Sie haben damit übrigens nebenbei alte GrünenForderungen zum Tempo 100 mit beerdigt. Das ist Ihr Problem, nicht das unsere. Aber dass Sie sagen „SPDBundesparteitagsbeschlüsse sind für uns ein Maßstab, der bundesweit wie auch in Berlin gültig sein soll“, zeigt mir: Sie lernen täglich dazu. Berlin ist auf dem richtigen Weg an dieser Stelle.
Sie sollten vielleicht auch zur Kenntnis genommen haben, dass unser Nachbarland Brandenburg – dort Verkehrsminister Dellmann – angekündigt hat, dass man nun, nachdem die Bundes-SPD klar Flagge gezeigt hat, klar den Weg in Richtung Tempolimit 130 gehen wird. Deutlich mehr Autobahnabschnitte werden schon jetzt auf Tempo 130 umgestellt. Es wird dort mehr Tempobeschränkungen geben.
Das ist gut für die Gesundheit der Autofahrer, die dann nämlich weiterleben können, nachdem sie die Autobahn benutzt haben. Und das ist auch gut für die Umwelt.
Herr Kollege Buchholz! Weil Sie das Urheberrecht für Tempo 130 beanspruchen, möchte ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass sich die FDP schon immer für Tempo 130 auf den Berliner Autobahnen eingesetzt hat?
[Beifall bei der FDP und der SPD – Gelächter – Christian Gaebler (SPD): Auf der Stadtautobahn! – Weitere Zurufe]
Sehr verehrter Herr Dr. Lindner! Dass die FDP wie schon immer in der Geschichte die freie Fahrt für freie Bürger – auch wenn sie sich damit totfahren, wenn sie auf dem Berliner Ring damit Staus verursachen und wenn sie die Umwelt dauerhaft schädigen wollen – weiter vertreten, ist nichts Neues. Aber wenn Sie sich als Person so weit outen müssen, dass Sie sagen, in einem Stadtstaat wie Berlin wäre Ihnen Tempo 130 lieber,
kann ich nur noch sagen: Wenn Sie bisher jemals das Wort „Verkehrspolitik“ in den Mund genommen haben, wenn Ihr umweltpolitischer Sprecher, Herr Schmidt, jemals wieder auf irgendeinem Podium ernsthaft etwas dazu sagen will – und ich war in der letzten Woche mit ihm zusammen auf einem Podium zu diesem Thema – – Herr Schmidt, dann müssen Sie jetzt wirklich unter den Boden des Abgeordnetenhauses kriechen. Das Wort „Verkehrspolitik“ ist für die nächsten hundert Jahre für die FDP verboten. Das ist das Resultat Ihres Zwischenrufes, Herr Dr. Lindner!
[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Heiterkeit bei der SPD – Henner Schmidt (FDP): Nicht verbieten!]
Meine Damen und Herren! Sie sehen, woran man sich auch orientieren will: Eine Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die nicht wirklich weiß, was in ihren Anträgen steht – kein Leitmedium für diese Stadt! Eine FDP-Fraktion, die sich aus der Verkehrs- und Umweltpolitik schon vor Jahren verabschiedet hat und von der wir nichts mehr zu erwarten haben! Dazu kommt eine CDU-Fraktion mit einem Vorsitzenden, der sich gern verbal ein grünes Mäntelchen umhängt, aber in der Praxis nichts bewegen kann – weder in Berlin noch auf Bundesebene.
Es zeigt sich deutlicher als je zuvor: Vor wenigen Tagen wurde eine unabhängige Studie veröffentlicht.
Ich habe sie auch extra noch einmal mitgebracht, damit die Grünen sie lesen können. Diese Studie enthält einen bundesweiten Vergleich von Experten nach wissenschaftlichen Maßstäben. 20 Klimaindikatoren wurden bewertet. Es zeigte sich, dass Berlin bei den Stadtstaaten ganz oben – die Nr. 1 – und im bundesweiten Vergleich die Nr. 2 ist – knapp hinter Mecklenburg-Vorpommern.
Das ist eine Zwischenbilanz. Es ist noch viel zu tun beim Klimaschutz. Das hat uns der Weltklimarat aufgezeigt, und das zeigen uns auch die warnenden Worte zum Klimawandel. Aber Berlin ist auf dem richtigen Weg, und von diesen Oppositionsfraktionen einschließlich der Grünen müssen wir uns beim Klima- und Umweltschutz überhaupt nichts vorhalten lassen. – Vielen Dank!
Lieber Herr Kollege Buchholz! Da Sie offenbar von mir keine Zwischenfrage zulassen wollten, nun von mir einige Richtigstellungen. Erstens zum Thema „Tempo 130“: Wir fordern eigentlich Tempo 120. Wir haben Ihnen zuliebe Tempo 130 hineingeschrieben.
Moment! – Das Entscheidende ist, dass wir vom Regierenden Bürgermeister und von Ihrem Senat erwarten, dass er eine Bundesratsinitiative zu dem Thema einleitet. Darum geht es bei unserem Antrag und nicht um das Hin und Her, ob das nun 10 Stundenkilometer mehr oder weniger sind. Aber das haben Sie leider nicht kapiert.
Das Zweite: Ich muss die Legendenbildung um die Information und die Entstehung der Geschichte mit dem Braunkohlestaubkraftwerk von Vattenfall endlich stoppen.
Ja! Es geht darum, dass Vattenfall bis gestern Abend – falls Sie das nicht wissen, Kollege Gaebler – geplant hat, das Kraftwerk Märkisches Viertel von Gas auf Braunkohlestaub umzustellen. Diese Information habe ich persönlich am 24. Oktober – wo kein Mensch in der Stadt das wusste, nur Insider –
Bis dahin wusste es keiner in der Öffentlichkeit. – Tatsache ist, dass wir am nächsten Tag Herrn Pitschke von Vattenfall darauf angesprochen haben, und er hat uns den Sachverhalt etwas konkreter erläutert. Daraufhin sind wir – der Kollege Andreas Otto – damit in die Öffentlichkeit gegangen, und Frau Senatorin Lompscher musste gestehen, dass sie bis zu der Stunde, wo wir das in die Öffentlichkeit gebracht hatten, nicht wusste, dass in ihrem Hause ein entsprechender Vorbescheidsantrag auf Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vorliegt. Das ist der Sachverhalt.
Dass wir danach auch Sie geworben haben, das mit zu unterstützen, und dass auch Frau Lompscher das mit unterstützt hat, finden wir völlig okay. Das hat auch der Kollege Schäfer in seiner Rede gesagt. Das ist wunderbar. Wir bedauern nur, dass die FDP nicht mitgespielt hat. Ansonsten war es sehr gut, dass das eine gemeinsame Aktion aller Fraktionen war. Ich bin dann auch gerne bereit zu sagen, dass wir es gemeinsam geschafft haben, Vattenfall von dieser Initiative wegzubringen.
Dritter Punkt – ganz kurz, Herr Kollege Buchholz: Wir haben nirgendwo im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk von 100 Prozent Ökostrom gesprochen. Wir sprechen immer davon, dass wir KWK auf Erdgasbasis haben wollen – durchaus ergänzt durch regenerative Energien und kleine BHKW. Da sind wir nicht dagegen.
Letzter Punkt: Kollege Buchholz! Ich möchte Sie auffordern, dass Sie den Konzessionsvertrag wirklich einmal selbst lesen. Es geht nämlich sehr wohl darum, dass in diesem Vertrag Strom und Fernwärme in einem Vertrag verhandelt sind. Wenn das Land Berlin Einfluss auf Vattenfall haben will, geht das über den Konzessionsvertrag, weil wir alle wissen, dass Frau Lompscher den Antrag für das Kraftwerk nach der Prüfung genehmigen müsste, weil es formalrechtlich keine Handhabe gibt, ein Kohlekraftwerk nach heutigen Rechtsregeln zu verbieten und zu untersagen – –
Ja! – Ich möchte den letzten Satz noch beenden: Insofern wäre die Aufhebung des Konzessionsvertrages und seine Neuausschreibung nicht nur im Sinne der EU und der Trennung von Netz und Betrieb generell sinnvoll, sondern sie wäre ein wesentliches Instrument, um die einseitige Abhängigkeit von Vattenfall für unsere Stadt Berlin endlich aufzuheben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir waren auf die Beantwortung der ersten Frage aus der Großen Anfrage ziemlich gespannt. Da war gefragt, warum der Regierende Bürgermeister den Klimaschutz nicht als Führungsaufgabe begreift. Wir haben uns dazu Gedanken gemacht und gesagt, das kann er ja gar nicht, weil er dann nämlich viele Fragen, die er selbst zur Chefsache gemacht hat, ganz anders angehen und beantworten müsste.