Protokoll der Sitzung vom 06.04.2006

[Hoffmann (CDU): Und die SPD ganz vorne!]

Ja, das hätten Sie gerne!

Ich möchte gerne eine Stelle aus Ihrem Antrag zitieren:

[Ritzmann (FDP): Es blinkt schon! Die Zeit!]

Die vom Land Berlin auf massiven Druck des damaligen Stadtentwicklungssenators Peter Strieder vorgegebenen Landesbürgschaften legten allerdings den Grundstein dafür (...)

Das entspricht nicht den Tatsachen. Dass Sie hier die Öffentlichkeit auch noch mit Lügen beglücken, gerade am Ende, das ist wirklich eine Peinlichkeit. Dass die CDU das versucht, kann man noch nachvollziehen, weil für die Bürgschaft nicht Herr Strieder, sondern zwei CDU

Senatoren – Kurth und Branoner – verantwortlich waren und zwei CDU-Staatssekretäre sie unterschrieben haben. Da möchten Sie ablenken. Aber warum machen die Grünen mit? Warum haben die Grünen keinen Mut zu sagen, da hat die CDU die Verantwortung zu tragen und nicht Strieder? Das hätte ich mir an der Stelle von den Grünen gewünscht.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der Linkspartei.PDS – Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]

[Hoffmann (CDU): Die waren nicht verantwortlich, das war die SPD!]

Wo waren Sie alle? Es ist doch ganz klar, dass hier die Verantwortung breit gestreut ist und sehr viele Politiker ihren Beitrag geleistet haben. Also unterlassen Sie das! Stehen Sie einfach zu Ihrer Mitverantwortung, was in diesem Bericht auch dokumentiert ist!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Kolat! – Für die Fraktion der CDU hat nunmehr der Kollege Braun – –,

[Zuruf von der CDU]

also der Kollege Goetze das Wort.

[Gaebler (SPD): Der kriegt aber 5 Minuten weniger! – Dr. Lindner (FDP): Wir wollen den Vorsitzenden noch einmal hören! Wir wollen es neutral hören!]

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ehemalige Kultursenatorin Adrienne Goehler hat einmal im Ausschuss gesagt – damit meinte sie Frau Moessinger –, sie habe vom Aschenbrödel wegkommen und einmal Prinzessin werden wollen. – Frau Kolat hat das hier eben gerade mit ihrem Beitrag versucht, aber es ist ihr nicht gelungen.

[Oh! von der SPD]

Sie ist nicht vom Aschenbrödel des Ausschusses zur Prinzessin geworden,

[Klemm (Linkspartei.PDS): Sie unterschreiten unentwegt das eigene Niveau!]

sondern sie hat sich den Ausschuss schöngeredet und hat offenbar aus einer Vorstellung berichtet, die in der SPDFraktion herrscht, die aber mit der Realität nichts zu tun hat.

[Beifall bei der CDU – Müller (SPD): War schon einmal ein starker Auftakt: Mehr! – Gaebler (SPD): Ich dachte, es sei Passionszeit!]

Aber aus Sicht der SPD war alles in Ordnung – es gab keine Komplikationen, und man kann reinen Gewissens aus diesem Untersuchungsausschuss herausgehen. – Nein, meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratie lügt sich diesen Untersuchungsausschuss zurecht. Das geht so nicht!

Frau Kolat hat gesagt, der Ausschuss habe unter dem Vorsitzenden gelitten. Ich hatte immer den Eindruck. dass der Ausschuss litt und alle litten mit Frau Kolat, die entweder sich selbst ein Ziel gesetzt hatte, nämlich Herrn Strieder reinzuwaschen, oder vielleicht auch einen Kampfauftrag von ihrer Fraktion bekommen hatte. Was wir erleben mussten, das Bestehen auf der Abstimmung unzulässiger Anträge, das künstliche Aufbauen eines Zeitdrucks, der absolut unnötig war, das Schönfärben des Ausschussberichts mit Mehrheitsanträgen am Schluss mit Dutzenden von Anträgen, ohne Rücksicht auf das, was in den Wortprotokollen wiederzufinden war, und dann Ihre Aussage von vorhin: Das Tempodrom stehe und störe ja niemanden –,

Strieder kommt im Untersuchungsausschussbericht nicht gerade selten vor. Ich nehme ohne Wertung nur als Beispiel den Kollegen Branoner, der vorher angeführt wurde. Er wird im Schlussbericht etwa 40 Mal erwähnt, wenn man die Suchmaschine benutzt. Der Kollege Strieder ist da mit knapp 700 Erwähnungen präsent. Da kann man die Wertigkeit nachvollziehen, mit der dort die Aussagen aller Zeugen belegt haben, dass es hier eine klare Verantwortlichkeit gibt.

Das Ganze lief unter dem Motto, das offensichtlich von Anfang an bei der SPD-Fraktion verinnerlicht worden ist – auch wieder etwas, was Frau Moessinger im „Tagesspiegel“ geäußert hat:

Alles ist in bester Ordnung, alles ist im Zeitplan und nichts wird teuerer.

Unter dieser Prämisse ist die SPD in diesen Untersuchungsausschuss gegangen. Wie wir eben gerade gehört haben, ist sie damit auch herausgekommen. Aus Sicht der SPD war es reine Zeitverschwendung, aber die Fakten sprechen dagegen.

[Beifall bei der CDU]

Die Vertreter der CDU, die als Zeugen für den Ausschuss benannt worden sind, haben ausgesagt. Jeder konnte sie befragen und konnte daraus seine Schlussfolgerungen ziehen. Wir teilen nicht die Auffassung, die Frau Kolat eben vertreten hat, dass es hier eine ähnliche Verantwortung gebe wie bei Peter Strieder. Die Hauptverantwortlichen der SPD haben dagegen nicht ausgesagt. Herr Strieder ist nicht im Ausschuss erschienen, Herr Specker ist nicht im Ausschuss erschienen,

[Gaebler (SPD): Weil Sie ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet haben!]

und zwar beide mit der Begründung, dass sie sich mit ihrer Aussage selbst beschuldigen könnten. Das soll ein Unschuldsbeweis sein? – Sie haben darauf verzichtet, sie haben nicht ausgesagt, sie haben nicht die Gelegenheit genutzt, die sie gehabt hätten, die Vorwürfe zurückzuweisen, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Sie haben gekniffen, deswegen müssen wir heute die Schlussfolgerungen ziehen, ohne dass die beiden Hauptzeugen überhaupt zu Wort kommen konnten. Wir müssen also Schlussfolgerungen ziehen.

Die übrigen Zeugen der SPD sind zu Wort gekommen, teilweise Funktionäre aus der Landesgeschäftsstelle, die den Wahlkampf für den damaligen Regierenden Bürgermeisterkandidaten Wowereit geführt haben. Sie konnten sich alle nicht erinnern – ein Phänomen, das erstaunlicherweise nur bei den SPD-Zeugen aufgetaucht ist. Sie konnten sich z. B. aus dem Wahlkampfbereich von Herrn Wowereit nicht erinnern, wer dort die Terminkalender führt, wie die Sponsoring-Essen in den Terminkalender von Herrn Wowereit hineinkamen. Das konnte kein SPDZeuge erklären. Sie hatten zwar alle mit dem Wahlkampf zu tun, aber wie solche Termine zu Stande gekommen sind, wurde uns an der Stelle nicht offenbart.

Die drei SPD-Zeugen, die wir hintereinander gehört haben, hatten zudem allesamt ein schriftliches Manuskript – auch erstaunlich, das hatte sonst kein Zeuge –, haben das verlesen – das hat auch sonst kein Zeuge gemacht – und haben sich, wie wir im Nachhinein herausgearbeitet haben, mit dem Ausschussassistenten der SPD vorbesprochen – auch ein einmaliger Vorgang.

[Henkel (CDU): Aha!]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

[von Lüdeke (FDP): Auf dem Platz war sowieso nichts los!]

das belegt alles eine Reihe von Einstellungen, die mit der Arbeit eines Untersuchungsausschusses nichts zu tun haben. Das war wirklich nicht gut!

[Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS]

Strieder war unzuständig im Senat, hat sich aber um die Finanzierung gekümmert. Er hatte eigentlich die Aufgabe, Vermögensschäden vom Land Berlin abzuwenden, hat sich aber dafür eingesetzt, ohne dass die Voraussetzungen da waren, dass z. B. Mittel aus dem Umweltförderprogramm herausgereicht wurden. Das Land Berlin wird sie zurückzahlen müssen. Er war ohne Zweifel zu einem Zeitpunkt die treibende Kraft, an dem man das ganze Verfahren hätte stoppen können. Jeder Banker lernt in der zweiten oder dritten Ausbildungswoche, dass man schlechtem Geld nicht noch schlechteres hinterherzuwerfen hat.

[Pewestorff (Linkspartei.PDS): Gutes Geld schlechtem hinterherwerfen heißt es!]

Aber das ist hier im großen Stil passiert. Wenn man damit eine neue Sichtweise wirtschaftlichen Handelns des Landes Berlin etablieren wollte, dann ist ihm das nachhaltig gelungen, aber zum Schaden des Landes und zum Schaden all derjenigen, die noch auf Fördermittel, auf Lotto

Der Untersuchungsausschuss hat uns klar die Schlussfolgerung ziehen lassen, dass das Schönfärben, das Abstimmen ohne Grundlage aus den Wortprotokollen, dass der Versuch, die Sozialdemokratie und Peter Strieder aus der Verantwortung zu nehmen, nicht funktioniert hat. Gott sei Dank ist das jetzt auf gut 1 000 Seiten dokumentiert. Auch insbesondere ist dokumentiert, in welcher

Form der Untersuchungsausschussbericht, der von der Verwaltung vorgelegt wurde, durch die Mehrheitsfraktion verfälscht wurde.

Danke schön, Herr Goetze! – Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat Herr Wechselberg das Wort. – Bitte schön, Herr Wechselberg!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fand Ihren Auftritt beschämend, Herr Braun;

beschämend für dieses Haus und beschämend für die Arbeit dieses Untersuchungsausschusses. Dass es bei Ihnen nicht einmal dafür gereicht hat, allen Kolleginnen und Kollegen zu danken, auch denen der Regierungsfraktionen, die ja mit Ihnen zusammen viele lange Stunden dort verbracht haben, die gemeinsam Zeugen befragt haben, ja, die sogar zu gemeinsamen Erkenntnissen mit Ihnen gekommen sind – durchaus in weitgehender Übereinstimmung in den beiden Varianten des Untersuchungsausschussergebnisses festgestellt –, dass es bei Ihnen dafür nicht einmal gereicht hat, dass Sie die Größe aufbringen, das festzustellen in Ihrer formalen Eigenschaft als Ausschussvorsitzender – durchaus auch noch einmal eine besondere Enttäuschung. Denn das wäre nicht schwer gewesen, dass Sie das tun, dass Sie das an einer solchen Stelle sagen.

mittel und auf die Unterstützung des Landes angewiesen sind.

Schlussfolgerungen aus dem Tempodrom-Untersuchungsausschuss sind zu ziehen. Eine wesentliche Schlussfolgerung ist: mehr Transparenz gegenüber dem Parlament. Hätten wir es im Parlament gewusst, was die Vertreter des Landes Berlin, insbesondere die Senatsvertreter etwa im Bewilligungsausschuss der IBB gemacht haben, was sich dort abgespielt hat, hätte es längst einen Untersuchungsausschuss, einen Missbilligungsantrag oder Ähnliches gegeben. Man hat sich hier über alle guten kaufmännischen Prinzipien hinweggesetzt und hat das Geld mit vollen Händen einem ausgesprochen schlechten Projekt hinterhergeworfen.

Bürgschaftscontrolling ist schon angesprochen worden. Da hat dieser Ausschuss massive Konsequenzen zur Folge – hoffentlich. Und zum Dritten die Überwachung und Einhaltung der Umsetzung von EU-Förderrichtlinien. Ein Zeuge im Ausschuss hat uns kundgetan, dass aus dem damaligen Umweltförderprogramm die Mittel herausgegeben wurden, ohne dass es Förderleitlinien gegeben hätte. Ein absolutes Unding! Die EU schreibt es vor. Förderrichtlinien für die Vergabe dieser Mittel unter EUBeteiligung, klare Kriterien: Wer bekommt es? Wie sind die Voraussetzungen? Wann wird zurückgefordert? In welchem Umfang gehen Mittel an wen? – Das hat es hier nicht gegeben. Das war ein Selbstbedienungsprogramm mit der Konsequenz, dass wir jetzt wahrscheinlich zurückzahlen müssen. Und das war ein Mangel, den auch die Verwaltung von Peter Strieder zu vertreten hat.