Protokoll der Sitzung vom 24.11.2005

Schauen wir uns die Inhalte etwas konkreter an! Stichwort „Verkehr“: Im Ursprungspapier der FIFA ist dazu zu lesen – ich zitiere aus diesen Leitlinien einen Satz:

Der Anteil für Fahrten zu den WM-Stadien mit dem öffentlichen Nahverkehr wird auf 50 % erhöht.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Die Preise werden erhöht!]

Meine Damen und Herren von den Grünen! Wenn das unsere Leitlinien wären, wäre es traurig, denn in Berlin sind wir bereits bei einem Anteil von 80 % für den öffentlichen Personennahverkehr, der das Olympia-Stadion in vorbildlicher Weise bedient. Wir haben einen S-Bahn- und U-Bahnanschluss, um den uns fast alle deutschen Metropolen, insbesondere die mit den neuen Arenen, beneiden. Und da sollen wir uns an den FIFA-Regeln orientieren, die Sie jetzt auch endlich gelesen haben! – Nein danke! Wir sind da schon viel weiter hier in Berlin.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS – Zurufe von der SPD: Sehr richtig!]

Ihr Antrag Nr. 2 ist ein Stück aus dem Tollhaus. Darin geht es auch um die WM-Tickets und Fahrscheine, und er enthält konkrete Werte: 6 € für ein Tagesticket. – Toll, aber wie haben Sie diese Zahl erwürfelt? – Vielleicht haben Sie die Hälfte von 11 genommen, und es kam ca. 6 heraus. Das sind Werte, bei denen man nicht weiß, woher sie kommen. Frau Kubala war offensichtlich schon bei der Senatsvorbereitung dabei und hat mitbekommen, wie die Staatssekretäre, Herr Böger und Frau Junge-Reyer miteinander etwas ausgemacht haben. Das wissen Sie schon alles. Aber woher wissen Sie, wie die Verkehrspreise entstehen, und wie können Sie die berechnen? – Wie gesagt: Tolle Leistung!

Wenn man sich die Inhalte näher ansieht, wird es richtig peinlich, Frau Kubala! Sie haben so oft das Wort „Eigentor“ benutzt, und nun müssen Sie es sich auch anhören. In Ihrem neuen Antrag steht – wörtlich:

Neue Baustellen im zentralen Bereich sind auszuschließen.

Aha! – Aber bis vor kurzem hat Ihre Fraktion noch, wenn es um Baumaßnahmen im Jahr 2006 ging, vordringlich und schnellstmöglich die Tramlinie zum Alexanderplatz gefordert. In Ihrem jetzigen Antrag wollen Sie die aber explizit ausschließen. Was gilt denn nun, Frau Hämmerling?

[Frau Hämmerling (Grüne): Das war vor zwei Jahren!]

Gut, dass Sie sagen: vor zwei Jahren! – Frau Hämmerling, Sie kommen auch gleich noch dran, und zwar mit etwas, was Sie vor fünf Jahren vorgebracht haben. Keine Angst!

[Abg. Niedergesäß (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Niedergesäß?

Lieber nicht! Ich bin gerade so in Schwung.

[Heiterkeit – Beifall bei der SPD – Beifall der Frau Abg. Senftleben (FDP)]

Schauen wir uns noch weitere relevante Unterpunkte Ihrer Anträge an! Ich habe ja schon tolle Blüten gefunden, aber es wird immer noch besser. Es ist schon eine Weile her, dass die Grünen mit Herrn Köppl und Herrn Cramer echte Fußballer in ihren Reihen hatten. Die haben gedribbelt und auch mal ein Tor geschossen. Die wussten vor allem, wo das eigene Tor und wo das fremde ist. Eigentore gab es da nicht so oft. Von denen hätten Sie sich noch etwas mit auf den Weg geben lassen sollen.

Nehmen wir den Antrag Nr. 6 aus Ihrer tollen Reihe von Phrasen – Überschrift: Fanmeile am 17. Juni: Die Grünen wollen den Fanpark also nicht im Spreebogenpark, sondern auf der Straße des 17. Juni. Inhaltlich haben Sie wahrscheinlich Recht, denn inzwischen wissen wir alle, dass wahrscheinlich die Straße des 17. Juni und nicht der Spreebogen ausgewählt wird. Es ist insofern wahnsinnig revolutionär, den Antrag am 15. November so einzubringen.

[Mutlu (Grüne): Guten Morgen!]

Aber jetzt kommt es, nämlich die Begründung – ich zitiere aus dem aktuellen Antrag:

Mit der Straße des 17. Juni steht eine erprobte, ökologisch vertretbare und allen Sicherheitserfordernissen entsprechende Fläche zur Verfügung.

[Beifall der Frau Abg. Flesch (SPD) – Krestel (FDP): Ist doch völlig versiegelt!]

So, so! Dass die Besucher dann nicht nur auf der Straße, sondern auch im Tiergarten herumlaufen, wissen Sie.

Frau Hämmerling, jetzt zu Ihnen: Sie haben am 12. April 2000 in einem Antrag der Grünen – er ist mit Ihrer Unterschrift versehen –, bei dem es um die Love Parade ging, auch eine schöne Aussage zur Straße des 17. Juni aufgenommen. Ich zitiere:

Inzwischen hat die Love Parade Ausmaße angenommen, die unverträglich für den bisherigen Veranstaltungsort, die Straße des 17. Juni und den Berliner Tiergarten, sind.

Eine zweite Aussage ist noch schöner, Frau Hämmerling:

Eine weitere Belastung durch Veranstaltungen dieser Größenordnung im Großen Tiergarten kann nicht hingenommen werden, weil irreversible Schäden für die Umwelt drohen.

[Doering (Linkspartei.PDS): Hört, hört!]

Jetzt lautet die Frage: Welche Halbwertzeit haben Aussagen der Grünen zur Verkehrs- und Umweltpolitik, Frau Hämmerling? – Wir wissen es nicht, auf jeden Fall keine 90 Minuten.

[Heiterkeit]

Vielleicht ist es besser, vorher nicht nur die Spielregeln des Fußballs zu lesen, sondern sich auch inhaltlich vorzubereiten. Hätten Sie nicht so viel Papier vollgeschrieben, hätten Sie Zeit für das Training gehabt. Wären Sie mal hinausgegangen – das als meine persönliche Empfehlung. Franz Beckenbauer sagt immer: „Schaun mer mal!“ – Ich sage: Grünen-Fraktion, zurück in die Kabine! 10 Wochen hartes Ausdauertraining draußen in kurzen Hosen! Vielleicht kommen Sie dann auf bessere Ideen. – Schönen Dank!

[Beifall bei der SPD, der Linkspartei.PDS und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Sen Böger: Bravo!]

Das Wort zu einer Kurzintervention hat zunächst Frau Hämmerling.

[Zuruf]

Ja, zwei pro Debattenbeitrag! Frau Kubala, Sie kommen noch dran. Keine Angst!

Herr Buchholz! Können Sie einen Unterschied zwischen 50 000 Personen, die täglich eine Fanmeile besuchen, und einer Million Ravern erkennen?

[Zuruf des Abg. Doering (Linkspartei.PDS)]

Sie haben geplant, die Fanmeile auf der Spreeinsel unterzubringen. Da passen nur 20 000 hin. Ich habe immerhin das Zweieinhalbfache für den Großen Tiergarten veranschlagt. Wenn dort auf der Straße täglich 50 000 Menschen sind, ist das eine Veranstaltung, die durchaus verträglich ist.

[Gaebler (SPD): Vier Wochen lang, Frau Hämmerling!]

Herr Buchholz, Sie haben mich nicht zu Wort kommen lassen. Es muss nicht unbedingt der Große Tiergarten sein. Es ist eine Option. Eine ähnlich gute Variante wäre die Straße Unter den Linden. Was halten Sie davon? Das wäre auch eine Variante.

Ich finde es übrigens ziemlich schwach, dass Sie kneifen, wenn ich Ihnen eine Frage stellen will. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meine Frage jetzt beantworten würden.

[Gaebler (SPD): Ziehen Sie den Antrag zurück!]

Dazu hat der Abgeordnete Buchholz sofort die Gelegenheit. – Bitte schön!

Verehrte Kollegin Hämmerling! Wir haben gerade versucht, ein bisschen nachzurechnen. Wenn Sie vier bis sechs Wochen – mit den Vor- und Nachfeiern kann man für die WM sechs Wochen ansetzen – für das Bestehen der Fanmeile ansetzen und von 50 000 Besuchern täglich ausgehen – wahrscheinlich sind es mehr –, dann kommen Sie auf fast drei Millionen Besucher. Das sind viel mehr, als wir jemals bei der Love Parade hatten. Ich weiß nicht, ob es die Fraktion der Grünen schafft, jedem noch einen Zettel in die Hand zu drücken, auf dem steht: „Bitte pinkelt nicht in den Tiergarten!“. Ich bin mir nicht darüber im Klaren, ob Sie diese Kapazitäten haben.

Frau Hämmerling, wenn Sie schon im Lauf der Debatte wieder andere Standorte vorschlagen, dann frage ich mich, was Ihre Anträge wert sind. Was soll da aus Berlin werden?

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS]

Danke schön! – Das Wort für eine zweite Kurzintervention erhält Frau Kubala. – Bitte schön!

[Ritzmann (FDP): Wir haben auch noch Redner!]

Herr Buchholz! Es wäre schön, wenn Sie in der Umsetzung so gut werden würden, wie Sie im Verabschieden von Konzepten sind. Sie verabschieden ja andauernd Konzepte: Energieeinsparung, Arbeitsplätze – irgendwas war da letztes Mal. Das erreicht leider immer nur die Konzeptphase. In der Umsetzungsphase kommt dann nichts. So ist das leider auch bei der WM. Es mag sein, dass sich die Verwaltung darüber schon eine ganze Weile Gedanken macht, aber in der Umsetzung sieht es ganz schwach aus.

Ich habe Ihnen heute einige Steilvorlagen für ein Tor gegeben.

[Beifall und Heiterkeit bei der SPD, der CDU, der Linkspartei.PDS und der FDP]

Ich habe Ihnen fünf Vorschläge gemacht. Mein erster war ein Abfallkonzept, der zweite befasste sich mit Fahrradwegen, es soll keinen Pendelverkehr geben, ein WMTicket und ein Umweltkonzept. Sie haben keinen Vorschlag aufgenommen.