Protokoll der Sitzung vom 02.06.2005

Ich höre gegen diese Überweisungswünsche keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Weitere Überweisungswünsche liegen mir nicht vor. Ich stelle damit fest, dass das Haus von der Verordnung unter der lfd. Nr. 2 der Zusammenstellung Kenntnis genommen hat.

Lfd. Nr. 17 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Lfd. Nr. 18:

Antrag

Berliner Schulgesetz: mehr Bildungsqualität, weniger ideologische Experimente (10) – erfolgreiche Bildungs- und Jugendarbeit der musikbetonten Schulen dauerhaft sichern

Antrag der CDU Drs 15/3978

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnen die Antragsteller. Frau Kollegin Schultze-Berndt hat das Wort für die Fraktion der CDU. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der PISA-Studie wird heiß um Reformen gestritten. Die Ziele sind, eine bessere individuelle Förderung zu erreichen und die Bildung unserer

Sie lernen fünftens auch, aufeinander zu hören. Sechsten müssen sie sich miteinander austauschen, und das fördert die Kommunikationsfähigkeit, deren Fehlen in unserer Gesellschaft häufig beklagt wird. Dies ist also ebenfalls ein gutes Ergebnis dieses Schulversuchs. Siebtens werden die sozialen Unterschiede in dieser Schulform aufgehoben, weil alle Kinder einander kennen, miteinander umgehen und miteinander musizieren. Unabhängig von der sozialen Herkunft hat man eine gemeinsame Basis. Genau dies fordert Rot-Rot seit uns die Ergebnisse der PISA-Studie vorliegen. Achtens lernen die Kinder darüber hinaus, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten und nicht einfach rumzuhängen.

Das Fazit: Die musikbetonten Schulen leisten eine Begabtenförderung. Sie helfen Talente zu entdecken und zu entwickeln. Aber viel wichtiger ist es, dass sie auch Sozial- und Präventionsarbeit leisten. In schwierigen Kiezen geben sie die Möglichkeit, Kindern für den Nachmittag eine Beschäftigung zu geben, eine Aufgabe, die in ihr Leben und ihre problematische Situation, die sie möglicherweise im heimischen Umfeld haben, hineinwirkt. Die CDU hält dieses Konzept der musikbetonten Schulen deshalb für die optimale Form, die Lehren aus PISA umzusetzen. Unterstützt sehen wir uns in dieser These auch von der wissenschaftlichen Begleitung, die dieses Schulmodell hatte und auch weiterhin durch Prof. Bastian hat.

Kinder zu verbessern. In Berlin ist ein reiner Reformaktionismus losgebrochen. Die Vorschulen und Vorklassen wurden abgeschafft. Man entdeckt neu, dass die Kita auch Bildungseinrichtung sein kann, dass Sprachkurse vor Schulbeginn gegeben werden könnten, wie man dies hervorragend auch in der Vorklasse tun konnte, dass die flexible Schulanfangsphase die Kinder schon auf ihr Schulleben vorbereiten wird. Die klare Struktur, die wir hatten, ist dahin.

Die Hortverlagerung bedeutet, dass flächendeckend sämtliche Kitas ohne Blick auf die einzelne Situation abgeschafft werden müssen und künftig in die Schulen verlagert sind. Weder ist geklärt, was mit dem Personal geschieht, noch stehen die Räumlichkeiten zur Verfügung. Auch die Trägerwahl der Eltern ist nicht mehr möglich. Man muss den Träger nehmen, den der Staat vorschreibt. Hier ist ein Chaos geschaffen, das wir erst zum Schuljahresanfang so richtig erleben werden, wenn nämlich deutlich wird, wie groß die Verunsicherung der Eltern ist und welche Schwierigkeiten die Schulen haben, die Betreuung der Kinder sicherzustellen.

Die CDU kritisiert diesen kopflosen und konzeptionslosen Aktionismus, der auf Kosten der Bildung unserer Kinder geht.

[Beifall bei der CDU]

Wir befürchten als nächstes Opfer dieses Aktionismus’ die musikbetonten Schulen. Sie stehen jetzt nicht mehr im neuen Schulgesetz und sind nach 29 Jahren immer noch ein Schulversuch. Sie leben von sechsjähriger Verlängerung zu Verlängerung und sind immer noch nicht evaluiert oder im Gesetz festgeschrieben worden. Sie brauchen eine besondere Ausstattung für ihr Konzept, das heißt, sie haben etwas mehr Lehrerstunden, und an diesen wird nun auch gekürzt.

Zum Schuljahr 2005/2006 steht eine Reduzierung der Lehrerstunden an. Ab 2008/2009 wird die Förderung ganz auslaufen, und man überlässt das Fortbestehen dieser Schulform dann den freien Kräften des Marktes. Sie wissen, wie es ist: In unserer finanziellen Lage wird die Situation für diese Schulen sicher nicht besser werden. Die Eigenständigkeit der Schulen ist hier nicht die Lösung.

Diese Beliebigkeit, der man die Schulen überantwortet hat, halten wir für fatal. Deshalb setzen wir uns für die musikbetonten Schulen ein. Sie bieten all das, was Schulbildung nach den Erfahrungen aus der PISA-Studie leisten muss. Acht Punkte kann ich Ihnen nennen.

Kinder lernen frühzeitig ein Instrument, das heißt erstens, sie werden ganzheitlich in all ihren Begabungen gefördert, auch in ihrem musischen Talent. Darüber hinaus fördert zweitens das Musizieren die Konzentrationsfähigkeit. Drittens trägt es zum Abbau von Spannungen und Aggressionen bei. Die Kinder spielen auch schon sehr frühzeitig in einen Ensemble. Es sitzen 40 bis 60 kleine Violinisten beisammen und schaffen es, miteinander zu musizieren. Viertens müssen die Kinder gemeinsame Re

geln finden und diese auch einhalten. Sie lernen ein geordnetes und soziales Miteinander.

Berlin hat an dieser Stelle – und das ist bemerkenswert – eine Vorbildfunktion für den Bund. Ich freue mich, dass es wenigstens einen schulischen Bereich gibt, bei dem die anderen Bundesländer gern schauen, wie wir bestimmte Dinge angehen.

[Beifall bei der CDU]

Die Forderungen der CDU lauten zum einen, keine weitere Absenkung der Lehrerstunden vorzunehmen, zum anderen aber auch, diese Schulform zu sichern, indem sie im Schulgesetz als Schule besonderer pädagogischen Prägung festgeschrieben wird. Das ist für die Sportschulen der Fall, das war auch für die Europaschulen möglich, und auch dieses Schulmodell ist es wert, festgeschrieben und damit in seiner Form erhalten zu werden.

Wir haben die Lehren aus PISA gezogen. Wir wollen die Kinder ganzheitlich fördern, aber wir wollen auch für ein gedeihliches gesellschaftliches Miteinander werben, und uns liegt die Qualität der schulischen Bildung am Herzen. Deshalb bitte ich Sie um Ihre Zustimmung bei dieser Drucksache.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze-Berndt! – Die SPD schließt an. Frau Dr. Tesch hat das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier über einen Antrag der

Obwohl ich eigentlich überhaupt keine Angst um die musikbetonten Grundschulen habe, bitte ich dennoch um Überweisung in den Schulausschuss, damit wir dort noch einmal ausführlich über diese Problematik diskutieren können.

Es ist aus grüner Sicht erst einmal hervorzuheben, dass es wichtig ist – und das sieht das Schulgesetz vor –, Schulen mit besonderer Prägung zu schaffen und zu erhalten. Es ist aus überhaupt kein Widerspruch, wenn die heute musikgeprägten Grundschulen am Ende dieses Schulversuchs in eine Schule mit besonderer Prägung überführt werden. Wichtig ist eben, dass die Eigenständigkeit der Schule im Zentrum der perspektivischen Entwicklung steht, und es wird das Ziel sein müssen, dass sich möglichst viele Schulen darum kümmern, solch einen Schwerpunkt besonders für sich zu formulieren.

CDU-Fraktion zum Berliner Schulgesetz – Mehr Bildungsqualität, weniger ideologische Experimente –, seines Zeichens der zehnte Antrag in dieser Reihe, und langsam wirkt diese Überschrift ein bisschen ermüdend, zumal es sich immer wieder um andere Anliegen handelt und die angebliche Existenzbedrohung der musikbetonten Schulen nun wahrlich kein ideologisches Experiment ist.

So fängt Frau Schulze-Berndt an – ich finde, ziemlich hektisch – zu reden, benutzt Worte wie Aktionismus, beschwört noch einmal die Abschaffung der Vorklassen herauf und sagt, es sei neu, dass die Kita eine Bildungseinrichtung sei. Das ist überhaupt nicht neu, aber das Bildungsprogramm, das nun endlich für die Kitas vorliegt, Frau Schulze-Berndt, ist neu, und das ist eine Leistung dieser Regierung.

[Zuruf des Abg. Henkel (CDU)]

Zum Inhalt: Die CDU befürchtet völlig zu Unrecht, dass die 15 musikbetonten Grundschulen in der Stadt nicht mehr fortgeführt werden können. Es handelt sich hierbei um einen Schulversuch, und – wie der Name sagt – alle Versuche haben zunächst ein Ende.

[Frau Schultze-Berndt (CDU): Seit 29 Jahren!]

Es ist für das Schuljahr 2008/2009 eine Überprüfung des Versuchs vorgesehen. Ich verstehe die Panik überhaupt nicht, die die CDU verbreitet, weil drei Jahre lang alles so weiter läuft wie bisher, die weitere Förderung der Schulen anerkannt ist und die verfügbaren Mittel in der Summe nicht verringert werden.

[Henkel (CDU): Dann setzen Sie sich wieder hin!]

Diese Angstmache hat mich hat mich schon zu Statements in den Nachrichten des TVB und bei „Harry hilft“ hinreißen lassen. Auch das neue Schulgesetz bedroht diese musikbetonten Grundschulen keineswegs. Ich sehe vielmehr eine Chance in dem neuen Schulgesetz, das vorsieht, dass sich alle Schulen durch das Schulprogramm, das von der Schulkonferenz beschlossen wird, ein Profil geben müssen, so auch die musikbetonten Grundschulen. Nach dieser Qualitätsüberprüfung werden diese Schulen auch nach dem Schuljahr 2008/2009 fortgeführt werden können, da die Bedeutung von musikalischer Erziehung auch hinsichtlich ihrer präventiven Funktion von niemandem bestritten wird.

Eine Aufnahme der musikbetonten Grundschulen im Schulgesetz ist aber nicht vorgesehen. Frau SchulzeBerndt, Sie sagten, sie stünden nicht mehr im neuen Schulgesetz. Ich erwidere Ihnen: Sie standen noch nie im Schulgesetz. Im Gegensatz zu den vier Sportschulen und den Europaaschulen haben wir auch die sportbetonten Grundschulen nicht erwähnt, die das eigentliche Pendant zu den musikbetonten Grundschulen bilden.

[Frau Senftleben (FDP): Richtig!]

Es bedarf keineswegs der Aufnahme der musikbetonten Grundschulen in das Schulgesetz, um deren anerkannte Arbeit weiterhin möglich zu machen. Auch wir unterstützen die musikbetonten Grundschulen. Mir ist auch be

wusst, dass sich diese vornehmlich in den Problemkiezen befinden. Wenn Sie, Frau Schulze-Berndt, sich einmal die Beschlüsse des Bildungsparteitages der SPD vom 9. April ansehen, werden Sie feststellen, dass wir sehr viele Beschlüsse gefasst haben, die die Schulen in den Problemkiezen stärken, bis hin zu einer deutlichen Senkung der Klassenfrequenz.

[Niedergesäß (CDU): Das ist nur Bla-bla!]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Tesch! – Bündnis 90/Die Grünen schließt sich an. Es hat die Frau Kollegin Alice Ströver das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Mutlu hat mich sehr kurzfristig gebeten, zu diesem Thema zu reden, aber vielleicht hat es Sinn, einmal aus kulturpolitischer Sicht zu diesem Problem Stellung zu nehmen.

[Beifall bei den Grünen]

Deswegen habe ich mir Ihren Antrag durchgelesen, und wenn ich das ein wenig von außen betrachte, finde ich ihn sehr eng formuliert, auch in seiner Begründung, weil er sich einer kleinbürgerlichen, kleingeistigen Argumentation erweist. Das gefällt mir nicht.

[Beifall bei den Grünen]

Man kann einen etwas weiteren Blickwinkel anlegen, dieser würde dem Anliegen sehr gut tun. Das Ziel muss zum einen sein, Kinder und Jugendliche dahin zu bringen, sich selbst künstlerisch – in diesem Fall musikalisch – zu entfalten, zum anderen eine Rezeptionsfähigkeit als künftiges Publikum in den Berliner Kultureinrichtungen zu entwickeln. Diese beiden Seiten müssen gefördert werden und nicht nur, dass das einzelne Kind unbedingt Flötenspiel lernt. Das allein kann es nicht sein.

[Beifall bei den Grünen]

Grundsätzlich muss – dazu könnte man sich sehr gut verständigen, Frau Dr. Tesch hat das auch gesagt – die musische Bildung insgesamt flächendeckend wieder viel mehr Beachtung in unseren Berliner Schulen finden. Dabei rei