Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

Selbstverständlich!

Bitte, Herr von Lüdeke!

[Gaebler (SPD): Der Ersatz-Lindner!]

Herr Kurth!

Herr von Lüdeke! Ich habe das erstens nicht vergessen, und zweitens gibt es nicht viele, die über das Bundestagswahlergebnis richtig glücklich sind. Das ändert aber nichts daran, dass auch die Politik in der Bundesrepublik Handlungs- und Reformfähigkeit behalten muss. Es hat überhaupt keinen Sinn, nun regelmäßig zu versuchen, Schlachten der Vergangenheit nachzuholen. Wir stehen vor Aufgaben, deren Lösung die Bürger von der Politik insgesamt erwarten, und dem stellt sich die große Koalition. Ich bin nicht mit jedem Punkt gleich glücklich – Sie werden niemanden finden, der mit jedem Punkt gleich glücklich ist –, aber dass die Sanierung der öffentlichen Finanzen im Jahr 2007, die Einhaltung – endlich! – der Stabilitätskriterien und endlich die Schritte auf einen verfassungsmäßigen Haushalt zu den Punkten gehören, die dringend angegangen werden müssen und die eine große Koalition leichter angehen kann als andere, das dürfte unstreitig sein. – Im Übrigen auch bei den Liberalen, wenn sie nachdenken.

[Beifall bei der CDU und der SPD]

Sie verzichten in Ihrem Antrag auf die Benennung von Alternativen. Das halte ich für falsch, denn Sie können dem Bürger nicht einfach vormachen, man könne von einem Haushaltsjahr zum nächsten 25 Milliarden € ausgabenwirksam absenken. Das gelingt dem Bundeshaushalt nicht mehr. Ich erwarte und finde gut, dass die Parteien

Zum anderen: Ich hatte bereits angesprochen, dass sich das Land Berlin in den entsprechenden Bundesratsausschüssen mit Anträgen bei der Beratung über das Haushaltsbegleitgesetz bereits gegen die Mehrwertsteuererhöhung im Haushaltsbegleitgesetz/Steuerrechtsänderungsgesetz gewendet hat. Das heißt, die Aufforderung der Freidemokraten in diesem Haus, wir sollten doch endlich einmal bei der entsprechenden Abstimmung im Bundesrat aktiv werden, brauchen wir nicht. Aus diesem Grund werden wir diesem Antrag nicht zustimmen, denn das Land Berlin handelt bereits. Der Wirtschaftssenator hat sich als Bundesratsmitglied geäußert, wie das Abstimmungsverhalten des Landes Berlin im Bundesrat sein wird. Es ist klar, dass die beiden Koalitionsparteien durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten. Hierbei gilt die übliche Bundesratsklausel, die auch in den Koalitionsvereinbarungen gilt, nämlich: Wenn sich die beiden Koalitionsfraktionen nicht einig sind, dann muss sich das Land im Bundesrat enthalten. – Ich vermute, dass genau das passieren wird.

Danke, Herr Hoff! – Es ist Ihnen aber schon bewusst, dass es zu dem Zwei-Länder-Antrag auch einen Vier-Länder-Antrag gegeben hat, bei dem sich die PDS enthalten hat?

der großen Koalition im Haushaltsausschuss des Bundestages entsprechende Signale gesetzt haben, dass sie von der Bundesregierung auf der Ausgabenseite mehr erwarten. Das muss in den nächsten Jahren folgen. Ich bin der Ansicht, dass das Bemühen, den Bundeshaushalt 2007 bereits auf verfassungsmäßige Grundlagen zu stützen, vernünftig ist und der Bundeshaushalt damit Handlungsfähigkeit zurückgewinnt. Noch einmal: Das Land Berlin hat am allerwenigsten Anlass, dem Bund dabei in den Rücken zu fallen. – Die CDU wird diesen Antrag ablehnen.

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege Kurth! – Für die Linkspartei.PDS hat nun der Kollege Hoff das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dr. Lindner ist der Debatte nach seiner Rede weitgehend ferngeblieben. Wahrscheinlich hat ihn die bürgerliche Antwort des Kollegen Kurth zu sehr überfordert. Eine Schwierigkeit finde ich immer dann, wenn im politischen Geschäft – das ist in Wahlkampfzeiten üblich, wird aber nicht honoriert – mit Doppelzüngigkeit agiert wird. Die Freidemokraten in diesem Haus sind – zumindest in der Amtszeit des Kollegen Dr. Lindner – zu einer Partei geworden, die die Doppelzüngigkeit zum politischen Programm erhoben hat. Der Antrag zur Mehrwertsteuererhöhung ist ein weiterer Baustein in dieser Tradition, der für die Liberalen wahrscheinlich nicht besonders gut ist.

Man kann nicht auf der einen Seite – Kollege Kurth hat es angesprochen – eine Position in Landtagswahlkämpfen aufmachen, die da sagt: Wir wollen die Wahlkämpfe zu einer Art Volksabstimmung gegen die Mehrwertsteuererhöhung machen, und dann auf der anderen Seite in allen Bundesratsausschüssen die Anträge der Länder Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, die sich gegen die Mehrwertsteuererhöhung richten, ablehnen, und zwar die Länder, in denen die FDP in den Landesregierungen beteiligt ist. Das halte ich für eine doppelzüngige Politik. Das ist genauso doppelzügig wie das, was auf der einen Seite Herr Paqué, der frühere Finanzminister von Sachsen-Anhalt, gesagt hat: Wir müssen die Mehrwertsteuer ablehnen. Wir als Liberale werden es nicht mitmachen. – Aber schon vor dem Wahlkampf und der Landtagswahl stellt er einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2007 auf, in dem die Mehrwertsteuererhöhung komplett eingerechnet ist. Das ist aus meiner Sicht doppelzüngige Politik. Da bricht sich politische Propaganda mit politischem Handeln, und das wird Ihnen auch in Berlin auf die Füße fallen. Insofern sage ich Ihnen voraus: Die Hoffnung von Herrn Dr. Lindner, dass der Wahltag zu einem Zahltag für Rot-Rot wird, kann ich nicht nachvollziehen. Sie sollten das eher so formulieren: Wir als Freidemokraten sollten vor dem 17. September Angst haben, dass die Leute mitbekommen, was wir an doppelzüngiger Politik in den letzten fünf Jahren in Berlin realisiert haben.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD]

Herr Kollege Hoff! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lehmann?

Bitte, Herr Lehmann!

Herr Hoff!

Das steht meiner Aussage, die Mehrwertsteuererhöhung auf Antrag der Länder Berlin und Mecklenburg-Vorpommern abzulehnen, nicht entgegen. Das ist der Punkt, über den wir reden, und den haben die FDP-regierten Länder abgelehnt – dazu haben Sie mir nichts Neues gesagt.

Es ist bereits eine Menge zu den Mehrwertsteuererhöhungen gesagt worden, aber ich möchte noch zwei Punkte ansprechen, die mir wichtig sind. – Erster Punkt: Herr Kurth hat zu Recht über den Subventionsabbau gesprochen. Man kann Subventionsabbau in unterschiedlicher Weise vornehmen, und zwar so wie es das Wirtschaftsinstitut in Kiel getan hat, oder man verfolgt eine Strategie, die auf die öffentlichen Haushalte bzw. die Kaufkraft der Bevölkerung orientiert ist. Das ist eine Strategie, die eher das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut des DGB verfolgt. Wir orientieren uns in unserer politischen Argumentation an Letzterem, das heißt, nicht jeder Subventionsabbau ist per se sinnvoller Subventionsabbau, sondern es geht einerseits um Regional- und Strukturpolitik und andererseits um die Aufrechterhaltung der Kaufkraft. Das ist die Argumentation, die wir in den Subventionsabbau mit hinein nehmen.

Herr Doering! Ich bitte einfach um Nachsicht! – Ich hatte diese Verpflichtung, und ich habe die Debatte so weit wie möglich am Monitor verfolgt, habe verfolgt, was der Kollege Kurth gesagt hat, auch das, was der geschätzte Kollege Hoff gerade gesagt hat. Ich habe es jedenfalls soweit verfolgen können, dass Sie meinten, darstellen zu müssen, dass die FDP-mitregierten Länder sich beim Berlin-Antrag enthalten haben, obwohl er sich gegen die Mehrwertsteuererhöhung wendet. Der Text dieses Antrages lautete:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, Alternativen zur Mehrwertsteuererhöhung zu prüfen. So könnten z. B. die höhere Besteuerung von Spitzeneinkommen sowie Reaktivierung der Vermögenssteuer in Betracht gezogen werden.

Da kann man natürlich nicht mitmachen. Der VierLänder-Antrag der – damals jedenfalls – FDPmitregierten Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt stellte wiederum klar fest, dass Berlin den vorliegenden Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2006 auf Grund der dort vorgesehenen Steuererhöhung ablehnt. Bei dieser klaren Ablehnung der Mehrwertsteuererhöhung hatte Berlin sich übrigens enthalten. Die F-Länder haben diesem Antrag natürlich zugestimmt. Bei Ihnen ist das eine reine Umtopferei und Abzockerei. – Herzlichen Dank!

Der zweite Punkt: Man kann an der großen Koalition im Bund viel kritisieren, aber muss ihr andererseits eines zugute halten: Es ist die erste Koalition, die nach Jahren auf Bundesebene in der Lage ist, auch über die Steuerpolitik – nicht nur im Sinne einer Steuersenkungspolitik, sondern auch im Sinne einer Steuerpolitik zu sprechen, die sich die Frage stellt, ob nicht zukünftig beispielsweise die sozialen Sicherungssysteme nicht mehr über Abgaben und Beiträge, sondern über Steuern finanziert werden. Das wird zwangsläufig Auswirkungen auf die Steuerverteilung und auch auf die Mehrwertsteuer haben. Wir finden es richtig, diese Debatte zu führen. Sie allerdings zu führen und bereits gleich zu Beginn die Mehrwertsteuer zu erhöhen, in der Hoffnung, dass man damit im Jahr 2006 einen konjunkturellen Aufschwung realisiert, der ab dem Jahr 2007 die Einbrüche, die durch die Mehrwertsteuererhöhung folgen, auffängt – und das in einer Situation, in der der Haushalt, der mit erheblichen Ausgabeaspekten realisiert werden soll, erst im Sommer 2006 beschlossen wird, wenn also die Hälfte des konjunkturbelebenden Jahres 2006 schon vorbei ist –, ist aus meiner Sicht die konjunkturelle Fehleinschätzung, der die schwarz-rote Koalition im Bund aufgesessen ist. Vor diesem Problem stehen wir wirtschaftspolitisch, und insofern ist dieses Haushaltsbegleitgesetz abzul

Ich möchte an dieser Stelle mit einer persönlichen Bemerkung enden. Dies ist nach 11 Jahren meine letzte Rede im Abgeordnetenhaus, da ich für das nächste Abgeordnetenhaus nicht mehr kandidieren werde. Ich will mich bei denjenigen bedanken, die mich mehr als ein Drittel meines Lebens im Abgeordnetenhaus begleitet haben und mit denen ich zusammengearbeitet habe. Trotz mancher politischer Differenz hat sich über die Fraktionen hinweg auch so etwas wie Freundschaft sowie ein sehr spannender intellektueller Diskurs entwickelt – nicht nur im Plenum, auch darüber hinaus. Das hat mir gefallen, und ich hoffe, dass sich einige der Freundschaften, die sich entwickelt haben, erhalten. Ich wünsche Ihnen eine gute Arbeit, einen erfolgreichen Wahlkampf – soweit ich das den anderen Fraktionen wünschen kann – und der nächsten rotroten Koalition eine glückliche Hand.

[Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU, den Grünen und der FDP]

Vielen Dank, Herr Kollege Hoff! – Das Wort zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Dr. Lindner! – Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Zunächst bitte ich die Vorredner ganz demütig um Pardon, dass ich den Saal verlassen habe.

[Doering (Linkspartei.PDS): Sie haben die Debatte doch gar nicht verfolgt!]

Ich hatte eine Verpflichtung beim Rundfunk, ich bitte wirklich um Nachsicht.

[Doering (Linkspartei.PDS): Sie debattieren etwas, was Sie nicht gehört haben!]

Das war der Berlin-Antrag, und deswegen – das muss ich gar nicht weiter erläutern – konnten die FDP-Länder dem nicht zustimmen, das ist doch eine klare Sache.

[Zuruf des Abg. Liebich (Linkspartei.PDS)]

Sie wollen einfach nur andere Abzockquellen erschließen.

[Zuruf des Abg. Brauer (Linkspartei.PDS)]

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Dr. Lindner! – Es folgt Frau Kollegin Paus von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hoff! Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft, weiterhin – persönlich jedenfalls – Erfolg, auch für die Tätigkeiten, die Sie demnächst ausüben werden!

Unsere Fraktion wird dem Antrag der FDP zustimmen, obwohl natürlich alles richtig ist, was Herr Matz zum Thema Doppelzüngigkeit der FDP gesagt hat, auch das, was Herr Kurth und Herr Hoff gesagt haben. Das Schöne an dem Antrag ist aber – das hat mich wirklich gefreut –, dass er so erfrischend kurz ist

[Liebich (Linkspartei.PDS): Auch kurze Anträge haben Fehler!]

und dass er auf die übliche Phrasendrescherei der FDP verzichtet, die Sie jetzt in der Rede vorgetragen haben. Es geht einfach nur um den Inhalt, und der Antrag bringt es auf den Punkt: Diesem verquasten Steuerpaket der großen Koalition kann unsere Fraktion nicht zustimmen. Deswe