Vielen Dank, Frau Dr. Tesch! – Nun hat für die Fraktion der CDU Frau Schultze-Berndt das Wort. – Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute sollte ein glücklicher Tag für uns alle sein. Jahrelang wurde debattiert, ob wir einen eigenständigen wertevermittelnden Unterricht brauchen. Die Frage des Ob steht heute nicht mehr im Raum, sie wurde von allen Fraktionen bejaht. Welch ein Glück! – Heute stimmen wir nun über das Wie, über den Antrag der Fraktion der CDU, ein Wahlpflichtfach Religion und Ethik/Philosophie ab Klasse 1 einzuführen ab, und über den Antrag von Rot-Rot, für alle Kinder verpflichtend einen so genannten Ethikunterricht, aber erst ab der 7. Klasse, zu beschließen.
Im Schulausschuss gab es eine eingehende Befragung von Experten. Die Vorträge und Stellungnahmen waren auf hohem und sachlichem Niveau. Sie hätten zu tieferen inhaltlichen Diskussionen im Ausschuss führen müssen. Doch dies haben die linken Ideologen nicht zugelassen. Rot-Rot hat die Expertisen ignoriert und im Schnelldurchlauf den eigenen Antrag mit dem ideologisch eingegrenzten Horizont im Ausschuss durchgepeitscht.
Ein glücklicher Tag ist heute für die PDS. Sie hat sich mit ihrer religionsfeindlichen Ideologie durchgesetzt. Der Religionsunterricht wird aus dem Tagesablauf in den Nachmittag verschoben und damit langfristig aus der Schule verdrängt. Religiöse Werte werden wie beim Schaufensterbummel unverbindlich und im Vorübergehen, also oberflächlich, vermittelt. Was die PDS unter
Ethikunterricht versteht, wird deutlich, wenn die ehemalige Staatsbürgerkundelehrerin Frau Schaub diesen Unterricht mit Staatsbürgerkunde der DDR vergleicht und ihn deshalb lieber nicht benoten will. Herr Mutlu stimmt Frau Schaub begeistert zu, weil der Schulfachmann der Grünen der Ansicht ist, Austausch und Dialog würden durch Noten behindert. Ich hoffe, Herr Mutlu, im Deutschunterricht heute ist das nicht so.
Kein glücklicher Tag für Schülerinnen und Schüler und für all diejenigen, die auf positive Effekte durch die Einführung eines solchen Faches hofften. Es ist ein schlechter Tag für das ohnehin schlechte Renommee Berlins als Schulstandort. Für die Grundschüler ist es kein glücklicher Tag, denn sie werden auch künftig nur die Wahl zwischen wertevermittelndem Unterricht und der Eisdiele haben.
Für die Oberschüler ist es kein glücklicher Tag, denn sie erhalten künftig Unterricht im so genannten Fach Ethik. Das kann im besten Fall bedeuten, dass sie einen anspruchsvollen Ethikunterricht erhalten. Es kann aber auch heißen, dass in lebenskundlicher Manier ausschließlich über Magersucht, Mobbing und Markenterror gesprochen wird. Dann wird Ethikunterricht zur Diskussion auf dem Niveau einer Selbsterfahrungsgruppe.
Kein glücklicher Tag ist es auch für die Schüler, die zunehmend ihr fehlendes Allgemeinwissen beklagen. Sie wüssten geographisch nicht recht Bescheid, ihnen fehlten wirtschaftliche Grundbegriffe und Kenntnisse über unser Staats- und Sozialwesen – so hört man es immer wieder von Schülergruppen. Als Antwort kürzt der Schulsenator den Erdkundeunterricht und insgesamt im Bereich der Gesellschaftswissenschaften.
Auch kein glücklicher Tag ist heute für die Schülerinnen und Schüler, die am Religionsunterricht teilnehmen, denn sie haben künftig nur noch am Ende eines langen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man dieses Thema ernsthaft behandeln will, und ich möchte das gern und höre deshalb zu, dann muss uns auch erlaubt sein, etwas zu dem zu sagen, was Frau Schultze-Berndt in – wie ich finde – unsäglicher Weise behauptet hat.
und wir würden irgendwelchen atheistischen Träumen nachhängen, ist nicht nur eine Unverschämtheit, es verkennt auch das Engagement, das viele von unseren Abgeordneten in und mit der Kirche leisten.
Kein glücklicher Tag ist es auch für die Eltern, Lehrer und Schüler, die erfolgreich über Jahre mit dem Fach Ethik/Philosophie Erfahrungen gesammelt haben. Ein erfolgreicher Modellversuch, den Rot-Rot mit einem Federstrich zunichte macht.
Kein glücklicher Tag ist es für die christlichen Kirchen, die von einem partnerschaftlichen Verhältnis abgedrängt werden in den Status einer Randgruppe. Den Kirchen als Gedächtnis und wichtigen Trägern unserer Kultur wird von Rot-Rot einzig mit Argwohn begegnet. In der Religiosität gläubiger Menschen meinen SPD und PDS einzig den Wunsch nach Indoktrination entlarven zu können.
Kein glücklicher Tag ist es für Berlin. In einer Stadt, deren Charme zu einem guten Teil ihre Vielfältigkeit ausmacht,
Das Flanieren im bunten Haus der Kulturen, das Relativieren der eigenen Herkunft, das eilfertige Verständnis und die routinemäßige Sympathie für das Andere immunisieren junge Menschen nicht automatisch gegen Fundamentalismus und schaffen auch nicht die Kraft zur Toleranz.
Die CDU fordert gemeinsam mit den Experten, die wir im Schulausschuss angehört haben, und all denen, die es mit unserer Stadt und unseren Kindern gut meinen, ein Wahlpflichtfach für Religionsunterricht. Auf dieser Grundlage des Wahlpflichtfachs lernen die Kinder ab der 1. Klasse von einem festen, definierten Standpunkt aus andere Religionen und Gebräuche kennen und tauschen sich auf gleicher Augenhöhe in Projektphasen mit anderen Schülern über deren Sichtweise aus. Ich denke, die Raumprobleme werden wir dann auch noch beheben können. So kann Vielfältigkeit gestaltet werden, und es droht nicht Gleichgültigkeit.
Wir wollen, dass heute ein glücklicher Tag für unsere Schülerinnen und Schüler ist, ein glücklicher Tag für unser gesellschaftliches Miteinander und damit für die Stadt Berlin. Folgen Sie Ihrem Gewissen und lassen Sie jeden Berliner Schüler nach seiner Façon selig werden. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Geben Sie jedem Berliner Schüler und jeder Berliner Schülerin die Möglichkeit, entsprechend der eigenen Überzeugung Religionsunterricht
Vielen Dank, Frau Schultze-Berndt! – Es folgt eine Kurzintervention. Herr Gaebler hat das Wort. – Bitte schön!
Liebe Frau Schultze-Berndt! Vielleicht sollten Sie darüber erst einmal nachdenken, bevor Sie hier so etwas erzählen.
Hören Sie mal auf, Herr Hoffmann! Dass Sie nun der maßgebende Experte für gelebten Glauben und die Frage des Verhältnisses von Kirche und Staat und den Religionsunterricht sind, daran habe ich meine persönlichen Zweifel. Das können Sie ja noch einmal durch einen Redebeitrag beweisen. Ihre Zwischenrufe zeigen das jedenfalls nicht.
Frau Schultze-Berndt! Ich habe Respekt vor der Position der Kirchen, die sagen: Sie möchten ein Wahlpflichtfach, weil sie das für eine gute und geeignete Lösung halten, um – offensichtlich im Wettstreit untereinander und mit einem Fach für die nicht einem bekenntnisorientierten Unterricht zugewandten Schüler – – die das sozusagen fordern. Dieses Modell hat aber einen entscheidenden Fehler, und den haben Sie eben böswillig geleugnet. Wenn Sie behaupten, mit Ihrem Modell bekämen Sie den Islamunterricht in den Griff, weil Sie dann die Lehrinhalte des Islamunterrichts bestimmen könnten, dann ist das eine glatte Fehlbehauptung.
Das ist wirklich Volksverdummung, das muss man so deutlich sagen, denn auch die evangelische und die katholische Kirche werden einen Teufel tun, sich ihren Lehrplan vom Staat vorschreiben zu lassen. Sie erhalten vielleicht einen bestimmten Zugriff auf die Lehrerausbildung u. Ä., aber Sie werden mitnichten kontrollieren können,
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Gaebler! Dass Sie Islamunterricht in Form der Koranschule nicht kontrollieren können, sehen wir ein. Weil wir das sehen, dass wir in die Koranschulen
nicht hineinkönnen, ist es unser Ziel, einen staatlich kontrollierten Islamkundeunterricht dagegenzusetzen. Das kann ein Wahlpflichtfach leisten.
was im Islamunterricht, der dann Teil Ihres Wahlpflichtfachs ist, der benotet wird und der ordentliches Unterrichtsfach wird, gelehrt wird. Wir hätten in bestimmten Schulen 80 % der Kinder in diesem Unterricht. Die erreichen Sie mit Ihrem Kooperationsmodell nicht. Die erreichen Sie auch nicht auf dem Schulhof. Die sind dann völlig aufgegeben. Deshalb ist dieses Modell für Berlin mit seiner Vielfältigkeit und seinen vielen Religionen überhaupt nicht geeignet. Das mag für irgendeine westdeutsche Kleinstadt mit hauptsächlich deutscher Bevölkerung anders sein. Bei den vielen Religionen und Kulturen, die wir haben, funktioniert das nicht.
dass sie so wenig Vertrauen haben, dass sie nicht sagen: Sie gehen nach draußen, sie gehen zu den Menschen, so wie es auch der Missionsauftrag vorgibt. Wir wollen die Leute ansprechen, wir gehen zu ihnen hin. – Dass sie aber sagen: Sie brauchen den Staat, damit er die Kinder zu ihnen schickt –, das finde ich ein Armutszeugnis. Und das finde ich bedauerlich.
Ich würde es begrüßen, wenn sie – gerade die evangelische Kirche, die die größte Glaubensgemeinschaft dieser Stadt ist, neben den nichtkirchlich Gebundenen – die Chance wahrnimmt, die dieses Modell bietet, wenn sie sich z. B. in die Diskussion über Inhalte des Lehrplans eingebracht und nicht gesagt hätte: Nein, wir machen nicht mit! Das interessiert uns nicht.
Insbesondere für die Kooperation erhoffe ich mir, dass sie da tatsächlich mit einsteigen und die Chance nutzen. Sie erreichen dort wesentlich mehr Menschen als über ihre Nische, die sie im Moment pflegen.