Insbesondere für die Kooperation erhoffe ich mir, dass sie da tatsächlich mit einsteigen und die Chance nutzen. Sie erreichen dort wesentlich mehr Menschen als über ihre Nische, die sie im Moment pflegen.
Ich sehe darin eine Chance für die Kirchen und Religionsgemeinschaften und kein An-den-Rand-Drängen. – Vielen Dank!
Nur so erreichen Sie, dass sich diese Schüler mit einer aufgeklärten Sicht des Islam auseinander setzen, während Sie nicht kontrollieren können, was nach Feierabend in der Schule stattfindet. Genau das ist unsere Kritik!
Wenn Sie bestreiten, die Kirchen aus den Schulen zu drängen, dann möchte ich von Ihnen wissen – vielleicht erinnern Sie sich noch dunkel an Ihre Schulzeit oder haben auch Kinder, die jetzt da sind –: Wenn Sie in einer Woche 34, 35 Stunden Unterricht haben – außerdem im Sportverein sind oder ein Musikinstrument spielen –, welche Lust und welche Energie haben Sie noch nach einem 7-, 8-Stunden-Tag, in den Religionsunterricht zu gehen? Faktisch bedeutet das, dass Sie die Kirchen mit Ihrem Unterricht aus dem Unterrichtsgeschehen tagsüber verdrängen. Sie werden in Randstunden kommen und die Kinder dort vermutlich nicht mehr lange ankommen.
Ich hoffe auf SPD-Abgeordnete, die sich auch in der Kirche engagieren. Gerade darum führen wir seit Ewigkeiten diese Diskussion mit Ihnen. Gerade darum habe ich Frau Dr. Tesch in der letzten Ausschusssitzung aufgefordert, auch inhaltlich Stellung zu nehmen, nachdem wir die Meinung der Kirchenvertreter gehört haben.
Gerade darum wünsche ich mir, dass Sie sich die Argumente anhören und es vielleicht schaffen, der PDS und einigen Ihrer eigenen Parteimitglieder die Angst vor gläubigen Menschen zu nehmen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schultze-Berndt! – Nun fahren wir in der Redeliste fort. Für die Linkspartei.PDS hat Frau Kollegin Schaub das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Beginn des Schuljahres 2006/07 wird es in den 7. Klassen unserer Stadt ein neues Unterrichtsfach geben. Es wird nun Ethik heißen. In ihm sollen sich Schülerinnen und Schüler gemeinsam – unabhängig von ihrer kulturellen, ethnischen, religiösen und weltanschaulichen Herkunft – mit grundlegenden Fragen und Problemen des individuellen Lebens und des gesellschaftlichen Zusammenlebens befassen. In einer multikulturellen Stadt wie Berlin ist dies zugleich eine besondere Chance und Herausforderung für alle Beteiligten. Wir be
Erstmalig in unserer Stadt wie in der Bundesrepublik überhaupt wird es einen religiös und weltanschaulich neutralen, aber nicht wertfreien oder wertneutralen Unterricht geben. Dabei gehen wir von den Realitäten in der multikulturell und multireligiös geprägten Stadt aus, in der zwei Drittel ihrer Bürger konfessionsfrei leben. Von den 320 000 Schülerinnen und Schülern nehmen knapp 200 000 überhaupt keinen Werteunterricht aus dem freiwilligen Angebot in Anspruch. In den Klassen 7 bis 10 nehmen nur 26 % der religionsmündigen Schülerinnen und Schüler an einem Weltanschauungs- oder Religionsunterricht teil. Ab Klasse 11 sind es nur noch 6 %. Das heißt, 74 % der Schülerinnen und Schüler erfahren bisher außerhalb des Fachunterrichts nichts Systematisches und Altersangemessenes über die Grundlagen unserer pluralistischen Gesellschaft aus ethischer Sicht und über das Miteinander unterschiedlicher Religionen und Kulturen. Auch integrationspolitisch fällt hier eine richtige und wichtige Entscheidung, weil Schülerinnen und Schüler gemeinsam – nicht sortiert nach Glauben und Weltanschauung – ihr Anderssein kennen und akzeptieren lernen. Es ist gerade nicht als Alternativfach zum Religions- oder Weltanschauungsunterricht konzipiert, wird aber gern in diesen Kontext gestellt, obwohl inzwischen klar ist, dass die freiwilligen Angebote der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften wie bisher mit 90 % der Personalkosten – das sind schwankend bis zu 50 Millionen € im Jahr – aus dem Landeshaushalt finanziert werden und obwohl inzwischen hinlänglich erklärt ist, dass die Stundentafel nicht wegen des Ethikunterrichts verstärkt wurde, sondern wegen der Schulzeitverkürzung auf 12 Jahre. Es ist richtig, dass die freiwilligen Angebote unter der zeitlichen Belastung der Schülerinnen und Schüler bestehen müssen.
geben uns damit auf einen neuen Weg in Berlin und auch bundesweit. Es ist die Chance, dass Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig besser kennen und akzeptieren lernen, den Umgang mit Konflikten einüben, Toleranz ausprägen lernen, wie auch deren Grenzen zu bestimmen. Es ist die Herausforderung, dies dem Alter und den Lebenserfahrungen der Kinder und Jugendlichen angemessen zu tun, ihre unterschiedlichen Lebenswelten in die Schule zu holen und zum Gegenstand des Lernens zu machen. Deshalb war für uns von vornherein klar, ein Fach für alle in allen Schulzweigen und ohne Abmeldemöglichkeit. Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit erhalten, unter Leitung und Anleitung eines ausgebildeten, den Schülern möglichst vertrauten Lehrers mit- und voneinander Kenntnisse über Religionen, Weltanschauungen, Kulturen, Traditionen und andere Sinnentwürfe zu erwerben und die Gemeinsamkeiten, die das Grundgesetz und die Menschenrechte gebieten, erkennen und achten zu lernen. Schülerinnen und Schüler sollen ihre eigene Identität erkennen und überdenken. Sie sollen zu einem toleranten Standpunkt kommen und lernen, andere Lebensmodelle und Weltanschauungen zu respektieren, den eigenen Standpunkt zu begründen und angemessen zu vertreten.
Ethik in Berlin ist kein Ersatz- oder Alternativfach für den klassischen Religionsunterricht wie in anderen Bundesländern. Der Religionsunterricht bleibt in Berlin mit den wie bisher geltenden Regelungen uneingeschränkt bestehen. Deshalb gibt es vom neuen Fach auch keine Abmeldemöglichkeit. Auch deshalb haben wir für einen anderen Namen plädiert. Das ist nun eine andere Entscheidung geworden. Religionen werden und müssen einen Platz in dem neuen Unterricht haben, und zwar so, wie es die Neutralitätspflicht eines Regelunterrichts gebietet: informierend, die Religionen gleich behandelnd, Wert schätzend und mit Respekt füreinander. – Selbstverständlich sind Wertevermittlung wie Herausbilden interkultureller Dialogfähigkeit und ethischer Urteilsfähigkeit Aufgabe aller Fächer und der Schule insgesamt. Mit dem Fach Ethik aber erhält der Erziehungsauftrag der Berliner Schule noch einmal Ort und Zeit dafür. Mit einem neuen Fach können sich auch neue und andere Zugänge eröffnen als in altbewährten Mustern. Das Fach kann einen bedeutenden Beitrag zur Schulreform leisten, weil es in besonderer Weise geeignet ist, die Reform von Unterrichtsinhalten, Lehr- und Lernformen umzusetzen. Durch die Bündelung von Themen bekommen Lernfelder, die in anderen Fächern eher am Rande stehen, eine andere, zentrale Bedeutung. Das Fach setzt die Entschlackung von Stoffen und Inhalten in anderen Fächern voraus und bindet sie in neuer Weise wieder zusammen. Es setzt auf selbständiges Lernen und Kompetenzerwerb. So befördert es das Anliegen der neuen Rahmenpläne für die Sekundarstufe I und wird zugleich selbst wichtiger Bestandteil dieser Reform.
Von Anfang an war es unser Anliegen – und das bleibt es auch –, eine Kooperation der Schulen mit den Trägern des Religions- oder Weltanschauungsunterricht zu erreichen. Den Geist des Schulgesetzes folgend sind Kooperationen gewünscht, und die Entscheidung über die Form der Kooperation obliegt der jeweiligen Schule. Nicht zuletzt ist das Schulprogramm Mittel und Ort, dies zu regeln. Einen Rechtsanspruch auf Kooperation gegenüber der Einzelschule kann es nicht geben; zum einen, weil Kooperation immer etwas von beiden Seiten Freiwilliges ist, zum anderen aber auch, weil eine Schule nicht mit allen denkbaren Kooperationspartnern gleichermaßen kooperieren kann. Das ist der Inhalt der Formulierung:
Trotz heftiger Reaktionen seitens der Führung der Evangelischen und der Katholischen Kirche in Berlin bleibt unsere Hand ausgestreckt,
Ein erfolgreiches Implementieren des Ethikfaches erfordert aber darüber hinaus ein langfristiges Weiter- und Ausbildungskonzept. Die Messlatte muss auf die Höhe der anderen Unterrichtsfächer gelegt werden, soll das
Werk gelingen. Auch der Rahmenplan bedarf der weiteren Bearbeitung. Den Einführungszeitraum sollten Schulen und Senatsbildungsverwaltung als Erprobungszeitraum mit einer wissenschaftlichen Begleitung sehen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine kleine Tochter ist gerade sechs Jahre alt und geht in die Grundschule. In den letzten Monaten kommt sie mit sehr interessanten Fragen nach Hause: Wer war Christus? Warum wurde er gekreuzigt? – Und während des Ramadan im letzten November fragte sie: Warum fasten manche, und warum fasten wir nicht? – Und als neulich „Little Buddha“ im Fernsehen lief, haben wir uns mit der ganzen Familie über Buddhismus unterhalten. Ich bin gespannt, wann die Frage nach dem Kopftuch kommt, denn noch hat sie keine Klassenkameradinnen, die ein Kopftuch tragen.
Wenn ich ehrlich bin, waren wir, die Erwachsenen, teilweise überfordert, die Fragen unserer Kinder so zu beantworten, dass sie es auch verstehen. Vermutlich haben manche im Saal bereits ähnliche Erfahrungen gemacht. Ich finde, dass dies ein guter Grund unter vielen Gründen ist, ein Ethikfach an der Berliner Schule einzuführen. Ich bin der Auffassung, dass Schulen mehr Raum für Wertevermittlung bieten müssen, mehr Raum für den Dialog, für den Austausch und auch für die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Religionen, Weltanschauungen, Kulturen und Lebensweisen.
wünschen wir uns ihre Kooperationsbereitschaft mit den Schulen. Wegen der besonderen Bedeutung der Einführung eines gemeinsamen Unterrichtsfaches zur Werteerziehung gehört es in das Schulgesetz aufgenommen. Die erste Änderung des Schulgesetzes erfolgt also wegen einer wirklich bedeutsamen und beispielgebenden Veränderung in der Berliner Schule. Zugleich wird damit auch die Eigenständigkeit des Faches gegenüber dem freiwilligen Angebot der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften deutlich.
Immer wieder sind Vorwürfe gegen ein verbindliches staatliches Ethikfach aufgeflammt. Immer wieder einmal wird versucht, das Recht des Staates auf Einführung eines solchen Faches als nicht verfassungskonform anzuzweifeln. Wer den Geist des Grundgesetzes bemüht, muss über Artikel 7 Absatz 3 hinaus anerkennen, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes mit Artikel 141 – der Bremer Klausel, die übrigens eine Fortgeltung aus der Weimarer Reichsverfassung von 1919 ist –, den historischen Streit in dieser Sache mit einem rechtlichen und politischen Kompromiss geregelt haben. An dieser Rechtslage hat sich auch durch den Staatskirchenvertrag nichts geändert. Berlin ist frei und souverän, die eine oder die andere Möglichkeit zu wählen. Wir wählen gern und haben deshalb gewählt: die Fortsetzung des Status quo in Bezug auf den Religionsunterricht und die Einführung eines staatlichen Ethikfaches.
In seinem Urteil vom 17. Juni 1998 zum Ethikunterricht in Baden-Württemberg hat das Bundesverwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der Landesgesetzgeber nicht gehindert wäre, Ethikunterricht für alle Schülerinnen und Schüler vorzusehen und in Kauf zu nehmen, dass die am Religionsunterricht teilnehmenden Schüler zusätzliche Schulstunden haben. So viel zum Thema Einschränkung der positiven Religionsfreiheit.
Das Gelingen eines anspruchsvollen mit großen Erwartungen bedachten Unterrichtsfaches hängt unabdingbar von der Qualifikation und der Persönlichkeit der Unterrichtenden ab.
Für die Startphase stehen Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schulversuch Ethik/Philosophie zur Verfügung und werden auch eingesetzt. Ethikunterricht ist jedoch nicht die Fortsetzung dieses Schulversuchs.
Auch wenn dessen Inhalte Bestandteil von Ethik sein werden, brauchen die Lehrerinnen und Lehrer Weiterbildung zu den anderen Bestandteilen des Rahmenplanes. Ihnen wird viel abverlangt, bis August fit für das neue Fach zu sein.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schaub! – Das Wort hat jetzt die Fraktion der Grünen. Kollege Mutlu hat das Wort. – Bitte schön!
An der Stelle bedauere ich zugleich, dass der religions- und lebenskundliche Anteil des Faches relativ gering ausgefallen ist. Zu bemerken ist – dies haben auch meine Vorredner bereits gesagt –, dass Wertevermittlung sicher nicht nur Aufgabe eines einzelnen Faches ist, sondern der gesamten Schule, aller Fächer, auch der Lehrerinnen und Lehrer, die dieses vorleben müssen.
Dennoch sage ich: Das friedliche Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft ergibt sich nicht von allein. Es bedarf der aktiven Erziehung zu gegenseitigem Respekt, zur Anerkennung von Unterschiedlichkeit und zur Bereitschaft zum Dialog. Berlin ist eine multireligiöse und multikulturelle Stadt. Aus dem Grund gibt es insbesondere hier einen wachsenden Bedarf an Informationen