Protokoll der Sitzung vom 08.11.2007

Nun machen Sie sich über eine Kleine Anfrage lustig

[Jutta Matuschek (Linksfraktion): Große Anfrage mit 28 Einzelfragen!]

und sagen, ein EU-Kommissar, der für Fischerei zuständig ist, habe geantwortet, und dieser sei nicht für die Umwelt zuständig. Frau Lompscher, hier in meiner Hand ist das Schreiben des EU-Kommissars, das Sie offensichtlich immer noch nicht kennen,

[Stefan Liebich (Linksfraktion): Oh!]

der auf drei Seiten explizit die Berliner Umweltzone bearbeitet. Es ist eigenartig, dass Sie als zuständige Senatorin diese Warnungen der EU-Kommission noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen. Was gut gemeint ist, die Umweltzone, ist nicht automatisch gut gemacht. Was wir jetzt zwei Monate vor dem Start sehen, ist handwerklich schlecht umgesetzt. Wir fordern Sie auf, endlich umzusteuern, endlich zu handeln und positive Auslegungen und sinnvolle Maßnahmen zu treffen, anstatt starrköpfig durch die Wand zu laufen.

[Beifall bei der CDU]

Sie berufen sich auf ein drohendes EU-Vertragsverletzungsverfahren. Nachdem Sie schon das Schreiben des EU-Kommissars nicht kennen, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, dass Mitte Oktober die EU selbst öffentlich gemacht hat:

..., hält es die Kommission im Augenblick nicht für angebracht, Vertragsverletzungsverfahren wegen PM10-Grenzwertüberschreitungen

also Feinstaub –

einzuleiten.

Auch dieses Argument ist Ihnen abhanden gekommen, übrig bleibt nur noch Ideologie statt Problembewusstsein.

Ich hätte mir bei der Beantwortung der 28 Fragen ein offenes Wort darüber gewünscht, wie Sie die Akzeptanz der Umweltzone in der Bevölkerung erhöhen wollen, wie Sie die Betroffenen zu Beteiligten machen wollen. Dazu jedoch haben Sie nichts gesagt. Nur 40 Prozent der Plaketten sind bislang ausgegeben, nur wenige Anträge auf Ausnahmegenehmigungen abgegeben. Das ist das Ergebnis Ihrer schlechten Öffentlichkeitsarbeit. Ein zweifarbiges Faltblatt reicht eben nicht aus, um ganz Berlin und seine Einwohner zu sensibilisieren. Ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Umweltzone hat versagt.

[Beifall bei der CDU]

Sie haben offengelassen, wie Sie den kleinen und mittelständischen Unternehmen helfen wollen, Frau Lompscher. Sie verlieren sich im Kleinklein. Zur IBB haben Sie nur den Halbsatz gesagt, dass Sie es nicht beurteilen können. Ich nehme es zur Kenntnis, dass Sie das IBBKreditprogramm nicht beurteilen können. Fakt ist jedoch, dass der Investitionsbedarf der Berliner Unternehmen 1,25 Milliarden € beträgt, so zumindest die IBB im zuständigen Wirtschaftsausschuss.

[Andreas Gram (CDU): Vielleicht sollte Frau Lompscher einmal zuhören!]

Wenn Sie es nicht soweit kommen lassen wollen, dass 10 000 Räder stillstehen, viele Gewerbebetriebe dicht machen müssen und Tausende von Arbeitsplätzen in dieser Stadt verlorengehen dank einer Jobvernichtungsmaschine genannt Umweltzone, dann müssen Sie der Ankündigungsrhetorik, die Sie jetzt zu den IBB-Kreditprogrammen gemacht haben, endlich einmal Taten folgen lassen.

[Beifall bei der CDU]

Deswegen frage ich Sie: Wessen Wort gilt hinsichtlich des IBB-Kreditprogramms, das des SDP-Fraktionschefs Müller, der es möchte, oder das von Wirtschaftssenator Wolf, der es rigoros ablehnt?

[Burgunde Grosse (SPD): Thema verfehlt!]

Höchstwahrscheinlich ist es so, dass sich die Berlinerinnen und Berliner in der Frage an Frau Lompscher ausrichten können, die gesagt hat, sie könne keine Aussage zum IBB-Kreditprogramm machen – zwei Monate vor Einführung der Umweltzone. Das ist ein Armutszeugnis für diesen Senat.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei den Grünen]

Für diejenigen, die bisher eine Ausnahmegenehmigung beantragt oder ein Plakette erworben haben und das nicht in Köln oder Stuttgart, sondern hier in Berlin getan haben – –

Verzeihen Sie Herr Melzer! – Frau Senatorin Lompscher! Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den Ausführungen, die sich unmittelbar an Sie richten, zuhörten.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Frau Lompscher, das ist höchstwahrscheinlich auch ein Effekt Ihrer Politik: starrköpfig durch die Wand, nicht zuhören, auf Gegenargumente keine Acht geben und einfach den Stiefel durchziehen. – Eine Konsequenz davon ist, dass in Berlin die achtfachen Gebühren im Vergleich mit Köln oder Stuttgart für eine Ausnahmegenehmigung erhoben werden. Abzocke also auch an dieser Stelle, ein paar Euro für den Landeshaushalt. Damit lösen Sie jedoch kein einziges Problem; die Berliner Unternehmerinnen

und Unternehmen haben jedoch wieder einen Standortnachteil und bleiben auf der Strecke.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Deswegen hat Joachim Fahrun in der „Berliner Morgenpost“ vom 30. August 2007 recht, wenn er schreibt – wenn Sie mir schon nicht zuhören, dann vielleicht ihm –:

Rot-Rot beweist in Sachen Umweltzone mal wieder seine größte Schwäche: Die Anliegen der Unternehmen, die Steuereinnahmen erwirtschaften und Arbeitsplätze schaffen, rangieren ganz unten auf der Prioritätenliste.

Dem ist fast nichts mehr hinzuzufügen.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen!

Nur noch ein Satz. – Damit auch das nicht falsch verstanden wird: Umwelt- und Gesundheitsschutz sind etwas sehr Wichtiges, aber man kann sie nachhaltig machen nur dann, wenn man die Menschen mitnimmt und nicht, wenn man sie an der Seite stehen lässt. Wenn Umweltschutz aber nur Gängelung, mehr Bürokratie, neue Pleiten und Arbeitslosigkeit bedeutet, wie es sich hier andeutet, dann gewinnen Sie die Menschen nicht für den Umweltschutz, dann ist es nicht wirtschafts- und sozialverträglich, und dann ist dieser Umweltschutz auch nur schwer haltbar.

Das ist aber ein langer Satz.

Sie müssen umsteuern. Steuern Sie um!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Vielen Dank! – Von der Linksfraktion liegt in der zweiten Runde keine Wortmeldung mehr vor. – Doch? – Bitte schön, Frau Platta, Sie haben das Wort!

Schönen Dank! – Einige Minuten Redezeit stehen noch zur Verfügung, deshalb möchte ich noch auf einige wenige Dinge eingehen. Zur Plakettenbeschaffung: Jedem ist bekannt, dass die Plakette bundesweit Gültigkeit hat. Vorhin habe ich es bereits angesprochen: Jeder kann überall, selbst wenn er das Gefühl hat, in Berlin keine mehr zu bekommen, die Plakette online bestellen,

[Mieke Senftleben (FDP): Gegen Verrechnungsscheck!]

zu unterschiedlichen Preisen, mit der Geldkarte oder anders, in Stuttgart oder sonst wo. Sie brauchen nur bei

„Google“ „Plakette online“ einzugeben und schon erhalten Sie mehrere Angebote, wie Sie zu der Plakette kommen können.

[Michael Schäfer (Grüne): Gut, dass die PDS nicht überall regiert, dann klappt es wenigstens!]

Ja, genau, besonders bei den Vereinen.

Zur Akzeptanz der Berlinerinnen und Berliner: Es ist nicht so, dass die Berliner das rundweg ablehnen. Das Umweltbewusstsein allgemein ist in Berlin sehr hoch.

[Mieke Senftleben (FDP): Natürlich beantworten sie das so!]

Über 95 Prozent beantworten die Frage, ob sie in der nächsten Zeit und schon jetzt umweltbewusst leben wollen, mit ja.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Das unterschreibe ich Ihnen auch!]

Wenn man sie zur Umweltzone befragt, gibt es immer noch eine Akzeptanz von zwei Dritteln der Berliner Bevölkerung. Das war keine hervorgehobene Fragestellung des Senats, sondern eine Umfrage der Presse. Damit ist klar, dass es sehr viel Akzeptanz in der Bevölkerung für die Umweltzone gibt.

[Dr. Martin Lindner (FDP): Nein, nein! – Mieke Senftleben (FDP): Das ist eine falsche Schlussfolgerung!]

Wenn wir immer wieder auf die Problemfälle zurückkommen, ist das richtig, weil diese gelöst werden müssen. Wir haben uns dazu positioniert. Dafür gibt es die Ausnahmegenehmigungen, es gibt die Empfehlungen, sich bei den Verbänden kundig zu machen. Die Autoindustrie muss noch mehr in die Pflicht genommen werden. Dafür ist nicht mehr viel Zeit, aber allgemein ist es in der Bundesrepublik so, dass wir eine Verbesserung auf dem Fahrzeugmarkt erwarten und dies für die Umweltpolitik auch unbedingt notwendig ist. – Danke!

[Beifall bei der Linksfraktion]

Für die Fraktion der Grünen hat Frau Kubala das Wort – bitte!