Protokoll der Sitzung vom 24.11.2005

sind, sind die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme verpflichtet.

Außerdem gibt es dazu noch ein Schreiben der Senatsverwaltung an die Grundschulen und die Außenstellen der Schulaufsicht, in dem die Schulen aufgefordert werden, diese Öffnungszeiten mit Unterrichts- und Betreuungszeiten zu rhythmisieren und in jedem Fall zu gewährleisten.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Jantzen?

Ich habe keine Zeit, weil das so viel ist. Hättet ihr einen Antrag weniger gestellt, hätten wir vielleicht noch eine Minute.

Wo liegt nun eigentlich das Problem bei diesem FDPAntrag? – Eigenverantwortung der Schulen heißt das Lösungswort, und diese zu stärken ist doch auch Ihr Plädoyer.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Und drittens werden die Probleme, die Sie in Ihrem Antrag mit dem Satz: „Die Berliner Grundschulen sind erneut darauf hinzuweisen...“ doch auch nicht dadurch besser gelöst, dass dieser Antrag parlamentarischen Segen erhält. Sicher, die Umsetzung des Neuen im Schulgesetz, insbesondere der Grundschulreform, ist nicht problemfrei zu haben. Sie ist eine Herausforderung für die Schulen, für alle Beteiligten und insbesondere für Lehrer und Erzieher. Sie müssen vieles auf einmal bewältigen.

Für eigenverantwortliches Handeln brauchen die Schulen auch Zeit und Raum, statt jedes Mal jedes Detail wieder durch eine neue Vorschrift geregelt zu bekommen. – Das ist für mich der Grundtenor bei allen drei FDP-Anträgen. Aber statt hier immer neuen Regelungsbedarf zu verkünden, brauchen wir eine andere Art des Umgangs mit den Problemen, weniger eine Skandalisierung – das haben wir bei meiner Vorrednerin vorgeführt bekommen – als vielmehr eine nüchterne Ursachenanalyse.

[Beifall der Frau Abg. Jantzen (Grüne) – Frau Jantzen (Grüne): Genau! – Frau Senftleben (FDP): Machen wir das doch mal!]

Erst diese Ursachenanalyse kann ergeben, ob die gesetzten Rahmenbedingungen stimmen und „nur“ ein Defizit an Qualifizierung, an Ausstattung oder Ähnlichem zu verzeichnen ist und behoben werden muss oder ob die Rahmenbedingungen für das, was wir wollen, anders definiert und gestaltet werden müssen.

Damit bin ich bei dem Antrag der Grünen: „Leitbild für die Offene Ganztagsschule“ Wirklichkeit werden lassen. – Ich teile Ihr Anliegen, im Interesse und zum Wohle der Kinder unserer Stadt die Grundschulreform unbedingt zum Erfolg zu führen.

[Frau Jantzen (Grüne): Das wollen wir auch!]

„Teile“ heißt: Sie auch! – Vielleicht noch einmal eine kleine Nachhilfe in Deutsch. – Deshalb hat meine Fraktion schon vor einiger Zeit im Ausschuss eine Besprechung nach § 21 Abs. 5 GO beantragt. Sie treffen mit Ihrem Antrag, besonders mit den am Schluss des Antragstextes benannten Punkten, die zentralen Fragen einer erfolgreichen Umsetzung der Grundschulreform. Ohne Frage!

[Frau Jantzen (Grüne): Danke!]

Das von Ihnen bevorzugte Instrument des Senatsberichts finde ich aber nicht geeignet. Nach einem halben Schuljahr – auf den März 2006 haben Sie den Bericht terminiert – ist eine Evaluation mit belastbaren Ergebnissen nicht möglich. Sie verlangen eine Bestandsaufnahme in den durchaus richtig benannten Punkten, aber dazu benötigt man schon zwei Schuljahre. Es sollten z. B. zumindest erste Erfahrungen mit der Altersmischung in der flexiblen Schulanfangsphase vorliegen oder Erfahrungen in der Horteingliederung. Nach einem halben Jahr wollen Sie eine Bestandsaufnahme, doch das kann nicht solide sein.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Frau Kollegin! Bitte bedenken Sie, dass Sie schon weit über die Redezeit hinaus sind.

Dann verliere ich mich auch nicht weiter in Ausführungen, die den Antrag zum Hort angehen. Das kann man im Ausschuss nachholen.

Von besonderer Güte ist der Antrag zur verbalen Beurteilung: Erstens ist das in Bezug auf das Verhalten oder Sozialverhalten bereits in der AV Zeugnisse geregelt. Zweitens ist Ihre Begründung, dass damit den Disziplinproblemen in manchen Schulen beizukommen wäre, nachgerade haarsträubend. Das stammt aus dem vorvorigen Jahrhundert. – Vielen Dank!

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Das Wort hat nun Kollege Mutlu. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Schaub! Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Zwischenfragen werden nicht auf die Redezeit angerechnet. Das müsste inzwischen auch bei Ihnen angekommen sein.

Die in der Berliner Grundschule eingeleiteten Reformmaßnahmen sind unbestritten Schritte in die richtige Richtung. Die Einführung der flexiblen Schulanfangsphase, die verlässliche Halbtagsgrundschule und der Ausbau von Ganztagsangeboten sind geeignet, die Kinder individuell besser zu fördern und die Qualität der Bildung und Erziehung in den Schulen zu verbessern. Aber, liebe Frau Dr. Tesch, liebe Frau Schaub, die praktische Umsetzung der eingeleiteten Reformmaßnahmen im laufenden Schuljahr hat an vielen Berliner Grundschulen zu erheblichen Problemen geführt und Defizite aufgezeigt. Das ist auch

der Grund, warum wir diesen Antrag gestellt haben. Wir wollen, dass diese Fehler möglichst schnell behoben werden.

[Beifall bei den Grünen]

Die notwendigen rechtlichen Regelungen für die Verlagerung der Horte an die Schulen erfolgten zu spät. Zuständigkeiten für einzelne Aufgaben waren und sind teilweise immer noch nicht zwischen der Senatsverwaltung, dem Schulträger vor Ort und den Schulen eindeutig geklärt. Gemeinsame Konzepte für die Verzahnung von Bildung, Erziehung und Betreuung konnten nicht erstellt werden, und es ist auch nicht absehbar, wann das endlich passiert. Die räumliche Ausstattung ist für die Anforderungen in der flexiblen Schulanfangsphase, der verlässlichen Halbtagsgrundschule und der ergänzenden Förderung und Betreuung an den meisten Schulen nach wie vor völlig unzureichend.

Auch die Personalausstattung entspricht nicht den Zielen und den pädagogischen Anforderungen, die im „Leitbild für die Offene Ganztagsschule“ an die Schule gestellt werden. Das betrifft z. B. die Forderung nach mehr Zeit für die individuelle Förderung insbesondere der Kinder mit Benachteiligungen und Sprachdefiziten, nach Rhythmisierung des Schulalltags oder nach Kooperation des pädagogischen Personals untereinander sowie mit Eltern und außerschulischen Partnern. Viele Probleme können sicherlich so, wie Sie es getan haben und immer wieder tun, als Anfangsschwierigkeiten hingestellt oder als Folge der neuen Anforderungen an das pädagogische Personal betrachtet werden, die von den einzelnen Schulen in absehbarer Zeit eigenständig oder mit Unterstützung seitens des Schulträgers und der Senatsschulverwaltung behoben werden können. Ich sage: Hoffentlich! – Wenn ich mir vor Augen führe, wie Sie in den letzten fünf Jahren Bildungspolitik betrieben haben, muss ich allerdings sagen: Ich habe keine große Hoffnung.

Andere Probleme zeigen grundlegende Defizite in den gesetzten Rahmenbedingungen, die das „Leitbild für die Offene Ganztagsschule“ in das Reich der Träume verweisen. So sind z. B. die bessere Verzahnung von Unterricht, Freizeit und Betreuung und eine Rhythmisierung des Schulalltags kaum möglich, wenn nur die Kinder mit Betreuungsbedarf an der ergänzenden Förderung und Betreuung am Nachmittag teilnehmen dürfen und die Personaldecke extrem dünn ist. Die gewünschte Kooperation der in den Schulen tätigen Fachkräfte untereinander mit Eltern und mit außerschulischen Partnern sowie die Schulprogramm- und Qualitätsentwicklung benötigen zeitliche Ressourcen, die in der Personalbemessung bisher nicht ausreichend berücksichtigt sind.

Wenn die in den Grundschulen eingeleiteten Reformen erfolgreich sein sollen, die Kinder individuell besser gefördert und ungleiche Bildungschancen ausgeglichen werden sollen, dann müssen die Grundschulen bei der Bewältigung reformbedingter Probleme nachhaltig unterstützt und personell wie sächlich in die Lage versetzt werden, das „Leitbild für die Offene Ganztagsschule“ zu

verwirklichen. Die Weiterentwicklung der Berliner Schule darf nicht im Sinne permanenter Ad-hoc-Maßnahmen improvisiert, sondern muss sorgsam und nachhaltig geplant und realisiert werden. Dazu ist eine kritische Bestandsaufnahme nötig, die Defizite objektiv auflistet, aber auch durch die Befragung der Schulen subjektive pädagogische Einschätzungen erhebt, um darauf abgestimmte Unterstützungsmaßnahmen seitens der Schulträger und der Senatsschulverwaltung zu entwickeln und gegebenenfalls notwendige Änderungen in den Rahmenbedingungen vorzunehmen. Nur so können die eingeleiteten Reformmaßnahmen qualitätssteigernde Wirkungen erzielen. Genau darauf zielt unser Antrag. Genau diese Analyse fordern wir mit unserem Antrag, liebe Frau Schaub! Deshalb sage ich: Stimmen Sie dem Antrag: „Alle Begabungen fördern – Leitbild für eine Offene Ganztagsschule Wirklichkeit werden lassen“ zu!

Jetzt noch in aller Kürze zu den FDP-Anträgen, und zwar zunächst zum Antrag „Schule mit Zukunft III – Bildungsprogramm für schulergänzendes Bildungs- und Betreuungsangebot!“: Das ist meines Wissens bereits in Arbeit. Zu beachten wäre in diesem Zusammenhang, dass perspektivisch Bildungsprogramme ganzheitlich und verbindlich für die Bereiche Erziehung, Bildung und Betreuung gelten und nicht voneinander abgekoppelt werden sollten.

Der FDP-Antrag: „Schule mit Zukunft IV – Verbindlichkeit für die Grundschule!“ betrifft die verlässliche Halbtagsgrundschule. Das können wir grundsätzlich mittragen. Hinsichtlich der Einsatzes von Erzieherinnen in der verlässlichen Halbtagrundschule melde ich allerdings Dissens an. Das werden wir im Ausschuss noch diskutieren.

Der FDP-Antrag: „Schule mit Zukunft V – Schülerverhalten in Zeugnissen dokumentieren!“ hat Kopfnoten zum Ziel. Ein solches Dokumentieren des Schülerverhaltens oder Kopfnoten kann ich jedoch in keiner Weise gutheißen.

[Frau Senftleben (FDP): Das sind keine Kopfnoten! – Zuruf der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Herr Kollege! Bitte kommen Sie zum Schluss!

Letzter Satz: Ich frage mich, was ein wilhelminisches Bildungsverständnis mit der Überschrift „Schule mit Zukunft“ zu tun hat. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei den Grünen – Beifall der Frau Abg. Schaub (Linkspartei.PDS)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu allen vier Anträgen empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 5:

II. Lesung

Keine Doppelarbeit zwischen Senat und Bezirken bei den Bebauungsplänen – Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches

Beschlussempfehlung BauWohnV Drs 15/4414 Antrag der Grünen Drs 15/4240

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel zu verbinden. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel 1 und 2 auf, Drucksache 15/4240. Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Kollege Birk. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es soll Erwachsene geben, die sonntags vor dem „Presseclub“ gerne die „Sendung mit der Maus“ schauen. Ich gebe zu, dass ich auch zu der Fangemeinde gehöre. In dieser Sendung mit den berühmten Lach- und Sachgeschichten werden komplizierte Dinge so einfach erklärt, dass selbst Kinder sie verstehen, z. B. wie Flugzeuge gebaut werden. Stellen wir uns also vor, dort würde erklärt, wie in Berlin ein Bebauungsplan aufgestellt wird oder besser, wie bei dieser Planaufstellung in der armen Stadt Berlin sehr viel Geld zum Fenster rausgeschmissen wird: Also, ein Bebauungsplan beschreibt, was in einem eng umgrenzten Gebiet gebaut werden darf und was nicht. Wenn ein Bezirk in Berlin einen Bebauungsplan aufstellen möchte, dann muss er das dem Senat anzeigen. Der guckt dann, ob z. B. irgendwelche gesamtstädtischen Interessen dagegensprechen. Wenn der Senat sich nicht innerhalb eines Monats meldet, dann startet der Bezirk das Verfahren. Es werden Pläne erarbeitet. Die werden mehrmals den Bürgern vorgestellt. Die können Einwände erheben, aber auch andere Behörden können das und der Senat natürlich auch. Das Bezirksamt schaut sich diese Einwände an und guckt, was es davon berücksichtigen will und arbeitet weiter an dem Plan. Das kann lange dauern, sehr lange.

[Heiterkeit bei den Grünen]

In der Sendung, in der das Flugzeug gebaut wurde, wurde der Bau zwischendurch in einem Zeitraffer gezeigt. Beim Bebauungsplan bräuchte man einen Superzeitraffer.

[Heiterkeit und Beifall bei den Grünen]

Am Ende guckt ein Jurist im Bezirk den fertigen Plan an, ob auch alles nach Recht und Gesetz gemacht worden ist. Und nach vielen Jahren gibt es einen feierlichen Akt. Dann legt das Bezirksamt den Bebauungsplanentwurf der Bezirksverordnetenversammlung zum Beschluss vor. Nach dem Beschluss der BVV ist aber immer noch nicht

Schluss, denn dann bekommt der Senat die beschlossenen Pläne noch mal und schaut noch mal, ob auch alles nach Recht und Gesetz gemacht worden ist. Und weil das Juristen vom Senat machen, werden die dafür auch besser bezahlt.