Jetzt kommt das Signal von der Bundesregierung. Herr de Maizière sagt, lasst uns reden, Herr Steinbrück sagt, lasst uns reden. Und hier sagt Herr Wowereit, wir sind nicht gesprächsbereit. Das nenne ich Trotzecke. So kann man nicht mit der Bundesregierung und den Berlinerinnen und Berlinern umgehen, Herr Müller.
Ich füge hinzu: Es ist auch Täuschung, denn Sie haben kurz vor der Wahl gegenüber der Wirtschaft dieser Stadt die Offenheit signalisiert. Es ist ein enormer Vertrauensverlust, der damit gekommen ist, dass Sie das nicht einhalten können.
Herr Pflüger! Sie zitieren doch immer so gern den DGBVorsitzenden Dieter Scholz. Wie beurteilen Sie seine heutige Pressemitteilung, in der er unter anderem sagt, der innerstädtische Flughafen habe seine Zeit gehabt und sei unter anderem aus Umwelt- und Sicherheitsgründen nicht länger zu verantworten? Er sagt weiter:
Es ist das zentrale politische Ziel, und das sollten alle politisch Verantwortlichen fest im Blick haben, den BBI nicht zu gefährden.
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Beifall von Volker Ratzmann (Grüne) – Dr. Martin Lindner (FDP): Ach, die Gewerkschaftler!]
Ich bedanke mich für die Frage. Sie haben zu Recht gesagt, dass ich ihn immer gerne zitiere, weil er uns in sehr vielen Themen, z. B. Industriepolitik, recht gibt. In diesem Fall sind wir eben unterschiedlicher Auffassung. Ich teile mit Herrn Scholz die Auffassung, dass wir BBI nach vorne bringen müssen, dass das unsere Chance ist. Ich teile nicht seine Auffassung, dass Tempelhof diesen BBIFlughafen gefährdet, und sehe mich darin in Übereinstimmung mit Herrn Steinbrück in der Bundesregierung.
[Beifall bei der CDU – Bärbel Holzheuer-Rothensteiner (Linksfraktion): Was sagen Sie zu seinen anderen Argumenten?]
Aber ich will meinen Gedanken fortsetzen. Auch Herr Wowereit ist vor der Wahl ganz schön Slalom gefahren.
Als z. B. Herr Mehdorn gesagt hat, wir betreiben den Flughafen, warum soll das der Steuerzahler machen, wir übernehmen das, die Deutsche Bahn,
Dieser Vorschlag von Mehdorn ist einer von zig anderen. Entscheidend ist nicht der Flugbetrieb, sondern die Nutzung des Gebäudes, dies aber wolle niemand betreiben.
Herr Wowereit! Damals war Ihnen schon bekannt, wie wir heute wissen, dass Herr Lauder ein Angebot gemacht hat, auch das Gebäude zu übernehmen. Das haben Sie damals vor der Wahl der Öffentlichkeit verschwiegen: Es gibt jemanden, der das Gebäude betreibt, und es gibt jemanden, der den Flughafen betreibt. Der Steuerzahler müsste nichts bezahlen. Er müsste aber sehr viel Geld bezahlen, wenn der Flughafen geschlossen wird. Die Schließung von Tempelhof kostet an Sozialplänen und Abwicklungen 25 Millionen €, über 10 Millionen € jedes Jahr Unterhalt für die Immobilie, das alles könnten wir vom Steuerzahler wegnehmen, wenn wir Herrn Lauder und der Deutschen Bahn AG eine Chance geben würden.
Das könnten wir tun, das wäre zum Wohl der Stadt. Es würde darüber hinaus noch Arbeitsplätze in dieser Stadt schaffen. Warum um Himmels willen nutzen Sie nicht die Chance dieses Gutachtens und steuern um? – Ich glaube, es geht Ihnen im Grunde nur darum – und die Nervosität zeigt es –, Ihr Gesicht zu wahren. Sie wollen mit dem Kopf durch die Wand.
Da will ich Ihnen mit Bertolt Brecht antworten und Ihnen diesen Rat von Bertolt Brecht mitgeben: Wer A sagt, muss nicht unbedingt B sagen, er kann auch sagen, A war falsch, ich habe mich geirrt. – Genau das sollten Sie tun.
Noch einmal: Sie haben von uns die Garantie, wenn es eine einzige Gefahr für BBI geben sollte, wenn das Bundesverwaltungsgericht auf den Antrag der Feststellungsklage hin diese Gefahr nicht ausschließt, dann wollen auch wir Tempelhof nicht. Wir können das doch gemeinsam vereinbaren, das abchecken und dann auf diese Art und Weise voranmarschieren.
Das wäre unser Vorschlag. Nun kommen Sie endlich zur Vernunft und heraus aus Ihrer Trotzecke, Herr Regierender Bürgermeister!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Pflüger! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Bluhm das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Pflüger, der grüne Lack ist eh ab, mit dem Sie seit Monaten versuchen, die CDU-Fraktion einzustreichen. Beim Thema Tempelhof: Fehlanzeige, was Klimaschutz betrifft, Fehlanzeige, was die Lebensqualität der innerstädtischen Bewohnerinnen und Bewohner und ihr Sicherheitsbedürfnis betrifft.
Ich will Ihnen auch sagen, dass ich bei diesem Thema mit der Arbeitsteilung völlig einverstanden bin. Die Linke und die SPD managen das Großprojekt Berlin Brandenburg International, und Sie popeln seit Monaten an einer rechtlichen Konstruktion,
an einer rechtlichen Handhabe herum, wie es Ihnen gelingt, den Flughafen Tempelhof als Sonderlandeplatz für einige wenige handverlesene Geschäfts- und Privatflieger zu nutzen. Da sage ich Ihnen: Das geht nicht.
Nicht einmal 20 km von diesem Saal entfernt entwickelt sich eine der größten Baustellen der Bundesrepublik. Es geht um eine Fläche von 2 000 Fußballfeldern, um Investitionen von 2 Milliarden €, um Zigtausende Arbeitsplätze und Aufträge für die mittelständige Wirtschaft Berlins und Brandenburgs.
Und es geht um ein Vorhaben von herausragender wirtschafts- und verkehrspolitischer Bedeutung, es geht um den BBI. Vor wenigen Tagen erst wurde die Genehmigung für den Terminalbau erteilt, Bauvorbereitungen für den unterirdischen Bahnhof haben begonnen, bei den
Rollbahnanschlüssen geht es voran, und ein 32 Meter hoher Aussichtsturm für Baustellenneugierige entsteht. Wer will, kann sehen, in Schönefeld wird inzwischen nicht mehr nur gekleckert, sondern geklotzt.
Alle wollen den BBI. Wir alle wollen, dass er 2011 eröffnet wird, und das heißt folglich, ohne Wenn und Aber alles zu unterlassen, was dieses wichtige Bauvorhaben in irgendeiner Weise gefährdet oder aber verzögert. Das trifft auch für die Gutachten zu, mit denen dieser Tage die Berlinerinnen und Berliner konfrontiert worden sind, denn erst einmal kommen alle zu demselben Schluss:
Auf der Basis der derzeitigen Rechtsprechung und Planfeststellung ist die Schließung der innerstädtischen Flughäfen Tempelhof und Tegel zwingend, das heißt, eine Offenhaltung von Tempelhof verlangt mindestens die Änderung der Landesentwicklungsplanung, diese jedoch ist die gesetzliche Grundlage für das Planfeststellungsverfahren, für den Planfeststellungsbeschluss, und der ist das Fundament für den BBI. Diese Einschätzung, Herr Pflüger, gilt übrigens auch und insbesondere für das Gutachten aus dem Hause des Bundesfinanzministeriums.
Natürlich sagen die Befürworter, dass man eine weitere Tempelhofnutzung eventuell daraufhin prüfen könnte, ob man eine Handhabe unterhalb der gültigen Rechtsprechung für eine Sondererlaubnis mit bestimmten Konditionen für Privat- und Geschäftsflieger findet. Aber da frage ich Sie nochmals, Herr Pflüger: Ist das Ihre Vision für die Stadt? Wollen Sie das als Vision wirklich verkaufen, dass die öffentliche Hand eine Fläche von der Größe des Tiergartens vorhalten muss, damit der internationale Jetset zum Kur- oder Kulturaufenthalt nach Tempelhof fliegen kann? Ist das wirklich Ihr Ernst? Über all die vermeintlichen Schlupflöcher zur Offenhaltung Tempelhofs, Feststellungsanträge, Zwischenfeststellungen, können Gutachter trefflich, und zwar jahrelang, außerdem noch streiten. Für mich sind genau diese Wenn und Aber die Aspekte, die eine Gefährdung, auf jeden Fall aber eine Verzögerung des Flughafens BBI bedeuten können. Ich bin sicher, wegen einiger privater Nutzer wird weder Peer Steinbrück noch dieser Senat das Risiko eingehen, BBI zu gefährden.
Aber offenbar ist es so, dass Sie von der CDU glauben, nur weil Sie keine Verantwortung tragen, können Sie an dieser Stelle auch verantwortungslos handeln. Ich kann es nicht anders bezeichnen, Herr Pflüger, wenn Sie sich vor Kameras stellen und sagen, dass das Gutachten aus dem Bundesfinanzministerium überraschend eindeutig für die Offenhaltung Tempelhofs spricht. Da hat Ihr ideologischer Eifer Ihnen offenbar den Blick getrübt.
Auch wir haben dieses Gutachten gelesen. Herr Steinbrück hat es noch gar nicht vorgestellt und hat dazu noch gar keine Bewertung vorgenommen. Wir haben auch die Wenn und Aber gelesen, die vielen Konditionierungen
haben hier schon eine Rolle gespielt, und die Dimension des Problems ist auch schon beleuchtet worden: ein Flughafen für wenige, handverlesene Privat- und Geschäftsflieger. Nach all dem Rechtsstreit will ich an dieser Stelle einmal sagen: Meiner Fraktion, meiner Partei ist das klare Bekenntnis zum Großflughafen nicht leichtgefallen, und wir haben es immer damit verbunden: Lebensqualität, Verbesserung für Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner, die jetzt um und an Tempelhof und Tegel wohnen. Immer haben wir es damit verbunden und fanden, dass es damit ein ökologisch und wirtschaftliches Gesamtprojekt ist.