Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der PDS – Dr. Lindner (FDP): Bravo!]

Danke schön, Herr Senator! – Eine Nachfrage von Frau Dr. Klotz – bitte schön!

Herr Körting! Mein Verfassungsschutzexperte sitzt mir heute nicht zur Seite. Deswegen frage ich Sie: Halten Sie es für politisch angemessen, dass im Verfassungsschutzbericht jede kleine linke Antifa-Gruppe ihre ausdrückliche Würdigung findet,

[Wansner (CDU): Natürlich, weil die gefährlich sind!]

die GRH und andere aber angesichts dieser Auskünfte nicht beobachtet werden?

Wir müssen wirklich sehr genau unterscheiden. Die völlig falsche politische Richtung allein interessiert mich noch nicht. Das ist in einer Demokratie immer so, dass wir unterschiedliche politische Richtungen haben. Mir ist im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung und in der Diskussion erst bekannt geworden, dass diese Vereinigung anderes macht als das, was wir bisher wussten, nämlich sich kümmern um die Leute, ihnen Ratschläge geben, wo sie ihre Rente beantragen; das kann ich ihnen nicht übel nehmen, wie gesagt, das ist wie bei der Waffen-SS nach 1945. Das mag jeder machen, wie er Lust hat. Das ist keine verfassungswidrige Handlung.

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Wenn sie im Sinne einer Meinungsbildung verfassungswidrige Inhalte zu transportieren versuchen, auch indem sie Leute hindern wollen, sich mit Staatssicherheit an authentischen Plätzen auseinander zu setzen oder Ähnliches, dann ist zu prüfen, ob nicht auch verfassungsfeindliche Bestrebungen über der Klientelpflege vorliegen. Ich habe das ja eben gesagt. Das werden wir zu prüfen haben, ob unter solchen Gesichtspunkten eine solche Vereinigung Gegenstand einer möglichen Beobachtung des Verfassungsschutzes ist. Das ist übrigens nichts Dramatisches, weil ich glaube, dass man diesen Verein durch Internetauftritte o. Ä. relativ einfach beobachten kann.

[Ritzmann (FDP): Sollen wir das Gesetz wieder ändern?]

Herr Senator Dr. Körting!

Erstens muss ich klarstellen, dass nicht jede Antifa-Gruppe im Verfassungsschutzbericht auftaucht und auch nicht jede AntifaGruppe von uns beobachtet wird.

[Over (Linkspartei.PDS): Da sind manche ganz schön sauer!]

Von uns werden Gruppen beobachtet, die aktiv die demokratischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland bekämpfen oder verändern wollen. Das tun viele Antifa-Gruppen nicht. Aber es gibt auch Antifa-Gruppen – das darf man auch nicht kleinreden –, die als Mittel der politischen Überzeugungsbildung Totschläger und anderes einsetzen. Das ist nicht zu tolerieren, von keiner Gruppe, weder von Rechts noch von Links.

[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Doch Ihre Frage betraf etwas anderes. Die Grundfrage zielte nicht auf die Antifa-Gruppen, sondern darauf, ob es angemessen sei, einen solchen Verein nicht zu beobachten. Oder: Muss er beobachtet werden? Muss man daraus Konsequenzen ziehen? – Ich habe dazu keine abgeschlossene Meinung. Von meinen Mitarbeitern wurde mir gesagt, dass das bisher ein Verein war, der sich in erster Linie um Rentenrechte und Ähnliches seiner Mitglieder gekümmert hat und versucht hat, ihnen möglichst viele Zusatzrenten zu sichern.

[Frau Ströver (Grüne): Das stimmt nicht!]

Das allein wäre noch nicht verfassungswidrig. Wenn der Verein in einer Art und Weise versucht, auf die Meinungsbildung Einfluss zu nehmen, indem er im Nachhinein Stasi-Tätigkeiten als demokratisch darstellen will, dann würde er verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen. Dann würde sich die Frage einer Beobachtung ergeben. Das werden wir im Verfassungsschutzausschuss erörtern.

Jetzt ist der Kollege Hoffmann von der CDU mit einer Nachfrage an der Reihe. – Bitte schön, Herr Hoffmann!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage Sie: Ist Ihnen bekannt, dass diese GRH, diese Gesellschaft für rechtliche und humanitäre Unterstützung, in der sich wohl mehr als 1 000 Ex-Mitarbeiter der Stasi organisiert haben sollen, Briefe an Schulen sendet, um Informationsreisen von Schülern an die Gedenkstätte Hohenschönhausen zu verhindern? Ist das nicht schon ein Anlass, um deutlich zu machen, dass es hier in die völlig falsche politische Richtung geht? Besonders interessant ist dabei doch, dass die GRH ausgerechnet in dem Gebäude sitzt, in dem auch das „Neue Deutschland“ seinen Sitz hat.

[Doering (Linkspartei.PDS): Soll ich Ihnen sagen, wer alles noch in diesem Haus sitzt?]

Herr Senator Dr. Körting – bitte!

Jetzt ist Dr. Lindner von der Fraktion der FDP dran mit einer Frage zu dem Thema

Bedeuten die Beschlüsse des SPD-Parteitages das betriebswirtschaftliche Aus für die Wohnungsbaugesellschaft Mitte – WBM –?

Bitte schön, Herr Dr. Lindner!

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Ich frage den Senat: Wie steht der Finanzsenator zu dem am Samstag auf dem SPD-Landesparteitag gefassten Beschluss, dass ein Verkauf städtischer Wohnungen an international agierende Finanzinvestoren grundsätzlich zu stoppen ist, und welche Auswirkungen hat dieser Beschluss auf die betriebswirtschaftliche Situation der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, insbesondere auf die in akuter Insolvenzgefahr befindliche WBM und damit auf die Situation der Mieter und Mitarbeiter insbesondere der WBM?

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Der Senator für Finanzen, Dr. Sarrazin, hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Lindner! Ob und in welchem Umfang das Land Berlin Wohnungen hält, ist eine politische Entscheidung, die über meine Zuständigkeiten deutlich hinausgeht.

[Ritzmann (FDP): Offensichtlich!]

Das haben Sie nicht, Herr Abgeordneter, sondern meine eben dargeleg

ten Zuständigkeiten betreffen ein anderes Feld als das, was der Parteitag entschieden hat.

Ich möchte dann gleich mal nachhaken. Nun gibt es von der GESOBAU die Idee, dass sie vom Senat Schadenersatz will. Würden Sie diesen Schadenersatz zahlen?

Da geht es um einen anderen Fall, Frau Abgeordnete. Da geht es darum, dass die Organe der Gesellschaft bereits Entscheidungen getroffen haben, von denen sie der Meinung sind, dass diese für das Unternehmen gut sind. Jetzt wollen sie, wenn sie sich anders verhalten sollen, vom Eigentümer eine Weisung haben, und die werden sie auch bekommen.

Sie kennen dazu meine Meinung, Herr Abgeordneter Lindner, deshalb muss ich die hier auch nicht wiederholen. Ich habe aber eine konkrete Aufgabe zu erfüllen in diesem Rahmen, nämlich dafür zu sorgen, dass es diesen Unternehmen, solange sie in unserem Eigentum sind, möglichst gut geht. Das tun wir mit großem Erfolg. Wir haben die Ist-Mieten gesteigert, wir haben Schulden gesenkt, wir haben Kosten gesenkt. Diese Unternehmen sind, seitdem wir amtieren, jedes Jahr deutlich wertvoller geworden.

[Gelächter bei der CDU]

Das wird auch so weitergehen, solange sie in unserem Eigentum sind. Das ist doch etwas Positives, das uns alle freuen sollte.

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke! Ich finde auch, dass wir dazu Beifall verdient haben. –

[Gelächter bei der CDU]

Zum nächsten Punkt, zur WBM. Bei der WBM gab es eine Schieflage – die ist noch nicht ausgestanden, das ist Ihnen bekannt –, die haben wir in unterschiedlichen Kreisen und Zusammensetzungen ausführlich diskutiert. Dazu gibt es ein Sanierungskonzept des Unternehmens, das mit den Banken abgestimmt ist und das vom Senat ausdrücklich bestätigt wurde. Im Rahmen dieses Konzepts werden zunächst 3 000 Wohnungen verkauft. Wenn dies nicht ausreicht, werden so viele Wohnungen verkauft, bis es ausreicht. Das ist abgestimmt. Diese Wohnungen werden ausgeschrieben. Da wird man sehen, wer bietet, ob national, international oder lokal, und dann wird man auswählen, wer diese Wohnungen bekommt. – Danke schön!

Danke schön! – Eine Nachfrage? – Bitte schön, Herr Lindner.

Also mit anderen Worten – nichts anderes hatte ich erwartet – scheren Sie sich nicht um den SPD-Parteitagsbeschluss?

Fragen sind zulässig. Herr Dr. Lindner, das war keine Frage.

Habe ich Sie richtig verstan den – –

So haben Sie es gesagt? Das habe ich überhört. Dann ist es in Ordnung.

[Heiterkeit]

Das ist ja kein Problem. Das kann ich gern noch einmal wiederholen. – Habe ich Sie damit richtig verstanden, dass Sie sich damit nicht um den Parteitagsbeschluss der SPD scheren?

Herr Senator Dr. Sarrazin!

[Ritzmann (FDP): Warum haben Sie sich dann gemeldet?]

Frau Oesterheld hat das Wort für eine Nachfrage.

Herr Senator Dr. Sarrazin – bitte!