Protokoll der Sitzung vom 29.09.2005

[Henkel (CDU): Quatsch!]

In Wirklichkeit geht es aber um etwas anderes. Die FDP begründet ihren Antrag im ersten Satz mit den Worten: „Berlin ist völlig überreguliert und dementsprechend überbürokratisiert.“ – Einen Beleg für diese These bleiben Sie schuldig. Das wäre auch schwierig zu belegen angesichts von allein sieben Gesetzen zur Aufhebung von Rechtsvorschriften – das letzte umfasst 97 Einzelpunk- te –, schwierig angesichts erheblicher Anstrengungen zum Bürokratieabbau, zur Verfahrensvereinfachung – zum Beispiel im Baurecht, zum Beispiel bei der Justiz, zum Beispiel in den Bezirken – und außerordentlich schwierig angesichts des massiven Stellenabbaus im öffentlichen Dienst; die Betroffenen müssen solche Formulierungen als blanken Hohn empfinden. Nein, Regelwerke, die letztlich nur dem Beharrungsvermögen der Bürokratie dienen, sind in Berlin schon weitgehend verschwunden.

Die Schwierigkeit der Belegbarkeit zeigt sich auch noch an einer ganz anderen Stelle, Sie haben eben darauf hingewiesen. Der zuständige Staatssekretär im Saarland, Herr Mühlenbach, hat im Verwaltungsreformausschuss stolz vorgetragen, das Saarland habe von 3 346 Verwaltungsvorschriften 2 229 aufgehoben. Verbleiben nach Adam Riese 1 117. Ich gebe zu, in Berlin sind seit Juli 1998, seit dem Zweiten Verwaltungsreformgesetz, nur 229 Vorschriften außer Kraft getreten. Die Frage ist, wie viele dann übrig bleiben. Wenn Sie sich die Liste durchlesen, die seit August auf dem Tisch liegt, können Sie feststellen, dass in Berlin exakt 362 Verwaltungsvorschriften in Kraft sind – 362 Verwaltungsvorschriften in einer 3,5Millionen-Einwohner-Stadt gegenüber 1 117 in dem 700 000-Einwohner-Land Saarland. Von Überregulierung und Überbürokratisierung kann da nun wirklich keine Rede sein. Ich rate Herrn Mühlenbach: Bleiben Sie im Saarland! Da ist noch viel zu tun!

Wenn man sich diese Verhältnisse vor Augen führt, dann kann man mit Fug und Recht sagen, der FDP-Antrag lässt sich letztlich reduzieren auf die staatsfeindliche Ideologie der FDP, mit der sie immer wieder vorstellig wird. Die SPD hat einen anderen Ansatz. Wir wollen den funktionierenden Rechtsstaat, und dazu gehören auch Regeln, die die Rechte der Betroffenen, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger, schützen. Dazu gehört auch, dass man diese Regeln regelmäßig überprüft und diejenigen, die nicht mehr tauglich sind, außer Kraft setzt. Genau das haben wir getan. Wir werden deshalb für die Fortsetzung einer Verwaltungsreform mit Augenmaß, mit einem Blick für die Rechte der Menschen, eintreten. Die FDP und ihr Antrag leisten dazu bedauerlicherweise keinen Beitrag.

Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Herr Kollege Felgentreu! – Für die CDU erhält das Wort der Kollege Henkel! – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Felgentreu! Das war ein Stück weit wie das Pfeifen im Wald. Sie wissen selbst, dass die Realität etwas anders aussieht. Seit 2001, dem Jahr der rot-roten Regierungsübernahme tritt Berlin auf den Feldern Deregulierung und Entbürokratisierung auf der Stelle. Alles, was dieser Senat geradezu in Perfektion auf diesem Gebiet zu Stande bringt, ist das Ausbremsen und Ablehnen von konstruktiven Vorschlägen der Opposition. Über einen reden wir heute.

Der bereits über die Maße aufgeblähte Verwaltungsapparat läuft Gefahr, sich von Tag zu Tag mehr aufzublähen. Wenigstens diese Art von Wachstum können Sie sich auf Ihre Habenseite schreiben, meine Damen und Herren vom Senat! Aus unserer Sicht ist dies allerdings ein zweifelhaftes Verdienst, denn dieses Wachstum steht bedauerlicherweise in krassem Gegensatz zur Entwicklung der Berliner Wirtschaft. Wir alle wissen – und es klang heute bereits mehrfach in der zuvor geführten Debatte an –, es müsste genau umgekehrt sein. Es ist gerade die Überbürokratisierung und Überreglementierung, in der ein Hauptwachstumshindernis liegt. – Herr Felgentreu, das wissen Sie genauso gut wie ich und alle anderen Mitglieder des Innenausschusses; wir haben darüber gesprochen.

Wir fordern deshalb einen Befreiungsschlag für die Berliner Verwaltung. Konkret heißt das, dass sämtliche Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin auf den Prüfstand gehören. Die Grundvoraussetzung hierfür ist jedoch eine eingehende Evaluierung und eine damit einhergehende Klärung der Frage: Ist diese Vorschrift unbedingt erforderlich oder nicht? Da sind wir nicht ganz so weit voneinander entfernt. Aber zur Verwirklichung dieses Ziels ist aus unserer Sicht eine Deregulierungskommission der richtige Weg, bestehend aus Mitgliedern der Senatsverwaltung, der Bezirke, der Kammern, der Gewerkschaften und Vertretern der Unternehmensverbände. Diese erhält den Auftrag, über den Fortbestand einer Vorschrift zu entscheiden. Und wenn eine Vorschrift einer Überprüfung durch die Kommission standhält, bleibt sie in Kraft – aber eben nur dann. Berlin braucht dieses Rad nicht neu zu erfinden; es kann von den Erfahrungen anderer Bundesländer lernen. Das Saarland wurde bereits erwähnt. Die deduktive Herangehensweise – den Verwaltungsreformern besser bekannt unter dem Begriff „Schnittlösung“ – wurde im Saarland bereits angewandt. Im Klartext heißt das: Nur das, was am Ende in überzeugender Weise gegenüber der Kommission zu rechtfertigen ist – darzulegen hat das dann in jedem Einzelfall die zuständige Verwaltung –, bleibt bestehen. Alles andere fällt automatisch weg.

Zu vorliegendem Antrag der FDP: Im Wesentlichen geht es hier um die Erstellung einer so genannten Erfassungsliste. Der Antrag – das haben alle Redner vor mir gesagt – stammt aus dem Jahr 2003. Mittlerweile liegt uns – Herr Felgentreu hat darauf hingewiesen – mit Drucksache 15/4147 eine Auflistung des Senats über die vorhandenen, die neuen und die weggefallenen Berliner Verwaltungsvorschriften vor. Sie stellen die Frage, Herr Kollege Felgentreu, ob sich damit der Antrag der Kollegen von der FDP nicht erledigt habe. Ich sage: Wohl kaum, denn wer sich diese Liste genauer anschaut, der bekommt schnell ernsthafte Zweifel an der Vollständigkeit und der damit verbundenen Ernsthaftigkeit der vorgelegten Aufstellung.

Diese Zweifel konnten – das wissen Sie – im Ausschuss für Verwaltungsreform vor wenigen Tagen keinesfalls entkräftet werden, im Gegenteil. Heraus kam hier, dass die einzelnen Verwaltungen auf eine Abfrage hin nach eigenem Gusto Angaben über den Bestand an geltenden und außer Kraft getretenen Vorschriften geliefert haben. Überprüfen kann diese Angaben keiner. Wie auch? – Entsprechend ist das Ganze auch zu bewerten. Ein Beispiel: Von der vollmundigen Ankündigung, man werde so und so viele Verwaltungsvorschriften streichen, lieferte die Senatsverwaltung für Inneres lediglich ganze 37 Verwaltungsvorschriften der eigenen Verwaltung auf. Es ist kaum vorstellbar, dass eine Behörde dieser Größenordnung nur über 37 so genannte überflüssige Vorschriften verfügen soll. Bei einem solchen Umfang dürfte selbst der kritischste Beobachter schmunzeln und sich vergegenwärtigen, dass dies kaum realistisch ist. – Was also ist diese Liste wert? – Ich fürchte, nicht das Papier, auf dem sie steht.

Das von mir genannte Beispiel macht deutlich, dass dieses Thema noch bei weitem nicht seine Erledigung gefunden hat. Deshalb unterstützen wir als CDU-Fraktion nicht nur alle Initiativen zur Entbürokratisierung und Deregulierung. Das Ziel muss sein: eine bürgerfreundliche und schlanke Verwaltung, die sich dem übergeordnete Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen und damit der sozialen Stabilisierung unterordnet.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Nicht nur das unterstützen wir, sondern wir unterstützen auch den Antrag der FDP. Ich hoffe und denke, dass auch Sie von der Linken noch zur Vernunft kommen. – Danke schön!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Henkel! – Es folgt die Linkspartei.PDS. Das Wort hat der Kollege Dr. Zotl. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Thiel! Eine solche Rede wie die eben vom Kollegen Henkel vorgetragene hat selbst Ihr Antrag nicht verdient. Es war eine Rede, die letztlich auf das Motto „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf“ zurückzuführen ist. Wir haben, was die

Bürokratisierung und Staatsaufgaben betrifft, in besonderem Maße eine Situation, dass das, was einige empfinden, mit der Realität nicht übereinstimmt. Das lässt sich erklären. Wenn ich etwas machen will und mit meinen Interessen an Grenzen von Gesamtinteressen, die sich in Vorschriften widerspiegeln, stoße, dann ist eine Überbürokratisierung da. Aber real ist es nicht so.

Auch wenn Herr Henkel jetzt versucht hat, diese Übersicht, die wir im Verwaltungsreformausschuss diskutiert haben, in Frage zu stellen und zu schmähen, ist es eine Übersicht, die stimmt. Diejenigen, die am meisten erstaunt waren und das auch bei Testprüfungen erkannt haben, dass es so ist, waren übrigens die Kollegen von der FDP und von der CDU.

Natürlich sind wir uns einig – denke ich –, dass eine Gestaltungspolitik klare Regeln braucht. Aber wir sind uns auch einig, dass zu viele und zu kleinliche Regelungen Gestaltungspolitik und Eigenverantwortung von Wirtschaft und Gesellschaft verhindern. Das ist schon ein Widerspruch. In unserer Diskussion im Ausschuss – im Rahmen einer großen Anhörung und dann noch einmal im Februar in einer Beschlussdebatte – haben wir auch anerkannt, dass Sie sich in diesen Widerspruch völlig berechtigt begeben. Das ist ein Widerspruch, mit dem die Politik umgehen muss. Aber wir meinen, dass Ihr Antrag zu kurz greift und in vielen Punkten auch danebengreift.

Das hat drei Gründe. Der eine ist hier schon diskutiert worden. Sie gehen von einer nicht zutreffenden Analyse aus. Der zweite ist, der Weg wird von der Mehrheit – auch hier im Haus – als falsch eingeschätzt. Der dritte Grund ist, dass es eine Reihe von Vorschlägen gibt, die schon veraltet sind, weil sie schon realisiert sind. Da hilft nichts – das ist jetzt meine persönliche Meinung –, dass im Endbericht der Enquetekommission gerade zu diesem Teil, der nun wahrlich nicht zu den stärksten des Berichts gehört – wie auch der Bericht meiner Meinung überhaupt nicht zum Stärksten gehört, das uns jemals vorgelegt worden ist –, etwas steht. Ich habe mich aktiv mit vielen Kolleginnen und Kollegen, die dort gerade für den Teil Verwaltung, Demokratisierung und Entbürokratisierung beteiligt waren, verständigt und kann das guten Gewissens sagen, dass der analytische Zugang zu dem, was hier ist, völlig unzureichend war. Die Kolleginnen und Kollegen, die vieles aufgeschrieben haben, wussten oft nicht, was hier alles gemacht wird und vorliegt. Deshalb ist eine Position nicht dadurch legitimiert, dass in einem Enquetebericht, noch dazu in diesem, etwas steht.

Zum ersten Punkt noch etwas: Sie gehen davon aus – so schreiben Sie es –, dass Berlin auf dem Gebiet der Staatsaufgabenkritik alles verzögert habe und jetzt in einem Meer an Überregulierung versinke. – Das ist einfach falsch! Wir hatten bereits im Frühjahr 2002, nachdem der Senat im Januar 2002 gebildet worden ist, die Schlussfolgerung des Senats zum Umgang mit den Empfehlungen der Scholz-Kommission vorliegen. Darunter waren auch die Empfehlungen zur Deregulierung. Es gab eine grund

legende Verzögerung, die aber wir verursacht haben. Wir haben, weil wir dazu Stellung nehmen mussten, ein Jahr gebraucht, um diesen Bericht durch die Ausschüsse zu bringen. Ausschüsse unter CDU-Vorsitz haben das bis heute nicht getan, einer zumindest.

Wir haben die schon zitierte Normprüfungskommission eingesetzt, die bei Gesetzesvorhaben des Senats oder des Abgeordnetenhauses prüft, ob sie notwendig oder bürokratisch sind, ob sie sich mit anderen Regelungen überschneiden und dergleichen. Es ist eine unabhängige Kommission mit ehrenamtlich tätigen Sachverständigen. Wir haben entsprechend dem Bericht der ScholzKommission und ihren Empfehlungen eine Reihe öffentlicher Leistungen in andere Trägerschaften übertragen. Damit ist auch eine Reihe von regulierenden Dingen weggefallen. Berlin hat als eines der wenigen Bundesländer seit einiger Zeit eine Befristungsregelung für Verwaltungsvorschriften.

[Dr. Lindner (FDP): Ist doch Quatsch alles!]

Vorschriften, die aus dem Senat kommen, verfallen nach zehn Jahren, die aus den Senatsverwaltungen kommen, verfallen nach fünf Jahren. Das ist eine Reglung in Berlin. Andere Bundesländer haben sie nicht. Das ist insofern von besonderer Bedeutung, als ein großes Maß an Bürokratie oder Überregulierung, wie Sie es nennen, nicht so sehr vom Gesetz her, sondern von der Umsetzung und der Durchsetzung bestimmt ist. Das wird über die Vorschriften reguliert.

Nun, Herr Henkel, – er ist nicht mehr da, – –

Herr Kollege! Kommen Sie bitte zum Schluss!

Ja. – Nun haben wir diese Übersicht, auch wenn man hier oder da noch nachprüfen kann, die 370 bis 380 geltende Verwaltungsvorschriften umfasst. Davon werden noch etwa 20 Anfang 2006 wegfallen, weil ihre Frist abgelaufen ist. Das ist eine Tatsache, mit der wir zufrieden sein können. Im Januar, das haben wir im Ausschuss beschlossen, wird es dazu eine gemeinsame Stellungnahme geben, dass der Senat allen Verwaltungen bekannt gibt, welche Vorschriften gelten. Im Übrigen haben wir eine Aussage aus der Innenverwaltung, dass ohnehin nur die Vorschriften gelten, die auf dieser Liste stehen. Damit ist die wichtigste Grundlage, der wichtigste Ausgangspunkt Ihres Vorgehens hinfällig. – Danke schön!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Danke, Herr Kollege Dr. Zotl! – Bündnis 90/Die Grünen folgen. – Das Wort hat der Herr Kollege Ratzmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Henkel! Ist er noch da? – Nein, er ist nicht da.

[Pewestorff (Linkspartei.PDS): Ist kaum noch jemand da!]

Das ist ja auch ein interessantes Thema.

[Sen Dr. Körting: Das kann man sagen!]

Es zeigt einfach, mit welcher Vehemenz sich dieses Parlament dem Bürokratieabbau und dem „Krebsgeschwür der wirtschaftlichen Entwicklung Berlins“, wie Herr Lindner das bezeichnet hat, zuwendet. Man kann sich dem Eindruck, dass es nicht unbedingt ein erotisches Thema ist, nicht erwehren. Deshalb zeigt die Teilnahme hier, dass sich nicht sehr viele Kolleginnen und Kollegen ernsthaft damit beschäftigen.

Das zeigt auch der Antrag, den wir hier vorliegen haben. Ich würde Herrn Henkel, wenn er da wäre, noch zustimmen, als er gesagt hat, dass diese Stadt Bürokratieabbau brauche. Das kann man nur unterstreichen und unterstützen.

Herr Felgentreu! Ich glaube, dass Ihre Einschätzung zu positiv ist, wenn Sie meinen, dass hier Wesentliches geleistet worden ist. Wir müssen weitermachen auf dem Weg, Bürokratie abzubauen, wir müssen weitermachen auf dem Weg, die Verfahrens- und Verwaltungsabläufe zu vereinfachen, damit wir wirklich eine bürgerfreundliche und leistungsfähige Verwaltung bekommen, die den Menschen hilft, ihnen dient und das Vorhaben, diese Stadt nach vorn zu bringen, unterstützt.

Ich kann nicht erkennen, Herr Thiel, dass Ihr Antrag diesem Anliegen tatsächlich dient. Was schreiben Sie in ihrem Antrag? – Sie schreiben, dass wir die Berliner Verwaltungsvorschriften in einer Liste erfassen und diese dann unser Leitfaden für den Abbau von Bürokratie sein soll. Wir haben in der Tat eine Liste bekommen. Darauf sind einige Verwaltungsvorschriften aufgeführt, die im Jahr 1998 oder auch danach weggefallen sind. Hat sich danach in dieser Stadt wirklich etwas verändert? – Es ist naiv, so wie Herr Henkel an dieses Problem heranzugehen und zu meinen, dass sich die Verwaltung selbst den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Meinen Sie, Sie finden einen deutschen Beamten oder eine Verwaltungsangestellte, der oder die eine Verwaltungsvorschrift selbst wegstreichen, die ihre eigenen Aufgaben legitimieren? Das ist doch Irrsinn. Das kann man von der Verwaltung überhaupt nicht verlangen. Es wäre unsere Aufgabe, zunächst einmal zu klären, was wir in dieser Stadt überhaupt noch brauchen. Dabei geht es nicht darum die dicken Bücher, in denen die Gesetze oder die Hefte, in denen die Verwaltungsvorschriften stehen, dünner zu machen. Es geht vielmehr darum, zu gucken, wie diese Verwaltung arbeiten muss. Was brauchen wir im Einzelnen für Unterstützungsleistungen? Wo brauchen wir noch Regulierung? Natürlich ist das von Dr. Lindner genannte Beispiel ärgerlich, und man könnte bestimmt noch hundert weitere finden. Aber an bestimmten Punkten müssen wir doch erst einmal fragen: Wie funktioniert die Verwaltung? Wie muss sie funktionieren, damit bestimmte Abläufe weiterhin stattfinden können? Sie tun immer so, als könnten wir quasi

den Stecker ziehen und alle Gesetze wären weg. Dadurch jedoch wird sich überhaupt nichts ändern. Deshalb ist Ihr Ansatz völlig falsch. Wir müssen die Verwaltungsreform wirklich vorantreiben. Zu meinen, dass sich die Verwaltung selbst hinstellt und uns sagt, welche Gesetze wir abschaffen sollen, das ist ein Demokratieverständnis, das das, was wir in das Grundgesetz geschrieben haben, auf den Kopf stellt. Wir sind ein demokratischer Rechtsstaat, so steht es im Grundgesetz. Das bedeutet, die Verwaltung braucht ein Gesetz, um handeln zu dürfen. Es ist unsere Aufgabe, zu untersuchen, welche Gesetze wir noch brauchen, um das, was reguliert werden muss, um Verwaltungshandeln aufrecht zu erhalten.

Wir werden dem Antrag deshalb nicht zustimmen, weil er das Anliegen, das zutreffend aus dem Schlussbericht der Enquetekommission zitiert worden ist, in keiner Weise nach vorn bringt. Solange es nicht gelingt, das Tandem, das die Verwaltungsreform angeblich in Händen hat und augenscheinlich in zwei unterschiedliche Richtungen lenkt, in einen Prozess einzubinden, der der Stadt etwas nutzt, wird es nichts nützen, einfach nur Gesetze und Verwaltungsvorschriften zu streichen. Wenn wir das täten, wären die Bürokraten völlig losgelassen und würden einfach das machen, was ihnen gefällt. Das aber kann für die Stadt nicht gut sein. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Ratzmann! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen CDU und FDP die Ablehnung des Antrags. Wer diesem jedoch seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind FDP und CDU. Danke schön! – Die Gegenprobe! – Das sind die anderen Fraktionen. Gibt es Enthaltungen? – Dann ist es mit Mehrheit abgelehnt.

Die Fraktion der SPD hatte ursprünglich unter Tagesordnungspunkt 4 d die Beratung der Änderung des Landesabgeordnetengesetzes und der damit verbundenen Anträge unter dem Tagesordnungspunkt 11 angemeldet. Nachdem sich die Fraktionen darauf verständigt haben, auf eine Beratung hierzu zu verzichten und über die Konsensliste die entsprechende Überweisung vorzunehmen, hat die SPD keine andere Priorität angemeldet.

Ich rufe auf als Priorität der Fraktion der CDU Punkt 25 unserer Tagesordnung

lfd. Nr. 4 e:

Antrag

Städtische Wohnungswirtschaft wieder handlungsfähig machen!

Antrag der CDU Drs 15/4278