Protokoll der Sitzung vom 13.09.2007

Wir stehen aber auch für einen Effizienzgewinn in der Bewirtschaftung dieser Bestände. Sie werden also in diesem Haushalt vergeblich Gewinne aus dem Verkauf von Wohnungen suchen, dafür aber 1 Million € an Dividendenausschüttungen landeseigener Wohnungsunternehmen finden.

Es ist auch der erste Haushalt ohne die Bank. 2007 verbuchen wir 4,6 Milliarden €. Selbstverständlich werden diese haushaltsrechtlich ordentlich in Form einer Rücklage nach § 62 Landeshaushaltsordnung für die Risiken der Bank beiseitegepackt.

[Zuruf von Ramona Pop (Grüne)]

Damit kündige ich zugleich an, dass wir dem Gesetzesentwurf – lieber Herr Goetze, weil Sie wieder im Raum sind – der CDU-Fraktion zur Einrichtung eines Sondervermögens nicht zustimmen werden, nicht weil dies technisch kein gangbarer Weg wäre, sondern weil wir der festen Auffassung sind, dass es keinen transparenteren und direkteren Weg der Handhabung dieses Risikos gibt als die Rücklage.

[Ramona Pop (Grüne): Für das Parlament sehr wohl, nur für die Regierung nicht! – Uwe Goetze (CDU): Ein System der Verschleierung!]

Wir können übrigens nur froh sein – das muss gesagt werden –, dass das Desaster der sächsischen CDU-Regierung mit der Sachsen LB nach Abwicklung unseres Bankenverkaufs erfolgte. Ich finde, dass hier in der Tat alle Fraktionen verantwortungsvoll gehandelt haben, der BankHolding-Veräußerung zuzustimmen und diese auch noch vor der Sommerpause abgewickelt zu haben.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ein letztes Wort noch zur Vergangenheit, weil das gestern im Ausschuss Thema war und bei Ihnen hier auch noch einmal, Herr Pflüger. Ja, uns sind in der Folge des Regierungswechsels 2001 wesentliche überfällige strukturelle Entscheidungen gelungen, die sich bis in diesen Haushalt hineinziehen. Aber wer diesen Parforceritt heute als glückliche Fügung und unpolitische Entscheidung abtut, lieber Herr Meyer, wie Sie das gestern im Ausschuss getan haben, der muss von allen guten Geistern verlassen sein und alle schwierigen Konflikte der Jahre 2002/2003, bei denen Sie gegen uns waren, verdrängt haben. Und das ist nicht redlich.

[Christoph Meyer (FDP): Was? Hören Sie doch einmal zu, Herr Zackenfels! Zuhören!]

2001 gaben wir noch 1,4 Milliarden € für die Wohnungsbauförderung aus. 2007 werden es 900 Millionen € sein. Allein der Berliner Solidarpakt erspart uns rund 500 Millionen € im Jahr.

[Joachim Esser (Grüne): Das ist alles fünf Jahre her!]

Ich möchte daher an dieser Stelle, weil auch heute entsprechende Pressemitteilungen zu lesen waren, im Namen meiner Fraktion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes in Berlin unseren Respekt aussprechen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Der Vertrag 2003 verlangt ihnen viel ab, Einkommensreduzierungen ohne Stellenausgleich und organisatorische Anpassungen. Bedenken Sie allerdings auch, in einem Umfeld, in dem jeder Sechste arbeitslos ist, wie das in Berlin der Fall ist, haben sie einen sicheren Arbeitsplatz und eine sichere Altersvorsorge. Als Bürger kann ich daher ihren Wunsch nach Einmalzahlungen voll und ganz nachvollziehen, als finanzpolitisch Handelnder muss man aber sagen, 2009 wird neu verhandelt. Alles vorher wäre außerordentlich schädlich.

Heute stellen wir fest: Rot-Rot erreicht in dem Ihnen ebenfalls zur Beratung vorliegenden Nachtragshaushalt 2007 das selbstgesteckte Ziel eines Gleichgewichts zwischen Ausgaben und Einnahmen. Ganz zweifelsohne hilft uns auch die gute Konjunktur, das sei geschenkt. 2002 hatten wir mit 10 Milliarden € das Tal der Einnahmen erreicht, 2007 kommen 13,8 Milliarden € herein, das sind satte 3 Milliarden € mehr. Deswegen ist auch nachvoll

ziehbar, dass wir 2007 eine verhältnismäßig geringe Summe von 170 Millionen € an neuen Schulden aufnehmen.

Verlassen wir nun aber die Vergangenheit und den Nachtragshaushalt 2007 und wenden wir uns dem Haushaltsentwurf 2008/2009 zu, dann stellen wir fest, dass in diesem vorliegenden Doppelhaushalt die nächste Phase der Berliner Haushaltspolitik beginnt. Politik braucht klare Ziele. Das Ziel dieser Tage heißt Abbau der Schulden. Allen, die dies als „unsexy“ empfinden und gern, wie gestern im Ausschuss, über 70 000 € debattieren, die Kollegen Schruoffeneger, Meyer und Hoffmann, lege ich nur eine Zahl nahe, das ist der Betrag, den Berlin täglich – ich wiederhole: täglich – an Schulden zahlt: 6 672 972 €.

[Heidi Kosche (Grüne): Wer hat die Schulden aufgebaut? – Zuruf von Christoph Meyer (FDP)]

Deswegen, Herr Meyer, gibt es keine bessere strukturelle Entscheidung als die, die wir fällen, die Verschuldung herunterzufahren,

[Christoph Meyer (FDP): Welche strukturelle Entscheidung?]

weil jeder täglich eingesparte Euro auch Freiraum darstellt, erneut politische Schwerpunkte zu setzen.

[Beifall bei der SPD]

Trotz dieser sichtbaren Erfolge auf dem Weg dauerhafter Schuldenfreiheit stellt der Doppelhaushalt 2008/2009 Bewährtes nicht in Frage. Dazu zwei Beispiele in Kürze: Das Schul- und Sportstättensanierungsprogramm wird unverändert in Höhe von insgesamt 41 Millionen € fortgesetzt.

[Zuruf von Joachim Esser (Grüne)]

Für die Städtebauförderungsmaßnahmen soziale Stadt, Stadtumbau Ost sind insgesamt 100 Millionen € im Jahr zur Verfügung gestellt.

Zugleich setzt der Entwurf aber eine Reihe von neuen Aufgabenschwerpunkten: 40 Millionen € jährlich für die Exzellenzinitiative und die Förderung Berliner Hochschulen, 50 Millionen € aus dem Verkauf der GSG für die Sanierung unserer Grundausstattung mit Bädern, besondere Einstellungskorridore für Feuerwehr, Justiz und Polizei, die Mittel für Unterhalt und Sanierung über alle konsumtiven und investiven Kapitel zusammengefasst wachsen an. Das sind reelle Schwerpunkte. Die lassen wir uns von Ihnen nicht kleinreden, sehr verehrte Damen und Herren.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Ich komme zu den Bezirken. Der Kern der bezirklichen Finanzen ist die Unübersichtlichkeit der Verfahren bei der Mittelzuteilung und der nachträglichen Jahresendkorrektur.

[Thomas Birk (Grüne): Stimmt!]

Ich glaube, da freut es uns alle, dass gestern im Ausschuss schon Konsens sichtbar war. Eine der Baustellen muss

sein, dieses Dickicht von Kosten, Leistungen und Globalhaushalt zu entflechten.

[Zuruf von Thomas Birk (Grüne)]

Dass wir den Subsidiaritätsgedanken dabei vergewaltigen, wie uns das einige hier weismachen wollen, glaube ich im Übrigen nicht. Wie die Lösung des Spannungsfeld Ordnungsamts-, Gesundheitsamts-, Jugendamtspersonal einerseits und Mehraufgaben andererseits allerdings aussieht, wird die Beratung zeigen. Konkret hat es bisher immerhin zwei wesentliche Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Planungen gegeben, die Sie nicht verschweigen sollten: Hilfe zur Erziehung plus 29 Millionen € zu ursprünglich veranschlagten Summen, Personalplafonds durch den Senat plus 25 Millionen €, damit faktische Rücknahme der Einsparvorgaben.

[Thomas Birk (Grüne): Nachdem Sie 50 Millionen € gekürzt haben! – Heidi Kosche (Grüne): Erst so und dann die Hälfte zurücknehmen!]

Ich fasse zusammen: Wir haben gehalten, was wir versprochen haben. Wir stocken auf, was für die Zukunft der Stadt notwendig ist. Mit diesem „Policy-Mix“, wie es so schön auf Neudeutsch heißt, legen wir die Grundlage für die nächsten fünf Jahre. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Zackenfels! – Für die SPD-Fraktion wird nicht jetzt, sondern in der zweiten Runde Herr Nolte sprechen. Dann hat jetzt Herr Esser von Bündnis 90/Die Grünen das Wort. – Herr Esser, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Zackenfels! Der „Policy-Mix“, den Sie beschrieben haben, ist ebenso langweilig wie der Haushalt, den wir heute beraten, das habe ich Ihnen schon gestern gesagt. Ich will zu der Vergangenheitsbewältigung, die wir hören mussten, nicht mehr viel sagen.

Eine schwarze Null, Herr Sarrazin, ist für Finanzer immer schön. Ich hoffe, das ist inzwischen auch für die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger so. Ich hoffe, auch für die Mehrheit der Abgeordneten, die mögen das Sparen häufig nicht so, das wissen wir Finanzer nur zu gut. Aber man soll sich deswegen auch nicht besoffen reden. Der Haushaltsausgleich kommt im Augenblick nur durch Verzehr von Volksvermögen zustande. Einen nachhaltig ausgeglichenen Haushalt, in dem die laufenden Einnahmen die Ausgaben decken, den werden wir frühestens im Jahr 2010 haben, so wie ich das sehe. Mich stört im Augenblick vor allem, dass der Senat 1,1 Milliarden € aus der stillen Einlage des Landes in der LBB für laufende Ausgaben dieses Haushalts verbrät, bloß um die Schlag

zeile von der schwarzen Null selbst künstlich produzieren zu können.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wenn diese Milliarde morgen zur Deckung der Risikoabschirmung fehlt, dann ist der Preis für den Haushaltsausgleich von heute aus meiner Sicht eindeutig zu hoch.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Uwe Goetze (CDU)]

Ohnehin ist ein Staatshaushalt mehr als der Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben. Er ist in Zahlen gegossene Politik. Deswegen darf man auch einmal fragen, welche Politik eigentlich hinter den Haushaltsentwürfen – es sind ja mehrere – steht, die uns der rot-rote Senat heute vorlegt. Der französische Präsident Sarkozy hat kürzlich in einer Grundsatzrede ausgeführt, es sei Aufgabe der Politik, den spontanen Lauf der Dinge zu ändern. Zu ändern! Ich weiß nicht, welches Politikverständnis Herr Wowereit hat, aber wenn ich mir den Haushaltsentwurf des Senats ansehe, komme ich zu dem Schluss, dass der Begriff von Politik, den Herr Wowereit hat, mit Veränderungen nur wenig zu tun haben kann. Denn die Politik- und Kostenstrukturen, die man am Haushalt ablesen kann, bleiben, wie sie waren, und die in der Folge eingehenden Rechnungen werden schlicht bezahlt. Von Ihnen selbst ausgewählte Schwerpunkte der Zukunftsgestaltung – da können Sie tausend Mal etwas anderes behaupten – sind nicht zu erkennen. Ich komme noch dazu. Sie verzichten völlig auf Strukturreformen, die zu Einsparungen oder auch zu Umschichtungspotenzial für echte Finanzierungsschwerpunkte führen könnten. Mit einem Satz: Dieser Haushalt ist eine politikfreie Zone!

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Dr. Martin Lindner (FDP)]

Herr Zackenfels, da hat der Kollege Meyer gestern vollständig recht gehabt: Das Letzte, was Sie an echter Haushaltspolitik gemacht haben, ist schon vier bis fünf Jahre her. Damals haben wir die großen Maßnahmen ergriffen, die bis heute nachwirken.

In diesem Haushalt setzen Sie die Untätigkeit fort. Dabei sind doch die großen Herausforderungen, vor denen unsere Stadt steht, unübersehbar. Wir stehen erstens vor der Herausforderung, unsere Anstrengungen in Sachen Internationalität, Wissenschaft, Kultur und Bildung zu vervielfachen, und zwar auch, um in der Globalisierung zu bestehen und die nach wie vor skandalös hohe Arbeitslosigkeit in der Stadt zurückdrängen zu können. Wir stehen zweitens vor der Herausforderung, der fortschreitenden Zerstörung unserer Umwelt zu begegnen. Wir müssen einen Beitrag dazu leisten, einer möglichen Klimakatastrophe zu entgehen. Das ist zwar eine Aufgabe, die nur weltweit gemeistert werden kann, aber die Verantwortung, die dabei auch auf einer Metropole unserer Größenordnung lastet, ist alles andere als gering.

[Beifall bei den Grünen]

Was aber findet sich davon in Ihrem Haushalt wieder? – Zum Klimaschutz findet sich nichts. Da gibt es – wie schon jahrelang gehabt – ein bisschen Umweltentlastungsprogramm, finanziert von der EU, und das eine oder andere Contracting zur Energieeinsparung, vorfinanziert von privaten Partnern. Eine eigene große Anstrengung sucht man jedoch vergeblich. Als seien all die weltweit geführten intensiven Diskussionen um die Notwendigkeit, den Energieverbrauch zu senken und den Ausstoß von CO2 drastisch zu mindern, am Berliner Senat spurlos vorübergegangen!

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Auch in Berlin gibt es Zeitungen, Radio und Fernsehen! Irgendwo müssten auch Sie mitbekommen haben, was die Bundesregierung jetzt den privaten Hausbesitzern abzuverlangen gedenkt und im eigenen Gebäudebestand des Bundes längst auf den Weg gebracht hat. Es ist doch nicht zu viel verlangt, dass Sie da mitmachen und die überfälligen Investitionen im öffentlichen Gebäudebestand tätigen, in Wärmedämmung, moderne Heizungsanlagen, dezentrale Energieversorgung und anderes mehr!

[Beifall bei den Grünen]