Protokoll der Sitzung vom 10.05.2007

[Beifall bei der FDP]

Setzen Sie sich für Initiativen zur Senkung der Netzgebühren ein, die schnell an die Verbraucher weitergegeben wird! Dies könnte die Verbraucher bis zur Umsetzung der Kartellrechtsnovelle finanziell entlasten.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Die Aufforderung, den Anbieter zu wechseln, muss ebenso kritisch gesehen werden. Einige Unternehmen müssen sich erst am Strommarkt behaupten, sodass deren dauerhafter Bestand nicht sicher ist.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Sind Sie nun für Wettbewerb oder nicht?]

Auch sind viele kleinere Anbieter Töchter der großen Spielmacher und somit wieder im Bereich eines Monopols. Somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch hier die Preise steigen. Daher wird der Wechsel für einige nur zeitweise zu billigeren Preisen führen. Gerade in diesem Zusammenhang müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, wie Sie den 1,7 Millionen betroffenen Kunden erklären, dass der Senat keine höheren Preise zahlt. Warum kündigen Sie nicht den Konzessionsvertrag mit Vattenfall und üben so als Großabnehmer Druck auf den Konzern aus?

[Beifall bei der FDP und den Grünen]

Die so sinkende Nachfrage wird den Preis positiv beeinflussen. Der Senat muss als Zugpferd agieren, und die Berlinerinnen und Berliner werden ihm dann auch folgen, davon bin ich überzeugt.

Lassen Sie mich nur noch eine Frage aufwerfen, deren Beantwortung auch die Verbraucher interessieren wird: Wieso erhebt Senator Wolf zumindest verbalen Widerstand gegen die Strompreiserhöhung, nicht aber gegen die steigenden Wasserpreise? Abgesehen davon, dass die Preisbildung für Wasser eine andere ist, verdient der Senat fleißig mit am Wassergeschäft. Wasser und Strom dienen beide der Daseinsfürsorge, also sollten Sie sich dementsprechend dafür einsetzen.

[Beifall bei der FDP]

Ihr Vorgehen können wir Liberale nicht nachvollziehen. – Danke!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Monteiro. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vattenfall hat angekündigt, zum 1. Juli 2007 die Strompreise um 6,5 Prozent zu erhöhen. Wenn man das, Herr

Schäfer, in Elefanten ausdrücken wollte, entspräche dies bei einem durchschnittlichen Gewicht eines Elefanten von ca. 3,5 Tonnen einem zusätzlichen Gewicht von immerhin 227 Kilogramm. Dies wiederum macht ca. das 25-Fache des Gewichts unseres Lieblingseisbären Knut aus.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Noch!]

Es geht also um eine bedeutende Größenordnung, um eine enorme Preissteigerung für die Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher. Quasi zeitgleich mit der Preiserhöhung verkündete der Vorstandsvorsitzende von Vattenfall, Klaus Rauscher, die ganz erhebliche Gewinnsteigerungsrate für 2006 in Höhe von 29 Prozent. Man habe als Stromerzeuger von den gestiegenen Preisen der Leipziger Strombörse profitiert. Kommt Ihnen diese Argumentation bekannt vor? – Nur unter umgedrehten Vorzeichen! Vattenfall erhöht die Strompreise, weil eben jene Preise an der Strombörse steigen würden. Wer hält da wen für wie ahnungslos?

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Die aktuelle Studie des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwerkswirtschaft zeigt, dass die Stromkonzerne offenbar ihre Kraftwerke niedriger auslasten, um die Preise an der Leipziger Strombörse auf hohem Niveau zu stabilisieren. Man geht davon aus, dass eine Vermarktung der als verfügbar gemeldeten aber nicht genutzten Kapazitäten den Preis in den Spitzenstunden um rund 30 Prozent senken könnte.

Wir hatten wahrscheinlich alle gehofft, dass Vattenfall nach der Berlin umschmeichelnden und kostenintensiven Werbekampagne anlässlich des Wechsel von Bewag zu Vattenfall eine andere Strategie für die Stadt verfolgen würde – wir wurden enttäuscht. Die FDP glaubt weiter an die Kraft des Marktes. Wenn diese aber nicht das gewünschte Ergebnis zeitigt, macht sie den Berliner Senat dafür verantwortlich.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ihre Argumentation, Herr Gersch, bleibt mir ein Rätsel. Was kann der Berliner Senat gegen die Preiserhöhung von Vattenfall unternehmen? – Am 30. Juni endet die Preiskontrolle durch die staatliche Prüfstelle beim Senat. Dieser kann die neuen Preise nicht mehr überprüfen.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Hat er auch in der Vergangenheit nicht getan! – Uwe Doering (Linksfraktion): Stimmt doch gar nicht!]

Genau in dieser Situation erfolgte die Strompreiserhöhung durch Vattenfall. Von Mitte des Jahres an ist das Bundeskartellamt für die Überwachung der Strompreise zuständig. Das Bundeskabinett hat außerdem vor einigen Tagen beschlossen, die Missbrauchsaufsicht über Gas- und Stromversorgungsunternehmen zu stärken. Demnach muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Preise gerechtfertigt sind. Genau das erwarten die 1,8 Millionen Berliner Vattenfall-Kunden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Zur Erinnerung: Bisher musste der Verbraucher nachweisen, dass die geforderten Preise überhöht sind. Ich halte dies für eine positive Neuregelung, von der auch die Vattenfall-Kunden in Berlin profitieren. Dies stärkt den Verbraucherschutz. Aber Vattenfall sollte sich überlegen, welchen Bärendienst es der gesamten Stromwirtschaft und dem von ihm immer eingeforderten Wettbewerb erweist, wenn es einen Großteil seiner Energie in kostengünstigen Braunkohlekraftwerken selbst produziert

[Daniel Buchholz (SPD): Dreckschleuder!]

und sich gleichzeitig gegen offene Bücher, gegen eine Offenlegung der Preiskalkulation wehrt. Von Verbraucherfreundlichkeit weit und breit keine Spur.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vattenfall bietet zum 1. Juli bundesweit Strom an, mit der Zielvorstellung, zehntausend neue Kunden zu gewinnen. Welcher Kunde wechselt unter diesen Rahmenbedingungen freiwillig zu Vattenfall? Welche Optionen haben die Berlinerinnen und Berliner? – Ein Wechsel des Stromanbieters ist möglich, allerdings tun dies bisher nur wenige. Bisher verlor Vattenfall nur ca. 2 Prozent seiner Kunden an andere Anbieter. Das Verharren beim bisherigen Stromanbieter wird auch dadurch verstärkt, dass die Preisentwicklung bei den verschiedenen Anbietern aufgrund der häufigen Preisänderungen schwer zu beurteilen ist. Die Marktsituation, die nur sehr eingeschränkt existiert, ist für den Kunden nur schwer durchschaubar.

[Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Lage im Stromsektor im Vergleich zum Gas insofern besser aussieht, als es für den Privatverbraucher tatsächlich die Möglichkeit gibt, den Stromversorger zu wechseln. Trotzdem findet ein echter Preiswettbewerb auch bei Strom nicht statt. Der unmittelbar nach der Liberalisierung einsetzende Wettbewerb mit Preissenkungen bis zu 40 Prozent im Industriebereich und gut 10 Prozent beim Haushaltsstrom ist versiegt. Die seinerzeit auf den Markt rückenden Überkapazitäten sind abgebaut. Der Kampf um die Marktanteile ist einem Stillhalten gewichen. So verwundert es nicht, dass die Wettbewerbsintensität insgesamt abgenommen hat und seit dem Jahr 2001 die Preise wieder steigen. Wie im Gasbereich wirken langfristige Lieferverträge der Endversorger wettbewerbsdämpfend und sind damit teilweise für die hohen Kosten verantwortlich. Diese Vertragspraxis beschäftigte die Gerichte bereits mehrfach. Ich habe die Erwartung, dass das Musterverfahren des Bundeskartellamtes auch im Strombereich Wirkung zeigt. Mit Bundeskartellrechtsnovelle und Maßnahmen zur Verbesserung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten und den Untersuchungen der Europäischen Kommission zum Zurückhalten von Produktionskapazitäten sehe ich Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten, vor allem auf Bundeseben und europäischer Ebene.

[Beifall bei der SPD – Michael Schäfer (Grüne): Und hier beim Konzessionsvertrag!]

Das passt natürlich nicht in das klare und übersichtliche Weltbild der FDP-Fraktion, die – und darin ist die FDP wunderbar berechenbar – für alle Übel dieser Welt den rot-roten Senat verantwortlich macht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Oh! von der FDP – Zuruf von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Elefanten sind da – und damit komme ich zum Ende meiner Rede, Herr Dr. Lindner – wesentlich flexibler.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Kollege Melzer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sich sicherlich erinnern, die „Berliner Morgenpost“ und die „Berliner Zeitung“ titelten am 3. Mai: „Berlin – Strom wird um 6,5 Prozent teurer“. Der „Tagesspiegel“ startete am selben Tag mit der Schlagzeile „Berliner Strom wird teurer“. Der „Berliner Kurier“ bekam einen „Stromschlag“, und die „Bild-Zeitung“ sprach von einem „Preisschock“.

[Daniel Buchholz (SPD): Und die CDU wachte auf!]

So wurde Berlin, so wurden letztlich auch die 90 Prozent der Berliner, die Vattenfallkunden sind, über die Entscheidung ihres Stromanbieters informiert, zum 1. Juli dieses Jahres die Strompreise zu erhöhen – der Morgenkaffee wird wohl nicht geschmeckt haben.

Die Nachricht von Berlins Stromversorger Nr. 1 – nämlich Vattenfall – hat sowohl gewerbliche als auch private Verbraucher geschockt. Ich knüpfe an die FDP-Fraktion an und füge hinzu: Die Ankündigung hat auch die CDUFraktion schockiert, steht diese Erhöhung doch in einer Kette von Kostentreibereien der letzten Monate.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Schauen wir uns die Entscheidungen der letzten Monate an: Die angekündigte Strompreiserhöhung ist die nächste und wohl nur bis heute letzte Stufe einer sich immer rasanter drehenden Kostenspirale in Berlin, die letztlich die Berliner Regierung, die Wowereit und Wolf zu verantworten haben.

[Beifall bei der CDU]

Die Abgabenlast steigt in Berlin unaufhörlich.

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Mehrwert- steuererhöhung!]

Der Berliner Senat gängelt seine Bürger mit Straßenausbaubeiträgen und zwingt sie, den Instandhaltungsrückstau der Infrastruktur aus eigener Tasche zu begleichen. Die Grund- und Grunderwerbssteuer war eine der ersten

Themen, die wir in der neuen Legislaturperiode im Abgeordnetenhaus besprochen haben – obwohl sie im Jahr 2006 schon so hoch war wie sonst nirgendwo in der Republik. Für Rot-Rot war das allerdings kein Grund, nicht weiter an der Kostenschraube zu drehen: 10 Prozent Grundsteuererhöhung in 2002, ein Steuersprung von mehr als 22 Prozent zuletzt. Berlin ist damit unangefochtener Steuerspitzenreiter bei der Grund- und Grunderwerbssteuer. Wir halten das für einen traurigen Rekord.

[Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD]

Wir werden dabei bleiben: Steuererhöhungen können und dürfen nicht der Ersatz einer nachhaltigen Politik sein.