Birgit Monteiro

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr als 5 000 Menschen nutzen jährlich die Angebote der Mobilitätshilfedienste, insgesamt werden pro Jahr mehr als 330 000 Begleitungen durchgeführt. Hinter jeder Zahl steht ein Mensch mit seinem persönlichen Schicksal.
Im März dieses Jahres waren fünf Frauen in meiner Bürgersprechstunde, die die Begleitung des Lichtenberger Mobilitätshilfedienstes domino in Anspruch nehmen. Sie haben am Beispiel ihrer persönlichen Lebensumstände und gesundheitlichen Beeinträchtigungen geschildert, welche enorme Bedeutung die Arbeit der Mobilitätshilfedienste für die Sicherstellung ihrer persönlichen Mobilität hat. Zugleich haben sie auf die Probleme hingewiesen, die sich aus der Reduzierung der über das Jobcenter geförderten Beschäftigungsstellen ergeben haben. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, dass die derzeitige Senatsfinanzierung für die Mobilitätshilfedienste vor allem deren vernetzende und weiter vermittelnde Rolle finanziert. Herr Hoffmann! Darauf sind Sie leider mit keinem Wort eingegangen. Es ist unbestritten, dass es Hilfen für Menschen geben muss, deren Mobilität eingeschränkt ist. Die Wege, dies sicherzustellen, sind vielfältig.
Damit komme ich zum vorliegenden Antrag der CDUFraktion. Erste Bemerkung: Die CDU-Fraktion fordert im vorliegenden Antrag den Senat auf, bei der Arbeit der Mobilitätshilfedienste auf Teilnehmer in Beschäftigungsmaßnahmen zu verzichten und diese Stellen stattdessen über den Landeshaushalt zu finanzieren. Dabei beziehen Sie sich auf eine Summe von 300 000 Euro, die in der Vergangenheit im Berliner Landeshaushalt eingespart worden ist. Bei wohlmeinender Betrachtung kann ich dazu sagen: geheimnisvoll die CDU-Fraktion, sehr geheimnisvoll! Bei kritischer Betrachtung kann man zu einem anderen Schluss kommen: Rechenkünste mangelhaft. Herr Hoffmann! Ich habe Sie bereits am 14. April 2011 zu Ihrem Verhältnis zu Zahlen befragt. Ich erkläre es Ihnen gern. Laut Abfrage in der Konzept-AG der senatsgeförderten Mobilitätshilfedienste sind pro Bezirk 30 bis 40 Helferinnen und Helfer bei den Mobi
litätshilfediensten notwendig, um die Nachfrage der mobilitätsbehinderten Bürgerinnen und Bürger erfüllen zu können. Geht man der Einfachheit halber von durchschnittlich 35 Stellen pro Bezirk aus, bedeutet das 420 Stellen. Bei 420 Stellen und einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ergibt sich bei einem Etat von 300 000 Euro rechnerisch ein Stundenlohn von 57 Cent.
57 Cent pro Stunde, Herr Hoffmann, ist das wirklich Ihr Ernst? Oder haben Sie das alles anders gemeint, aber leider nicht im Antrag niedergeschrieben, weil Sie es nicht verstehen?
Ich bitte Sie, das spätestens bei der Beratung im Ausschuss aufzuklären. Damit Sie die Zahlen bei der Aufklärung nicht wieder unnötig verwirren, habe ich den Mehrbedarf bei einem angenommenen, noch unter dem Mindestlohn liegenden Arbeitgeberbruttolohn von 7,50 Euro berechnet. Ich komme dabei auf einen Finanzbedarf von 3,95 Millionen Euro.
3,95 Millionen Euro abzüglich der von Ihnen in Anschlag gebrachten 300 000 Euro ergäbe immer noch einen Mehrbedarf von 3,65 Millionen Euro pro Jahr. Ist es das, was Sie mit Ihrem Antrag fordern? Dann formulieren Sie es bitte klar und deutlich. In der vorliegenden Form ist es mir leider nicht möglich, Ihre Worte für bare Münze zu nehmen.
Zweite Bemerkung: Die CDU-Fraktion bezieht sich in dem Antrag auf die UN-Behindertenrechtskonvention sowie bundes- und landesrechtliche Regelungen. Wie es der Zufall will, stand gestern im Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages ein Antrag von Union und FDP zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf der Tagesordnung. Herr Hoffmann! Sie werden wissen, dass dieser Antrag die Umsetzung der UN-Konvention unter einen pauschalen Haushaltsvorbehalt stellt. Vielleicht können Sie bei der Ausschussbehandlung aufklären, wie das zu Ihrem Antrag passt.
Dritte Bemerkung: Der Bund kürzt im Jahr 2011 erheblich die Zuweisung für Beschäftigungsmaßnahmen. Für Berlin-Brandenburg geht es hierbei um ein Minus von 50 bis 60 Prozent. Anschließend fordert die Partei, die für diese Kürzung im Bund verantwortlich ist, den Senat von Berlin auf, in dem die CDU gottlob keine Verantwortung trägt, diese wegfallenden Mittel aus Landesmitteln auszugleichen? Verstehe ich das richtig? Ich bin gespannt, wie die CDU-Fraktion dies in ihrer Mobilität eingeschränkten Bürgerinnen und Bürgern erklärt. Unterschätzen Sie nicht den Verstand der Menschen!
Sehr geehrter Herr Hoffmann! Ich habe vielleicht den Fehler gemacht, Ihren Antrag für bare Münze zu nehmen. Das sollte man nicht tun. Wenn Sie etwas anderes meinen, dann schreiben Sie es bitte in den Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hoffmann! Ich weiß nicht, ob Sie ein Verhältnis zu Zahlen haben,
ob Sie ein Verhältnis zu diesen Zahlen haben: 45, 25, 15, 10, 5. Diese Zahlen geben die Gewichtung der Zuschlagskriterien wieder und finden sich in den Vergabeunterlagen für den Sonderfahrdienst aus dem Jahr 2008, die Leistungserbringung im Zeitraum 2009 bis 2011 betreffend: Preis pro Fahrt 45 Prozent, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Regieleistung 25 Prozent, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Fahrleistung 15 Prozent, Einsatz sauberer und sicherer Fahrzeuge 10 Prozent und Organisatorisches 5 Prozent. Diese Zahlen sind nicht in Stein gemeißelt und auch nicht für die Ewigkeit gemacht, sondern sie geben die Erfahrungen der Senatsverwaltung für Soziales aus Vergaben der Vorjahre wieder und zeigen im Vergleich zu diesen auch das Reagierung auf Probleme und ein Umsteuern. Diese Zahlen geben eine Rahmen vor und das Ziel, nämlich mit einer gedeckelten Finanzsumme möglichst viele Fahrten in hoher Qualität für Menschen mit Behinderung sicherzustellen.
Jede Beschwerde ist eine zu viel. Da sind wir uns einig. Aber wir sollten die Fakten, die sich aus dem Beschwerdemanagement ergeben, nicht völlig ausblenden. Hier komme ich auf meine Frage zurück: Haben Sie ein Verhältnis zu Zahlen?
Die letzten Daten, die mir für Februar vorliegen, ergeben folgenden Sachstand: Es wurden 13 237 Beförderungen durchgeführt. Dazu gab es elf Beschwerden. Zur Fahrtanmeldung waren es zwei, zur Fahrtrealisierung neun. Sie kennen die Zahlen zumindest aus dem Sozialausschuss. Die folgende Zahl ist mir fast noch wichtiger: Im Vergleich zum Vorjahr sind im Februar 2011 rund 400 Beförderungen mehr geleistet worden. Herr Hoffmann, nehmen Sie diese Zahlen endlich einmal zur Kenntnis!
Nun können Sie sagen, dass nicht jede Verärgerung über eine nicht oder schlecht erbrachte Leistung eine Beschwerde auslöst. Das stimmt. Genau deshalb führte das
Landesamt für Gesundheit und Soziales im Jahr 2010 die immerhin dritte Kundenbefragung durch. Fragebögen und Auswertungsmodalitäten wurden eng mit dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung abgestimmt. Von 7 663 Befragten beteiligten sich 2 264. Die Ergebnisse sind damit repräsentativ. Wertet man die Kundenbefragung 2010 aus, muss und kann man erfreulicherweise zur Kenntnis nehmen, dass die Zufriedenheit mit der Erreichbarkeit der Notrufnummer mit 2,1, die Zufriedenheit mit dem Personal der Regiezentrale ebenfalls mit 2,1, die Zufriedenheit mit dem Fahrpersonal mit 1,9, die Pünktlichkeit mit 2,2, die Zufriedenheit mit dem Fahrzeugstandard mit 2,0, die Sauberkeit der Fahrzeuge mit 1,9, die Zufriedenheit mit dem Abrechnungsverfahren mit 1,6 und die Zufriedenheit mit dem Magnetkartensystem mit 1,5 in der Gesamtnote bewertet wurden. Das sind acht Mal gut und besser. Der einzige negative Ausreißer ist die Erreichbarkeit der Regiezentrale, die die Gesamtnote 3,7 erhielt.
Wie will die CDU die Serviceorientiertheit und Qualität eines Dienstleisters, des Betreiber des Sonderfahrdienstes verbessern, wie die Erreichbarkeit der Regiezentrale? Mit Druck? Durch Schulungen, die die Senatsverwaltung dem Dienstleister angedeihen lässt, möglicherweise mit verpflichtender Teilnahme? Dadurch, dass die Senatsverwaltung in ihrer Weisheit dem Dienstleister und zugleich dem Telekommunikationsanbieter Wege zur Lösung technischer und organisatorischer Probleme aufzeigt, möglicherweise zertifiziert mit dem Gütesiegel „Erfolgreich beraten und gecoacht durch die Senatsverwaltung“, nach dem Motto „Wir bringen Wirtschaftsunternehmen Serviceorientiertheit und effizientes Handeln bei“? Herr Hoffmann, das kann nicht Ihr Ernst sein.
Nicht nur, dass Sie die Erkenntnisse aus dem Beschwerdemanagement und der Kundenbefragung nicht zur Kenntnis nehmen – wenn Sie den Zahlen sowieso keinen Glauben schenken und ihnen keine Relevanz einräumen, wäre es übrigens nur konsequent, das Beschwerdemanagement abzuschaffen und sich diese Mühe nicht zu machen –, sondern Sie sprechen in Ihrem Antrag auch von der Aufstockung der Fahrten zu Weihnachten. Genau das ist in der Vergangenheit schon geschehen. Am Heiligen Abend 2010 wurden 105 Busse eingesetzt. Normalerweise sind es nur 54. Ich kritisiere nicht, Herr Hoffmann, dass Sie den Blick auf das Detail lenken – das ist notwendig –, aber ich kritisiere, dass Sie den Gesamtblick außer Acht lassen, vorliegende Daten nicht zur Kenntnis nehmen und Problemlösungen aufzeigen, die nicht wirklich zu einer Verbesserung der Situation beitragen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage die Verbraucherschutzsenatorin: Wie gedenkt der Senat, auch ohne gesetzliche Grundlage im Gaststättengesetz Transparenz bei der Lebensmittelsicherheit herzustellen?
Ja, vielen Dank! – Sie verwiesen ja bereits auf den Referentenentwurf zur Weiterentwicklung des Verbraucherinformationsgesetzes. Halten Sie die dort vorgeschlagene Änderung im Sinne von Transparenz für ausreichend?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im heuten „Tagesspiegel“ las ich, dass die Eierwirtschaft nach dem Dioxinskandal um unser Vertrauen wirbt. Gut, kann man feststellen. Wie will die Eierwirtschaft das nun tun? Will sie die Namen der Betriebe, die dioxinbelastete Futtermittel verfüttert haben, veröffentlichen? Will sie die Eigenkontrollen verbessern? – Nein! Sie startet in den nächsten Tagen eine Anzeigenkampagne, die vermitteln soll, dass Verbraucher „mit gutem Gefühl“ Eier aus Deutschland kaufen können. Man achte auf die Wortwahl: Eier mit gutem Gefühl kaufen, nicht essen.
Wir erinnern uns: Der Verkauf der Eier war wegen des Skandals um mehr als 20 Prozent zurückgegangen. Herr Meyer von der FDP sprach heute davon, dass wir mit dem Thema zu spät dran seien. Aha! Ist das Problem der Lebensmittelsicherheit schon gelöst? Ist der Skandal vollständig aufgeklärt? Sind die Konsequenzen gezogen, ist eine Wiederholung ausgeschlossen? Bei jedem Lebensmittelskandal frage ich mich – wie bestimmt viele andere Verbraucher –: Wann kommt der nächste? – Dieser Sachverhalt deutet darauf hin, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorgang handelt – Herr Isenberg hat vorhin auch darauf hingewiesen –, sondern dass es hier um ein grundsätzliches Problem geht und dass wir alle gemeinsam unsere Hausaufgaben noch nicht ausreichend erledigt haben.
Aber vorweg sei gesagt, es gibt auch eine gute Nachricht für die Berlinerinnen und Berliner: Bei 100 Prozent der Berliner Legehennenbetriebe lag die Dioxinkonzentration in Eiern und Futtermitteln weit unter den zulässigen Grenzwerten.
Der Insider und die Eierwirtschaft wissen, dass wir in Berlin nur einen einzigen Legehennenbetrieb haben. Aber immerhin!
Es gibt noch eine zweite Nachricht: Auch im weiteren Sinn sind wir nicht von diesem Skandal betroffen. Zum Glück, mag man sagen. Auch bei den Lebensmitteln, die in anderen Bundesländern erzeugt worden sind und die in Berlin verkauft werden oder worden sind, sind bisher keine dioxinbelasteten gefunden worden. Trotzdem und gerade deshalb führen die Berliner Veterinär- und Lebensmittelämter verstärkt Kontrollen auf Dioxin durch.
Die heutige Aktuelle Stunde steht unter dem Motto: „Klare Vorschriften, wirksame Kontrollen, mehr Transparenz“. Wer will dem widersprechen? Aber was heißt das tatsächlich? Die aufgeregte Atmosphäre zeigt schon, dass hier die Meinungen auseinandergehen.
Nehmen wir uns vielleicht ein bisschen Zeit, in die Historie zurückzuschauen! – Ich freue mich, dass Sie so gut gelaunt sind. Hoffentlich sind es die Verbraucher auch! – Vielleicht werfen wir alle gemeinsam einen beruhigenden Blick zurück in die Geschichte, in das Jahr 1920. Damals entstand nämlich der erste Erlass einer Verordnung über Mischfutter, die verhindern sollte, dass Mischfutterhersteller Abfälle vermischen und Großhändler wertlose Futtermittel importieren. Vielleicht nicht ganz uninteressant, woher unsere heutigen Verfahrensweisen stammen! Diese Verordnung erlaubte die Verwendung von maximal drei Komponenten zur Herstellung von Mischfutter, und – das ist das Interessante – jetzt setzte eine Argumentation ein, die uns auch heute nicht ganz unbekannt erscheint: Die Warenströme innerhalb Europas, Mischfutter aus Skandinavien mit über 20 Komponenten, hoben die Wirkung dieser Verordnung auf, und 1927 wurde ein Futtermittelgesetz verabschiedet, dessen Logik wir noch heute folgen: Die Hersteller melden Komponenten an. Jeder Produzent kann im Prinzip jeden Stoff anmelden. Dann beginnt die Prüfung und Nachweisführung über Unbedenklichkeit bzw. die Festlegung von Grenzwerten, bis zu denen die Komponente als unbedenklich gilt.
Heute sprechen wir nicht über drei oder 20 Komponenten, sondern über unendlich lange Listen von Futtermittelzusatzstoffen. Wir reden über technologische Zusatzstoffe, z. B. Konservierungsmittel, Antioxidationsmittel, Emulgatoren, Stabilisatoren, Säureregulatoren, Silierzusatzstoffe. Wir sprechen über sensorische Zusatzstoffe, z. B. Aroma- und Farbstoffe. Wir sprechen über ernährungsphysiologische Zusatzstoffe wie Vitamine, Aminosäuren und Spurenelemente, über zootechnische Zusatzstoffe, z. B. Verdaulichkeitsförderer und Darmflorastabilisatoren, und viele andere Zusatzstoffe, deren Namen ich nicht mal aussprechen kann. Dann beginnen Kommissionen zu prüfen, zu testen, zuzulassen, und am Ende dieses Verfahrens haben wir dann die Probleme, die wir auch jetzt wieder beobachten können.
Aus der Opposition höre ich Rufe nach einer Erhöhung der Zahl der Kontrolleure.
Ja, wir können die Zahl der Lebensmittelkontrolleure erhöhen – immer und immer wieder –, aber wir werden dadurch den Wettlauf um sichere Lebensmittel nicht gewinnen, denn wenn die Kontrolleure tätig werden, sind die Futtermittel bereits produziert und verfüttert, die Lebensmittel produziert, ausgeliefert und oftmals auch schon beim Verbraucher angekommen. Wir sollten also grundsätzlicher herangehen, an den Anfang der Lebens
mittelproduktionskette, nämlich an die Produktion von Futtermitteln. Wir brauchen eine Positivliste, was in Tiernahrung enthalten sein darf.
Dann bleiben immer noch genug Umweltgifte und Risiken, aber es wäre ein wesentlicher erster Schritt.
Klare Vorschriften sind notwendig. Wir alle kennen die zahlreichen Richtlinien und Verordnungen der EU, Richtlinie über den Verkehr mit Futtermittel-Ausgangserzeugnissen, Richtlinie über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung, Richtlinie über bestimmte Erzeugnisse für die Tierernährung, Richtlinie über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen und viele mehr. Die Frage ist: Sind diese Richtlinien tatsächlich klar, sind sie klar genug?
Dieser Skandal hat eine gute Seite, und zwar die, dass sich die Länder und der Bund endlich zusammengerauft haben, denn viele Fragen diskutieren wir schon seit langem. Leider war bisher keine Einigung möglich. Es wurde ein gemeinsamer Aktionsplan verabschiedet, der u. a. die Meldepflicht für die Untersuchungsergebnisse auch privater Labore vorsieht. Wir hatten auch in diesem Fall das Problem, dass bereits im März 2010 belastete Proben gefunden, aber die Ergebnisse nicht veröffentlicht wurden. Hier sehe ich auch noch eine Lücke bei der Aufklärung. Was ist mit diesen Lebensmitteln passiert? Da sind auch Teigwaren, Soßen usw. produziert worden. Hier möchte der Verbraucher wissen: Wo sind diese Ausgangsstoffe gelandet?
Der Aktionsplan sieht weiterhin eine Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe mit bestimmten Qualitätsanforderungen vor. Er sieht eine Trennung der Produktionsströme, einmal in Lebensmittel und auf der anderen Seite in industrielle Produktion, vor. Er sieht eine Verpflichtung zur Absicherung des Haftungsrisikos für Futtermittelunternehmer vor – gleich zu Beginn des Skandals gab es ja die Entschädigungsdiskussion. Es soll eine Dioxindatenbank aufgebaut und der Strafrahmen für Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetz auf den Prüfstand gestellt werden.
Der wichtigste Punkt besteht für mich in der Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes – aus einer KannRegelung soll jetzt eine Muss-Regelung werden. Bei der Diskussion um die Einführung des Smiley hier in Berlin haben viele gefragt, ob wir solche Informationen über die Lebensmittelproduzenten und verarbeitenden Betriebe überhaupt veröffentlichen dürfen. Ja, im Sinne des Verbrauchers müssen diese Verstöße öffentlich gemacht werden!
Lebensmittelwarnungen sollen über eine Internetplattform www.lebensmittelwarnung.de veröffentlicht werden. Ein Blick auf die Homepage der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz verrät, dass wir gerade bei diesem Skandal vorbildlich Informationen
bereitstellen – beispielsweise darüber, wie Verbraucher belastete Erzeugnisse erkennen können. Da sind wir in Berlin schon sehr weit.
Neben diesem Aktionsplan gab es einige Punkte, auf die sich die Länder nicht verständigen konnten. Hier sind die A-Länder unter Führung Berlins sehr weit vorangegangen, worüber ich sehr froh bin, weil wichtige Themen angefasst wurden. Es stellt sich stets die Frage, ob es um Einzelfälle geht, um kriminelle Energie oder ob es etwas mit der grundsätzlichen Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und den dort ablaufenden Prozessen zu tun hat. Die A-Länder haben vorgeschlagen, dass ein kritischer Blick auf die generelle Entwicklung in der Futtermittel-, Agrar- und Ernährungswirtschaft geworfen wird, dass entstandene Strukturen und Verflechtungen beleuchtet werden und, das ist das Wichtigste, dass die Frage nach ethischer und moralischer Verantwortung gestellt wird. Dieser grundsätzliche Diskurs, den wir führen wollen und den wir unbedingt brauchen, damit wir nicht über den nächsten Skandal in der Lebensmittelindustrie diskutieren müssen, soll nicht nur mit Vertretern der Lebensmittelwirtschaft und der Futtermittelindustrie geführt werden – wie es bisher oft der Fall war –, sondern unter Einbeziehung von Vertretern aus den Bereichen Umweltschutz, Tierschutz, Verbraucherschutz. Das ist ein ganz wichtiger Ansatz, und auch Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen einbezogen werden.
All das kann uns nicht von der Verantwortung entbinden, die wir als Verbraucher haben. Die Erzeugung sicherer und wertvoller Lebensmittel hat ihren Preis, und das sollten wir, die Verbraucher, nicht an der Ladentheke vergessen.
Vorab drei Feststellungen: Sie fordern einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderung – sehr gut, die SPD-Fraktion auch. Sie nennen zweitens als Datum für die Erstellung des Aktionsplans den 31. März 2011. Heute ist der 25. November 2010. Ihr Antrag trägt das Datum 3. November 2010. Im Ausschuss Integration, Arbeit, Soziales sprachen wir am 4. November 2010 über den Aktionsplan. Wir versuchten, uns mit Ihnen auf einen Termin zu verständigen, bis zu dem dieser vorgelegt werden soll.
Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus dem Inhaltsprotokoll der Ausschuss-Sitzung:
Jasenka Villbrandt (Grüne) weist darauf hin, dass auch ihre Fraktion hierzu Anträge vorlegen werde und deshalb eine Terminfestlegung noch offengehalten werden solle.
Heute überweisen wir Ihren Antrag in den Ausschuss IAS und den Hauptausschuss. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass auf diesem Wege der Befassung mit Ihrem Antrag der 31. März als Termin für die Fertigstellung des Aktionsplanes nicht gehalten werden kann. Frau Villbrandt! Kann es sein, dass Ihnen Publicity und Ihr Antrag wichtiger waren als eine schnelle Erarbeitung des Aktionsplans?
Außerdem vermisse ich drittens eine Begründung Ihres Entschließungsantrages. Denn in § 39 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses lese ich:
Anträge einschließlich solcher auf Annahme von Entschließungen müssen schriftlich eingebracht und begründet werden.
Zum Inhalt: Sie fordern einen Landesaktionsplan, der die individuelle Besonderheit eines jeden Menschen in den Mittelpunkt rückt. In Berlin leben 3 443 000 Menschen, jeder mit individueller Besonderheit. Bedeutet das 3 443 000 Mittelpunkte im Landesaktionsplan? Weiter heißt es im Antragstext:
Der Aktionsplan soll Maßnahmen, die geeignet sind, die angestrebten Ziele zu erreichen, mögliche Partner und einen Zeithorizont zur Umsetzung benennen.
„Maßnahmen die geeignet sind, die angestrebten Ziele zu erreichen“, das klingt spannend. Mögliche Partner sind auch gut. Aber wo bleiben die Partnerinnen? Einen Zeithorizont benennen – wissend, dass es hinter dem Horizont weitergeht. Schauen wir uns die Definition des Begriffes Zeithorizonts an: Es handelt sich dabei um die Ausweitung des gegenwärtigen Handelns um die Vergangenheits- und Zukunftsperspektive. Der Zwischenbericht des Senats zur Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 28. September 2010, Drucksache 16/3531, mag hierbei hilfreich sein.
Gut finde ich Ihre Idee, dass der Senat eine Internetplattform einrichten soll, auf der Vorschläge und Anregungen zum Aktionsplan eingebracht und kommuniziert werden können. Bleibt die Frage, was so etwas kostet. Vielleicht können Sie, Frau Villbrandt, dazu etwas im Ausschuss sagen. Sinnvoll finde ich ebenfalls Ihre Anregung, gemeinsam mit anderen Bundesländern das Gespräch mit der Bundesregierung zur Frage der Finanzierung der anstehenden Maßnahmen – Sie von den Grünen sprechen von Reformen – zu führen. Dann gleitet Ihr Antrag wieder zum Zeithorizont hinüber: Sie fordern den Senat auf zu klären, „in welchem Zeithorizont gesetzlich notwendige Änderungen von der Bundesregierung auf den Weg gebracht werden“. Vielleicht kann in dieser Frage auch Herr Hoffmann einen Beitrag zur Klärung leisten, er wird ja gleich nach mir sprechen.
Einig sind wir uns wieder bei den Grundsätzen, denen der Aktionsplan verpflichtet sein soll. Bei solchen Anträgen und Überlegungen wiederholen sich naturgemäß bestimmte Forderungen, das muss nicht mal schlecht sein. Interessant und unterstützungswert finde ich besonders ihren Verweis auf die Sozialraumorientierung – Probleme sollen dort angepackt werden, wo Menschen mit und ohne Behinderung leben, im Sozialraum – und Ihre Ermutigung von Menschen mit Behinderung zu ehrenamtlichem Engagement.
Unabhängig von meinen kritischen Anfangsbemerkungen finde ich viele Punkte Ihres Antrages sehr gelungen. Und zumindest Ihnen, Frau Villbrandt, und mir und hoffentlich vielen anderen Mitgliedern dieses Hauses ist klar, dass Politik für Menschen mit Behinderung Politik für alle
Menschen ist und dass es einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Fraktionen, aller Senatsverwaltungen und zivilgesellschaftlicher Strukturen bedarf, um in den nächsten Monaten und Jahren bei der Umsetzung der UNMenschenrechtskonvention deutlich voranzukommen. Der Begriff des Barrierenüberwindens gewinnt hier eine besondere Dimension. Packen wir es also gemeinsam an!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute das Zweite Gesetz zur Änderung des Berliner Ladenöffnungsgesetzes. Und es sei gestattet, noch einmal darauf hinzuweisen – Herr Melzer hat das bestimmt gerade vergessen –: Das Berliner Ladenöffnungsgesetz ist insgesamt eine Erfolgsgeschichte.
Es führte zu mehr Umsatz und nicht nur zu einer Umsatzverlagerung, wodurch zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Die Attraktivität Berlins für die Touristen stieg deutlich an. Wir eilen von Erfolg zu Erfolg bei der Steigerung der Zahl der Berlinbesuche. Ich möchte nicht behaupten, dass dies allein dem Ladenöffnungsgesetz zu verdanken ist, aber ein gewisser Zusammenhang ist nicht zu bestreiten.
Der Berliner Senat brachte ein Bündel von Maßnahmen auf den Weg, welches zur Belebung der Stadt an den Abenden und Wochenenden beitrug und dadurch Handel, Wirtschaft und Tourismus beförderte. Dazu gehört auch die Möglichkeit des Einkaufens bis 24 Uhr an den Werktagen und an zehn Sonntagen im Jahr.
Es ist jetzt bei der Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes notwendig zu beachten, dass wir den Monat November haben, wenn sie vorliegt, und wie in jedem Jahr die Adventssonntage überraschend und unerwartet vor der Tür stehen. Wenn wir es also möglich machen wollen, dass auch in diesem Jahr an Adventssonntagen das Einkaufen möglich sein soll, müssen wir die parlamentarische Beratung zügig vornehmen und damit die notwendige Gesetzesklarheit noch vor der Adventszeit schaffen. Die Bereitschaft dazu sehe ich bei allen Fraktionen. Das finde ich sehr erfreulich.
Das Thema Ladenöffnung macht immer ganz besonders die Vielfalt der verschiedenen Interessen in der Stadt deutlich. Einzelhandel, IHK, Gewerkschaften, Kirchen, Beschäftigte, Touristen und Kunden, alle haben ihre berechtigten Interessen und vertreten diese. Es gab im Wirtschaftsausschuss dazu auch eine Anhörung. Die Lösungen sind immer ein Kompromiss, aber, Herr Melzer, man erreicht den Kompromiss manchmal nicht durch große Worte und Muskelspiel, sondern durch zähe Verhandlungen und durch Arbeit, auch manchmal im Internen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den möglichen Rahmen vorgegeben. Ziel ist es, die Novelle noch in diesem Jahr vor dem Advent zu verabschieden. Die Evangelische Kirche hatte geklagt, und es musste festgestellt werden, ob tatsächlich die Berliner Regelung die besonders zu schützende Sonn- und Feiertagsruhe verletzt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist sehr differenziert. Es hat einerseits entschieden, dass die bisherige Adventssonntagsregelung nicht mit der Gewährleistung der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen in Einklang steht.
Zugleich hat es andererseits die Freigabe von acht flächendeckenden Ausnahmen unter dem gewählten Konzept nicht beanstandet. Der Senat hat sich nun mit dem Gerichtsurteil befasst, es geprüft und umgesetzt. Die beanstandete Regelung zu den Adventssonntagen wurde korrigiert. Gleichzeitig wurden mit der Novelle weitere nachgeordnete Regelungen, die sich aus dem Gesetzesvollzug als missverständlich oder ungünstig erwiesen hatten, korrigiert. Dies alles geschah mit dem klaren Willen, den möglichen Spielraum zur Belebung der Stadt und Förderung von Handel und Tourismus optimal zu nutzen und unter Abwägung der berechtigten Interessen.
Der Rat der Bürgermeister hat dieser Gesetzesnovelle auf seiner Sitzung am 24. Juni zugestimmt. Nur in der Frage des Verkaufs von Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs am Berliner Hauptbahnhof an Sonn- und Feiertagen vertrat der RdB eine vom Senat abweichende Position. Ich finde es bemerkenswert, dass die Bezirksvertreter, die sich verständlicherweise besonders für die Interessen der Einkaufsstraßen in ihren Bezirken einsetzen, für den Hauptbahnhof eine Lösung analog zum Flughafen Tegel unterstützen. Dies hat zweifellos mit der besonderen Bedeutung des Hauptbahnhofs für Berlin zu tun, mit der besonderen Lage direkt am Regierungsviertel, der architektonischen Attraktivität und seiner Anziehungskraft für viele Touristen.
Ich komme zu zwei Punkten, die meines Erachtens in der Gesetzesberatung eine besondere Rolle spielen werden. Erstens ist hinlänglich bekannt, dass die SPD-Fraktion sonntags keine Totenstille am Hauptbahnhof wünscht, sondern eine Belebung. Zum Zweiten geht es um die Frage, wie viele der zehn geöffneten Sonntage berlinweit einheitlich und wie viele dezentral festgelegt werden. Es spricht einiges dafür, im Sinn von gleichen Wettbewerbsbedingungen und einer optimalen Werbung, dass mög
lichst viele der Sonntage per Allgemeinverfügung wegen Vorliegens eines öffentlichen Interesses festgelegt werden. Wir brauchen hier eine langfristige Planung, damit die verkaufsoffenen Sonntage nicht ähnlich überraschend wie der Advent vor der Tür stehen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen legten uns im April letzten Jahres einen Antrag zur verbraucherfreundlichen Lebensmittelkennzeichnung vor. Das lesen wir in der Überschrift. Gestatten Sie mir bitte eine kurze Vorbemerkung. Überschrift und Text des Antrags scheinen verschiedene Verfasser zu haben,
denn im Antragstext selbst ist nicht mehr nur von Verbrauchern die Rede, sondern von Verbraucherinnen, natürlich mit großem „I“, versteht sich, und die Grünen setzen ihrer Radikalität noch eins drauf, sie fordern im Antragstext nicht nur eine verbraucherfreundliche, sondern auch noch eine „verbraucherInnenfreundlichere“ Kennzeichnung von Lebensmitteln.
Wie soll nun dieses revolutionäre Ziel erreicht werden? – Durch eine Bundesratsinitiative, versteht sich.
Aber Spaß beiseite, die SPD-Fraktion unterstützt das Anliegen inhaltlich, auch die Mehrheit der Verbraucher wünscht sich eine Ampelkennzeichnung. Frau Schneider hatte darauf hingewiesen. Die Verbraucher wünschen sich eine Ampelkennzeichnung, die sich am britischen Vorbild orientiert. Verbraucherzentralen, Ärzteverbände und Kammern sprechen sich ebenfalls dafür aus und forderten dies von den EU-Abgeordneten.
Die Entwicklung ist inzwischen weitergegangen. Am 16. März stimmten die Abgeordneten des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments für eine bessere Lebensmittelkennzeichnung. Eine Ampelkennzeichnung wurde jedoch leider abgelehnt. Immerhin soll es nun eine verpflichtende Nährwertinformation auf der Vorderseite der Verpackung geben. Lebensmittelhersteller sind künftig verpflichtet, Angaben zu Energiewert, gesättigten Fettsäuren und Kohlenhydraten mit besonderem Hinweis auf Zucker und Salz anzugeben. Was mich besonders freut, ist, dass gegen den Widerstand der konservativen Mehrheit im Ausschuss durchgesetzt werden konnte, dass auch das Herkunftsland für Produkte aus Fleisch, Geflügel und Milch sowie Obst und Gemüse immer angegeben werden muss.
Nachbesserungsbedarf sehen wir vor allem bei der Festlegung verpflichtenden Portionsgrößen für die Angabe von Nährwerten. Die Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrendt sagte dazu:
Es kann nicht sein, dass ich Rosinen und Haferflocken erst zählen muss, um zu wissen, wie viel Zucker und Kalorien in meinem Müsli enthalten sind.
Recht hat sie, das kann nicht verbraucherfreundlich sein.
Aber zurück zum Antrag der Grünen: Er ist gestellt worden, als noch offen war, ob eine Ampelkennzeichnung auf Bundes- und EU-Ebene Aussicht auf Erfolg hat. Er ist inzwischen leider überholt. Das müssen wir feststellen, obwohl wir Sympathien für diesen Antrag haben.
Ich darf außerdem daran erinnern – und deshalb verstehe ich die Vorwürfe von Frau Schneider gar nicht, die doch den Ablauf nicht richtig beobachtet zu haben scheint –, dass das Land Berlin unabhängig von der Initiative der Grünen bei der Verbraucherschutzministerkonferenz 2009 einen Beschlussvorschlag zur Beförderung der Ampelkennzeichnung unterstützte, der mit 11:6 Stimmen abgelehnt wurde. Nur die SPD-geführten Bundesländer hatten zugestimmt.
Nein, danke, nicht! – Frau Schneider! Ihr Antrag ist zwar kurz, aber besteht trotzdem aus zwei Teilen, und der zweite Teil befasste sich mit dem Thema verbindliche Kennzeichnungsvorschriften für die sogenannte ESLMilch. Inzwischen gibt es eine freiwillige Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf der einen Seite und dem Milchindustrieverband und dem Hauptverband des deutschen Einzelhandels auf der anderen Seite über die Kennzeichnung der ESL-Milch. Die tatsächliche Umsetzung muss nun regelmäßig überprüft werden. Auf den Verbraucherschutzministerkonferenzen wird darüber jeweils berichtet werden. Auch hier ist also die Entwicklung inzwischen weitergegangen. Aus diesen Gründen wird die SPD-Fraktion dem Antrag der Grünen nicht zustimmen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Entschuldigung ist angenommen. Ich hoffe, Sie üben noch ein bisschen bei den Namen. – Sehr geehrte Damen und Herren! Selten hat ein Rundschreiben so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, eine so breite inhaltliche Debatte ausgelöst, wie das Rundschreiben 9/2009 der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales.
Das mag an mindestens drei Dingen liegen: Erstens: Ca. 2 000 Menschen, ihre Angehörigen und in diesem Bereich Tätigen, sind vom Rundschreiben zur Einzelfallhilfe betroffen. Zweitens: Das Rundschreiben widmet sich einem Themenfeld, in dem alle Beteiligten durchaus Handlungsbedarf sehen. Die bisherigen Regelungen in den Bezirken sind nicht nur sehr unterschiedlich, sondern auch unklar, weshalb z. B. das Berliner Netzwerk Einzelfallhilfe das Bestreben des Senats nach einheitlicher und klarer Regelung begrüßte. Drittens muss eingeschätzt werden, dass die Erwartungen, die an eine berlinweite Regelung und damit an das Rundschreiben geknüpft waren, bisher nicht erfüllt wurden.
Möglicherweise war auch der Zeitpunkt für das Rundschreiben nicht optimal gewählt. Denn Voraussetzung für eine vernünftige Berliner Gesamtregelung ist eine Analyse und Bewertung der wissenschaftlichen Expertise „Trägermodell versus Honorarmodell“ des Instituts für soziale Gesundheit der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin durch den Senat; Frau Villbrandt wies bereits darauf hin.
Wie zu erfahren ist, wird der Senat bis Ende Februar 2010 den Bericht sowie vor allem seine Schlussfolgerungen zu dieser Expertise vorlegen und gemeinsam mit den Bezirken, mit der Liga und der Senatsverwaltung für Finanzen sowie der für das Arbeits- und Honorarrecht zuständigen Senatsverwaltung für Inneres eine Gesamtlösung erarbei
ten. Nicht nur finanzielle Fragen und die Begrenzung der Arbeitszeit, wie es der Antrag der CDU nahe legt, sollten hierbei eine Rolle spielen, sondern auch Fragen der Qualitätssicherung, wie sie der Antrag der Grünen benennt – was ich sehr unterstütze.
Welcher Überarbeitungs- bzw. Klarstellungsbedarf zeichnet sich bereits jetzt ab? – Das Rundschreiben regelt nicht die Leistungen der Einzelfallhilfe, die im Wege des Trägermodells gewährt werden. Die Frage des zukünftigen Verhältnisses von Honorarmodell und Trägermodell stellt sich jedoch und muss beantwortet werden. Übrigens, ca. 82 Prozent der Beschäftigten beim sogenannten Trägermodell sind ebenfalls Honorarkräfte, sodass die gewählten Begrifflichkeiten nicht stimmig sind. Renten- und andere versicherungsrechtliche Fragestellungen ergeben sich hier wie dort.
Eine angemessene Erhöhung der Honorare für die sehr anspruchsvolle Tätigkeit des Einzelfallhelfers sowie deren einheitliche, transparente und fachlich nachvollziehbare Differenzierung nach Qualifikation und Schweregrad der Problematik des Klienten ist geboten. Frau Villbrandt wies bereits auf die Problematik hin. Die strenge Interpretation bezüglich einer wirtschaftlichen Abhängigkeit, also die 18-Stunden-Regelung, sollte rückgängig gemacht werden. Eine Prüfung, ob die getrennte Steuerung von ambulanter Gemeindepsychiatrie und Einzelfallhilfe, also von zwei Sachverhalten, die sachlich und rechtlich derart eng beieinander liegen, beibehalten werden soll, ist notwendig.
Einig sind sich wahrscheinlich alle Fraktionen darin, dass im Ergebnis der Überarbeitung die Vielfalt der Formen der Einzelfallhilfe erhalten und außerdem auskömmlich finanziert wird. Mir liegt besonders am Herzen, dass die Menschen, die diese Hilfe brauchen, diese auch zukünftig in hoher Qualität erhalten. – In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist wieder November, und wie schon so oft im November steht das Ladenöffnungsgesetz zur Debatte. Im Plenum vor drei Jahren, am 9. November 2006, begingen wir an dieser Stelle gemeinsam das 50. Jubiläum des Ladenschlussgesetzes, das im November 1956 in Kraft getreten war, und wir beschlossen das erste Berliner Ladenöffnungsgesetz.
Gerne erinnere ich daran, dass vor der Einführung des Ladenöffnungsgesetzes bundesweit eine restriktive Schließzeit galt und die Geschäft werktags z. B. um 18.30 Uhr schließen mussten. Wir in Berlin haben unver
züglich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein Ladenöffnungsgesetz zu erlassen und damit weitergehende Möglichkeiten für den Einkauf in Berlin zu schaffen. Die Interessen aller Beteiligten wurden dabei berücksichtigt – die der Menschen, die in dieser Stadt leben, der Beschäftigten im Einzelhandel, der Touristen, die diese Stadt besuchen und die Interessen der Händler selbst.
Es ist in Berlin derzeit möglich, von Montag 00 Uhr bis Samstag 24 Uhr ununterbrochen Ladengeschäfte aller Art zu öffnen. Wir können beobachten, dass diese Möglichkeit kaum genutzt wird. Gleichzeitig kann jeder von uns Orte benennen, an denen die Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes zur nicht erlaubten Sonntagsöffnung aufgeweicht wurden – beispielhaft möchte ich Sonntagsöffnungen von Ladengeschäften am Ostbahnhof, Hauptbahnhof, Innsbrucker Platz und am Bahnhof Lichtenberg erwähnen.
Gegen die gesetzlich bereits vereinbarten Ausnahmemöglichkeiten zum Sonntagsverkauf, über den der vorliegende FDP-Antrag nochmals hinausgeht, klagen die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und das Erzbistum Berlin vor dem Bundesverfassungsgericht; die Entscheidung wird für den 1. Dezember erwartet. Das Bundesverfassungsgericht steht vor einem Grundsatzurteil zum Schutz des Sonntags. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier beschrieb dies so, es gehe in dem Verfahren um die verfassungsrechtlichen Grenzen der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen. Genau in dieser Situation legt die FDP ihren Antrag vor. Der Antrag liest sich, als wüsste die FDP bereits, wie das Verfassungsgericht urteilen wird – anders lässt sich der Wunsch nach einer Öffnung von Verkaufsstellen auf allen Fernverkehrsbahnhöfen an allen Sonntagen nicht erklären. Ungeduld und einseitiges Vorpreschen helfen jetzt nicht. Nötig ist ein Vorgehen mit Augenmaß, sinnvoll ist ein Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen. Dazu gehören auch die Interessen der Beschäftigten des Einzelhandels.
Schon bei der Beschlussfassung des Gesetzes in der heute geltenden Form hat die SPD-Fraktion einen Abwägungsprozess zwischen dem geltenden Verfassungsrecht mit dem besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage und dem weitgehenden Interesse des Einzelhandels und der Einkaufswünsche der Berliner und unserer Gäste treffen müssen. Entgegen der Behauptung der FDP – und Herr Thiel ist da gerade in Schwierigkeiten geraten – darf auch auf den meisten Bahnhöfen wie z. B. in Leipzig, Frankfurt, München, Köln, Dortmund, Stuttgart, Düsseldorf und weiteren deutschen Großstädten an Sonn- und Feiertagen nur Reisebedarf verkauft werden.
In diesem Sinne plädiere ich dafür, die Erweiterung des Ladenöffnungsgesetzes gründlich und mit Augenmaß zu prüfen. Das heißt, dass erstens zunächst das Urteil des Verfassungsgerichts abgewartet werden muss, zweitens müssen wir die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Einzelhandel berücksichtigen und drit
drittens brauchen wir einen sachkundigeren Umgang mit einer möglichen Gesetzesnovelle als es die FDP mit ihrem Antrag uns vorgelegt hat. Dies kündige ich hiermit für die SPD-Fraktion an.
Ich frage die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Frau Dr. Knake-Werner: Welches Verfahren wählt der Senat für die Stellennachbesetzung des Landesbehindertenbeauftragten?
Wie stellt der Senat sicher, dass in diesem Verfahren die Bewerbungen von Frauen und Menschen mit Behinderungen gefördert werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schäfer! Ich habe noch einmal die Anträge herausgesucht. Von dem sicher sehr interessanten Gutscheinsystem ist weder im Antrag der Fraktion der Grünen noch in dem mithilfe der Grünen im Hauptausschuss beschlossenen Antrag die Rede. Nichtsdestotrotz ist es eine interessante Idee. Wir sollten aber zu den vorliegenden Anträgen reden bzw. das vorlegen, worüber wir sprechen wollen.
Die Finanzkrise hat uns heute bereits im Plenum beschäftigt. Vielfältige Fragen und Probleme, die sich aus ihr ergeben, wurden angesprochen, andere noch nicht. Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise auf die Wirtschaft? Was bedeutet sie für die Arbeitslosenzahlen in Berlin? Welche Auswirkungen hat die Finanzkrise auf private Spareinlagen und Guthaben der Verbraucherinnen und Verbraucher bei deutschen und internationalen Banken?
Wir dürfen nicht vergessen, dass die Finanzkrise kein Berliner Problem ist, und so ist auch der derzeitige Beratungsbedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher kein hausgemachtes Berliner Problem. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Landesverbände haben in den letzten Wochen umfangreiche Informationen zur Auswirkung der Finanzkrise ins Internet gestellt. Diejenigen, die keinen Internetzugang haben, können sich kostenlos ein fünfseitiges Informationsblatt bei der Verbraucherzentrale abholen oder es sich gegen die Einsendung eines mit 90 Cent frankierten Rückumschlags per Post zusenden lassen.
Daneben gibt es persönliche und telefonische Beratungen und auch solche per Mail.
Es ist klar, dass nicht auf alle Nachfragen in kürzester Zeit geantwortet werden konnte. Deshalb gibt es Überlegungen, die Verbraucherzentralen über den nun vorliegenden Änderungsantrag zu unterstützen. Durch die unbürokratische und schnelle Vorberatung im Hauptausschuss sind schnelle Veränderungen möglich. Wir unterstützen diesen Änderungsantrag mit den Stimmen der Koalition und der Grünen. Die CDU hat sich enthalten. Der Antrag ermöglicht es – das hat mit der Finanzierungsstruktur der Verbraucherzentrale zu tun –, einen Teil von noch nicht verplanten Einnahmen – wie groß der ist, bestimmt nicht zuletzt die Verbraucherzentrale – für die verstärkte Beratung von Verbraucherinnen und Verbrauchern einzusetzen. Dass dies im Zusammenwirken von Senat und Verbraucherzentrale möglich gemacht wird, begrüßt die SPD-Fraktion sehr. Zudem soll geprüft werden – ich bin optimistisch, dass die Prüfung positiv beschieden wird –, ob und in welchem Umfang qualifiziertes Personal aus dem zentralen Stellenpool unterstützend zur Verfügung gestellt werden kann. Auch das ist eine positive Initiative.
Drittens: Banken und Sparkassen sollen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden, denn gerade sie haben zu den Problemen beigetragen, indem sie falsch beraten haben. – Darauf hat schon Herr Schäfer hingewiesen. – Im Sinn des Verursacherprinzips finde ich es folgerichtig, wenn der Senat nun Verhandlungen mit den Banken und Sparkassen führt, damit auch von dort ein Teil der Finanzierung der unabhängigen Beratung kommt.
Grundsätzlich dürfen wir nicht vergessen, dass all diese Maßnahmen die Auswirkungen der Finanzkrise bestenfalls lindern.
Neben den ergriffenen Sofortmaßnahmen ist es notwendig, die Nachfrageseite – die Verbraucherinnen und Verbraucher – stärker zu schützen. Dies bedeutet, dass neben der Stärkung der unabhängigen Verbraucherberatung der Anlegerschutz verstärkt, die Aufsicht optimiert und die Haftung der Anlageberater ausgeweitet werden. Neben klaren Produktinformationen über Risiken, Kosten
und Verfügbarkeit müssen Verjährungsfristen verlängert, die Beweisführung für die Anleger verbessert und die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Fall einer Falschberatung verbessert werden. Jetzt findet zwar eine Beratung statt, aber es ist derzeit für die Anleger sehr schwierig, ihren Schaden nachzuweisen. Auf diesem Gebiet bleibt eine Menge zu tun.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht nur die Franzosen wissen: Wer den Teig nicht knetet, wird kein gutes Brot essen.
Uns allen ist klar, auch wenn gut Ding Weile haben will, geschehen gute und wichtige Dinge fast nie im Selbstlauf. Wer vor zwanzig oder auch vor weniger Jahren Behinderung als Wechselverhältnis von behinderten und nicht behinderten Menschen ansah, galt als Exot. Behinderung nicht primär als Schädigung oder Funktionseinschränkung zu begreifen, sondern als Einschränkung der Teilhabe, ist inzwischen in zahlreiche Gesetzestexte eingeflossen, in das SGB IX, die Behindertengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, auch in das Landesgleichberechtigungsgesetz Berlins und nicht zuletzt jetzt in den Text der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen.
Bereits im Dezember 2006 hatte die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Konvention verabschiedet. Sie regelt unter anderem die Anforderungen, die behinderte Menschen im Rahmen eines Lebens, das selbstbestimmt und frei von Benachteiligungen ist, an ihr Heimatland richten können. Wichtige Bereiche der Konventionen wie Erziehung, Bildung und Lebensmöglichkeiten in der Kommune fallen dabei in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention am 30. März 2007 in New York hat sich die Bundesregierung verpflichtet, das Ratifizierungsverfahren einzuleiten, d. h. die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat einzuholen. Auf internationaler Ebene trat die Konvention vor ein paar Tagen, am 3. Mai, in Kraft. Voraussetzung dafür war die Ratifizierung durch mindestens 20 Staaten. Bis zum heutigen Tag haben 25 Staaten die Konvention ratifiziert. Deutschland gehört leider bisher nicht dazu, obwohl es bei der Erarbeitung und Verhandlung der Konvention eine führende Rolle gespielt hat.
Was erhoffen sich die Menschen mit Behinderung und ihre Verbände von der Ratifizierung? – Sie erhoffen sich
neue Impulse für die Verwirklichung einer umfassenden Gleichstellung und gesellschaftlichen Teilhabe besonders für die Bereiche Bildung, Arbeitsmarkt und Barrierefreiheit. Es gibt Widerstände gegen die Ratifizierung, selten ausgesprochen, oftmals bleiben sie unausgesprochen. Es ging und geht dabei nicht nur um Übersetzungsfragen. Nach einer ersten Arbeitsübersetzung wurde die offizielle Übersetzung der Konvention erst Anfang dieses Jahres vorgelegt und erntete nicht wenig Kritik der Betroffenen. Hinter Fragen der Wortwahl verbergen sich große inhaltliche Herausforderungen, denen sich die Politik stellen muss. Dies und andere Gründe führte zu einem Stocken des Ratifizierungsprozesses in Deutschland.
Um diesem neuen Schwung zu verleihen, starteten in vielen Bundesländern Unterstützungsaktionen. In mehreren Landesparlamenten, wie jetzt in Berlin, durch die Koalition initiiert, wurden entsprechende Anträge eingebracht. Selbstbestimmte Teilhabe am Leben der Gesellschaft ist ein Anliegen, das die Unterstützung aller im Parlament vertretenen Fraktionen braucht. Die schnelle Ratifizierung entspricht auch nicht den ersten hundert Metern des Weges zu diesem Ziel, denn auch im Bund und auch in Berlin gibt es bereits einen beträchtlichen gesetzlichen und sich im realen Handeln widerspiegelnden Vorlauf dazu, aber die Ratifizierung stellt doch unbestritten eine wesentliche neue Zwischenetappe und damit eine Vorbedingung für weitere Wegstrecken dar.
Auch außerhalb der Parlamente artikuliert sich der Wille zur Ratifizierung immer stärker. Die Verbände, Vereine, Organisationen der Behindertenhilfe, Menschen mit und ohne Behinderung schauen sehr genau hin und hören aufmerksam zu, wie die Frage der Ratifizierung in den Parlamenten und Parteien diskutiert wird. Sie beschränken sich nicht auf das Abwarten. Neben unzähligen anderen Aktionen, die am 5. Mai, dem europaweiten Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen unter dem Motto „Teilhabe jetzt – eine Gesellschaft für alle“ stattfanden, wurden und werden bis Anfang August Unterschriften für eine schnelle Ratifizierung gesammelt. Ihre Übergabe an die Bundesregierung ist für September geplant. Daneben gibt es vielfältige Aktionen, um auch die breite Bevölkerung mit den wichtigen Inhalten der Konventionen vertraut zu machen.
Damit sowohl Ratifizierung als auch Information und Gewinnung breiter Bevölkerungskreise gelingen können, ist die Einbeziehung von Betroffenen und ihrer Verbände dringend geboten. Auch dies ist Inhalt des vorliegenden Antrags, wenn man den Grundsatz von Menschen mit Behinderungen „nichts über uns ohne uns“ ernst nimmt, muss diese Einbeziehung tatsächlich stattfinden.
Möge dieses Haus dazu beitragen, existierende Widerstände schnellstens aus dem Weg zu räumen. Berlin kann und muss sich klar und deutlich positionieren, wenn es darum geht, dass Deutschland schnellstmöglich nachzieht und die Konventionen ratifiziert.
Ja, es ist mein letzter Satz. – Die Zustimmung aller Fraktionen für den vorliegenden Antrag wäre daher das richtige und außerdem ein sehr deutliches Signal. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sonderfahrdienst für Menschen mit Behinderungen ist ein ganz besonderes Thema. Der Kampf um eine hohe Qualität des Fahrdienstes zieht sich durch zahlreiche Debatten im Plenum und in den Ausschüssen. Zu Recht, denn der Sonderfahrdienst gibt Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, mobil zu sein und ohne Erklärungen und Rechtfertigungen, wie es in anderen Städten durchaus der Fall ist, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wegen dieses besonderen Nachteilausgleiches, den das Land Berlin leistet, ist das Funktionieren des Sonderfahrdienstes ein besonderes Anliegen aller hier im Parlament vertretenen Fraktionen und selbstverständlich auch des Senats.
Gerade deshalb konnte die Situation im Januar und Februar dieses Jahres niemanden zufriedenstellen. Die damals zu beobachtenden Probleme standen im engen Zusammenhang mit der im Jahr 2006 erfolgten und zum Jahreswechsel 2006/2007 abgeschlossenen Ausschreibung.
Es gab einige unerfreuliche Anlauf- und Umstellungsprobleme bei der Fahrtwunschannahme, bei der Fahrtenrealisierung und auch bei der Fahrtendurchführung. Diese fanden sich wieder in ausführlichen Diskussionen und Berichten im Hauptausschuss und im zuständigen Fachausschuss, in der Anhörung zum Sonderfahrdienst unter Beteiligung der Regie- und Fuhrunternehmen, in diversen Gesprächsrunden mit den Betroffenen, unter anderem im Fahrgastbeirat und andernorts.
Das klare Benennen der Probleme und die konkrete und offensive Auseinandersetzung mit ihnen trugen auch dazu bei, dass seit März 2007 eine deutliche Entspannung, ja eine Besserung der Situation eingetreten ist. Die Anzahl der Beförderungen ist erheblich gesteigert worden. Sie liegt derzeit bei ca. 480 Fahrten pro Tag. Ebenfalls gesteigert werden konnte die Anzahl der gemeinsamen Beförderungen mehrerer behinderter Nutzer, die sogenannten Einbindungen auf rund 10 Prozent.
Hier sei mir eine kleine Nebenbemerkung gestattet: Ich habe kurz gestutzt, als ich im Antrag von CDU, FDP und Grüne von der Einbindung unabhängiger Sachverständiger und Betroffener las.
Ich nehme an, es ging ihnen nicht um die gemeinsame Beförderung von Sachverständigen und Betroffenen, was allerdings zweifellos zu einer weiteren Steigerung der Einbindungsquote beitragen würde.
Die Zahl der Beschwerden, die beim Landesamt für Gesundheit und Soziales zentral bearbeitet wird, liegt derzeit bei einer Größenordnung von rund 1 Prozent, in absoluten Zahlen ausgedrückt, sind das für den Monat August 8 Beschwerden zur Fahrtenanmeldung und 2 Beschwerden zur Fahrrealisierung, und das bei über 14 000 Beförderungen. Dabei darf man sich auch einmal erinnern und positive Veränderungen feststellen: Im August 2006 gab es noch 248 Beschwerden. Vielleicht lassen diese Erkenntnisse etwas die Luft auf dem Antrag Drucksache 16/0822 heraus, der von einer anderen Situation auszugehen scheint. Bitte schauen Sie sich diesbezüglich noch einmal die aktuellen Zahlen an!
Herr Lehmann, Frau Villbrandt und Herr Hoffmann! Wie Sie wissen, bin auch ich bis zu einem gewissen Maß skeptisch gegenüber Erfolgsmeldungen, die nur auf der Zahl der erfassten Beschwerden beruhen. Deshalb freue ich mich, dass das Landesamt für Gesundheit und Soziales im August allen Nutzerinnen und Nutzern des Sonderfahrdienstes einen Fragebogen zukommen ließ, mit dem die Zufriedenheit mit Erreichbarkeit und Personal der Regiezentrale, mit dem Fahrpersonal und Fahrzeugstandard, mit dem Abrechnungsverfahren, dem Berechtigungsverfahren und dem Magnetkartensystem dezidiert abgefragt wurden. Außerdem gibt es im Fragebogen Raum für die Anregungen der Nutzerinnen und Nutzer, denn nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser gemacht werden könnte. Die Auswertung dieser Befragung sollte unbedingt in die Ausschussdiskussion der heute vorgelegten Anträge einfließen.
Zur Verbesserung der Situation haben sicherlich verschiedene Faktoren beigetragen: die Vergrößerung der Fahrzeugflotte auf nun 54 Fahrzeuge der vertraglich gebundenen Fuhrunternehmer, die Einbeziehung von ca. 60 Teletaxen als sogenanntes Überlaufventil, die Einrichtung einer automatischen Ansage bei der Telefonannahme und nicht zuletzt der Einsatz eines weiteren Disponenten in der Fahrtwunschannahme.
In ihrem Antrag Drucksache 16/0823 fordern die Fraktionen von CDU, Grünen und FDP, unter Einbeziehung des ÖPNV ein neues Konzept für die unterschiedlichen Nutzergruppen vorzulegen. Ein belastungsfähiges und effizientes Flottenmanagementsystem solle entwickelt und eingesetzt werden. Liebe verhinderte Flottenadmiräle Herr Lehmann, Frau Villbrandt und Herr Hoffmann!
Sie erinnern sich doch sicher noch daran, dass dieses Haus erst am 5. Juli 2007 mit der Drucksache 16/0580 beschlossen hat, den Senat aufzufordern, bis zum 31. Oktober 2007 ein umfassendes Mobilitätskonzept vorzulegen, das eben jene bessere Verzahnung zwischen Sonderfahrdienst und ÖPNV zum Inhalt hat, die Sie mit Ihrem An
trag nun fordern. Also, liebes Dreigestirn von CDU, FDP und Grünen, entweder kommen Sie mit Ihrem Antrag zu spät oder zu früh, denn das Mobilitätskonzept ist bereits in Arbeit. Hier kommen Sie also zu spät. Und im Ausschuss für Integration, Arbeit, Berufliche Bildung und Soziales wird es erst nach dem 31. Oktober 2007 beraten. Hier kommen Sie also zu früh und müssten sich noch ein wenig gedulden.
Letzter Satz: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir das Mobilitätskonzept und die vorliegenden Anträge im Ausschuss gemeinsam diskutieren. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie bewerten Sie die heute in Zeitungsberichten aufgestellte Behauptung, die Senatsverwaltung für Ge
sundheit, Umwelt und Verbraucherschutz habe mit Einführung eines neuen Kontrollsystems zur Überprüfung lebensmittelverarbeitender Betriebe Vertreter der Europäischen Kommission täuschen wollen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vattenfall hat angekündigt, zum 1. Juli 2007 die Strompreise um 6,5 Prozent zu erhöhen. Wenn man das, Herr
Schäfer, in Elefanten ausdrücken wollte, entspräche dies bei einem durchschnittlichen Gewicht eines Elefanten von ca. 3,5 Tonnen einem zusätzlichen Gewicht von immerhin 227 Kilogramm. Dies wiederum macht ca. das 25-Fache des Gewichts unseres Lieblingseisbären Knut aus.
Es geht also um eine bedeutende Größenordnung, um eine enorme Preissteigerung für die Berliner Verbraucherinnen und Verbraucher. Quasi zeitgleich mit der Preiserhöhung verkündete der Vorstandsvorsitzende von Vattenfall, Klaus Rauscher, die ganz erhebliche Gewinnsteigerungsrate für 2006 in Höhe von 29 Prozent. Man habe als Stromerzeuger von den gestiegenen Preisen der Leipziger Strombörse profitiert. Kommt Ihnen diese Argumentation bekannt vor? – Nur unter umgedrehten Vorzeichen! Vattenfall erhöht die Strompreise, weil eben jene Preise an der Strombörse steigen würden. Wer hält da wen für wie ahnungslos?
Die aktuelle Studie des Verbandes der industriellen Energie- und Kraftwerkswirtschaft zeigt, dass die Stromkonzerne offenbar ihre Kraftwerke niedriger auslasten, um die Preise an der Leipziger Strombörse auf hohem Niveau zu stabilisieren. Man geht davon aus, dass eine Vermarktung der als verfügbar gemeldeten aber nicht genutzten Kapazitäten den Preis in den Spitzenstunden um rund 30 Prozent senken könnte.
Wir hatten wahrscheinlich alle gehofft, dass Vattenfall nach der Berlin umschmeichelnden und kostenintensiven Werbekampagne anlässlich des Wechsel von Bewag zu Vattenfall eine andere Strategie für die Stadt verfolgen würde – wir wurden enttäuscht. Die FDP glaubt weiter an die Kraft des Marktes. Wenn diese aber nicht das gewünschte Ergebnis zeitigt, macht sie den Berliner Senat dafür verantwortlich.
Ihre Argumentation, Herr Gersch, bleibt mir ein Rätsel. Was kann der Berliner Senat gegen die Preiserhöhung von Vattenfall unternehmen? – Am 30. Juni endet die Preiskontrolle durch die staatliche Prüfstelle beim Senat. Dieser kann die neuen Preise nicht mehr überprüfen.
Genau in dieser Situation erfolgte die Strompreiserhöhung durch Vattenfall. Von Mitte des Jahres an ist das Bundeskartellamt für die Überwachung der Strompreise zuständig. Das Bundeskabinett hat außerdem vor einigen Tagen beschlossen, die Missbrauchsaufsicht über Gas- und Stromversorgungsunternehmen zu stärken. Demnach muss das Unternehmen nachweisen, dass seine Preise gerechtfertigt sind. Genau das erwarten die 1,8 Millionen Berliner Vattenfall-Kunden.
Zur Erinnerung: Bisher musste der Verbraucher nachweisen, dass die geforderten Preise überhöht sind. Ich halte dies für eine positive Neuregelung, von der auch die Vattenfall-Kunden in Berlin profitieren. Dies stärkt den Verbraucherschutz. Aber Vattenfall sollte sich überlegen, welchen Bärendienst es der gesamten Stromwirtschaft und dem von ihm immer eingeforderten Wettbewerb erweist, wenn es einen Großteil seiner Energie in kostengünstigen Braunkohlekraftwerken selbst produziert
und sich gleichzeitig gegen offene Bücher, gegen eine Offenlegung der Preiskalkulation wehrt. Von Verbraucherfreundlichkeit weit und breit keine Spur.
Vattenfall bietet zum 1. Juli bundesweit Strom an, mit der Zielvorstellung, zehntausend neue Kunden zu gewinnen. Welcher Kunde wechselt unter diesen Rahmenbedingungen freiwillig zu Vattenfall? Welche Optionen haben die Berlinerinnen und Berliner? – Ein Wechsel des Stromanbieters ist möglich, allerdings tun dies bisher nur wenige. Bisher verlor Vattenfall nur ca. 2 Prozent seiner Kunden an andere Anbieter. Das Verharren beim bisherigen Stromanbieter wird auch dadurch verstärkt, dass die Preisentwicklung bei den verschiedenen Anbietern aufgrund der häufigen Preisänderungen schwer zu beurteilen ist. Die Marktsituation, die nur sehr eingeschränkt existiert, ist für den Kunden nur schwer durchschaubar.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Lage im Stromsektor im Vergleich zum Gas insofern besser aussieht, als es für den Privatverbraucher tatsächlich die Möglichkeit gibt, den Stromversorger zu wechseln. Trotzdem findet ein echter Preiswettbewerb auch bei Strom nicht statt. Der unmittelbar nach der Liberalisierung einsetzende Wettbewerb mit Preissenkungen bis zu 40 Prozent im Industriebereich und gut 10 Prozent beim Haushaltsstrom ist versiegt. Die seinerzeit auf den Markt rückenden Überkapazitäten sind abgebaut. Der Kampf um die Marktanteile ist einem Stillhalten gewichen. So verwundert es nicht, dass die Wettbewerbsintensität insgesamt abgenommen hat und seit dem Jahr 2001 die Preise wieder steigen. Wie im Gasbereich wirken langfristige Lieferverträge der Endversorger wettbewerbsdämpfend und sind damit teilweise für die hohen Kosten verantwortlich. Diese Vertragspraxis beschäftigte die Gerichte bereits mehrfach. Ich habe die Erwartung, dass das Musterverfahren des Bundeskartellamtes auch im Strombereich Wirkung zeigt. Mit Bundeskartellrechtsnovelle und Maßnahmen zur Verbesserung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten und den Untersuchungen der Europäischen Kommission zum Zurückhalten von Produktionskapazitäten sehe ich Handlungsbedarf und Handlungsmöglichkeiten, vor allem auf Bundeseben und europäischer Ebene.
Das passt natürlich nicht in das klare und übersichtliche Weltbild der FDP-Fraktion, die – und darin ist die FDP wunderbar berechenbar – für alle Übel dieser Welt den rot-roten Senat verantwortlich macht.
Elefanten sind da – und damit komme ich zum Ende meiner Rede, Herr Dr. Lindner – wesentlich flexibler.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was kann, was muss man zu dieser Drucksache zum „Gammelfleischskandal“ – so genannt in der Drucksache der Grünen – noch sagen? Werfen wir mithilfe des Internets gemeinsam einen Blick auf die neusten Entwicklungen! Da zeigt die Homepage der Bündnisgrünen-Fraktion unter dem Thema „Umwelt und Verbraucherschutz“ als Haupt- und Startmeldung spektakulär „Kofi Annan kritisiert Wowereit“ – allerdings, Sie ahnen es, nicht wegen des „Gammelfleisch“-Skandals. Und Kofi Annan kritisiert auch nicht Klaus Wowereit, sondern er beklagt allgemein das unzureichende Engagement vieler Politiker in Sachen
Klimaschutz. Aber egal! So genau nehmen es die Grünen nicht!
CDU und FDP sehen einen enormen Handlungsbedarf seitens der Senatsverwaltung. Sie verzichten aber vorsichtshalber auf einen eigenen Antrag. Auf der Homepage der FDP-Fraktion findet man zum Thema „Gesundheit und Verbraucherschutz“ einen einzigen Beitrag, und zwar einen überaus spannenden des Abgeordneten Lehmann zum Thema „Mensch und Hund in Berlin“
allerdings vom Juli 2005. Herr Mario Czaja kommt auf der Homepage der CDU-Fraktion dem Thema schon näher, indem er von einem Kommunikationsdesaster redet und Aufklärung fordert.
Genau diese geforderte Aufklärung ist inzwischen erfolgt. Ein Bericht zum chronologischen Ablauf der Geschehnisse wurde am 14. Dezember vorgelegt.
Es gab eine öffentliche Anhörung. Der Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz widmete sich am 18. Dezember 2006 und am 22. Januar 2007 ausführlich dieser Problematik. Parallel zu all dem schrieb der fleißige Herr Schäfer von den Grünen 23 Fragen auf, die die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz nicht minder fleißig beantwortete.
Die Presseberichterstattung hat inzwischen einen neuen Schuldigen entdeckt – die Kosten- und Leistungsrechnung. Sie sei schuld daran, dass bei den Kontrollen Quantität vor Qualität gehe. Hoffentlich wissen wir alle, wovon wir reden.
Die Hauptleistung der Produktgruppe Lebensmittelüberwachung ist in zwei Produkten abgebildet, erstens in der Kontrollmaßnahme im Rahmen der Lebensmittelaufsicht – das ist das Produkt 790 95 – und zweitens in der Entnahme und Analyse der Lebensmittelprobe – Produkt 790 93. Bei beiden Produkten erfolgt die Zählung über die Anzahl der Maßnahmen bzw. der Proben, aber in der Kosten- und Leistungsrechnung sind die durchschnittlichen Kosten pro Probe bzw. pro Maßnahme dargestellt. Dies ist unbedenklich, da die Rechnungslegung zum Beispiel für die Lebensmittelproben seitens des ILAT auf einer Mischkalkulation beruht.
Gehen wir einen Moment davon aus, dass das Problem tatsächlich die Produktdefinition sei, wie es einer der Hauptkronzeugen,
ein leitender Mitarbeiter eines Bezirksamtes im Ausschuss für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
und auch gegenüber der Presse ausführlich darstellte. Dazu sei Folgendes bemerkt: Für die Produktüberarbeitung ist zwischen dem Rat der Bürgermeister und der Senatsverwaltung für Finanzen ein Produktänderungsverfahren abgestimmt worden. Der grobe Ablauf lautet wie folgt: Die Produktmentorengruppe, sie hat derzeit sechs Mitglieder, alle sechs sind Vertreter der Bezirksämter, erarbeiten einen Vorschlag. Dieser Vorschlag wird nach Abstimmung in der Produktkonferenz der Senatsfinanzverwaltung vorgelegt und muss dann vom Rat der Bürgermeister endgültig beschlossen werden. Nun dürfen wir raten, wer der Leiter der Mentorengruppe ist. Es ist jener bereits erwähnte Kronzeuge. Hier sind wir wieder beim Thema „mangelnde Kommunikation“: Die vorgetragene Kritik ist bislang im Rahmen des Produktänderungsverfahrens nicht geäußert worden und daher seitens der Senatsverwaltung für Finanzen nicht nachvollziehbar.
Neben der Umsetzung der bundeseinheitlich und auch in Berlin laufenden Maßnahmen zu Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit wurden inzwischen seitens der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz folgende Maßnahmen ergriffen: In der zuständigen Senatsverwaltung wurde eine Stabsstelle Verbraucherschutz eingerichtet. Die organisatorischen Abläufe wurden durchleuchtet, gestrafft und verbessert. Es wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Senatsverwaltung, der VetLeb und des ILAT gegründet. Diese hat bereits im Dezember und am 17. Januar getagt. Sie wird bis Anfang März ein Memorandum zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit vorlegen. Wichtige Weichenstellungen wurden bereits getroffen, so auch die Definition des Begriffs „besonderes Vorkommnis“.
Unerlässlich ist ebenfalls eine schnelle und unkomplizierte Nachbesetzung der Altersteilzeitabgänge bei den amtlichen Tierärzten und Lebensmittelkontrolleuren.
Alle diese wichtigen Schritte entbinden aber die Wirtschaft nicht davon, die Eigenkontrollen zu verbessern. Die SPD-Fraktion wird die weitere Verbesserung des Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit konstruktiv und nicht skandalisierend begleiten und lehnt deshalb den Antrag der Fraktion der Grünen ab.
Meine Damen und Herren! Herr Schäfer! Sie mögen sich für sehr wichtig halten.
Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, empfehle ich Ihnen, meine Rede im Wortprotokoll nachzulesen. Im Zusammenhang mit Kofi Annan habe ich Ihren Namen nicht erwähnt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anzahl der in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung, Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln und Futtermitteln ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Diese kriminelle Machenschaften, die Umetikettierung und der Handel mit verdorbenem Fleisch sind ein Skandal. Sie sind der eigentliche Skandal.
Diese Machenschaften haben die Verbraucherinnen und Verbraucher überall in Deutschland verunsichert und das Vertrauen in die Sicherheit der Lebensmittel erschüttert. Bestehende Gesetze und Überwachungsmechanismen erscheinen bisweilen zahnlos, weil strafrechtliche Konsequenzen für die Verursacher ausbleiben bzw. wenig abschreckend sind.
Vielleicht können Sie noch einen Moment zuhören. Das wäre sehr freundlich. –
Die Kontrollen funktionieren, wie die Zahl der aufgedeckten Fälle im Jahr 2005 deutschlandweit zeigt.
Sie war höher als in den vergangenen zehn Jahren zusammen. Aber reichen diese Kontrollen aus? – Jetzt erreicht die negative Entwicklung auch Berlin. 95 Tonnen belastetes Putenfleisch wurden durch das Zusammenwirken von LKA und Veterinär- und Lebensmittelaufsicht am 21. September 2006 gefunden und beschlagnahmt. Die zuständigen Fachreferate wurden im weiteren Verlauf unterrichtet, die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung wurden ergriffen, und die Daten wurden ordnungsgemäß an die Koordinierungsstelle des Bundes zur Weiterleitung an das Schnellwarnsystem der EU sowie an die für die Lebensmittelüberwachung zuständige Landesbehörde in Brandenburg weitergegeben.
Die zuständige Senatorin wurde jedoch nicht informiert. Das ist absolut nicht zufriedenstellend. Eine rechtzeitige und umfassende Information der Verbraucherinnen und Verbraucher war durch diese Panne nicht möglich.
Das Berliner Landesgesetz zur Information der Verbraucherinnen und Verbraucher im Lebensmittelverkehr aus dem Jahr 2003 sieht diese Information nicht nur bei gesundheitlichen Gefährdungen, sondern auch dann vor, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher einen Bedarf an Aufklärung haben.
Aus dem aktuellen Berliner Gammelfleischfall müssen unverzüglich Konsequenzen gezogen werden. An erster Stelle steht dabei eine umfassende und schnelle Aufklärung der Vorgänge. Die zuständigen Senatsverwaltungen haben sofort nach Bekanntwerden damit begonnen. Die Koalitionsparteien forderten ebenso wie einzelne Abgeordnete von CDU und Grünen eine schnellstmögliche Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz. Diese wäre am Vormittag des heutigen Tages möglich gewesen.
Frau Kubala von den Grünen, die Ausschussvorsitzende, setzte sich jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen über die Ausschussmehrheit und die bestehende Geschäftsordnung hinweg, die unter § 25, Abs. 3 vorsieht:
Vielleicht hören Sie mal einen Moment zu! –
Die Einberufung muss unverzüglich erfolgen, wenn ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder es schriftlich unter Angabe der Tagesordnung bei dem Vorsitzenden beantragt.
Frau Kubala setzte sich darüber hinweg und lud den Ausschuss statt zum heutigen Donnerstag erst zum nächsten Montag – vier Tage später – ein. Wie eilig haben Sie es mit der Aufklärung der Vorgänge?
Auf der heutigen, von SPD und Linksfraktion veranstalteten öffentlichen Anhörung wurde von den Senatorinnen Knake-Werner und Lompscher detailliert zu zeitlichen Abläufen im Berliner Gammelfleischfall und zu Konsequenzen aus der Informationspanne Stellung genommen.
Hier ist Ihnen, Frau Kubala und den Fraktionen von Grünen, FDP und CDU insgesamt, einiges Interessantes entgangen.
Notwendig und angekündigt sind Konsequenzen struktureller Art. Es muss sichergestellt werden, dass zukünftig über besondere Vorkommnisse dieser Art sofort die zuständige Senatorin informiert wird. Die angekündigte Schaffung eines Referats Verbraucherpolitik ist hierfür ein Anfang. Wir erwarten eine schnelle Umsetzung.
Nein! Ich möchte bitte weitersprechen.
Herr Lindner! Vielen Dank, dass Sie Ihrem Ruf heute wieder so gerecht werden!
Die Abläufe müssen gestrafft, Verbraucher schneller informiert und verantwortungsbewusste Produzenten und Händler gestärkt werden.
Dazu ist es ebenfalls unabdingbar, das Bundesgesetz zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation in überarbeiteter und verfassungskonformer Weise doch noch auf den Weg zu bringen. Dieses sieht vor, einen entscheidenden Passus im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetz aufzuheben. Da hatte Herr Czaja vorhin aus dem falschen Gesetz zitiert. Im Berliner Landesgesetz ist es tatsächlich so, wie Sie es vorgelesen haben, aber im Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch ist es gemäß § 40 Absatz 4 zurzeit verboten, die Öffentlichkeit zu informieren, wenn das Erzeugnis nicht mehr in den Verkehr gelangt bzw. wenn es bereits verbraucht ist. Das finden wir sicher alle nicht gut. Deshalb ist mit dem neuen Bundesgesetz die Initiative unternommen worden, den Passus aufzuheben.
Dieser Passus fördert das Misstrauen. Er schützt die schwarzen Schafe in der Branche und gehört deshalb abgeschafft.
Verbraucherschutz kann nur erfolgreich sein, wenn die Lebensmittelüberwachung nicht nur verstärkt wird, sondern die Untersuchungsergebnisse auch veröffentlicht werden, beispielsweise im Internet.
Für einen funktionierenden Verbraucherschutz und eine umfassende Verbraucherinformation sind unsere gemeinsamen Anstrengungen im Land Berlin, aber auch im Bund notwendig. Daran sollten alle Fraktionen konstruktiv mitwirken.