Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir waren auf die Beantwortung der ersten Frage aus der Großen Anfrage ziemlich gespannt. Da war gefragt, warum der Regierende Bürgermeister den Klimaschutz nicht als Führungsaufgabe begreift. Wir haben uns dazu Gedanken gemacht und gesagt, das kann er ja gar nicht, weil er dann nämlich viele Fragen, die er selbst zur Chefsache gemacht hat, ganz anders angehen und beantworten müsste.
Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. Der Regierende Bürgermeister erklärt die Schließung von Tempelhof zu einer Priorität dieser Legislatur.
So macht er das. Wäre aber Klimaschutz für ihn eine Führungsaufgabe, müsste er sich wohl für die Offenhaltung von Tempelhof einsetzen, weil das Vorhalten von Landekapazitäten für die kleineren Flugzeuge in Tempelhof die Verweildauer der über BBI kreisenden größeren und großen Flugzeuge durch schnellere Erteilung der Landeerlaubnis verkürzt, Herr Regierender Bürgermeister, und der Ausstoß von Treibhausgasen dann erheblich reduziert wird. Das wäre ein wertvoller Beitrag für den Klimaschutz.
Kommen wir mal zu Klingenberg! SPD und Linksfraktion haben hier im Haus bereits im April des Jahres 2006 Folgendes beschlossen:
Die erfolgreiche Klimaschutzpolitik des Senats soll durch ein neues Landesenergieprogramm fortgesetzt und entsprechend den neuen Herausforderungen weiterentwickelt werden. Es soll deutlich über die bisherigen Maßnahmen hinausgehen und damit die beschlossene CO2-Reduktion um 25 Prozent bis 2010 noch erreicht werden.
Die peinliche Huldigung im ersten Satz des Beschlusses lasse ich einmal außen vor. Die Kernaussage scheint hier die CO2-Reduktion um 25 Prozent für den angegebenen Zeitraum zu sein. Wenn das jemals für die Koalition wirklich gegolten haben sollte, dann hätten die Regierungsfraktionen und der Senat konsequent von Anfang an, von Beginn an, als es uns bekannt geworden ist, gegen die Errichtung eines neuen Kohlekraftwerks eintreten müssen,
wie wir das heute auch für den Standort Märkisches Viertel tun. Sie hätten dem Thema Rummelburg ebenso konsequent begegnen müssen.
Erinnern wir uns: Reichte doch damals die bloße Ankündigung von Vattenfall, 1 Milliarde € – eine magische Zahl – in die Hand zu nehmen, um ein neues Kohlekraftwerk in Berlin zu errichten, für den SPD-Fraktionschef Müller vollkommen aus, dies nahezu kritiklos hinzunehmen, wie
Natürlich ist eine Standortentscheidung, Herr Müller, mit einer hohen Investition für Berlin von Vattenfall wünschenswert.
Natürlich sollen Arbeitsplätze erhalten werden und möglichst neue entstehen. Aber natürlich muss es auch und gerade vor dem Hintergrund des letzten Weltklimaberichts möglich sein, den klimapolitischen Aspekt bei einem solchen Vorhaben maßgeblich einzubeziehen.
Da ist es vollkommen legitim, kritisch an Vattenfall heranzutreten und gemeinsam eine Lösung zugunsten des Standorts, der Arbeitsplätze und des Klimaschutzes zu finden.
Wenn wir uns als CDU-Fraktion mit Rummelsburg beschäftigen, so liegt unsere Präferenz bei einem modernen Gasturbinenkraftwerk. Das ist ein Standpunkt von uns, und es ist eine Alternative, die wir gern einbringen, Herr Regierender Bürgermeister. Gasturbinen dieser Leistungskategorie werden übrigens hier in Berlin in Moabit bei Siemens produziert, so viel zur Frage des Standorts Berlin und für Arbeitsplätze, die erhalten werden oder geschaffen werden können. Für ein Gasturbinenkraftwerk spricht, dass Gas im Sinne des Klimaschutzes bedeutend positiver zu bewerten ist.
Und was macht Vattenfall? – Vattenfall kommt daher und möchte im Märkischen Viertel vom Gas zurück zur Braunkohle. Da fragt man sich: Merken die noch was? – Vielleicht brauchen wir es hier auch gar nicht mehr weiter zu vertiefen, denn Vattenfall lenkt möglicherweise nach aktuellen Meldungen an dieser Stelle ein. Dann hat es sich schon gelohnt, dass die vier großen Fraktionen hier im Haus diesen Antrag eingebracht haben.
Weiter geht es mit Vattenfall: der Konzessionsvertrag. Der Antrag ist interessant, hat aber eher einen ordnungs- und wirtschaftspolitischen Aspekt, wobei am Ende der Argumentationskette möglicherweise eine klimapolitische Auswirkung folgen und eintreten könnte. Der Antrag gliedert sich ein in die seit geraumer Zeit geführte Debatte um die Marktmacht der vier großen Stromanbieter in Deutschland, die gleichzeitig auch noch die Netzanbieter sind. Der sich daraus ergebenden Wettbewerbsverzerrung widmen sich derzeit die Ebenen Kommune, Bund, Land und EU. Dabei scheint die geplante Bundesratsinitiative des hessischen Wirtschaftsministers ganz interessant zu sein, wonach dem Bundeskartellamt das Recht eingeräumt werden soll, den Verkauf von Kraftwerken zu erzwingen. Ein solcher Zwangsverkauf als Ultima Ratio soll dazu dienen, mehr Anbieter auf den Markt zu holen, um mehr Wettbewerb herzustellen. Dies könnte, so Hessens
Wirtschaftsminister, die Stromgroßhandelspreise um 10 bis 15 Prozent senken. Das ist für einen Durchschnittshaushalt in Deutschland, auch hier in Berlin, eine Ersparnis von etwa 80 €, also spürbar.
In einer anderen Richtung wird in der EU diskutiert. Hier beschäftigt man sich vor allem mit der Trennung von Energienetzen und Energieerzeugung. In diese Richtung geht auch der Antrag der Grünen, über den leider sofort abgestimmt werden soll.
Um hier für Berlin eine sachgerechte und gute Entscheidung treffen zu können, hätten wir es besser gefunden, wenn wir wenigstens in den Wissensstand des Senats versetzt worden wären, um die Aspekte Einnahmen des Landes aus dem Konzessionsvertrag, Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Berlin, Auswirkungen der Energiekosten der Verbraucher und rechtliche Rahmenbedingungen miteinander abwägen zu können. Wir hätten es auch mit einem bisschen guten Willen bis zum Plenum am 6. Dezember geschafft, dies noch in den Ausschüssen zu behandeln, schließlich geht es um eine Kündigungsfrist – 31. Dezember. Aber leider wird die Sofortabstimmung gewünscht.
Mit dem jetzigen Informationsstand können wir diese Entscheidung so nicht herbeiführen. Insofern müssen wir bei einer Enthaltung bleiben.
Das war sehr viel Kritik an Vattenfall. Etwas Positives über Vattenfall zu sagen, das wäre auch einmal angebracht. Die Grünen werden gespannt fragen: Was könnte das derzeit sein? – Nun, ich fand, die Märchentage bei Vattenfall waren wirklich spannend und interessant für die Stadt. Das war ein wertvoller Beitrag. Vielen Dank also dafür und Anerkennung an Vattenfall!
Die SPD-Spitze wollte es nicht, aber die Parteitagsbasis setze sich mit einem jährlichen Sommerlochthema durch: ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen in Höhe der Richtgeschwindigkeit, also 130 km/h. Kaum haben Sie es beschlossen, nehmen die Grünen es Ihnen schon wieder weg, indem sie einen eigenen Antrag dazu hier im Hause einbringen, der auf eine Bundesratsinitiative dazu abzielt. Aus unserer Sicht ist es gut, dass die Grünen aus der Opposition dies fordern. Ich hoffe, ich beunruhige jetzt nicht die eigene Fraktion. Nein, strategisch finde ich das gut. Wenn die Opposition das fordert, wird die Koalition es natürlich nicht beschließen können. Insofern sind wir da ganz beruhigt.
Der SPD-Verkehrsminister Tiefensee geht davon aus, dass sich bei einem generellen Tempolimit der Ausstoß von Treibhausgasen um etwa 0,6 Prozent senken ließe. Der Effekt für den Klimaschutz ist also denkbar gering. Und wenn das Klimaschutzargument ausgeht, wird immer
auf das Sicherheitsargument verwiesen. Nun, die Tempolimitländer Österreich und Italien beklagen deutlich mehr Unfalltote auf ihren Autobahnen, als wir hier in Deutschland haben. Ein Tempolimit führt also nicht zwangsläufig zu mehr Sicherheit.
Herr Kollege Wilke! Ist Ihnen bekannt, dass ein Tempolimit von 130 km/h auf einen Schlag 2,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen würde und, wenn man das mit einer Reduktion der technischen Höchstgeschwindigkeit der Autos koppelt, noch ein Vielfaches mehr?
Bekannt ist mir diese Zahl schon von denen, die ein Tempolimit vertreten. Aber diejenigen, die sich sachlich damit auseinandersetzen, sagen – an der Stelle ist es auch einmal der Bundesverkehrsminister, der einmal positiv genannt werden soll –, es sind nur 0,6 Prozent. Und damit ist der Effekt nicht besonders durchschlagend.
Auf deutschen Autobahnen sind Geschwindigkeiten vielfach eingeschränkt, weil Sicherheitserwägungen auch bei uns eine große Rolle spielen und andere Gründe dafür sprechen, wie z. B. der Lärmschutz. Bei der SPD gab es ja einen Parteitagsbeschluss, ich glaube aus dem Jahr 1984, für ein generelles Tempolimit von 100 km/h. Jetzt sind Sie bei 130 km/h angekommen. Das heißt, die SPD wird mit weiteren Parteitagen an Tempo zulegen. Insofern geht es auch bei Ihnen ein Stück in die richtige Richtung.
Bei uns hieß in den Achtzigern einmal, wir haben das heute schon oft gehört: Freie Fahrt für freie Bürger.
Heute sagen wir: Wir wollen moderne Verkehrsleitsysteme. Da können beispielsweise bei dichtem Verkehr Geschwindigkeitsbegrenzungen temporär angeordnet werden, wie es auf dem Berliner Ring teilweise der Fall ist, um Staus und Unfälle zu vermeiden. Wir wollen die Autofahrer jedoch nicht bevormunden. Deshalb wird es mit
uns kein generelles Tempolimit auf unseren Autobahnen geben. Schicken wir die Diskussion bitte ins Sommerloch zurück! – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wilke! – Für die Linksfraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Platta das Wort. - Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass die hitzige Zeit zu diesem Thema jetzt schon wieder ein bisschen abgeebbt ist, sonst hätten wir noch den Antrag stellen müssen, die Hitze, die hier im Saal steht, zu nutzen und für unsere Fernwärme einzuspeisen.
Deshalb möchte ich mich nur noch zu den Anträgen äußern, denn über Klimaschutz haben wir hier schon mehrmals allgemein gesprochen. Die Linken, zu Zeiten des Verkaufs des kommunalen Energiebetriebs noch PDS,
haben als Fraktion dem Verkauf nicht und nicht ohne Grund nicht zugestimmt. Heute müssen wir mit den Folgen leben und Schadensbegrenzung durch Vertragsgestaltung betreiben. Die Rekommunalisierung der Energieversorgung ist das Ziel der Linken. Dazu gehört die Unterstützung der dezentralen Energieversorgung, die vor Ort auch Arbeit schaffen würde. Auch für die Netze brauchen wir eine direkte gesellschaftliche Kontrolle, um Preismissbrauch zu verhindern und eine zukunftsgerechte Ausrichtung der Energieversorgung sicherzustellen.