Protokoll der Sitzung vom 18.08.2005

Dem Ältestenrat lag folgende Entschuldigung vor: Mit Schreiben vom Dienstag teilte der Regierende Bürgermeister mit, dass Herr Senator Wolf an einer Marketingaktion der Stadt Posen gemeinsam mit dem Stadtpräsidenten Ryszard Grobelny teilnehmen und daher erst ab 14 Uhr im Plenum anwesend sein wird.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 1:

Fragestunde – Mündliche Anfragen

Zu Beginn der Fragestunde teile ich Ihnen mit, dass die Abgeordnete Jantzen der Fraktion der Grünen darum gebeten hat, ihre Fragen unter den lfd. Nrn. 9 und 12 zu tauschen, das heißt, dass die Frage 12 nunmehr Frage 9 wird und umgekehrt.

Das Wort zur ersten Mündlichen Anfrage über

Einschulung 2005

hat Frau Kollegin Dr. Tesch. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Wie ist nach Auffassung des Senats der Beginn des neuen Schuljahres – vor allem unter Berücksichtigung des auf Grund der Reform des Schulgesetzes größeren Jahrgangs – verlaufen?

2. Welche Veränderungen – insbesondere im Hinblick auf die Klassenfrequenzen – waren erforderlich, um die Vorgaben des Schulgesetzes zu erfüllen?

Danke schön! – Zur Beantwortung hat der Bildungssenator, Herr Böger, das Wort.

Frau Abgeordnete! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Allen Unkenrufen und Chaosprognostikern zum Trotz ist das Schuljahr 2005/2006 gut, ich würde sogar behaupten, in manchen Bereichen sehr gut angelaufen.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Das haben wir in erster Linie den hoch engagierten Schulleiterinnen und Schulleitern zu danken, den Lehrerinnen und Lehrern,

[Beifall des Abg Mutlu (Grüne): Da kann man klatschen!]

den Erzieherinnen und Erziehern und in der Regel auch der engagierten Mitarbeit der Schulträger in den Bezirken.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Das erkenne ich ausdrücklich an, insbesondere wenn man sich deutlich macht, dass dies kein normaler Schulanfang war. Für die, die das erste Mal in die Schule gehen, ist der Schulanfang immer aufregend, für die anderen etwas Wiederkehrendes.

Was hat sich in diesem Schuljahr geändert? – Wir hatten im Schuljahr 2004/2005 36 verlässliche Halbtagsgrundschulen. Im neuen Schuljahr sind alle Schulen in Berlin verlässliche Halbtagsgrundschulen. Das heißt, von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr ist das Kind wohl behütet in der Schule aufgehoben und wird pädagogisch betreut. Schon allein dieses Angebot wäre für viele Städte der alten Bundesrepublik, Frankfurt oder Köln, Heilbronn oder Mainz, ein kostbares Gut. Das ist eine große Leistung, die Berlin hier erbringt.

[Beifall der Abg. Matz (SPD) und Dr. Kaczmarczyk (Linkspartei.PDS)]

Der zweite Punkt: Im letzten Schuljahr waren 143 Grundschulen offene Ganztagsbetriebe, das heißt, Grundschulen, die mit Horten kooperiert haben – vor allem im ehemaligen Ostteil der Stadt. Diese sind trainiert und geübt. In diesem Jahr sind es 345 Grundschulen. Das heißt im Kern, alle Grundschulen bieten dieses einmalige Angebot an. Über dieses Angebot können die Berliner Eltern froh sein. Es gibt kein besseres Angebot in der Bundesrepublik Deutschland als das Berliner.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Übrigens auch hinsichtlich der Gebührenfrage ist Berlin sehr wohl behutsam.

Schließlich hat der Senat die gebundenen Ganztagsgrundschulen – das ist das Angebot von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr inklusive Mittagessen, das jedoch von den Eltern bezahlt werden muss – von 35 auf 46 Schulen gesteigert. Die 2 000 Erzieherinnen und Erzieher, die in den vergangenen Jahren an den Schulen waren, sind in diesem Jahr auf 3 740 Erzieherinnen und Erzieher aufgestockt worden. Diese waren vorhanden und engagiert, und deshalb ist das neue Schuljahr gut gestartet. Ich sage allen Beteiligten herzlichen Dank, und ich meine, wir sollten dies gemeinsam tun.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Was die pädagogischen Veränderungen betrifft, so ist die Schulanfangsphase zu nennen. Hier bin ich sehr froh, dass entgegen dem, was teilweise behauptet wurde – hier würde zu schnell gehandelt werden –, dies schrittweise eingeführt wird. Nur 50 Schulen beginnen jetzt zusätzlich.

Präsident Momper

Die Verbindlichkeit besteht erst ab 2007/2008. Die Schulen können sich also noch in Ruhe weiter darauf vorbereiten. Das ist auch vernünftig so.

Ansonsten hat es mit den jüngeren Kindern gut geklappt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sie in der Schule gut behütet sind. Dazu haben wir insbesondere für die Kinder, bei denen in den Klassen mehr als 40 % Kinder nichtdeutscher Herkunft sind, die Einschulungsfrequenz auf 20 gesenkt. Auch das ist eine klare Priorität. Für die anderen besteht eine Richtfrequenz von 25. Das heißt, die Lehrerstellenzumessung erfolgt nach diesen Größen, auch dann, wenn in der Klasse mehr Kinder sind, weil der Schulträger sagt, er könne dies von den Räumlichkeiten her nicht anders leisten. Das bedeutet, dass im Unterricht in der Woche mehr als 10 Stunden doppelt gesteckt sind, das heißt, zwei pädagogisch Verantwortliche in den ersten beiden Grundschulklassen vorhanden sind. Dies ist klarer und konkreter Ausdruck von bildungspolitischer Kompetenz und Priorität. Es ist ein wichtiger Punkt, auf den wir gemeinsam stolz sein können.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

In dem Zusammenhang komme ich auf die Klagen über Baustellen. Diese kann ich nachvollziehen. Man kann jedoch nicht auf der einen Seite zu Recht sagen, es müsse an den Schulen auch baulich Einiges geschehen, auf der anderen Seite aber darüber klagen, wenn es denn tatsächlich getan wird. Das passt nicht zusammen.

Ich will dem Haus die Zahlen nennen und werde demnächst noch nachlegen, wo Schwierigkeiten bestehen, denn wir reden heute über den Haushalt: Wir haben in diesem Jahr fast 60 Millionen € Investitionsmittel aus dem Schul- und Sportstättensanierungsprogramm zur Verfügung. Ich habe in den Bezirken Signal gegeben, dass, wenn bis zum 30. September diese Mittel nicht belegt sind, diese von dem einen Bezirk zum anderen umgeschichtet werden. Ich habe hierfür bereits Interessenten, die mehr machen wollen. Das heißt, wir werden nicht zulassen, dass von diesem Haus Mittel zur Verfügung gestellt werden, die dann gar nicht verausgabt werden.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Zweiter Punkt, und vielleicht hört mir dann auch der geschätzte Fraktionsvorsitzende der FDP zu, denn hier geht es um Arbeitsplätze, um Wirtschaft und Wachstum, um Handwerksbetriebe, die Aufträge bekommen.

[Dr. Lindner (FDP): Halten Sie eine Rede, oder beantworten Sie eine mündliche Frage?]

Ich beantworte eine Frage sehr konkret. – Wir haben in diesem Jahr 63 Millionen € an Investitionsmitteln aus dem Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung zur Verfügung. Diese 63 Millionen €, die wir ausgeben könnten, werden die Bezirke nach meiner Befürchtung nicht in Gänze ausgeben können. Ich werde das Haus und die Öffentlichkeit demnächst darauf aufmerksam machen, in welchen Bezirken diese Versäumnisse auftreten, das heißt, vorhandene Investitionsmittel nicht abgerufen werden, keine Aufträge an Unternehmen gegeben werden und

damit verhindert wird, dass es an den Schulen konkret besser wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Böger! – Eine Nachfrage von Frau Tesch. Sie hat das Wort. – Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Ich freue mich über die Auskunft, dass das Schuljahr mit Hilfe aller betroffenen Gruppen gut angelaufen ist. Über die Eltern haben Sie lediglich einen Halbsatz verloren, deswegen möchte ich hier noch einmal nachhaken. Bei meiner alljährlichen Einschulungsaktion bin ich in diesem Jahr auf eine besonders große Resonanz bei den betroffenen Eltern gestoßen und frage Sie deshalb, ob der Senat sicherstellt, dass auch in Zukunft die Eltern seitens des Senats über ihre Rechte – Mitbestimmung in Gremien und die Gebührenfrage –, aber auch ihre Pflichten – insbesondere hinsichtlich der weiterhin aktuellen Schulschwänzerproblematik – informiert werden.

Herr Senator Böger – bitte!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete Tesch! Ja, das tun wir. Wir informieren die Eltern umfassend und auch rechtzeitig. Ich darf an dieser Stelle auch an alle Eltern appellieren, sich einzubringen. Sie sind ganz notwendiger Bestandteil im Bildungsprozess. Ich weiß, dass es hier und dort immer wieder bei Lehrern oder Schulleitern Vorbehalte gibt, aber in den meisten Fällen klappt es sehr gut. Die Eltern werden informiert. Sie sind auch nach dem neuen Schulgesetz – Sie wissen das – bedeutsam und wichtig.

In dem wichtigsten Gremium, der Schulkonferenz, werden alle wichtigen pädagogischen und sonstigen Fragen entschieden. Dort sind die Eltern drittelparitätisch und schließlich auch noch eine schulfremde Person vertreten. Ich hoffe sehr, dass das von den Schulen im Einzelnen genutzt wird.

Ein besonderes Problem haben wir bei den Eltern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, den Migranteneltern. Hier gibt es zusätzliche Programme. Ich bin sehr froh, dass mir der Regierende Bürgermeister schon in diesem Haushaltsjahr zugesagt und der Finanzsenator sichergestellt hat, das alle Eltern, die einen Mütterkurs, das heißt eine Unterstützung, benötigen und wollen, diesen auch tatsächlich bekommen. Das ist sehr wichtig.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Abgeordnete Jantzen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich glaube, dass wir den Schulleiterinnen und -leitern, Erzieherinnen und Erziehern sowie allen anderen Beteiligten, auch den Eltern, nicht genug dafür danken können, dass es so relativ gut geklappt hat. Ich bin sehr froh, dass

Sen Böger

Sie das erwähnt haben, Herr Böger. Ich habe folgende Nachfrage: Sie haben ausgeführt, dass die Kinder in der verlässlichen Halbtagsgrundschule von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr wohlbehütet aufgehoben und pädagogisch betreut seien. Wie konnte es dann aber geschehen, dass einige Schulen die Kinder dennoch innerhalb dieser Zeitspanne nach Unterrichtsschluss auf die Straße geschickt haben?

Herr Senator Böger – bitte!