Burgunde Grosse

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Danke schön, Herr Präsident! – Herr Senator Wolf! Wäre es nicht gut, wenn es eine Absprache mit dem Land Brandenburg hinsichtlich der Höhe des Mindestlohns bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen geben würde? Das Land Brandenburg hat im Moment 8 Euro beschlossen. Was halten Sie davon?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich richte meine Frage an den Regierenden Bürgermeister.
Genau! – Herr Wowereit! Welche Maßnahmen beinhaltet die Vereinbarung, die Sie heute, am 1. September, zu Beginn des Ausbildungsjahres 2011/2012 mit der Wirtschaft getroffen haben, und zwar zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses?
Herr Regierender Bürgermeister! Das ist ein hoher Anspruch, den die Wirtschaft eingegangen ist. Ich hoffe, dass es nicht nur eine Absichtserklärung ist, sondern tatsächlich auch eingehalten wird. Gehen Sie davon aus, dass auch Jugendliche zum Zug kommen, die nicht einen Notendurchschnitt von Note 2 oder 2,5 haben, sondern auch einen schlechteren?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Melzer! Der Regierende Bürgermeister schwafelt nicht, der Regierende Bürgermeister handelt in dieser Stadt!
Und Ihr Beitrag war ein nichtwissendes Geschwafel, ein Herunterreden des Wirtschaftsaufschwungs. Das hat die Stadt nicht verdient.
Der Wirtschaft geht es gut. Die Auftragsbücher sind prall gefüllt, und die Bestellungen nehmen sogar weiter zu. So kann man es fast täglich den Medien entnehmen, auch in Berlin. Man könnte meinen, alles sei prima, die Wirtschafts- und Finanzkrise sei überwunden. Diesen Eindruck versucht nämlich gerade die schwarz-gelbe Bundesregierung mit dem Jahreswirtschaftsbericht 2011 zu erwecken. Wie sieht aber die Realität aus? – Der Aufschwung kommt bei vielen Bürgerinnen und Bürgern gar nicht an. Vor allen Dingen bei den unteren und mittleren Einkommen haben die Menschen nichts von der boomenden Wirtschaft. Zeit- und Leiharbeit, prekäre Beschäftigungen, Mini- und Midijobs sind die Realität und haben inzwischen eine Dimension angenommen, die so nicht länger hinnehmbar ist. Deswegen sind wir froh, dass die Klage gegen die christlichen Gewerkschaften gewonnen wurde – der Kollege Klemm hat schon darauf hingewiesen – und hier endlich einmal Einhalt geboten wurde.
Der Arbeitsmarkt, das Lohngefüge sind weitgehend aus den Fugen geraten. Das müssen wir ändern, das wollen wir ändern. Deshalb wird die SPD nicht nachlassen, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn weiter zu fordern.
Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben einen Anspruch darauf, angemessen am wirtschaftlichen Erfolg teilzuhaben. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ökonomisch notwendig. Noch immer setzen wir ausschließlich auf die Erfolge im Export und vernachlässigen die Binnennachfrage. Wir alle wissen: Nur eine vernünftige Lohnpolitik stärkt die Binnennachfrage und entlastet die Sozialausgaben. Wir haben in Berlin gehandelt. Die rot-rote Koalition hat in Berlin das Vergabegesetz mit einem Mindestlohn von 7,50 Euro auf den Weg gebracht, und wir werden in einem nächsten Schritt den Mindestlohn auf 8,50 Euro erhöhen. Dafür steht die Berliner SPD.
Längst haben auch die Arbeitgeber erkannt, dass nur ein gesetzlicher Mindestlohn vor Wettbewerbsverzerrung schützen kann.
Deshalb begrüßen wir die Imagekampagne des Handwerks „Gute Arbeit, fairer Lohn“.
Nein! Auch ich möchte heute keine Zwischenfragen.
Wir brauchen klare Regeln auf dem Arbeitsmarkt, damit aus der wirtschaftlichen Erholung ein selbsttragender Aufschwung wird. Dazu gehören ein gerechter Lohn und die Stärkung einer neuen Qualität der Arbeit.
Mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik in Berlin setzen wir alles daran, dass noch mehr Menschen neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten und somit am Aufschwung Berlins teilhaben. Mit dem Programm der Joboffensive setzen wir auf eine schnelle und passgenaue Vermittlung der Langzeitarbeitslosen in Berlin. Damit startet Berlin ein Pilotprojekt. Die zwölf Jobcenter machen es sich zur Aufgabe, 10 000 langzeitarbeitslose Menschen in den nächsten zwei Jahren in Arbeit zu bringen – auf den ersten Arbeitsmarkt. Berlin hat seinen finanziellen Anteil geleistet.
Durch den Bau des neuen Flughafens Willy Brandt in Schönefeld haben wir Arbeitsplätze geschaffen und werden wir Arbeitsplätze schaffen, Arbeitsplätze, die in die Zukunft ausgerichtet sind. Berlin und Brandenburg bilden seit zwei Jahrzehnten eine gemeinsame Wirtschafts- und Arbeitsmarktregion. Die Menschen in der Region erleben dies zunehmend als eine Einheit. Hier sollten wir zukünftig länderübergreifend noch besser zusammenarbeiten, die Potenziale der Region nutzen und Kooperationen in den Bereichen Wirtschaft und Arbeit ausbauen und intensivieren.
Mit der Schließung des Flughafens Tegel verfügt Berlin über ein herausragendes wirtschaftliches Entwicklungsgebiet. Hierzu gibt es ein umfassendes Konzept, das die Ansiedlung von Zukunftstechnologien, Gewerbe und neue Arbeitsplätze vorsieht. Mit der Gründung einer Entwicklungsgesellschaft wird das Planungskonzept in eine erfolgreiche Ansiedlungs- und Wirtschaftspolitik umgesetzt. Die Nachnutzung ist eine Chance für die Zukunft, eine Chance für die Berlinerinnen und Berliner.
Über 100 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sind in den letzten zwei Jahren entstanden, und es werden mehr werden. Tourismus und Kreativwirtschaft gehören genauso dazu wie die Bio- und Medizintechnik, die Energietechnik und die Kommunikationstechnik.
Mit dem „Industriepolitischen Dialog“ arbeiten wir zusammen mit den Unternehmensverbänden, den Kammern und den Gewerkschaften für noch mehr Arbeitsplätze in der modernen Industrie. Der UVB belegt, dass die Berliner Industrie ihre Leistungsfähigkeit in den vergangenen
Jahren erheblich verbessert hat. Die Exportquote ist auf 48 Prozent gestiegen und liegt damit auf Bundesniveau. – Herr Melzer! Das haben Sie natürlich hier nicht zitiert. – Hervorzuheben ist hierbei die verstärkte Zusammenarbeit mit der Berliner Wirtschaft und der Berliner Politik wie z. B. im Steuerungskreis Industriepolitik, beim Masterplan Industrie und im Rahmen der Standortkampagne „Ich bin ein Berliner“. Laut aktueller Broschüre des UVB Berlin-Brandenburg müssen diese Initiativen fortgeführt werden.
Ich darf aus der Broschüre des UVB, Mai 2011, zitieren. – Wie bitte?
Ach, Herr Goetze! Von vorgestern!
Diese Initiativen müssen fortgeführt werden wie das vom Senat, UVB und weiteren Partnern entwickelte Aktionsprogramm Elektromobilität. Hier ist das Ziel, Berlin zu einem Schaufenster für Elektromobilität auszubauen, Forschungsprojekte und Feldversuche zu stärken und somit die Komponentenfertigung in unserer Stadt anzusiedeln. Damit können das Wirtschaftswachstum in der Stadt angekurbelt und neue industrielle Arbeitsplätze geschaffen werden.
Zitat Ende – der UVB! Die Zusammenarbeit mit den Berliner Unternehmen zeigt an diesem Beispiel sehr deutlich, dass unsere Wirtschaftspolitik, die Wirtschaftspolitik von Rot-Rot auf dem richtigen Weg ist.
Der wirtschaftliche Aufschwung muss aber auch den jungen Menschen in unserer Stadt eine Chance bieten. Deshalb appelliere ich immer wieder an die Unternehmen: Geben Sie auch den jungen Menschen eine Chance, die nicht olympiareif von den Schulen kommen! Schaffen Sie mehr Ausbildungsplätze in unserer Stadt, und sorgen Sie somit dafür, dass der Fachkräftemangel behoben wird! Wenn die Appelle keine Früchte tragen – auch das sage ich hier ganz klar –, ist die Ausbildungsplatzabgabe immer noch der richtige Weg.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und beziehe mich auf eine Forderung der Industriegewerkschaft Metall, die eine Weiterbildungsabgabe fordert,
denn die Kurzarbeit hat gerade auch in Berlin gezeigt, dass die Weiterbildung noch lange nicht in den Köpfen der Arbeitgeber, aber leider auch nicht bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angekommen ist.
Wenn wir Berlin zur Hauptstadt der Zukunftsindustrien machen wollen, dann ist die Weiterbildung der richtige und entscheidende Weg.
Und nun zum Thema „Generation Praktikum“: Junge Menschen, die nach ihrem Studium Praktika absolvieren, erhalten geringen oder gar keinen Lohn, und das geht überhaupt nicht. Das darf sich eine moderne Gesellschaft nicht leisten. Wer arbeitet, muss auch anständig und gerecht entlohnt werden.
Berlin ist auf dem richtigen Weg mit den Zukunftstechnologien im Handel, im Handwerk, mit den Menschen in unserer Stadt, die bereit sind, ihr Bestes zu geben. Für die Berliner SPD ist klar: Gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung sind die beste Imagekampagne für Berlin, die beste Nachwuchswerbung und die beste Möglichkeit, Fachkräfte zu finden, auszubilden und zu halten und somit Berlins Wirtschaft zu stärken.
Herr Thiel! Sie haben den Respekt für das unternehmerische Handeln eingefordert. Ich habe aber vermisst, dass Sie den Respekt für die Leistungskraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einfordern. Sind sie wirklich der Meinung, dass jemand nach 40 Stunden Arbeit noch aufstockende Leistungen von einem Jobcenter erhalten muss? Finden Sie es nicht vor diesem Hintergrund richtig, dass endlich ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt werden muss?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter, geschätzter Kollege Thiel! In Ihrem Antrag geht es Ihnen eigentlich weniger um das Handwerk, das Sie vor subventionierten Konkurrenten schützen wollen, sondern in Ihrem Antrag – das haben Sie ganz klar auch in Ihrem Redebeitrag gezeigt – geht es wieder einmal um den ÖBS, den Sie partout nicht haben wollen, weil ja die Wirtschaft alles so gut richtet. Deswegen haben Sie diesen Antrag eingebracht, um noch mal im Parlament Ihre Ablehnung des ÖBS klarzustellen.
Denn wenn Sie wirklich das Handwerk vor Subventionen schützen wollen, dann müssten Sie eigentlich dafür sein, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen im Handwerk herrschen – so wie ich es heute schon in der Aktuellen Stunde gesagt habe. Dann können Sie doch nicht dafür
sein, dass der eine Handwerksmeister oder der eine Handwerksbetrieb prekäre Beschäftigung zulässt und das von der Allgemeinheit subventioniert wird, was Sie heute Morgen für gut gehalten haben. Also Ihnen geht es hier nur um den ÖBS, und das haben Sie auch ganz klar gesagt.
Deswegen kann ich es kurz machen, weil Sie wissen, dass die rot-rote Regierung nach wie vor für den ÖBS steht. Wir halten ihn für ein richtiges und wichtiges Instrument, gerade für die Langzeitarbeitslosen in unserer Stadt, die wenig Möglichkeiten haben, trotz Qualifizierung in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Wir haben die Berliner Erklärung zwischen der Senatsverwaltung und den Tarifparteien, in der genau die Kriterien des ÖBS festgelegt wurden.
Und, Herr Thiel, immer nur Allgemeinplätze darzulegen, dann nennen Sie doch mal Ross und Reiter, wo das Handwerk darunter gelitten hat, dass es einen öffentlichen Beschäftigungssektor gibt. Das können Sie aber nicht nennen, sondern Sie nennen immer wieder die Allgemeinplätze, der ÖBS und die schlimme rot-rote Koalition, was die in Berlin subventioniert. – Es geht hier um Menschen, Herr Thiel, und die Wirtschaft richtet es eben nicht.
Deswegen steht die rot-rote Koalition nachdrücklich für den ÖBS in Berlin. Und wenn wir den so lange subventionieren, wie die Kohle subventioniert wurde, dann haben wir noch ein bisschen Zeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sage es in dieser Sitzung ganz klar: Der öffentliche Beschäftigungssektor in Berlin ist ein Erfolgsmodell der rot-roten Koalition für viele Langzeitarbeitslose.
Deshalb haben wir es auch begrüßt, dass die große Koalition auf Bundesebene die Grundlage geschaffen hat, zehntausend dieser Plätze einzurichten. Wir haben das Geld für die Kofinanzierung in den Haushalt eingestellt. Ich erinnere mich noch an zahlreiche Debatten hier im Plenum, wo Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, auch gerade von der CDU, immer wieder nachgefragt haben: Wie viele Stellen haben Sie denn nun schon eingerichtet? – Das ging Ihnen gar nicht schnell genug. Und: Wir haben gute Projekte eingerichtet. Ich erinnere nur an die Stadtteilmütter, 300 Stellen im Kulturbereich, Mobilitätshelfer, Schulhelfer, alles gute Projekte, die wir mit dem ÖBS finanzieren.
Meine Damen und Herren von der FDP! Ihre Partei hat nun im Bund zusammen mit der CDU die Mittel für den ÖBS und gleichzeitig aber auch Mittel für den gesamten Eingliederungstitel gekürzt und Berlin somit die Grundlage für den öffentlichen Beschäftigungssektor entzogen.
Ich finde es erstaunlich, dass Sie noch stolz darauf sind und von „Streichung der Kohlesubvention“ in Zusammenhang mit Hartz IV-Empfängerinnen und Empfängern sprechen! Das zeigt wirklich, wie Sie ticken!
Nein!
Mit Ihrem Antrag suchen Sie nur eine Rechtfertigung, indem Sie den Senat auffordern, den ÖBS einer „tiefgrei
fend wissenschaftlichen Evaluation“ unterziehen zu lassen und bei fehlendem „Nachweis positiver Effekte“ abzuschaffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP! Was Sie unter positiven Effekten verstehen, das hatte der ÖBS nie zum Ziel!
Der ÖBS ist ein Instrument, um langzeitarbeitslosen Menschen in einem zweiten Arbeitsmarkt zu einem Mindestlohn in Höhe von 7,50 Euro eine längerfristige Beschäftigung zu ermöglichen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ÖBS sind Teilnehmer mit diversen Vermittlungshemmnissen, die natürlich nicht sofort im Anschluss an diese Maßnahme in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können.
[Christoph Meyer (FDP): Deswegen wollen wir das ja evaluieren! Aber ihre Chancen steigen selbstverständlich. Das werden Sie nicht leugnen können! [Natürlich! von der FDP]
Das, meine Damen und Herren von der FDP, kann man nicht messen, und das kann man auch nicht nachweisen. Der ÖBS mit einem Bruttolohn in Höhe von 1 300 Euro ermöglicht den Menschen, ohne ergänzende Leistungen auszukommen und für diese Zeit nicht in die Jobcenter gehen und dort als Bittsteller oder Bittstellerin auftreten zu müssen. Wir wären alle froh, wenn wir diese Maßnahmen nicht benötigten und alle Berlinerinnen und Berliner einen auskömmlichen Arbeitsplatz hätten! Die Realität ist aber anders, das wissen Sie auch ganz genau!
Deshalb müssen wir neben den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, von denen Sie auch gesprochen haben, Fort- und Weiterbildung, Eingliederungszuschuss, Lohnkostenzuschuss, die gleich in den ersten Arbeitsmarkt führen, haben. Aber wie sieht denn die Realität aus? – Wenn der Lohnkostenzuschuss wegfällt, gehen sie wieder zum Jobcenter, und man holt mit dem Lohnkostenzuschuss den neuen Teilnehmer, die neue Teilnehmerin. Haben Sie das schon einmal evaluiert? Das wäre auch hochinteressant! Lassen Sie uns darüber im Ausschuss debattieren! Ich bin gespannt, was Sie diesen Menschen anbieten wollen. Das steht nicht in Ihrem Antrag.
Zum Dringlichkeitsantrag der Grünen kann ich für meine Fraktion sagen: Diesen Antrag lehnen wir ab. Das ist das gleiche Spiel, das Sie mit dem ÖBS gespielt haben und immer wieder gefragt haben: Wann sind die Stellen denn nun endlich eingerichtet?
Herr Meyer! Ich habe nur noch 60 Sekunden, nun hören Sie doch mal bitte auf!
Ich rede erst einmal zu Ende, dann können Sie noch mal fragen! Damit Sie erst den gesamten Redetext hören, vielleicht hat es sich dann erledigt.
Eines lassen Sie mich noch sagen: Die Förderung der arbeitslosen Menschen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, haben wir vor fünf Jahren begonnen und nicht, wie Sie in Ihrem letzten Satz der Begründung schreiben, wir sollen jetzt damit beginnen. Die Förderung werden wir fortsetzen, aber nicht mit der reinen Bürgerarbeit der schwarz-gelben Bundesregierung. Wir haben ein sozialeres Programm. Ich muss mich schon wundern, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dass Sie ein schwarz-gelbes Programm ohne Wenn und Aber unterstützen wollen. Wir nicht!
Danke schön, Herr Präsident! Ich frage den Senat:
1. Wann erhält die Berliner Berufsfeuerwehr die neue Brandschutzkleidung?
2. Setzt sich der Senat dafür ein, dass auch die Freiwillige Feuerwehr zeitgleich mit der neuen Brandschutzkleidung ausgestattet wird?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kroll! Ich kann es schon nicht mehr hören,
dass die Langzeitarbeitslosen keine Lust zum Arbeiten haben
und dass sie sich einrichten und dass Anreize geschaffen werden müssen. Ich kann es nicht mehr hören. Setzen Sie sich doch mal in die Wartebereiche der Jobcenter! Ich war heute wieder zwei Stunden dort. Da hat die eine Frau zu mir gesagt: Ich habe Arbeit, Gott sei Dank. Ich kann mich hier abmelden. – Das ist die Realität.
Und Sie tragen das immer wieder vor sich her, dass die Langzeitarbeitslosen keine Lust haben und Anreize geschaffen werden müssen. Es ist wirklich nicht mehr anzuhören.
Ich komme jetzt zu unserem gemeinsamen Antrag der rotroten Koalition. Dass die CDU dem nicht zustimmt, das habe ich mir von vornherein vorgestellt.
Aber die Wählerinnen und Wähler werden es am 18. September 2011 dann wirklich zeigen, was sie wollen.
Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren, ist und war der Ansatz der rot-roten Koalition eigentlich von Anfang an.
Unser Bestreben war und ist es, Langzeitarbeitslose auch in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, aber wer schwer, liebe Frau Kroll, in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren ist, dem eine Beschäftigung zu ermöglichen, die langfristig ist und ein Einkommen sichert, das keine weitere Grundsicherung für einen Einpersonenhaushalt erforderlich macht. Das ist unser Öffentlicher Beschäf
tigungssektor hier in Berlin gewesen. Leider versteht die schwarz-gelbe Bundesregierung unter „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“ etwas ganz anderes
und hat im ersten Schritt erst einmal die Gelder für die Betroffenen gekürzt.
Das war der erste Schritt. Erst einmal 200 Millionen stehen in Berlin weniger zur Verfügung für Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Und die schwarz-gelbe Bundesregierung ist der Meinung, man braucht ja nur genügend Bewerbungstrainingsmaßnahmen – ein, zwei oder drei pro Person –, und dann würden die Langzeitarbeitslosen in Arbeit gebracht. Die Bundesministerin für Arbeit, Frau von der Leyen, irrt hier gewaltig. Sie weiß eigentlich gar nicht, was an der Basis los ist. Sie weiß es nicht.
Denn Arbeitsmarktpolitik für Langzeitarbeitslose beinhaltet unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten, Menschen mit Langzeitarbeitslosigkeit in Arbeit zu vermitteln. Und es ist – –
Genau! Es ist wirklich traurig, was Frau von der Leyen macht. Sie hat nämlich keine Ahnung.
Denn die schwarz-gelbe Bundesregierung hat kein Konzept, die Langzeitarbeitslosen zu integrieren,
sondern sie macht ein bewährtes Mittel, den Öffentlichen Beschäftigungssektor, kaputt.
Nun bleiben Sie mal ganz ruhig! Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Wenn Sie das beste Konzept haben, dann brauchen Sie sich doch hier nicht so aufzuspulen.
Ihre Ministerin hat den betroffenen Menschen ein Stück Hoffnung genommen, das sie im ÖBS gehabt haben. Die Bürgerarbeit, die sie angeboten hat, ist lächerlich: 2 300 Fälle für Berlin. Das ist überhaupt keine adäquate Alternative für unseren öffentlichen Beschäftigungssektor. Deshalb wollen wir mit unserem Antrag eine Bundesratsinitiative initiieren, um die Kapitalisierung der passiven Leistungen zu ermöglichen und im Sozialgesetzbuch II zu ändern.
Des Weiteren wollen wir den Agenturen für Arbeit dazu Anreize geben, dass die Vermittlung in gut bezahlte Ar
beit passiert, ohne dass aufstockende Leistungen hinzugezahlt werden müssen. Und wenn Sie in sich gehen – wir werden das ja noch im Fachausschuss diskutieren –, ist das ein guter Weg für die Langzeitarbeitslosen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Ich richte meine Frage an die Senatorin Gisela von der Aue und komme noch mal auf die Situation der Klagewelle am Sozialgericht zurück. Frau von der Aue! Wie bewerten Sie die Aussage eines Brandenburger CDUPolitikers, der von den Hartz IV-Empfängern eine Gebühr nehmen will, wenn diese vor dem Sozialgericht klagen wollen?
Frau Senatorin! Sind Sie nicht auch der Meinung, dass sich die meisten Hartz-IV-Empfänger das gar nicht leisten könnten und somit im Grunde genommen damit mundtot gemacht würden und nicht ihr Recht einklagen könnten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rot-rote Koalition hat heute ein aktuelles Thema zur Aktuellen
Stunde eingebracht mit der Überschrift: „Neuregelungen bei Hartz IV am Verfassungsgerichtsurteil vorbei – was bringt das so genannte Bildungspaket für Berliner Kinder?“ Das ist ein Thema, das ca. 150 000 Kinder in unserer Stadt betrifft und wäre vor Einführung am 1. Januar 2011 in unserer heutigen letzten Sitzung in diesem Jahr sicher ein Thema, über das man diskutieren sollte. Mit Sicherheit würden wir kontrovers diskutieren, da CDU und FDP, die zurzeit im Bund regieren, dieses Bildungspaket zu verantworten haben, das auf den ersten Blick gut aussieht, aber auf den zweiten Blick
wird einem klar, dass der vorgelegte Gesetzentwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und die Erwartungen und Hoffnungen vieler Menschen leider nur unzureichend erfüllt. Das ist ein Problem.
2010 – ich erinnere daran, das europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung – war für viele Menschen in Deutschland die Hoffnung, auch für die ca. 300 000 Bedarfsgemeinschaften in unserer Stadt. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt – ganz im Gegenteil! Wie sollte es auch unter Schwarz-Gelb? – Das sogenannte Bildungspaket investiert nicht in die Infrastruktur für bessere Bildung, sondern reduziert sich auf ein Gutscheinsystem, das mit großem bürokratischen Aufwand in den Jobcentern installiert werden soll. Hier wird eine weitere teure Bürokratie – die FDP ist eigentlich immer für Bürokratieabbau – mit schätzungsweise 130 Millionen Euro Verwaltungskosten aufgebaut, die sich in der Praxis als untauglich bzw. bestimmt sehr schwerfällig erweist.
Zudem ist dieses System intransparent. Wer soll in den Jobcentern die Entscheidung über Bildungsgutscheine treffen? Welche Kriterien liegen dem Urteil zugrunde? Wie wird das kontrolliert? Wann werden die Widersprüche entschieden? – Das sind alles noch offene Fragen, die uns die Bundesregierung derzeit nicht beantworten kann.
Für uns ist die sozialraumorientierte Kinder- und Jugendhilfe und nicht das Jobcenter der richtige Ansprechpartner und Akteur, um Kinder und Jugendliche adäquat zu begleiten. Notwendig ist es, institutionelle, schulnahe Förderangebote unter Einbezug der Träger der Jugendhilfe bereitzustellen. Diese Infrastruktur muss so ausgestaltet sein, dass Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen kulturellen Milieus und sozialen Herkünften damit auch erreicht werden. Dieses ist erfolgversprechender, als mit Gutscheinen abgespeist zu werden.
Die Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen werden durch die Vorhaben der Bundesregierung nicht verbessert. Wichtig ist, ich betone das nochmals, dass in die Bildungsinfrastruktur vor Ort investiert wird. Bildungsgutscheine nützen hier nichts. Die Schaffung von Bildungs- und Teilhabechancen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Um Perspektiven eröffnen zu können, müssen die Leistungen für Bildung sinnvoller eingesetzt wer
den. Unser Ziel ist der gebührenfreie Zugang aller Kinder zur Bildung von der Kita an, so wie es die rot-rote Koalition in Berlin bereits praktiziert.
Kinderarmut ist Familienarmut. Gute Arbeit für die Familien hat für uns Priorität, und dazu gehört endlich die Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns.
Die Begrenzung beispielsweise der Lernförderung nur für diejenigen Kinder, deren Versetzung zwar gefährdet, aber noch abwendbar ist, nicht aber für die Kinder, die eine Klasse wiederholen müssen oder einen Schulwechsel auf eine höhere Schule anstreben, zeigt, wie unausgegoren und im Eilverfahren mal wieder ein Gesetz verabschiedet werden soll.
Wenn wir uns heute für ein anderes Thema für die Aktuelle Stunde entscheiden sollten, so werden wir dieses Thema in einer nächsten Sitzung in den entsprechenden Ausschüssen auf die Tagesordnung nehmen, und dann wird sich zeigen: Wie viel kommt für Berliner Kinder von dem Bildungspaket an? – Nicht viel! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Mit dem heutigen Tag werden wir die Diskussion um die Jobcenter in Berlin nicht ad acta legen. Im Gegenteil, wir werden genau hinschauen, ob die landesweite Steuerung in der Arbeitsmarktpolitik für die Langzeitarbeitslosen Früchte trägt und ob die Kundinnen und Kunden Verbesserungen spüren. Wir machen die Jobcenter mit dem heutigen Tag zum 1. Januar 2011 zukunftssicher. Das gibt den Betroffenen in den ca. 300 000 Bedarfsgemeinschaften und den ca. 60 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den zwölf Berliner Jobcentern Planungssicherheit, den einen einen gesicherten Arbeitsplatz und den anderen – das sind die Kundinnen und Kunden – folgende Sicherheit, die sie durch die Neuordnung der Jobcenter erhalten: Beim Umzug in einen anderen Bezirk geht die Akte mit, und der Kunde muss in Zukunft nicht mehr alle Unterlagen neu besorgen. Angefangene Maßnahmen müssen vom aufnehmenden Jobcenter weiterfinanziert werden. Innerhalb von fünf Tagen hat der Kunde/die Kundin eine Antwort auf einen eingereichten Umzug vom Jobcenter zu erhalten. Somit wird erreicht, dass die eingereichten Wohnungsangebote auch noch frei sind. Die zwölf Jobcenter haben ab dem 1. Januar 2011 einheitliche Öffnungszeiten, die telefonische Erreichbarkeit wird verbessert und in der Jahresmitte 2011 evaluiert.
Das wird nicht auf Anhieb alle Probleme lösen, aber wir schaffen die Grundlage für spürbare Verbesserungen in den zwölf Jobcentern in Berlin. Ich kann nicht nachvollziehen, dass die Oppositionsparteien ihre Zustimmung im Ausschuss für Integration, Arbeit und berufliche Bildung verweigert haben, denn wir haben mit dieser Neuregelung einen Kompromiss zwischen den bezirklichen Belangen und einer zentralen Steuerung gefunden. Wir haben uns bewusst für zwölf eigenständige Jobcenter statt eines gesamtstädtischen Jobcenters mit zwölf Außenstellen entschieden, um den Bezirken mit ihren je zwei Vertreterinnen und Vertretern in den Trägerversammlungen die Möglichkeit zu geben, ihre Vorschläge regional einzubringen. Meine Damen und Herren der Opposition! Überdenken Sie noch einmal Ihre Entscheidung, und stimmen sie heute zu!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden die zwölf Berliner Arbeitsgemeinschaften oder auch Jobcenter genannt in zwölf gemeinsame Einrichtungen überführt und werden den Namen Jobcenter auch weiter tragen. Wir haben uns in Berlin für dieses Modell entschieden und somit einen Kompromiss hinsichtlich der Organisation zwischen den Bezirken und dem Land gefunden, ich finde, einen guten Kompromiss. Die Neuordnung der Jobcenter ist infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007 notwendig, aber darüber haben wir schon des Öfteren ausführlich im Plenum gesprochen.
§ 44 b Abs. 1 des Sozialgesetzbuches II sieht ab dem 1. Januar kommenden Jahres nur eine gemeinsame Einrichtung, Frau Kroll, im Gebiet jedes kommunalen Trägers vor. Berlin ist die Kommune, Frau Kroll!
Durch den zweistufigen Verwaltungsaufbau Berlins haben wir aber die Möglichkeit, die Verteilung der Aufga
ben z. T. auf die Bezirke zu verlagern, wenn sie nicht von gesamtstädtischer Bedeutung sind. Wir haben uns für diese Möglichkeit entschieden. Bezirkliches Know-how kann so in die Trägerversammlung einfließen. Die Hauptverwaltung ist für die Aufgaben zuständig, die von gesamtstädtischer Bedeutung sind. Dazu gehört nun einmal die Arbeitsmarktpolitik in Berlin. Denn Hauptziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist die Beendigung der Hilfebedürftigkeit zum einen durch Aufnahme einer Erwerbsarbeit oder zweitens durch Verringerung von Hilfebedürftigkeit. Und das muss in allen zwölf Bezirken unter den gleichen Bedingungen gegeben sein, nicht so, wie es jetzt zurzeit ist. In jedem Jobcenter muss ein breites Angebot von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen angeboten werden, nicht dass der eine Bezirk hauptsächlich MAE macht, der andere macht AGH mit Entgeltvariante. So geht das nicht. Es muss ein breites arbeitsmarktpolitisches Programm angeboten werden, um die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse über Bezirksgrenzen hinweg sicherzustellen. Deshalb haben wir uns für die Regelung eines Weisungsrechts der für Arbeit zuständigen Senatsverwaltung gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern des Landes Berlin in den Trägerversammlungen entschieden, und das ist auch richtig so. Die Vertreterinnen und Vertreter des Landes Berlin in den jeweiligen zwölf Trägerversammlungen werden von der zuständigen Senatsverwaltung für Arbeit bestellt und entsandt, denn Berlin ist die Kommune. Für jede Trägerversammlung wird mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter auf Vorschlag des jeweiligen Bezirksamts bestellt und entsandt. In der Regel werden es höchstwahrscheinlich zwei Vertreterinnen und Vertreter sein. Ich kann mich noch gut an die Redebeiträge erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, als Sie immer wieder gefordert haben, das Land müsse mehr steuern. Jetzt haben wir die Möglichkeit durch die Neuordnung der Jobcenter, und nun werden wir sie auch nutzen. Jetzt kommt schon wieder die Kritik, dass wir jetzt zu viel Einfluss auf die Bezirke nehmen. Frau Kroll, was denn nun?
Ich verstehe das, ehrlich gesagt, überhaupt nicht mehr.
Ich begrüße auch, dass in den gemeinsamen Einrichtungen Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt und Gleichstellungsbeauftragte gesetzlich zu bestellen sind. Das ist neu und ein weiterer Schritt, gleichwertige Lebensverhältnisse sicherzustellen.
Die Stellungnahme des Rats der Bürgermeister hat dazu geführt, Frau Kroll, dass zwei Punkte im Gesetzentwurf noch einmal verändert wurden. Wir werden nicht alle Probleme der Jobcenter mit diesem Gesetz lösen können, aber wir werden entscheidende Weichen für eine einheitliche Vorgehensweise der Jobcenter in Berlin stellen. Ich sage es hier und heute noch einmal ganz deutlich: Es muss der Vergangenheit angehören, dass Hartz-IVEmpfänger und -Empfängerinnen bei einem Umzug in einen anderen Bezirk alle Unterlagen neu einreichen müssen.
Und es muss der Vergangenheit angehören, dass Maßnahmen nicht angetreten oder – noch schlimmer – abgebrochen werden, weil die Jobcenter nicht miteinander korrespondieren und der Kunde, die Kundin in einen anderen Bezirk umzieht, das kann schon ein Umzug auf die andere Straßenseite sein. Das muss ein Ende haben.
Wir sind in Berlin auf einem guten Weg. Lassen Sie uns noch mal im Ausschuss darüber diskutieren und dann in der zweiten Lesung im Plenum gemeinsam verabschieden, für die Menschen in unserer Stadt, für die Hartz-IVEmpfängerinnen und -Empfänger!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Berliner FDP ist die heutige Aktuelle Stunde ein langweiliges Thema. Das wundert mich eigentlich nicht. Für die Bundesregierung, die aus CDU und FDP besteht, sind 5 Euro Erhöhung des Regelsatzes und eine Chipkarte für Kinder von Hartz-IV-Familien der große Wurf.
Das glauben Sie auch nur, dass das der große Wurf ist. – Vor dem Hintergrund zunehmender Kinderarmut, und Kinderarmut ist auch gleichzeitig Erwachsenenarmut, wurden an die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze sehr hohe Erwartungen geknüpft, und umso größer ist die Enttäuschung für 600 000 Menschen in den Berliner Bedarfsgemeinschaften.
Soziale Kälte hat einen Namen und einige Gesichter. Es ist die Regierungsmannschaft der schwarz-gelben Koalition, allen voran Merkel und Westerwelle.
Wir befinden uns im europäischen Jahr gegen soziale Ausgrenzung und Armut. Wie sieht es eigentlich in einem anderen Jahr aus? Das wird ja dann noch schlimmer werden. In ihrer Begründung führt Frau Merkel aus: 5 Euro Erhöhung sind genug, denn die Betroffenen sollen sich nicht in dem Hartz-IV-Bezug einrichten, sondern die Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist richtig.
Meine Damen und Herren, Sie klatschen viel zu früh, denn diese Bundeskanzlerin,
jetzt rede ich, und ich bitte darum, dass Sie jetzt mal etwas ruhiger sind – diese Bundeskanzlerin kürzt die Leistung für Qualifizierung und Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt. Wie verträgt sich das bitte schön?
Berlin wird im nächsten Jahr 170 Millionen Euro für 237 000 Menschen, die in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden müssen, weniger haben. Wir alle wissen, dass wir nicht genügend Arbeitsplätze haben und deshalb Qualifizierung und Weiterbildung wichtig sind vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.
Nein, jetzt nicht, Herr Steuer! Wir können uns draußen darüber unterhalten.
Die Botschaft ist deutlich, auch wenn Sie es hören wollen oder nicht: Boni für die Banker und Sparen auf Kosten der Armen und Schwachen. Wer schon wenig hat, soll künftig noch weniger haben. Das ist ein Skandal.
Für die SPD ist ganz klar, dass der Vorschlag in der vorgelegten Form weder im Bundestag noch im Bundesrat zustimmungsfähig ist. Deswegen haben wir Ihnen heute auch einen dringlichen Antrag vorgelegt, der das noch mal unterstreichen soll. Das Lohnabstandsgebot, das hier immer vor sich hergetragen wird, deshalb dürfen die Hartz-IV-Familien nicht so viel Geld bekommen,
erreiche ich nur mit einem flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn, und da verweigern Sie sich nach wie vor.
3,50 Euro und 4 Euro, das sind prekäre Beschäftigungen in Berlin, und die Aufstocker nehmen zu. Die Aufstocker werden zunehmen, wenn die Hartz-IV-Regelsätze nach
oben gehen. Deshalb muss der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn eingeführt werden.
Das ist sozial!
Unsere Kritik richtet sich weiter an das gewählte Verfahren der Regelsatzermittlung. Karlsruhe hatte gefordert, in einem transparenten Verfahren die Neufestsetzung zu treffen.
Fakt ist, das BMAS – schwarz-gelb regiert – hat in internen Beratungen und nur unter punktueller Hinzuziehung von externem Sachverstand die Regelsatzfestlegung vorbereitet. Eine von allen Oppositionsparteien und zahlreichen Verbänden geforderten unabhängigen Sachverständigenkommissionen hat man angeblich aus Zeitmangel abgelehnt. Fakt ist auch: Der Referentenentwurf bleibt hinter den Anforderungen des Urteils deutlich zurück. Im Ergebnis steht eine Beinahepunktlandung in Höhe der alten Sätze. Zufall oder ein politisch gewünschtes Ergebnis unter Einflussnahme der Haushalts- und Finanzpolitiker der schwarz-gelben Koalition? Das sind Regelsätze nach Kassenlage. Das ist nicht der große Wurf und schon gar nicht die soziale Gerechtigkeit. Das ist soziale Kälte und ein Schlag ins Gesicht aller Betroffenen und ihrer Familien.
Die Chipkartenlösung mag für viele auf den ersten Blick ein zeitgemäßer Weg sein. Schaut man aber genauer hin, so entdeckt man, dass der Gutschein im Wert von 10 Euro für einen Sportverein oder eine Musikschule oder um am Nachhilfeunterricht teilzunehmen wohl vorne und hinten nicht reicht.
Danke! Dazu komme ich noch. – Nein, sie stigmatisiert die Kinder von Hartz-IV-Empfängern und grenzt die Kinder von Niedrigverdienern aus. Völlig unklar ist, wie und in welchem Umfang die Jobcenter sich nun auch noch um Nachhilfefrage kümmern sollen, von der fachlichen Beurteilung mal ganz abgesehen.
Hier ist die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern gefragt, oder die Jobcenter müssen Familienberatungsstellen mit fachkundigem Personal errichten.
Jetzt komme ich zu den Grünen. Ein rot-rotes Chaos um die Jobcenter kann ich nun beim besten Willen nicht erkennen, Frau Pop. Chaos hätte es gegeben, und das wissen Sie auch ganz genau – Frau Pop ist gar nicht mehr da –, wenn die Bundesregierung nicht in letzter Minute die verfassungskonforme Lösung und somit den Erhalt der Jobcenter abgesichert hätte. Dann wäre Chaos entstanden.
Machen Sie sich mal keinen Kopf, wir sind hier in Berlin auf einem guten Weg, die Arbeit der Jobcenter qualitativ zu verbessern sowie die landesweite Steuerung der zwölf Jobcenter zu sichern.
Und wenn Sie heute sagen, Sie wüssten noch nicht, ob wir ein Jobcenter oder zwölf in Berlin errichten,
Herr Esser, ich kann auch laut reden! –
dann haben Sie im Ausschuss wahrscheinlich nicht genau zugehört. In der Koalition und in den Fraktionen haben wir um eine Lösung gerungen, das ist richtig,
und wir sind nun gemeinsam zu dem Entschluss gelangt, kein landesweites Jobcenter mit zwölf Außenstellen für Berlin zu errichten. In der rot-roten Koalition haben wir uns für ein Jobcenter pro Bezirk in Form von zwölf gemeinsamen Einrichtungen entschieden. Die SPD-Fraktion hat daran Bedingungen geknüpft, die durch die Senatsverwaltung und die Senatorin Bluhm auch so erfüllt werden. Jedes Jobcenter in den zwölf Bezirken ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundes und des Landes Berlin – das ist im SGB II so festgelegt.
Berlin ist die Kommune und somit in den Trägerversammlungen weisungsbefugt.
Mit der Neuordnung der Jobcenter wollen wir folgende Ziele erreichen:
Erstens: Bei einem Umzug in einen anderen Bezirk müssen Erwerbslose sich nicht neu anmelden, die Akten werden durch die Jobcenter weitergeleitet.
Zweitens: Arbeitsfördermaßnahmen werden weitergeführt und müssen beim Umzug in einen anderen Bezirk nicht abgebrochen werden.
Drittens: Bezirksübergreifende Maßnahmen sind nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch sicherzustellen, denn arbeitsmarktpolitische Maßnahmen hören nicht an der Bezirksgrenze auf – das muss der Vergangenheit angehören.
Viertens: Berlinweit ist die Zuständigkeit für die Ausbildungsvermittlung und den Arbeitgeberservice einheitlich zu regeln.
Fünftens: Die Arbeitsmarktprogramme der Jobcenter werden miteinander abgestimmt, und um dies sicherzustellen, erhält mindestens ein Vertreter des Landes einen Sitz in jeder Trägervertretung. Ein SGB-II-Referat koordiniert die Vorgehensweise.
Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat bereits entsprechende Maßnahmen ergriffen und Verhandlungen mit der Regionaldirektion geführt, um die Ziele für die Berliner Jobcenter zu erreichen. Die Langzeitarbeitslosen müssen spüren – und das steht für die SPD an erster Stelle –, dass die gemeinsamen Einrichtungen in Berlin an Qualität gewonnen haben. Daran werden wir arbeiten – ich danke Ihnen fürs Zuhören!
Herr Präsident! Ich habe meine Nachfrage an Herrn Saleh abgetreten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich richte meine Frage an den Wirtschaftssenator. – Herr Senator Wolf! Wie sieht es um die Zukunft der KarstadtWarenhäuser in Berlin aus? Sind die Verhandlungen inzwischen so weit gediehen, dass der Erhalt aller Karstadthäuser, einschließlich des KaDeWe, gesichert ist?
Herr Senator Wolf! Gehen Sie davon aus, dass auch das Personal erhalten bleibt? – Ich habe gehört, dass kein Personalabbau geplant ist – oder haben Sie andere Erkenntnisse?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die von Bundesarbeitsministerin von der Leyen geplante „Bürgerarbeit“ für Langzeiterwerbslose, und werden entsprechende Modellprojekte auch in Berlin umgesetzt?
2. Inwiefern hat die Bundesregierung die positiven Erfahrungen des Berliner öffentlichen Beschäftigungssektors in ihrem Konzept berücksichtigt?
Frau Senatorin Bluhm! Sehen Sie darin, dass die Bundesregierung jetzt ein Modellprojekt Bürgerarbeit einführen will, eine Bestätigung darin, dass wir einen Zweiten Arbeitsmarkt brauchen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Thiel! Ihre Ausführungen waren noch unsozialer, als es die beiden Anträge sind. Ich kann nur sagen: Um Gottes willen!
Jetzt kommt es konkret. – Die FDP hat mit ihrem Antrag wieder einmal ihre Haltung zum Mindestlohn bzw. ihre Ablehnung eines Mindestlohns bekräftigt.
Sie sind gegen staatlich verordnete, arbeitsplatzvernichtende Mindestlöhne – so der Wortlaut in Ihren Antrag.
Auf anderthalb Seiten liefern Sie uns dann eine Begründung, um Ihr unsoziales Verhalten zu rechtfertigen. Ich sage hier ganz klar: Auch mit zehn Seiten Begründung würden Sie die SPD nicht dazu bringen, dieser unsozialen Entschließung zuzustimmen.
Mit dieser Entschließung sollen Menschen, die 40 Stunden und teilweise mehr gearbeitet haben, in die Jobcenter geschickt werden, um aufstockende Leistungen zu beantragen. Das ist eine menschenunwürdige Politik, die Sie damit verfolgen.
Die SPD steht nach wie vor für einen Mindestlohn. Mindestlöhne sind ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf gute Arbeit und faire Löhne, Herr Thiel!
Jeder Mensch muss die Möglichkeit zur Teilhabe an sozial abgesicherter und existenzsichernder Erwerbsarbeit haben. Dafür stehen die SPD und die Koalition.
Herr Thiel! Ich sage auch ganz klar: Wer den ganzen Tag arbeitet, muss von dem erarbeiteten Lohn leben können, nichts anderes gilt!
Eine soziale Marktwirtschaft braucht Mindestlöhne. Fast überall in Europa sind sie daher selbstverständlich, nur komischerweise in Deutschland ist das bisher anders.
Ein gesetzlicher Mindestlohn verhindert Armut, schafft mehr Nachfrage, mehr Zuversicht und mehr Jobs.
Gegen Ihre These, dass durch branchenspezifische Lösungen untere Lohngrenzen gefunden werden können, setze ich, dass der gesetzliche Mindestlohn zeitnah, unbürokratisch und transparent eine verbindliche Lohnuntergrenze festlegt, die Lohndumping für alle Beschäftigten verhindert. Deshalb ist sie die bessere Lösung. Ähnlich wie bei der Höchstarbeit, dem Mindesturlaub und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall schafft der Staat so den gesetzlichen Rahmen für einen fairen Wettbewerb. Stundenlöhne von 3 Euro und weniger offenbaren ein Marktversagen bei der Lohnbildung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP! Sie haben in Ihrem Antrag die Teilhabe am Arbeitsleben angesprochen – das ist gut so! Teilhabe heißt auch Teilhabe an Unternehmen, deren Handlungen und Gewinnen. Gerechte Teilhabe am Arbeitsleben heißt auch Mitbestimmung in den Betrieben und Unternehmen. Aber das meinen Sie natürlich nicht, das ist mir schon klar – deshalb sind Sie auch in der FDP und ich in der SPD.
Die FDP fordert eine Umstrukturierung in der Arbeitsmarktpolitik und schlägt Instrumente wie Vermittlungsgutscheine, Maßnahmen der beruflichen Bildung, Weiterbildung, Eingliederungszuschüsse und Stärkung der Selbständigkeit vor. Das alles gibt es bereits, Herr Thiel, das gibt es, aber das reicht nicht.
Ihr Antrag, verehrte Kolleginnen und Kollegen der FDP, hat sich eigentlich durch das Handeln der Bundesregierung erledigt. Die Bundesregierung hat erkannt, dass es einen zweiten Arbeitsmarkt geben muss, und Sie legen uns einen Antrag vor, der die Entscheidung der Bundes
ebene noch völlig ignoriert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat sich für eine linke Placebo-Politik entschieden – dumm gelaufen, oder was würden Sie dazu sagen, meine Damen und Herren von der FDP?
Wir fordern die Bundesregierung auf, die finanziellen Mittel für die Arbeitsmarktpolitik nicht zu kürzen, sondern die Maßnahmen in diesem Bereich und im Bereich der Qualifizierung und Weiterbildung für die Arbeitslosen auszubauen.
Wir wollen auch, dass der ÖBS bundesweit eingeführt wird.
Ich weiß nicht, was der liebe Gott damit zu tun hat, Herr Jotzo, aber vielleicht haben Sie ja einen guten Draht zu ihm.
Genau! – Wir wollen nicht das Konzept der Bürgerarbeit, sondern den öffentlichen Beschäftigungssektor. Wir lehnen die Entschließung ab –
ich komme zum Schluss –,
und der Antrag wird von uns im entsprechenden Ausschuss diskutiert, es sei denn, Sie sind so vernünftig und ziehen ihn vorher zurück. – Ich danke Ihnen für Ihr Zuhören!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was die FDP auf Bundesebene nicht erreicht – und da erreicht sie im Moment ja nicht allzu viel, Gott sei Dank! –, versucht sie jetzt durch die Hintertür auf Landesebene zu erreichen – und zwar die Auflösung der Jobcenter.
Kurz vor Toresschluss wird aber die Mischverwaltung in den Jobcentern verfassungsrechtlich abgesichert. Es wurde auch höchste Zeit, denn das ist ein positives Signal für Berlin mit den ca. 300 000 Menschen in den Bedarfsgemeinschaften.
Und jetzt zu Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU! Durch die monatelange Blockade der CDU/CSUBundestagsfraktion wurde kostbare Zeit nicht genutzt, um die so notwendige Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen. Die Zeit wurde zum Streiten genutzt, anstatt die Jobcenter rechtlich abzusichern und Planungssicherheit für die Betroffenen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.
Danke! – Gegen den Willen von Schwarz-Gelb, die in ihrer Koalitionsvereinbarung die getrennte Aufgabenwahrnehmung vorgesehen hatte, können die Argen als gemeinsame Einrichtungen zwischen Kommunen und Agentur für Arbeit weitergeführt werden. Das neue Jobcenter ist künftig der Regelfall zur Betreuung von Arbeitssuchenden. Für das neue Jobcenter besteht nun die Chance für Berlin, die Qualität zu verbessern. In Berlin ist einheitliches Handeln mehr denn je notwendig. Wir werden nicht länger hinnehmen, dass bei einem Umzug in einen anderen Bezirk alle Unterlagen neu beigebracht werden müssen, dass alles von vorne beginnt. Die Akte muss mit dem Betroffenen mitgehen, das wollen wir erreichen.
Maßnahmen müssen bezirksübergreifend genehmigt werden. Auch das wollen wir erreichen. Einheitliche Öffnungszeiten und telefonische Erreichbarkeit gehören für die SPD-Fraktion ebenfalls dazu. Ich könnte noch viele Beispiele aufzählen, will es aber bei diesen belassen.
Wir benötigen eine zentrale Steuerung durch ein SGB-IIReferat, aber genauso ein zielgerichtetes Arbeitsmarktprogramm für Berlin unter Berücksichtigung der bezirklichen Gegebenheiten.
Die Vereinbarung zwischen Bundesregierung, Bundesländern und SPD eröffnet natürlich auch Berlin die Möglichkeit zu optieren, das heißt, Leistungen und Ver
mittlung vom Land Berlin zu erbringen. Diese Möglichkeit ist dadurch gegeben, dass die Zahl der optierenden Kommunen – Sie hatten es schon gesagt, Herr Thiel – von 69 auf 101 erhöht wird. Aber wir lassen uns nicht einladen, Herr Thiel. Wir werden Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, auf Option zu ziehen, nicht zustimmen. Wir werden das für Berlin vorerst ausschließen, werden aber die Entwicklung und die Zusammenhang mit der BA beobachten.
Wir wollen nämlich die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, Herr Thiel. Wir wollen die Verantwortung des Bundes für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.
Wir wollen, dass nicht die überregionale Vermittlung erschwert wird und die Gefahr des Flickenteppichs bei den sozialen Leistungen verhindern. Nicht nur die bestehenden 69 Optionskommunen haben bewiesen, dass sie erfolgreich gearbeitet haben, Herr Thiel. Die Studie sagt auch etwas anderes, nämlich dass auch die Arbeitsgemeinschaften genauso erfolgreiche Arbeit geleistet haben.
Wir werden dafür in Berlin die Weichen stellen und verhindern, dass wir in der Arbeitsmarktpolitik einen Flickenteppich bekommen. Jeder Arbeitslose hat das Recht auf gleiche Leistung und gleiche Eingliederung, egal, ob er in Steglitz-Zehlendorf oder in Neukölln, Mitte oder Pankow lebt.
Der Betreuungsschlüssel in den Jobcentern wird weiter verbessert. Hier konnte sich die SPD auf Bundesebene mit einem wichtigen Anliegen durchsetzen. Diese gesetzliche Festlegung stärkt die individuelle Betreuung und verbessert somit die Chancen von Arbeitssuchenden, wieder in Arbeit zu kommen. Auch das ist unser Ansatz. Das ist das Ziel der SPD-Fraktion, und daran werden wir konsequent arbeiten.
Danke schön, Herr Präsident! – Frau Senatorin! Ich komme noch mal auf die Vermittlung von jungen Menschen zurück, und zwar von jungen Menschen auf Ausbildungsplätze. Heißt das, dass Sanktionen fällig werden, wenn der junge Mensch den Ausbildungsplatz – nehmen wir mal ein Beispiel – als Koch nicht annehmen möchte, weil er Kfz-Mechaniker werden möchte und dies im ersten Anlauf nicht erreicht? Heißt das dann, er muss gegen seinen Willen einen anderen Ausbildungsplatz annehmen, um nicht die Leistungen gekürzt zu bekommen?
Danke schön, Herr Präsident! – Ich stelle meine Frage an die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales. – Frau Senatorin Bluhm! Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der BSR mit dem Jobcenter bezüglich des Beschäftigungszuschusses für sieben Langzeitarbeitslose, und kann dieses Modell Vorbildcharakter für andere öffentliche Betriebe haben?
Frau Senatorin! Können Sie sich vorstellen, jetzt mit den anderen öffentlichen Unternehmen hinsichtlich dieses Modells Gespräche zu führen? – Ich denke, das wäre nicht so verkehrt.
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat die Entscheidung der schwarzgelben Bundesregierung, Finanzmittel für die Jobcenter und Optionskommunen in Höhe von insgesamt 900 Millionen Euro im Jahr 2010 zu sperren?
2. Welche Auswirkungen erwartet der Senat für die aktive Arbeitsmarktpolitik und die Personalstärke in den Jobcentern in Berlin?
Frau Senatorin! Haben Sie schon Kenntnis darüber erhalten, dass das Jobcenter Mitte bereits 300 Maßnahmen nicht länger bewilligt bzw. jetzt gestoppt hat?
Danke, Herr Präsident! – Meine Frage richte ich an die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales. – Frau Senatorin Bluhm! Heute beginnt das Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Mit welchen Projekten und Aktionen beteiligt sich das Land Berlin daran?
[Oh! von der CDU und der FDP – Frank Henkel (CDU): Die Frage kommt ganz unerwartet! Und jetzt 15 Seiten! – Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Völlig unvorbereitet!]
Eine kurze Nachfrage: Frau Senatorin! Der Bund hat Geld für besondere Projekte in diesem Jahr zur Verfügung gestellt. Profitieren wir davon? Sind wir daran mit Projekte beteiligt?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach Monaten des Stillstands, Ministerinnenwechsel, liegt uns nun fünf vor zwölf ein Eckpunktepapier zur Reform der Jobcenter vor. Die Pläne der Bundesarbeitsministerin von der Leyen sehen keine gemeinsame Betreuung und Förderung mehr vor. Davon sind nicht nur 300 000 Arbeitslose in der Stadt, sondern auch zig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist die Aufspaltung der Jobcenter und wird vom Städte- und Gemeindebund sowie von den Oppositionsparteien abgelehnt. Die Landkreise warnen davor, die Kommunen an die enge Leine der Bundesagentur zu legen. Selbst der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff plädiert für eine Grundgesetzänderung. Also keine Einigkeit in der CDU!
Nein, heute nicht! – Diese Bundesregierung steht vor einer weiteren Fehlentscheidung. Diese Bundesregierung betreibt Klientelpolitik, und die Langzeitarbeitslosen gehören nicht dazu. Wen wundert es auch? CDU und FDP betreiben derzeit gezielte Klientelpolitik und spalten somit die demokratische Gesellschaft.
Mit ihren systematisch geschürten Vorurteilen gegen Bezieherinnen und Bezieher von Hartz IV soll versucht werden, gerade Menschen, die auf staatliche Hilfen angewiesen sind, bewusst zu diffamieren und somit Menschen auszugrenzen. Das ist die Politik von CDU und FDP.
Jüngste Äußerungen von Ministerpräsident Roland Koch – der ist heute schon des Öfteren zitiert worden, man kann es nicht oft genug sagen – belegen, wie diese Strategie politisch angelegt ist: Diese Menschen werden als Schmarotzer und Faulenzer bezeichnet, um die finanzielle Umverteilung der schwarz-gelben Bundesregierung politisch zu legitimieren.
Wenn Löhne sinken, wenn es schwieriger wird, eine auskömmliche Arbeit zu finden, dann entdecken Meinungsmacher die Schwachen, um draufzuhauen. Anstatt Mindestlöhne einzuführen, werden die Sanktionen für HartzIV-Empfängerinnen und -Empfänger verstärkt.
Wer großzügig Steuergeschenke an die Reichen macht, muss bei anderen logischerweise kürzen, in diesem Fall bei den Arbeitslosen. Dies ist in dieser Debatte mehr als offensichtlich. Steuergeschenke für die Hotellerie sind
angesagt, denn von dort bekommt man auch Spenden – nicht wahr, meine Herren der FDP? –, von den Arbeitslosen nicht. Das ist die Politik dieser Bundesregierung. Mit der gemeinsamen Entschließung der Koalition, aber auch der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützen wir die gemeinsame Bundesratsinitiative des Landes Berlin mit Bremen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, das von den Ministerpräsidenten von CDU und SPD erarbeitete Kompromissmodell zur Änderung des Grundgesetzes zur Beschlussfassung in Bundesrat und Bundestag zu bringen, damit die Weiterarbeit in den Jobcentern ermöglicht werden kann.
Statt die Jobcenter verfassungsrechtlich abzusichern, legt die Ministerin eine Mustervereinbarung mit 15 Modulen vor, die dann in ein kooperatives Jobcenter münden sollen. Rechtssicherheit sieht anders aus. Selbst Prof. Joachim Wieland von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften ist der Meinung, dass die im Eckpunktepapier vorgeschlagene Lösung aus mehreren Gründen verfassungswidrig sei. U. a. würden die Verwaltungsabläufe so kompliziert, dass sie nicht den grundgesetzlichen Anforderungen des Anspruchs auf Sicherung des Existenzminimums genügen. Aber die Bundesregierung ist ja beratungsresistent. Statt Hilfen aus einer Hand soll es in Zukunft Hilfen unter einem Dach geben. Das ist Augenwischerei und bringt für den einzelnen Antragsteller, die einzelne Antragstellerin zwei Bescheide, die unterschiedlich sein können und sicherlich auch sein werden. Das ursprüngliche Anliegen, Leistungen aus einer Hand zu erbringen, wo die CDU übrigens mitgestimmt hat, das Kernstück der Reform wird damit aufgegeben.
Parallel zu den Bestrebungen, die ganzheitliche Dienstleistung aus einer Hand zu erhalten, müssen wir aber dem Worst Case in Berlin weiter die Weichen stellen. Deshalb geht mein Appell an Sie, Frau Senatorin Bluhm, alles in die Wege zu leiten, die Abstimmung mit den Bezirken, der Regionaldirektion und den Geschäftsführern der Jobcenter einzuleiten, damit den Arbeitslosen mit den gleichen Problemlagen gleiche Voraussetzungen und Förderchancen zuteil werden. Dazu brauchen wir keinen Antrag der CDU, Frau Kroll! Wenn nicht Hilfen aus einer Hand, dann aber Hilfen unter einem Dach, und das in allen zwölf Bezirken! Ihr Antrag, Herr Lehmann, Herr Meyer von der FDP, auf Ziehung der Option, da kann ich nur sagen, es geht in die falsche Richtung, denn Studien beweisen, dass gerade in den Optionen die Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt am wenigsten gegeben ist. Und Sie schlagen doch dauernd auf den ÖBS rauf. Was denn nun?
Die zu erwartenden Kosten der Umstrukturierung, den Bürokratieaufbau kann man sich sparen, wenn man sich für eine Änderung des Grundgesetzes entscheidet. Deshalb appelliere ich hier von dieser Stelle auch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU und FDP, nehmen Sie Einfluss auf Ihre Parteifreunde im Bund und setzen Sie sich für eine Grundgesetzänderung ein, für die Betroffenen in unserer Stadt!
Unterstützen Sie unsere Entschließung –
und helfen Sie, das Chaos zu verhindern! – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! – Herr Kluckert! Es ist klar, dass Ihnen das jetzt peinlich ist,
aber dann stehen Sie doch wenigstens dazu! Das ist doch keine Diffamierung, was wir gemacht haben. Das sind doch Wahrheiten. Aber es ist peinlich, wenn Sie sich wie ein Frosch im Glas freistrampeln und davon nichts mehr wissen wollen.
Nun ziehen Sie eine Entscheidung der SPD von vor zehn Jahren heraus, wo wir gesagt haben: Hotellerie und Gastronomie –, aber keine Spenden dafür bekommen haben.
Es geht nur um die Spende! Und es wäre schön, wenn Sie dies tatsächlich auch für die Gastronomie eingeführt hätten. Denn einer der kleinen Restaurantbesitzer hat mich neulich angesprochen und gefragt: Was ist denn das für eine Politik? Ich sagte: Tut mir leid. Das ist CDU-FDPreine Klientelpolitik. – Herr Kluckert! So einfach können Sie sich das nicht machen. Ich kann verstehen, dass Ihnen das peinlich ist, aber dann stehen Sie bitte dazu!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalition hat für den Einzelplan 09 einen Doppelhaushalt für die Jahre 2010 und 2011 aufgestellt, der den Berliner Gegebenheiten Rechnung trägt und den erfolgreich eingeschlagenen Berliner Weg fortsetzt. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen, wo die Koalition ihre Schwerpunkte in den Bereichen Arbeitsmarktpolitik und Soziales gelegt hat.
Die Schwerpunktsetzung im Bereich Integration wird mein Fraktionskollege Saleh in seinem Redebeitrag vorstellen. – Ein Schwerpunkt im Bereich Arbeitsmarktpolitik – das wird Sie nicht wundern – ist in den Jahren 2010 und 2011 der öffentliche Beschäftigungssektor, für den wir den Landesanteil im entsprechenden Titel eingestellt haben. Hören Sie endlich mit den Berechnungen auf, ob
wir 320 oder 279 Euro pro Fall ausgeben! Es geht hier schließlich um 7 500 Menschen in dieser Stadt, denen wir eine Perspektive geben.