Protokoll der Sitzung vom 22.11.2007

Meine Damen! Meine Herren! Herr Schäfer! Wenn Sie nicht zuhören, wenn der Regierende Bürgermeister von Berlin hier so eindeutige Sätze zum Klimaschutz

[Gelächter bei der CDU, den Grünen und der FDP]

und zu dem auch von Ihnen so oft und immer wieder angeführten Kraftwerk Klingenberg sagt, Herr Schäfer, dann ist das eine Bankrotterklärung für Sie und Ihre Fraktion, aber nicht für diese rot-rote Koalition.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne) – Weitere Zurufe von den Grünen]

Wir fangen mit einer Unverschämtheit an, die Frau Eichstädt-Bohlig begonnen hat, und die Sie, Herr Schäfer, fortgesetzt haben, nämlich hier im Parlament zu behaupten, nur die grüne Fraktion sei dafür verantwortlich, dass jetzt im Märkischen Viertel das Kraftwerk nicht auf Braunkohle umgestellt wird. Herr Schäfer! Wir beide haben darüber schon vor Wochen miteinander telefoniert, Sie können sich vielleicht noch dunkel daran erinnern, wenn Sie nicht von anderen Sachen vernebelt waren.

[Kurt Wansner (CDU): Oh!]

Wir haben uns sofort und eindeutig gegen den Einsatz von Braunkohle im Märkischen Viertel ausgesprochen. Da kann ich Ihnen nur sagen, wenn Sie hier wider besseres Wissen Anderes behaupten, dann ist das üble Nachrede. Das sollten Sie hier im Parlament nicht zum üblichen Umgangston machen. Das geht nicht, Herr Schäfer.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) und Özcan Mutlu (Grüne)]

Man muss eines sagen: Dieses Kraftwerk im Märkischen Viertel ist bisher nur ein Heizfernwerk, da wird nur Wärme produziert. Es ist ein peinlicher Zustand. Es gibt einen uralten Vertrag, aber bisher ist die Basis Gas. Jetzt wollte Vattenfall auf Braunkohle umsteigen. Das war doch wohl eine Selbstverständlichkeit für alle Fraktionen hier im Haus – offensichtlich nicht für die FDP, weil sie einem gemeinsamen Antrag dazu nicht zustimmen konnte, Sie werden uns das vielleicht noch erläutern können – dagegen zu sein.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Eichstädt-Bohlig?

Ein bisschen später.

[Heiterkeit]

Das haben alle Fraktionen hier einhellig abgelehnt, dann sagen Sie, Herr Schäfer, die Grünen hätten es gemacht. Das ist Ihre Logik, aber nicht unsere.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Es ist nun einmal so. Man muss es auch einmal lobend aussprechen können. Wenn dieses Parlament klare Zeichen setzt, versteht auch ein großer Konzern wie Vattenfall diese energiepolitischen Signale der Zeit. Das erste Signal ist: keine Braunkohle im Märkischen Viertel! Was bei Vattenfall schon angekommen durch das einhellige Votum dieses Parlaments, Herr Schäfer, Frau EichstädtBohlig, ist, dass es eben das Klingenberg-Kraftwerk nicht in der von Vattenfall geplanten Fassung geben wird. Es ist zu groß geplant. Mit Steinkohle setzt Vattenfall dort auf einen falschen Energieträger. Sie hätten es eben, hätten Sie zugehört, auch beim Regierenden Bürgermeister hören können.

[Zuruf von den Grünen]

Sie können es auch gerne im Protokoll nachlesen, wenn es zu schnell für Sie war. Vielleicht war es auch zu eindeutig, wie Sie es nicht wollten, Herr Schäfer.

[Thomas Birk (Grüne): Er hat es offen gelassen! – Zuruf von Heidi Kosche (Grüne)]

Er hat es hier gesagt.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Lesen Sie es nach! Wir schicken Ihnen auch ein extra unterschriebenes Exemplar des Plenarprotokolls, da können Sie es ganz in Ruhe für sich persönlich nachvollziehen. Vielleicht hilft es ja an der Stelle.

[Zuruf von Özcan Mutlu (Grüne) – Weitere Zurufe von den Grünen]

Es zeigt sich, Vattenfall lernt langsam dazu. Das ist ein gutes Zeichen für die Stadt, Herr Schäfer. Das sollten wir hier einmal aussprechen. Was Sie vielleicht noch nicht bemerkt haben, dass, wenn man sich die Energieversorgung dieser Stadt im Jahr 2007 anschaut, ein Großteil dieses Stroms und dieser Wärme in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen produziert wird, Herr Schäfer. Das ist keine Verschwendung. Das ist das Hocheffiziente, Strom und Wärme gleichzeitig zu produzieren, ist das Maximum, was man aus einem Liter Öl oder einem anderen Stoff, Gas, was immer sie nehmen, herauszuholen. Das tun wir in Berlin praktisch schon flächendeckend.

Aber Sie stellen Anträge, das Sie diesen KWK-Strom in Berlin gar nicht wollen, sondern 100 Prozent Ökostrom. Das hört sich gut an, aber ignoriert Realitäten der Energieversorgung dieser Stadt und der Bundesrepublik Deutschland. Das ist ziemlich peinlich für eine grüne Fraktion. Das muss man ganz klar sagen.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zuruf von Michael Schäfer (Grüne)]

Damit bin ich auch gleich bei dem Antrag zur Konzessionsvergabe. Auch da machen Sie einen Bohei auf, wo Sie die Realität viel besser kennen und es besser wissen, Herr Schäfer. Ziemlich peinlich, hier zu behaupten, dass der Konzessionsvertrag für die Leitungsnutzung in der Stadt – und um nur diese geht es, nicht um die Überleitungsnetze, worüber auf Bundesebene gestritten wird, darüber sind wir uns einig, dass etwas getan werden muss gegen ein Oligopol mit vier großen Stromanbietern, die ihre Marktmacht durchsetzen.

[Volker Ratzmann (Grüne): In Berlin gibt es ein Monopol!]

Völlig d’accord, das werden Sie von uns auch immer hören. Aber Sie stellen hier einen Antrag, dass wir das Berliner Netz einem anderen Monopolisten geben sollen. Das ist Ihr Antrag. Herzlichen Glückwunsch, kann ich dazu nur sagen! Sie wissen ganz genau, wider besseres Wissen – –

[Michael Schäfer (Grüne) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Ich mache den Satz fertig, Herr Schäfer, dann können Sie die Zwischenfrage stellen, nur kurz die Fakten dazu. – Es gibt eine bundesweit gültige Konzessionsabgabenverordnung. Vattenfall zahlt das Maximum dessen, was nach dieser Verordnung möglich ist. Kein anderer könnte mehr zahlen, oder das Land könnte von keinem mehr verlangen, nirgends.

[Zuruf von Volker Ratzmann (Grüne)]

Sämtliche Neben-Positivpunkte, die für einen Stadtstaat möglich sind, hat der Finanzsenator ausgehandelt. Sie sind in diesem Vertrag enthalten. Auch dort würde kein anderer, egal wer es wäre, ob eine „Heuschrecke“ aus dem Ausland oder ein anderer deutscher Monopolist, dem Land mehr bieten können.

Es bliebe ein Gebietsmonopol. Und da sagen Sie uns, Ihr Antrag würde die Welt retten und Vattenfall endlich einmal die rote oder die grüne Karte zeigen. Ich kann nur sagen: Einen solchen Unsinn auch noch auf Papier zu schreiben, das ist das Papier nicht wert, auf dem es steht.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Herr Schäfer wollte, glaube ich, eine Zwischenfrage stellen.

Bitte, Herr Schäfer!

Herr Kollege Buchholz! Ist Ihnen bewusst, dass die Trennung von Netz und Betrieb auch innerhalb Berlins eine Lösung für das Problem wäre, dass z. B. in das Fernwärmenetz bisher nur ein Fernwärmeversorger einspeist, nämlich Vattenfall? – Würde man es einem Unabhängigen überlassen, würden sich wahrscheinlich auch andere dazu bereit erklären, in dieses Netz einzuspeisen, und sie würden dann diskriminierungsfrei Zugang erhalten. Und dann wäre das Steinkohlekraftwerk wohl kaum rentabel.

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Das ist der Kern unseres Antrags.

Herr Buchholz – bitte!

Herr Schäfer! Dass Sie jetzt zu dem Mittel greifen, einen solchen Unsinn in einer Zwischenfrage zu bringen, entlarvt Sie vollends.

[Heiterkeit bei der SPD]

Ihr Antrag bezieht sich ausschließlich auf die Stromlieferkonzession im Land Berlin. Das hat nichts mit dem Thema Fernwärme zu tun. Herzlichen Glückwunsch! Setzen sechs! Danke schön!

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion – Zurufe von den Grünen – Heiterkeit]

Herr Schäfer! Dass Sie sich da noch selber hineinreiten müssen, ist ziemlich peinlich. Ich möchte das nicht weiter kommentieren. Das kann jeder zu Hause noch einmal nachlesen.

Um zu einem positiven Aspekt bei den Grünen-Anträgen zu kommen: Sie haben einen Antrag vorgelegt, der heißt: „Klimaschutz beschleunigen Nr. 2 – Bundesratsinitiative für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen.“ – Den Antrag haben Sie am 13. November 2007 geschrieben.

[Jutta Matuschek (Linksfraktion): Super! Toll!]

Das ist erst wenige Tage her. Wir sehen, dass richtungsweisende Beschlüsse eines SPD-Bundesparteitages für die

Berliner Grünen Richtschnur der Politik sind. Das ist der richtige Weg für Sie, meine Damen und Herren von den Grünen! Herzlichen Glückwunsch dazu!

[Beifall bei der SPD]

Sie haben damit übrigens nebenbei alte GrünenForderungen zum Tempo 100 mit beerdigt. Das ist Ihr Problem, nicht das unsere. Aber dass Sie sagen „SPDBundesparteitagsbeschlüsse sind für uns ein Maßstab, der bundesweit wie auch in Berlin gültig sein soll“, zeigt mir: Sie lernen täglich dazu. Berlin ist auf dem richtigen Weg an dieser Stelle.