Aber – auch das muss man sagen – in Wien wird ein erheblicher Zuschuss nach einem Verkehrsfinanzierungsvertrag gezahlt. Dieser Zuschuss ist in Wien sogar höher als die Fahrgeldeinnahmen. Das sind Erfahrungen, die man sich im Ausschuss gern noch einmal seminarmäßig darlegen lassen kann. Es ist klar geworden, dass wir uns gern internationale Erfahrungen anschauen wollen. Wir wollen von den Besten lernen. Wir wollen die von Ihnen favorisierte Zerschlagung des kommunalen Verkehrsunternehmens nicht. Wir werden natürlich Ihren Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP! Sie wollen mehr Wettbewerb im öffentlichen Nahverkehr, weil das für die Kunden, für den Haushalt und letztlich auch für die Zukunft der BVG und ihrer Beschäftigten sowie für die Wirtschaftskraft Berlins gut ist. Sie haben sich endlich der von uns schon lange vertretenen Meinung angeschlossen, dass man sich auf der Suche nach Vorbildern an den Sozialstaaten Skandinaviens und nicht an Großbritannien orientieren sollte, wo eine wilde neoliberale Deregulierungspolitik den Wettbewerbsgedanken diskreditiert hat. So weit ist alles sehr löblich. Was Sie uns aber dann als Ergebnis dieser Überlegungen vorlegen, ist wieder einmal ein typisch sinnloser Antrag,
wie er bei Ihrer Partei inzwischen gang und gäbe ist. Darin kommt ein fundamentalistisches und realitätsfernes Politikverständnis zum Ausdruck. Einige haben hier gesagt, es sei wie in einem Seminar. Das ist mir schon auf den Wecker gegangen, als wir Grünen noch Fundis in der eigenen Partei hatten. Da kann ich Herrn Kaczmarek mit seinen Gefühlen nur zustimmen.
Herr Gaebler hat es Ihnen vorgeführt. Es wird erklärt, was schon alles rationalisiert wurde. Es wird verschwiegen, dass sich in der gleichen Zeit der Fahrpreis verdoppelt hat. Da wird auf das zentrale Problem, dass die BVG immer noch 30 % teurer ist als andere kommunale Unternehmen in Deutschland, überhaupt nicht eingegangen. Es wird die Sozialarie wegen der Beschäftigten vorgetragen, als ob diese in Köln, München oder in Hamburg bei der Hochbahn am Verhungern wären und so weiter. Das kann man mit solchen Anträgen, die so zeit- und ortlos und fundamental sind wie die von der FDP, machen. Dann können Sie mit dem abgelehnten Antrag in der Luft herumwedeln und laut rufen: „Der böse Senat.“ Dem eigentlichen Ziel, mehr Wettbewerb – Herr Kaczmarek hat es gesagt – zumindest schrittweise in den öffentlichen Nahverkehr zu bekommen, sind wir damit nicht näher gekommen. Stattdessen wird all das, was Sie von Fahrpreissteigerungen, Angebotsausdünnung, weiter roten Zahlen der BVG erzählt haben, realisiert. Am Ende wird die BVG auch noch um die letzten Entwicklungschancen auf dem europäischen Verkehrsmarkt gebracht.
Wer das verhindern will, muss sich um die Realisierung von Konzepten kümmern. Er muss die materiellen, juristischen und nicht zuletzt politischen Voraussetzungen ändern, damit sich die Situation im Nahverkehr spürbar bessert. Ich kann Ihnen auch sagen, was der Kern ist, Herr von Lüdeke. Der Kern ist, dass zunächst eine Regierungsperspektive vorhanden sein muss. Die muss erarbeitet werden, um zu verhindern – das ist der Kern der Problematik –, dass zum Schaden der Stadt auch noch eine Direktvergabe bis zum Jahr 2020 beschlossen wird, damit der Weg frei wird für phantasievolle und zukunftsträchtige Ideen im Nahverkehr.
Mit einem Antrag, der die Verantwortung der in dieser Frage überhaupt nicht einigen – Frau Matuschek –, sondern tief gespaltenen Regierungskoalition zuschiebt und sie dann auffordert, das FDP-Konzept so anzulegen, dass
Schon seit 2003 mangelt es Herrn Wolf – es wäre schön, wenn er dieser Debatte folgen könnte – an zukunftsweisenden Konzepten für die Messe. Spätestens seit der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Müller, 2003 die ICC-Abrissdebatte losgetreten hat, wabert eine unsägliche, schädliche Debatte durch die Stadt, die den Messe- und Kongressstandort erheblich beschädigt. Besonders ärgerlich ist es dabei, dass auf Seiten des Senats monate lang Gutachten in der Öffentlichkeit diskutiert werden, die dem Inhalt nach dem Parlament nicht vorgelegt wurden und erst auf vielfachen Druck der Opposition schließlich im Geheimschutzraum ausgelegt wurden. Monatelang wurde von Seiten des Senats kolportiert, das ICC habe seine Zukunft hinter sich und sei marode, ein neues Kongresszentrum müsse her. Nie hat der Senat sich die Mühe gemacht, Alternativkonzepte ernsthaft zu prüfen. Das ist weder von der Art und Weise noch vom Inhalt her akzeptabel.
es in der nächsten Wahlperiode des Abgeordnetenhauses sofort präzisiert und in ersten Schritten realisiert werden kann, erreichen Sie gar nichts. Damit stehen Sie wie mit allen anderen Anträgen aus dieser Serie von 1 bis 10 vollständig im Abseits. Sie sind überhaupt nicht auf dem Spielfeld, sondern irgendwo an der liberalen Eckfahne, wo sie nicht mehr mitspielen. Wer Sie dann im Herbst trotzdem wählt, braucht gar nicht erst zu hoffen, dass sich real irgendetwas in Richtung Entbürokratisierung, Sanierung der Landesunternehmen oder mehr Wettbewerb in der Daseinsvorsorge bewegt.
Wir schlagen einen anderen Weg ein. Wir sind an realer Veränderung interessiert. Da kann man sich so konsequenzlose Showanträge sparen, nicht aber die Mühe der Ebenen. Deswegen gehen wir auch an das Problem BVG anders heran. Sie werden sehen, dass gleich als nächster Punkt der Tagesordnung eine Große Anfrage von uns an der Reihe ist. Anlässlich dieser wollen wir mit Ihnen allen die finanziellen, juristischen und politischen Bedingungen für eine zukunftsorientierte Nahverkehrspolitik klären.
In Ihrer Antragsbegründung listen Sie diese Hindernisse auf, die sich in Berlin stellen, und philosophieren seitenlang in Konditionalsätzen über der Bedingungen der Realisierung von Wettbewerbskonzepten.
Es kommt aber darauf an, diese Hindernisse Stück für Stück aus dem Weg zu räumen und die Situation so zu verändern, dass wir am Ende den Nutzen aus mehr Wettbewerb im Nahverkehr ziehen können. Dazu haben wir die Fragen gestellt. Wir sind hoch gespannt auf die Antworten von Frau Junge-Reyer, insbesondere zu der Frage, ob uns der Senat tatsächlich – Herr Kaczmarek – vollständig in die Sackgasse manövrieren wird, indem er eine Direktvergabe noch vor der Wahl beschließt, oder die Situation insofern noch offen lässt, dass Schritte in mehr Wettbewerb gegangen werden. Das werden wir nachher in der Großen Anfrage noch feststellen, aber bestimmt nicht durch Ihre Anträge.
Danke schön, Herr Kollege Eßer! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss, der die Federführung erhalten soll, und an den mitberatenden Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch.
Wir kommen zur nächsten Tagesordnungsnummer. Die Fraktion der SPD hat auf eine eigene Meldung als Priorität verzichtet und sich dem Vorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS angeschlossen. Damit entfällt der Tagesordnungspunkt 4 d.
Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion. Der Kollege Dietmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Messe- und Kongressgeschäft ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Berlin. Mehr als 120 Millionen € Kaufkraftzufluss bewirken allein die Kongressbesucher Berlins. 2004 war Berlin, gemessen an der Anzahl der Kongresse, weltweit auf Platz 4, und 2005 wurde das ICC von Branchenexperten zum weltweit führenden Kongresszentrum gewählt.
Zu Recht, wie Sie sagen. Berlin hat hier ein Pfund, mit dem man – auf Weltniveau – wuchern kann beziehungsweise könnte, aber der Umgang des Senats und von Vertretern der Koalition haben allenfalls Kreisklassenniveau.
Seit Monaten – zuletzt im Dezember 2005 – werden uns Konzepte zugesagt. Heute, im Januar 2006, gibt es diese immer noch nicht, nur Fragmente davon, die mehr Fragen als Antworten schaffen – Fragen wie die, ob das GMP-Gutachten wirklich realistisch ist. Die Architektenkammer bezweifelt dies bis heute. Der Senat beschließt ein Überprüfungsgutachten nach dem nächsten.
Was passiert mit dem ICC, wenn es einen Kongresshallenneubau gibt? – Sowohl die finanziellen als auch die Nachnutzungsfragen sind gänzlich ungeklärt. Im Haushalt 2006/2007 findet sich dazu nicht einmal eine Aussage. Herr Sarrazin betont, dass es keine öffentlichen Gelder dafür gibt. Andere Finanzierungskonzepte liegen nicht auf
Dieser Satz ist mehr wert, als Sie auf den ersten Blick denken. Wir sind uns durchaus darüber im Klaren – darüber brauchen wir von Ihnen keinen Vortrag, Herr Diet
mann –, wie wichtig das Kongresszentrum ist, was Berlin als Tagungsstandort angeht. Die 600 Tagungen im Jahr mit fast 200 000 Kongressteilnehmern, das ist ein Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann. Sie haben es ganz richtig dargestellt. So etwas werden wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Das ist ein klarer Grundsatz für uns.
Es wird dauerhaft etwas geben. Wenn Sie die Senatsentscheidungen in dieser Woche wahrgenommen hätten, Herr Dietmann, hätten Sie gewusst, dass ganz klar gesagt wurde: Es wird keine voreilige Entscheidung nur auf Grund einer Machbarkeitsstudie und einem kleineren Gutachten geben. Das wird genau durchgeprüft. Das heißt auch, es muss genau geschaut werden, welche Kosten wofür anfallen werden, ob für eine Sanierung oder für einen Abriss. Bevor man etwas dazu sagen kann, müssen alle Kosten auf den Tisch, müssen auch alle Wirtschaftlichkeits- und Machbarkeitsstudien auf den Tisch.
In einem Punkt Ihres Antrags haben Sie Recht. Wir Parlamentarier müssen – zumindest vertraulich – diese Gutachten einsehen können. Das erste ist nach meiner Kenntnis schon im Datenschutzraum zu lesen. Auch die anderen sollten dort einsehbar sein, damit wir uns ein Urteil darüber erlauben können. – Sie nicken, das freut mich. An dieser Stelle sind wir uns also einig.
dem Tisch. Wie soll eine Nachnutzung aussehen – eine Konzerthalle mit Kegelbahn, wie es die „Berliner Zeitung“ in einem Kommentar schreibt? Oder ist der Vorschlag von Herrn Peymann besser, der meint, es wäre gut, wenn dies die totale Sauna für Berlin wäre? Wie wollen wir mit dem Denkmalschutz bei der Deutschlandhalle umgehen, und wie soll der Eissport für die Zukunft gesichert bleiben? – Diese und viele andere Fragen – der BDR und andere haben dazu auch viele Fragen gestellt – sind gänzlich ungeklärt. Im Moment hat man nur einen Eindruck: Der Senat ist sich einig, das ICC hat keine Zukunft. Das ICC wird abgerissen, und das Land Berlin bleibt auf den Risiken sitzen.
Diese Politik nach dem Motto „Nach uns die Sintflut!“ kann nicht die Position der CDU sein, und sie wird es auch nie werden.
Wir fordern den Senat daher mit unserem Antrag auf, endlich eine Gesamtkonzeption zum Messe- und Kongressstandort vorzulegen. Sowohl das Parlament als auch die Messe haben einen Anspruch darauf, endlich zu erfahren, welche Pläne der rot-rote Senat bei diesem Thema verfolgt. Wir fordern Sie auf, bei der Vorlage dieses Konzepts den Erhalt des ICC ehrlich und fair einzubeziehen.
Die Demontage des ICC, Herr Wirtschaftssenator Wolf, hilft dem Standort Berlin jedenfalls überhaupt nicht. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dietmann! Ich weiß nicht, woher Sie die Rede hatten. War sie aus dem Archiv, mit Stand von vor vier Monaten? Haben Sie die Entwicklung in der aktuellen Woche nicht verfolgt?
Erst einmal der eine Grundsatz, den dieser Senat und auch die beiden Regierungsfraktionen ganz klar vertreten
: Sie sollten ihn erst einmal annehmen, erst einmal zuhören, bevor Sie dazwischen grölen: Es wird am Standort Messegelände dauerhaft ein Kongresszentrum geben.