Protokoll der Sitzung vom 24.05.2007

[Beifall bei der FDP]

und zwar unabhängig davon, wie gut man sie umsetzt. Da können Sie jetzt, liebe Grüne, an den Details noch nachschrauben, wie Sie wollen – das wird einfach nichts mehr. Der Rechnungshof sagt das auch.

Obendrein ist – da haben die Grünen vollkommen recht – die Umsetzung durch den Senat absolut dilettantisch.

[Beifall von Felicitas Kubala (Grüne)]

Sie steuern, Herr Hoff, sehend in ein Chaos in Bezirken hinein, wenn es keine konkreten Vorgaben gibt. Es wird so sein: Es wird massenweise Ausnahmen geben. Es wird in jedem Bezirk anders sein. Das ist ungerecht. Und den Bezirken fehlen auch die Ressourcen, es überhaupt zu handhaben. Ich würde den Grünen empfehlen, das in ihren Antrag zu schreiben. Die Ressourcen müssen zur Verfügung gestellt werden.

[Felicitas Kubala (Grüne): Bravo!]

Unsinnig aber wie die ganze Umweltzone ist auch der Antrag und der auch von Herrn Buchholz vertretene Ansatz mit den Krediten und der Subventionierung. Ja, den wirtschaftlichen Schaden und die Jobvernichtung bei den kleinen Gewerbetreibenden wird es tatsächlich geben. Aber mit Ihrem Ansatz werden Sie keine Lösung dabei erreichen. Den Handwerkern wird so nicht geholfen. Wer kein Geld hat, wird sich auch mit ein bisschen Förderung mehr nicht ein neues Auto kaufen, und schon gar nicht wird er irgendwelche Kredite aufnehmen, von denen er nicht weiß, wann er sie je zurückzahlen soll.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Die letzte Forderung im Antrag der Grünen zeigt den ganzen Unsinn der Umweltzone, nämlich die Forderung nach intensiver Öffentlichkeitsarbeit. Keiner weiß, wie das Ding funktioniert, keiner weiß, wer da hinein darf und wer nicht. Die Antwort von Ihnen ist, eine Belehrungsmaschine anzuwerfen, damit der ganze Unsinn den Bürgern noch viel intensiver und besser erklärt wird. Dadurch wird es nicht sinnvoller werden.

[Beifall bei der FDP]

Alles in allem: Sie versuchen, eine Sache irgendwie noch hinzubiegen, die von Anfang an nicht funktionieren wird und die dann – da haben Sie recht – der Senat noch zusätzlich verbockt hat. Was wir wirklich brauchen, sind bessere und wirksamere Maßnahmen, um endlich mal die Feinstaubbelastung für die Bürger zu senken: Begrünung in der Innenstadt, Rausnehmen des Schwerlastverkehrs, Maßnahmen, die direkt an den Grenzen außerhalb Berlins an den Quellen angreifen – darauf sollten wir uns gemeinsam konzentrieren und dann schnell etwas für die Innenstadtbewohner erreichen. Mit diesem Antrag kommen wir dabei nicht weiter. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Daniel Buchholz (SPD): 2010!]

Vielen Dank! – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Die Ausschussüberweisung hatte ich bereits bestätigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 4 e:

a) Antrag

Bioabfallentsorgung ökologisch optimieren!

Antrag der FDP Drs 16/0533

b) Antrag

Ökopotenzial des Bioabfalls endlich nutzen

Antrag der Grünen Drs 16/0543

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der FDP. Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im fliegenden Wechsel zum nächsten Umwelttagesordnungspunkt. – Der Senat setzt sich mit großer öffentlicher Geste für die flächendeckende Einführung der Biotonne ein, die Grünen in ihrem Antrag auch. Ich will gar nicht davon reden, dass die Biotonne eine ziemlich teure Angelegenheit ist. Das erwarten Sie von der FDP, dass wir viel mehr über Wirtschaftlichkeit reden. Sie kennen ja auch die Kosten von 13,6 Millionen € pro Jahr, die der Rechnungshof für die Biotonne nachgewiesen hat.

Für uns als FDP ist es aber besonders wichtig, dass die Biotonne auch ökologisch optimiert wird, dass sie tatsächliche Umweltvorteile hat. Genau das ist bei der flächendeckenden Einführung ausgesprochen zweifelhaft. Auch wenn das manche im Hause vielleicht anders fühlen mögen, die Ökobilanz sagt sehr klar: Es gibt viele Fälle, in denen die Biotonne keinen signifikanten Vorteil hat. Der Senat selbst hat Ökobilanzen erstellen lassen und uns zur Kenntnis gegeben, die sagen: Die Biotonne ist in der Innenstadt der Entsorgung in der grauen Restmülltonne gleichwertig. Das heißt, wenn Sie Ihren Biomüll in die graue Tonne schmeißen, sind Sie ökologisch genauso gut wie jemand, der das in die Biotonne tut – sagt die Ökobilanz des Senats. Das gilt für die Innenstadt.

Wie sieht das denn erst in den Außenbezirken aus, wo Sie viel längere Strecken haben, wo Sie Sammelfahrzeuge haben, die unglaubliche Emissionen erzeugen, und wo Sie die Eigenkompostierung in den Vorgärten verdrängen? Das ist nicht nur wirtschaftlich sinnlos, sondern es ist auch nachteilig für die Umwelt.

[Beifall bei der FDP]

Wenn der Bioabfall dann eingesammelt ist, kommt gleich das nächste Problem: Wohin damit? – Da gilt: Große Kompostieranlagen haben in vielen Landkreisen erhebliche Probleme, weil der Müll häufig chemisch verseucht ist. Das bedeutet, sie können den Kompost überhaupt nicht ausbringen. Der Boden wird dadurch vergiftet. Bodenschutz ist ein genauso wichtiger Teil des Umweltschutzes, den wir nicht unter die Räder kommen lassen können.

Wenn also schon sammeln, gibt es aus Sicht der FDP nur eine vernünftige Lösung, und die heißt: Biogas daraus machen. Da haben Grünen-Kolleginnen und -Kollegen vollkommen recht. Interessanterweise hat das Abgeordnetenhaus das auch schon so gesehen und sogar beschlossen. Wenn ich zitieren darf, es gibt einen Beschluss, der sagt:

Zur hochwertigen Verwertung der getrennt erfassten Bioabfälle ist zu prüfen, wie bis Ende 2008 sichergestellt werden kann, dass die Behandlung der Abfälle nur noch in Anlagen nach dem Stand der Technik und mit Energienutzung (Biogas) erfolgt.

Das Abgeordnetenhaus hat also dem Senat gesagt: ganz klar 100 Prozent energetische Umwandlung, und auch klare Termine gesetzt.

Interessanterweise fallen die Grünen weit hinter diese Beschlusslage des Abgeordnetenhauses zurück. Denn bei Ihnen im Antrag stehen immer noch diese großen Kompostieranlagen, von denen wir wissen, dass sie ökologisch nicht sehr vorteilhaft sind. Bezüglich des Prüfungsauftrags haben wir vom Senat aber leider nichts mehr gehört. Es steht übrigens auch im Bericht des Rechnungshofs, dass er sich wundert, dass der Senat seiner Berichtspflicht nicht nachgekommen ist. Der Senat hat weder über die Ergebnisse der Prüfung berichtet noch konkrete Maßnah

men vorgeschlagen, wie tatsächlich dieser Termin eingehalten werden kann.

Weil das so ist, sagt unser Antrag zwei Dinge. Erstens: Die Biotonne ist nur dort einzuführen, wo sie tatsächlich einen Umweltvorteil bietet. Das ist meiner Meinung nach nicht zu viel verlangt. Das Zweite ist: Wenn schon Bioabfall, dann hundertprozentige energetische Verwertung.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Hier muss der Senat endlich dem Auftrag des Abgeordnetenhauses gerecht werden und seiner ökologischen Verantwortung genügen.

Wenn Sie alle die Bioabfallentsorgung wirklich optimieren wollen, dann stimmen Sie unserem Antrag zu. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Buchholz.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Lindner, Sie wedeln mit Ihrer grünen Krawatte. Sie haben recht, ich muss doch immer auf Sie Bezug nehmen, weil Sie immer hier vorne sitzen, etwas sagen oder etwas tun. Tut mir leid zum Beginn. – In diesem Fall bei diesem Antrag gibt es tatsächlich einen sehr großen Konsens, das meine ich jetzt ganz ernst. Es geht darum, dass wir alle, alle fünf Fraktionen im Parlament, der Meinung sind, die Bioabfallsammlung kann ökologisch optimiert werden, und sie muss ökologisch optimiert werden. Dafür gibt es von allen Applaus – das denke ich mal, auch wenn jetzt keiner klatscht. Aber gut, das ist Schicksal.

[Beifall bei der FDP, der SPD und der Linksfraktion – Dr. Martin Lindner (FDP): Wir dürfen sitzen bleiben, ja?]

Sie dürfen sitzen bleiben. – Da sind wir uns völlig einig, Herr Schmidt. Sie haben eben aus einem Antrag der rotroten Koalition zitiert, was uns natürlich ehrt. Sie sehen, wir waren da ein bisschen früher als Sie so weit, dass wir das dem Senat vorgeschlagen haben. Ich sage Ihnen auch ganz klar: Wir erwarten vom Senat und auch von der BSR, dass das jetzt zügigst umgesetzt wird. Das ist eine Forderung, die auf dem Tisch liegt. Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass endlich auch der Berliner Bioabfall in moderne Vergärungsanlagen kommt. In diesen modernen geschlossenen Vergärungsanlagen wird dann zum einen Kompost hergestellt, zum anderen wird Biogas gewonnen. Das wiederum kann man in eine KraftWärme-Kopplung geben, daraus Strom gewinnen, nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sogar noch Geld dafür einnehmen oder es ins Erdgasnetz geben, wenn es gereinigt ist. Also da ist ein geschlossener Biokreislauf, der aufgemacht werden muss. Da gibt es einen großen Konsens. Ich denke, erwarte und hoffe, dass das entsprechend

umgesetzt wird, dass die BSR zügig solche Vergärungsanlagen schafft und dann endlich der geschlossene Kreislauf für den Biomüll in Berlin existiert. Das ist unstrittig, das brauchen wir nicht noch einmal extra zu beschließen.

[Michael Schäfer (Grüne): Machen!]

Wo wir, glaube ich, auch einen Konsens haben, ist: Wir alle wollen, dass so viel Bioabfall wie möglich getrennt gesammelt wird. Das hat auch Herr Schmidt eben gesagt, was nicht selbstverständlich für die FDP ist. Es freut mich sehr, dass Sie das inzwischen erkannt haben. Bei Ihrem Vorgänger in der letzten Legislaturperiode war das ganz anders. Da waren das immer irgendwelche Spinnereien, wenn wir überhaupt das Wort Bio in den Mund genommen haben. Das hat sich glücklicherweise ein bisschen gewandelt, auch wenn Sie noch nicht so weit sind wie die anderen Parteien, aber das kann ja über die Jahre noch werden. Ich habe noch ein bisschen Hoffnung für Sie. Der Konsens ist da, mehr getrennt zu sammeln. Das heißt eben auch, wo immer es möglich ist, die getrennte Bioabfallsammlung auszuweiten. Das heißt nicht: Sie nehmen dann immer gleich die Wörter Zwangsbiotonne und Zwangsbeglückung in den Mund – das ist gar nicht die Frage dabei. Wenn Sie sich die Berliner Straßenkarte anschauen und die kiezweise auswerten – wie viel Biomüll wird dort pro Kopf gesammelt –, Herr Schmidt, was erwarten Sie, wo am meisten pro Kopf gesammelt wird?

Wahrscheinlich nach Ihrer Interpretation irgendwo in den Innenstadtbezirken! Das ist leider nicht richtig. Es sind drei Kieze, wo am meisten Biomüll gesammelt wird. Platz 1 und 2 belegen Frohnau und Konradshöhe. Diese Gebiete sind nicht für ihre Hochhäuser bekannt. Eindeutig Außenbezirk! Da sieht man, es geht darum, zu optimieren. Es geht auch in den Außenbezirken. Man muss den politischen Willen haben, und die BSR muss dafür vernünftig werben. Das ist in den letzten Jahren unterblieben. Das ist zu kritisieren und zu ändern, denn die Biotonne ist ein Ansatz für eine gute Klimaschutztonne.

[Michael Schäfer (Grüne): Bei Ihnen ist der Klimaschutz in der Tonne!]

Ich habe da mal diesen Spruch: Auch Knut findet die neue Biotonne gut. – Das muss man einfach durchsetzen, den Leuten auch klarmachen: Es geht darum, diesen Biokreislauf zu schließen. Da sind wir, glaube ich, alle im Konsens. Das können wir dann auch endlich so machen und bekommen von denen, die es umsetzen müssen. Da gibt es an der Stelle gar nichts zu vertun. Wir brauchen keinen Flickenteppich bei der Biomüllsammlung, sondern wir brauchen sie – so weit es geht – flächendeckend. Die Eigenkompostierer will niemand vertreiben. Das haben wir auch nie gefordert. Wenn Sie Zeitung gelesen haben, finden Sie das nirgends. Es geht darum, die Akzeptanz zu schaffen. Da kann die BSR mehr tun. Wenn man seinen Biomüll getrennt sammelt, muss er nicht in eine extra Tonne, man kann ihn in Zeitungspapier tun und beim nächsten Mal, wenn man das Haus verlässt, in die braune Tonne werfen. Stinkt nicht, gammelt nicht zu Hause, wunderbar! Es passiert auch nichts in der Küche damit. Dann vergärt es nicht zu Hause, sondern es geht erst in

der Biotonne los. Man kann die Biotonne durch Filterdeckel und andere Systeme attraktiver machen.

[Zurufe von den Grünen]

Ja, Frau Kubala, die kosten – das wissen Sie auch – mehrere Millionen Euro, wenn man die flächendeckend einführt. Ich persönlich finde die Idee sympathisch. Aber dass man das durchrechnen muss, da sind Sie, glaube ich, auch bei uns.

[Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]