denn eine solche Ausgestaltung ist nicht im Interesse der Berlinerinnen und Berliner. Berlin hat hier die Chance, diese bisherige Baustelle in der historischen Mitte zu einem öffentlichen Anziehungspunkt für Berlinerinnen und Berliner sowie für Besucher aus aller Welt zu machen. Von hier, aus der Mitte der Hauptstadt, kann vom Humboldt-Forum eine vielversprechende internationale und einzigartige Ausstrahlung ausgehen – ein neuer Weltort für Kunst und Kultur. Hier können wir zeigen: Es gibt eine zentrale Idee, die nicht nur eine rein wissenschaftliche Stätte des Austausches und des Besuches ist, sondern ein Ort der Begegnung und der öffentlichen Diskussion.
Auch das Mischkonzept im Humboldt-Forum ist zu begrüßen. Neben der Darstellung der außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wird es auch Raum für die Berliner Nutzungen geben. Die Humboldt-Universität und die Zentral- und Landesbibliothek haben nun die Möglich- und Notwendigkeit, ihre Konzepte zu spezifizieren und diesem Hause darzustellen. Denn eines ist klar: Die Sammlungen müssen nicht nur präsentierbar, sondern auch präsentabel sein. Dieses Haus wird bis zum Sommer entscheiden, welche Nutzung im Forum betont wird, damit dies als Orientierung in den Architekturwettbewerb eingehen kann.
Es sei mir erlaubt, als Abgeordnete aus dem Osten Berlins festzustellen, dass ich es außerordentlich begrüße und sehr wertschätze, dass sowohl das Stadtschloss als auch das Humboldt-Forum in der Gestaltung und Nutzung an die vielfältigen historischen Brüche der Stadt erinnern werden. Berlin ist die Stadt der historischen Brüche par excellence, welche sich an vielen Stellen im Berliner Straßenbild wiederfinden. Für jeden und für jede sind hier Geschichte, Gegenwart und Zukunft erfahr- und erlebbar.
Berlin hat zum Glück sehr vielfältige und hochmoderne Architektur zu bieten, welche international ein hohes Ansehen genießt. Trotzdem gibt es genau an dieser Stelle,
dem Berliner Schlossplatz, auch genau den richtigen Platz für die Rekonstruktion des historischen Schlosses, aber – das möchte ich ausdrücklich betonen – mit öffentlicher und damit nicht historisierender Nutzung.
Zum Abschluss sei mir eine persönliche Bemerkung erlaubt: Im Jahr 2010, wenn die Grundsteinlegung für das Humboldt-Forum erfolgen wird, werde ich 30 Jahre alt werden. Einen solchen großartigen Erfolg in noch so jungen Jahren erleben und begleiten zu dürfen, macht mich sehr stolz.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Haußdörfer! – Für die Fraktion der Grünen hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Ströver.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin noch ganz fassungslos in Anbetracht dieser apologetischen Lobeshymne auf das traurige Ergebnis in Sachen Schlossplatz.
Es schien ein echter Coup zu sein. Während der Stadtentwicklungsausschuss unter Zuladung des Kulturausschusses interessiert wartete, welche Perspektive der Zwischennutzung und weiteren Finanzplanung es für die Bebauung und Nutzung des Schlossplatzes vonseiten des Senats geben würde, machten zwei SPD-Politiker „Nägel mit Köpfen“: Wowereit von Landesseite und Tiefensee von Bundesseite verkündeten zeitgleich, der Platz werde in allein öffentlicher Trägerschaft ab 2010 bebaut. Es koste 480 Millionen €. Berlin zahle nur 32 Millionen €, bekomme aber auch nur 5 000 Quadratmeter.
Absurd an diesem Verfahren ist insbesondere, dass der finanzielle Anteil Berlins nicht etwa im Rahmen dieser Legislaturperiode bereitgestellt wird, sondern dass die Haushalts- und Finanzplanung erst dann vorgenommen wird, wenn möglicherweise schon längst eine andere Regierung in Berlin das Sagen hat.
Selbiges hat uns gerade gestern die Chefin der Senatskanzlei mitgeteilt. Der Regierende Bürgermeister hat also einen Wechsel auf die Zukunft unterschrieben, denn Berlin will erst ab 2011 einen finanziellen Beitrag zur Bebauung des Schlossplatzes geben.
Nicht einmal für diese kleine Summe, mit der sich das Land Berlin beteiligen will, wird eine verlässliche Zusage gegeben.
Hier wurde die Rechnung ohne den Wirt oder besser ohne die Wirte gemacht. Wir hätten das ahnen können. Der Koalitionspartner der SPD auf Bundesebene ist übrigens ziemlich verärgert, hält die Berechnungen der Baukosten für unseriös und ist offenbar komplett übergangen worden.
Das Gleiche gilt für die Linksfraktion hier. Sie schaute – ich sage es einmal unparlamentarisch – „etwas dumm aus der Wäsche“, als sie realisieren musste, dass den Regierenden Bürgermeister nicht einmal mehr die Interessen des kleinen Koalitionspartners interessierten. Da wird Geld zugesagt, das es nicht gibt. Da werden die inhaltlichen Pläne – und das ist das, was mich an Ihren Ausführungen sehr geschockt hat, Frau Haußdörfer! – zum Humboldt-Forum, die einmal sehr ambitioniert entwickelt wurden, im Handstreich über den Haufen geworfen, und die Schlossfassade wird gebaut, obwohl jeder Mensch hier im Raum und draußen weiß, dass die von Herrn Boddien zugesagte private Summe von 80 Millionen € für die Schlossfassadengestaltung nie und nimmer zusammenkommen wird.
Einmal mehr zeigt sich, dass der Regierende Bürgermeister es nicht so genau nimmt mit den Formen der Demokratie.
Im Geheimen werden – Herr Braun hat es gesagt – „mit der heißen Nadel gestrickte“ Entscheidungen veröffentlicht, nur um des raschen Erfolges willen. Mit seriöser Stadt- und Kulturplanung hat dieses Verhalten nicht das Geringste zu tun, Herr Regierender Bürgermeister!
Es ist bedauerlich, wie leichtfertig das interessante Konzept eines integrativen Ansatzes zu den unterschiedlichen thematischen Bereichen der Einrichtungen, die in dieses Humboldtforum integriert werden sollten, aufgegeben wird, nämlich die Präsentation der außereuropäischen Kulturen in einem systematischen Kontext. Hier ist besonders wichtig, dass gerade bei der Vermittlung außereuropäischer Kunst und Kultur auch eine Volksbildungseinrichtung wie die Zentral- und Landesbibliothek in relevantem Umfang beim Raumkonzept berücksichtigt wird. Deswegen ist es skandalös, wie der zuständige Kultursenator seine Verantwortung für diese landeseigene Stiftung Zentral- und Landesbibliothek ignoriert – eine Einrichtung, die schließlich schon als Amerika-Gedenkbibliothek – wir können uns noch daran erinnern – unter schwierigen Zuständen vor der Wiedervereinigung gelitten hat, die auch mit der Fusionierung mit der Ostberliner Stadtbibliothek in der Breiten Straße nicht besser geworden sind.
Angesichts der neuen Rahmendaten muss das ambitionierte Konzept komplett überarbeitet werden. All das nur, weil Bund und Land sich immer noch hinter der nachgebauten Schlossfassade verschanzen. Niemand, der seriös plant, sollte so vorgehen, Wichtig wäre es, erst zu sagen, was man als Nutzungskonzept unter dem anspruchsvollen Namen Humboldt-Forum formuliert. Daran sollte sich der Raum bemessen. Anschließend – das ist zum Abschied unser Wunsch, Herr Regierender Bürgermeister – sorgen Sie bitte dafür, dass es einen offenen Architekturwettbewerb gibt, der das Nutzungskonzept neu überdenkt und aus diesem Konzept dann die Antwort gibt über die äußere Gestaltung. Das ist wichtig. Wir hoffen sehr, dass wir in der Debatte im Ausschuss vielleicht noch den dahin gehenden Antrag der CDU überarbeiten können. Vielleicht geht die Linksfraktion mit uns mit in diese Richtung.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kein Zweifel, das Humboldt-Forum ist das wichtigste nationale Kultur- und Wissenschaftsprojekt des vereinten Deutschlands und nach der Ansiedelung von Parlament und Regierung im Spreebogen überdies auch das wichtigste städtebauliche Projekt in der Hauptstadt.
Wenn man sich allerdings die jahrelangen Debatten, die in der Sache liegende Komplexität oder auch die Verabredung der letzten Tage ansieht, haben wir uns die Frage zu stellen, ob Bund und Land schon optimal für die Bewältigung dieses „grand projet“ aufgestellt sind. Um es vorab klar zu sagen: Die Linke respektiert die Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Errichtung des Humboldt-Forums, verzichtet aber auch weiterhin nicht auf ihren Beitrag in der kontroversen politischen und konzeptionellen Debatte zur Realisierung desselben. Wir müssen uns übrigens nicht schämen, dass wir unsere Positionen nicht haben durchsetzen können. Sie werden möglicherweise als Hintergrund der Realisierungsdebatte immer wieder zutage treten. Wir müssen uns nicht schämen, dass wir für den Erhalt des Palastes der Republik und für seinen Funktionswandel in einer nun demokratischen Gesellschaft eingetreten sind, dass wir die Zwischennutzung des Palastes unterstützt und seinen Weiterbau, hin zu einer Lösung jenseits von Palast und Schloss, gefordert haben,
dass wir also eine zeitgenössische, moderne Architektur der historistischen Replik vorziehen und dass wir die von uns begrüßte Nutzung der FBK gern mit dem Haus der Kulturen der Welt ergänzt gesehen hätten. Mit diesen Positionen sind wir unterlegen, aber es wird erst noch der
Beweis anzutreten sein, dass der nun eingeschlagene, von uns für falsch gehaltene Weg tatsächlich glückt.
Übrigens braucht das Projekt auch die kontroverse Debatte. Ich erinnere daran, dass es lange Zeit keineswegs klar war, dass der Ort der Mitte, die Spreeinsel, nicht für staatliche Institutionen und private Exklusivität genutzt werden sollte. Erst in den letzten Monaten wurde glücklicherweise entschieden, die private Nutzung für Hotel und Kongresszentrum aufzugeben.
Die Linke unterstützt das Projekt des Humboldt-Forums. Die konzeptionelle Grundidee am Ort der früheren Staatsmitte, in Differenz zum Spreebogen ein allen Bürgerinnen und Bürgern zugängliches Kultur- und Wissenschaftsforum des 21. Jahrhunderts zu errichten, einen öffentlichen Ort der Begegnung, des Diskurses mit den Kulturen der Welt zwischen Geschichte und Zukunft und im Wechselverhältnis von global denken und lokal handeln zu schaffen, einen solchen Verständigungsort der Menschen über ihre Zukunft – diese Grundidee der internationalen Expertenkommission tragen wir mit.
Es ist Ausdruck der berühmten Dialektik der Geschichte, dass diese gute, richtige Idee nicht als visionäre Kulturpolitik zutage trat, sondern nur als Antwort auf den Wunsch entstand, Geschichte nachträglich durch ein Bild der Vergangenheit heilen zu wollen und dem Fassadenschloss einen legitimierbaren Inhalt geben zu müssen. Aber es ist nur zu verständlich, dass wir nun eine dem neuen, von uns begrüßten Inhalt entsprechende Form schaffen wollen.
Es ist gut, dass nach den Verabredungen des Regierenden Bürgermeisters und des Bundesministers keine weitere Blockade mehr zwischen dem Bund und Berlin bei der Grundfrage einer Mitfinanzierung existiert. Ich sage aber auch deutlich, dass die Linkspartei ihre parlamentarische Bereitschaft zur Mitfinanzierung vom Konzept abhängig machen wird. Der öffentlich ausgetragene Streit der zukünftigen Schlossnutzer angesichts Raumreduktion in letzter Minute, der Mangel an inhaltlicher Bestimmung, welche Funktion Berlin im Humboldt-Forum braucht, und das Grundproblem, dass die Entwicklung des Projekts in der Zuständigkeit der Bauverantwortlichen liegt, die wohl die Machbarkeit einer Schlossreplik, nicht aber die Anforderung einer modernen kulturellen Institution denken können – dies alles hat dem Projekt geschadet.
Auch die Verkündung einer Finanzabsprache am düsteren Ort ohne detaillierte Absprache mit den Koalitionspartnern in Bund und Land, noch dazu zeitgleich mit der Anhörung im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr, muss man wohlwollend als ungeschickt und weniger wohlwollend als Affront bezeichnen.
Offenbar ist jetzt eine konzeptionelle Phase ausgerufen worden. Ich begrüße es sehr, dass die Kollegin Haußdörfer den Anspruch formuliert, dass dieses Haus darüber entscheiden soll, welche Konzeption insgesamt von Berlin unterstützt wird. Meine Fraktion wird sich in den nächsten Wochen intensiv mit den Nutzungskonzepten der verschiedenen Institutionen befassen und die entsprechenden Vertretungen einladen. Wir werden sehr genau die verschiedenen Konzepte studieren. Ich plädiere ähnlich wie die Kollegin Ströver für eine Stärkung der Zentral- und Landesbibliothek. Ich meine, dass die 5 000 Quadratmeter in der Tat etwas bieten müssen, das jedes moderne Museum bieten muss, nämlich ein Medienzentrum. Wir müssen die Gelegenheit nutzen, ein Berliner Problem gleich mit zu lösen, deshalb plädiere ich für eine Gedenkbibliothek Deutsche Einheit im neuen HumboldtForum. Das wäre übrigens auch das bessere Freiheits- und Unabhängigkeitsdenkmal.
Ich gehe davon aus, dass wir diese konzeptionelle Debatte in den nächsten Wochen führen werden. Wir werden uns massiv einbringen. Das Humboldt-Forum ist als Idee zu wichtig als dass es jetzt inhaltlich nicht angereichert werden müsste. Ich stelle mir im Übrigen auch vor, wenn wir einen Berliner Beitrag finden, den wir unterstützen, dass wir uns über die Absprachen hinaus finanziell beteiligen können und sollten.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Flierl! – Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort der Herr Abgeordnete Weingartner. – Bitte sehr!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Schloss – die Zeit hat den Antrag der CDU-Fraktion zwar eingeholt, aber nicht überholt. Wie wir alle der Presse entnehmen konnten – oder mussten –, ist inzwischen Bewegung in die Angelegenheit Stadtschloss gekommen. Die FDP-Fraktion begrüßt dies ausdrücklich.