beispiel voranginge und den brandenburgischen Ministerpräsidenten und die polnischen Woiwoden, wie dort die Ministerpräsidenten heißen, nach Berlin einlädt und – ähnlich dem Beispiel der deutsch-französischen Beziehung – versucht, einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu initiieren.

[RBm Wowereit: Den gibt es schon! Unter Zuladung des Regierenden Bürgermeisters!]

Oh, endlich! Wie wäre es aber gewesen, wenn Sie als Regierender Bürgermeister dieser Metropole in diese Region eingeladen hätten? Das hätte eine ganz andere Symbolwirkung gehabt.

[Beifall bei der CDU – RBm Wowereit: Erst nachdenken, bevor man redet!]

Herr Wowereit, wir denken sehr wohl nach. Ich kann mich an keine Ihrer Initiativen erinnern, dass Sie die Woiwoden nach Berlin eingeladen haben. Ich glaube, auch die Kollegen können dies nicht.

[RBm Wowereit: Da müssen Sie mal lesen!]

Wir lesen schon!

Herr Kollege Tromp, kommen Sie bitte zum Ende.

Ich komme gern zum Ende, wenn der Regierende Bürgermeister wahr haben will, dass er die Woiwoden immer noch nicht eingeladen und deren regelmäßigen Erfahrungsaustausch immer noch nicht initiiert hat. Dies wäre nämlich gut, um ein Gemeinschaftsgefühl in dieser Region zu erzeugen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Tromp! – Jetzt hat der Kollege Zimmermann von der Fraktion der SPD das Wort. – Bitte schön, Herr Zimmermann!

Es gibt aber in den Anträgen auch einige Vorschläge von Ihnen, die wir dezidiert ablehnen müssen. Ich will nur zwei Beispiele nennen: Herr Tromp, Sie fordern, dass das Programm Urban III als selbstständiges Programm für die Städte weitergeführt werden soll. Das sehen wir anders. Wir meinen, dass gerade die Förderung der städtischen Ballungsräume in die künftigen Zielprogramme mit einfließen soll, um die Förderung der wirtschaftlichen Struktur in den Städten, in den Ballungsräumen zu verbessern. Da haben wir also einen dezidiert anderen Ansatz, und wir halten ihn auch für zielführender.

Das zweites Beispiel: Sie fordern eine zentrale Stelle zur Programmberatung für EU-Strukturfonds für die Wirtschaft. Eine solche zusätzliche Stelle einzurichten, wäre nicht nur nicht hilfreich, es wäre kontraproduktiv. Wir haben nämlich eine solche Stelle bereits. Seit 15 Jahren arbeitet das EuroInfoCenter bei der Wirtschaftsförderung. Daneben etwas einzurichten, ist unsinnig. Deswegen können wir den Vorschlag auch nicht mittragen.

Ein anderes Problem, auf das Sie immer hinweisen, das unbestritten ein Problem ist, ist die EFRE-Förderung. Es ist aber kein Problem der Strategie des Senats. Es ist auch kein Problem der Behandlung im Ausschuss, sondern eine Frage des tatsächlichen Mittelabflusses bei den Unternehmen, bei den Projekten. Dass es da ab und zu hakt, ist bekannt. Wir sind jedoch seit langem auf Senatsebene dabei, dies umzustellen, jedenfalls dort, wo der Senat darauf Einfluss nehmen kann.

Zimmermann

Richtig ist, dass die Anträge der CDU relativ spät eingegangen sind. Richtig ist aber auch, dass in der Europa

politik oder in der Strukturfondspolitik des Senats keinesfalls alles in bester Ordnung wäre oder wie geschmiert laufen würde. Es stottert vielmehr immer noch an allen Ecken und Enden. Es ist gut, dass es zarte Anfänge gibt, tatsächlich neu zu gestalteten, indem wir anfangen, das Thema Grenzregion stärker anzugehen, und Berlin langsam verstanden hat, dass vielleicht noch Hoffnung besteht, innerhalb des neuen Plans, den die EU-Kommission vorlegt, eine grenzüberschreitende Region mit Rechtspersönlichkeit, die dann auch förderfähig ist, zu gründen. Allerdings geht man nach diesen Schritten, die offensichtlich echte Quantensprünge gewesen sind, inzwischen wieder dazu über, alles totschweigen zu wollen, was nicht läuft. Das kann nicht sein. Wir brauchen dringend mehr Debatten, und wir brauchen einen vernünftigen Umgang mit entsprechend richtigen Initiativen.

(D

Selbstverständlich haben die CDU-Anträge wichtige Fragen aufgeworfen. Im Kern geht es um die Strukturfonds und die Wirtschaftsförderung. Da verweise ich auf einen Artikel aus der gestrigen „Berliner Morgenpost“, inzwischen ist es auch bei den Unternehmen angekommen: Der Unternehmerverband hat gestern völlig zu Recht den Regierenden Bürgermeister kritisiert, weil ihm plötzlich auch aufgegangen ist, dass es um eine ganze Menge geht. Es geht nämlich darum, dass im worst case am Ende dieser ganzen Neuordnung der Wirtschaftsförderung, EU-Mittel und Bundeskompetenz herauskommen kann, dass das Land Berlin künftig praktisch keine Möglichkeiten mehr hat, Wirtschaftsförderung aktiv zu betreiben. Im worst case kann es passieren, dass das Land Berlin maximal 1,5 Millionen € in die Hand nehmen kann. Wir träumen noch immer von irgendwelchen Milliardenbeträgen, die wir bewegen können. 1,5 Millionen € für die gesamte Berliner Wirtschaft zu verteilen, als Beihilfe oder Wirtschaftsförderung, das ist konkret das, was passieren kann. Ich glaube zwar nicht an den worst case. Ich denke, da wird sich noch etwas anders regeln. Aber dieser worst case kann jedenfalls eintreten. Ich sehe nicht, dass das irgendeinen im Senat umtreibt. Ich registriere nicht, dass sich der Regierende Bürgermeister dazu in irgendeiner Art und Weise schon einmal geäußert oder dieses Problem in den Blick genommen hätte. Deswegen ist es richtig, dass der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg unruhig wird und den Regierenden Bürgermeister auffordert, sich endlich einmal aktiv dafür einzusetzen. Da können es sich dieser Senat und auch die rot-rote Koalition nicht leisten, auf irgendeine Unterstützung aus dem Land Berlin zu verzichten. Da müssen wir alle – der Senat, die Koalition und die Opposition – an einem Strang ziehen und unsere Möglichkeiten nutzen, um entsprechend aktiv zu werden. Ich wünsche mir in dieser Frage vom rot-roten Senat mehr Kritik auch an der rot-grünen Bundesregierung.

Eine Reihe Ihrer Punkte sind in der Tat nicht zustimmungsfähig. Das liegt nicht daran, dass wir eine vernünftige Debatte verweigern, sondern wir müssen darauf achten, dass hier auch vernünftige Entscheidungen getroffen werden.

Ich will dennoch betonen, wo wir Ihnen zustimmen und wo wir Ihnen bei der Abstimmung mit leichten Modifikationen folgen wollen. Hier handelt es sich zum Beispiel um den Ausbau der Bahnstrecken nach Osten. Das sind richtige Anträge, und hier sind wir gemeinsam mit dem Verkehrsausschuss der Meinung, dass wir bei dem Ausbau der Strecken nach Warschau, Stettin und Breslau gemeinsam mehr Druck auf den Bund und auf die EU ausüben müssen, damit das, was ohnehin geplant ist, auch umgesetzt wird.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und der PDS]

Auch den Prüfauftrag an den Senat, für die Touristen Leitsysteme mehrsprachig anzubieten, halten wir für sinnvoll, und dem können wir folgen.

Alles in allem geht es uns – wohl auch gemeinsam, Herr Tromp – aber darum, dass wir im Ausschuss in den Beratungen mit dem Senat bei der Umsetzung des 3. Kohäsionsberichts und bei der Reform der Strukturfonds frühzeitig die Strategien behandeln und darauf achten, dass nichts anbrennt. Ich denke, das werden wir auch gemeinsam schaffen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Zimmermann! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr Frau Paus das Wort. – Bitte schön!

Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Zimmermann! Sie haben jetzt durchaus differenziert auf die Anträge reagiert, was in der Beratung nicht der Fall gewesen ist. Deshalb nehme ich etwas von der Wucht, die ich bereits zu Papier gebracht hatte, zurück und spreche jetzt nicht von einem grundsätzlich arroganten Umgang. Dennoch will ich dafür plädieren, dass wir auch in Zukunft an das anknüpfen, was Sie heute dargestellt haben, und nicht in die Art und Weise der Auseinandersetzung zurückfallen, wie ich sie sowohl im Wirtschaftsausschuss als auch im Europaausschuss erlebt habe.

Bei Ihnen war die Handlung: Die CDU war spät mit ihren Anträgen, hat dann eine ganze Latte von 12 oder 15 Anträgen eingebracht,

[Frau Michels (PDS): Sieben!]

deshalb gucken wir uns das gar nicht erst an, sondern tun es zur Seite. So kann man mit diesem Thema nicht umgehen.

[Beifall bei den Grünen]