Diese Diskussion hat an diesem Punkt ihr Ende gefunden. Und deshalb ist es überflüssig, die von Ihnen in Ihrem Antrag aufgeworfenen Fragen zuerst zu beantworten und dann dahin zu kommen, mit einer Rechtsverordnung die konkreten Voraussetzungen dafür zu schaffen, um diese Drogenkonsumräume hier auch in Berlin einrichten zu können.
Berlin braucht diese Drogenkonsumräume. Es ist richtig, dass wir uns unterscheiden von Städten wie Hamburg, keine offene Drogenszene haben in dem Ausmaße. Aber wir haben 700 bis 1 000 Heroinabhängige. Und wir haben im letzten Jahr 189 Drogentote gehabt. Das sind 189 Drogentote zuviel, die wir in dieser Stadt gehabt haben.
Und wenn Sie Zahlen haben wollen, dann empfehle ich Ihnen einen Blick in diese wunderbare Presseerklärung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, in der wunderbar aufgeführt ist, wie viele Drogenabhängige wir haben, was für Problemfelder bestehen und was für Angebote wir im Moment haben. Natürlich hat Berlin eine große Anzahl von Angeboten, auch niedrigschwelligen Angeboten. Und genau auf diese niedrigschwelligen Angebote zielt die Einrichtung von Drogenkonsumräumen ab. Sie zielt deshalb auf sie ab, weil die Klientel, die versucht wird, mit den Drogenkonsumräumen zu erreichen und die mit ganz konkreten Hilfestellungen und Beratungsangeboten belegt werden soll, über die bisher existierenden niedrigschwelligen Angebote einfach nicht erreicht werden kann. Deshalb ist es notwendig und richtig, diese Verordnung endlich umzusetzen.
Ein weiterer Punkt, Herr Hoffmann: Wenn Sie in Ihrem Antrag verlangen, dass zunächst eine Erhebung und Ausformulierung von Zahlen stattfindet, dann haben Sie einfach nicht in das
Gesetz geguckt. Denn in der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes steht unter Nr. 8, dass die Einrichtung und die Führung von diesen Drogenkonsumräumen evaluiert werden soll. Das heißt, das Gesetz implementiert automatisch eine Auswertung und dass es eine Evaluierung dieser Maßnahme gibt.
Deshalb nochmal: Es ist richtig, jetzt damit anzufangen. Und es ist richtig, damit anzufangen, weil dieser kleine Schritt ein weiterer Baustein dahingehend ist, endlich Schluss zu machen mit der verlogenen Drogenpolitik, wie sie bisher und in diesem Land betrieben wird. Wir haben ja auch gesehen, wie schwer sich auch dieses Haus damit getan hat und nicht nur gegen Ihre Stimmen, sondern bisher auch gegen die Stimmen der SPD. Insofern können wir es nur begrüßen, dass auch diese Abgeordneten endlich zur Einsicht gekommen sind und tatsächlich einen weiteren Schritt machen wollen, um Drogenpolitik in diesem Land auf andere Füße zu stellen und einen richtigen Schritt zu gehen, hin zu einem Konzept, das nicht von der Strafbarkeit ausgeht, sondern dass das Prinzip Therapie statt Strafe in den Vordergrund stellt und denjenigen, die abhängig und krank sind, tatsächlich hilft und nicht in den Knast steckt. Dann werden wir nämlich auch in dem Justizbereich, den die Senatsverwaltung für Justiz zu verwalten hat, Einsparungen haben und können unserem Ziel der Haushaltskonsolidierung ein Stück näher kommen. – Vielen Dank!
[Beifall bei den Grünen und der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frau Herrmann (CDU): Sie haben ja gar nicht zugehört! – Hoffmann (CDU): Zuhören, nicht vorbereitete Reden vorlesen!]
Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Nunmehr hat für die Fraktion der FDP der Kollege Matz das Wort. – Bitte schön, Herr Matz!
[Dr. Lindner (FDP): Jetzt kommt die differenzierte Rede, jetzt zuhören! – Heiterkeit – Zuruf der Frau Abg. Jantzen (Grüne)]
Ich habe ja noch gar nichts gesagt! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wäre – und insofern komme ich den Erwartungen jetzt hier vielleicht nach – schon sehr froh, wenn das heute Abend im Parlament nicht die Stunde der großen Glaubensbekenntnisse, sondern die Stunde einer pragmatischen Politik wäre, die sich in jedem Einzelfall damit auseinander setzt, ob eine bestimmte Maßnahme sinnvoll sein kann oder nicht. Wenn ich hier höre, wie gesagt wird, die SPD-Fraktion ist für die Einrichtung von Drogenkonsumräumen,
oder wenn Herr Ratzmann sagt, Berlin braucht Drogenkonsumräume – das sind Glaubensbekenntnisse. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass bei der CDU genauso Glaubensbekenntnisse dagegen abgegeben werden.
Es wäre wirklich sehr erfreulich, wenn wir uns hier – vielleicht auch erst in der Ausschussberatung, ich weiß es nicht – darauf verständigen könnten, dass Drogenkonsumräume keine unumstrittene Maßnahme in der Drogenpolitik sind und dass sie mit Sicherheit kein Allheilmittel sind,
[Frau Jantzen (Grüne): Hat Herr Ratzmann gesagt, laut und deutlich! – Frau Dr. Klotz (Grüne): Zum Aussteigen!]
sondern dass das höchstens Gegenstand von Kinderglauben sein kann, zu meinen, dass man mit dieser Maßnahme hier die Probleme vom Tisch wischt.
Dort ist es allerdings auch eine Diskussion wert, ob man in dem einen oder anderen Fall durch diese Maßnahme eine Entlastung in Brennpunkten wirklich erreichen kann. Und das und nur das ist der Grund dafür gewesen, warum sich auch die Bundestagsfraktion der FDP bei der Schaffung der bundesrechtlichen Voraussetzungen für diese Frage an dieser Diskussion aktiv mitbeteiligt hat und warum wir eine Offenheit haben, warum ich ganz persönlich eine Offenheit habe für praktikable Vorschläge in dieser Art.
Aber – und jetzt kommt der Punkt, warum die Vorrede für Sie vielleicht noch Sinn macht –, das meine ich damit eigentlich:
Sowohl bei dem Antrag der Fraktion der Grünen – SPD und PDS sind ja sehr nichtssagend, sagen einfach nur, landesrechtliche Voraussetzungen schaffen, wie das genau aussehen soll, sagen sie ja nicht – – Die Grünen äußern sich da ja genauer.
Das ist insoweit positiv, wenn man eine präzise Vorlage hat. Es gibt auch im Bezirk Mitte ein Arbeitspapier zur Vorbereitung einer oder mehrerer Drogenkonsumräume.
Was Sie dabei grundsätzlich außer Acht lassen und was ich für einen wirklich schweren Fehler halte, ist die Beteiligung der Bürger hier nicht von vornherein einzubeziehen.
Wenn sie die Einrichtung von Drogenkonsumräumen ernsthaft erwägen, nur mit einer Beteiligung der betroffenen Bürger kann es zu der entsprechenden Akzeptanz dieser Maßnahme kommen.
Und bei jedem Schritt in der Bauleitplanung gibt es komplizierte Bürgerbeteiligungen. Warum eigentlich wollen Sie an dieser Stelle ohne die Bürgerbeteiligung vorgehen?
Ich habe mir die Papiere sehr genau angesehen. Und ich weiß ganz genau, dass gerade die Anwohnerbeteiligung erst recht nicht vorgesehen wird, weil sie nämlich befürchten, dass Sie auf die Ablehnung der Anwohner in der Umgebung treffen und dass Sie es deswegen nicht machen wollen.
Sonst müssten Sie mir erklären, warum in allen Papieren, die zu dem Thema vorliegen, ob in Ihrem Antrag oder in den Papier vom Bezirk Mitte, nichts und null davon die Rede ist, dass die Bürger angemessen in die Planung mit einbezogen werden sollen.
Wer so handelt – jetzt können Sie gleich erst richtig schreien –, der ist tatsächlich jemand, der wie die rot-grüne Regierung in Hamburg die Bedingungen, auf denen ein Schill irgendwann Erfolg haben kann, erst selbst herbeiführt. Davor sollten Sie sich, weiß Gott, hüten!
[Beifall bei der FDP – Beifall der Abgn. Hoffmann (CDU) und Niedergesäß (CDU) – Ratzmann (Grüne): Sie können dann mit ihm koalieren in Berlin!]
Ich kann Sie nur eindringlich auffordern, bei diesem sensiblen Thema nicht die Rechnung aufzumachen ohne die Anwohner und ohne die Geschäftsleute in der Umgebung von geplanten Drogenkonsumräumen. Nur dann kann es funktionieren. Ich kann mir sogar einen oder zwei Brennpunkte in der Stadt vorstellen, wo Sie durch rechtzeitige Beteiligung der Bürger diese Zustim
mung vielleicht sogar erreichen können. Wenn Sie es so machen und sagen: Die Anwohner und deren Bedenken sind uns egal, wir ziehen das Ding durch, dann werden Sie mit Sicherheit zu keinem erfolgreichen Einsatz diese Instrumentes kommen können. Dann müsste man es in der Tat in jedem Fall ablehnen.
Danke schön, Herr Kollege! – Frau Jantzen möchte eine Kurzintervention machen, wenn ich das richtig sehe. – Bitte schön, Frau Jantzen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was Herr Matz hier erzählt hat, fordert mich jetzt doch noch einmal dazu heraus, darauf einige Worte zu erwidern. Wenn Sie die Diskussion in der Stadt in den letzten Jahren verfolgt hätten – und das haben Sie offensichtlich nicht getan –, dann wüssten Sie, dass spätestens seit 1990 in einigen Brennpunkten mit Anwohnern und Anwohnerinnen und mit Geschäftsleuten diskutiert wird. Das trifft auf den ehemaligen Bezirk Tiergarten zu und das trifft auf jeden Fall auch für das Kottbusser Tor zu. Wir hatten hier Anhörungen, in denen wurden auch Anwohner des Kottbusser Tores gehört, und die haben deutlich gesagt, sie möchten endlich eine Möglichkeit haben, dass die Drogenkonsumenten nicht in den Hausfluren, nicht in den Parkhäusern liegen, dass ihre Kinder keine toten Menschen mehr im Hausflur finden. Die Anwohner und Anwohnerinnen sind beteiligt worden, und es ist ein Wunsch der Anwohnerinnen und Anwohner in den betroffenen Bereichen, die sich dadurch belästigt fühlen, die aber auch eine Hilfe für die Schwerstabhängigen haben wollen und nicht nur sagen: Die sollen einfach verschwinden. Sie hätten einfach mitbekommen müssen, was diskutiert wird. Selbstverständlich, bevor diese Drogenkonsumräume an einzelnen Orten eingerichtet werden, wird dort mit den Anwohnern und den Geschäftsleuten geredet. Das ist eine Selbstverständlichkeit, das muss man hier nicht zehnmal rauf und runter deklinieren.
Frau Jantzen! Ich wäre Ihnen wirklich dankbar, wenn man in diesem Haus nicht davon ausgehen würde, dass man von außerhalb des Parlaments nicht auch die Diskussionen in der Stadt beobachten kann. Das ist sehr wohl möglich, und das haben wir selbstverständlich auch getan.