Protokoll der Sitzung vom 13.03.2008

[Heiterkeit bei der FDP und der CDU]

Das passt vielleicht auch zu dieser BVG-Broschüre „plus_03“: „Stadtblick_Osterspaziergang mit der BVG“. Da weiß Berlin, auf welche Streikdauer es sich noch einstellen muss.

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der FDP und der CDU]

Das kann im Ernst nicht die Vorgehensweise sein. Wir erwarten, dass Sie hier Maßnahmen ergreifen, alles ausnutzen, die geleasten Busse einsetzen, sich Busfahrer besorgen, auch aus Brandenburg, ggf. auch von weiter her, um einen Notfahrplan im größtmöglichen Umfang aufrechtzuerhalten.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Das ist ja nichts Neues!]

Die Folgen für kleine Unternehmen auf den Bahnhöfen, an den Zughaltestellen, müssen berücksichtigt werden. Das kann nicht auf dem Rücken von Tausenden von Arbeitsplätzen außerhalb der BVG ausgetragen werden, weil Sie nicht in der Lage sind, vernünftig mit dem Streik umzugehen.

[Beifall bei der FDP – Zuruf von Uwe Doering (Linksfraktion)]

Was Sie hier teilweise mit den Autofahrern machen, das passt natürlich auch hinein. Das ist mir am letzten Samstag – das war wirklich bemerkenswert – am Ku’damm aufgefallen.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Ah!]

Da müssen die Leute mit dem Auto in die Innenstadt fahren, weil die BVG nicht funktioniert, es sei denn, sie nehmen den Tipp mit dem 30-minütigen Fußmarsch entgegen, aber es gibt auch Leute, die schwer zu Fuß, ältere Menschen, kranke Menschen, die auf das Auto zurückgreifen müssen. Dann kommen sie in diese Stadt und stellen fest, dass das einzige staatlicherseits Funktionierende

[Uwe Doering (Linksfraktion): Die Parkuhren!]

das Ordnungsamt ist. Die Mitarbeiter der Ordnungsämter sind kohortenweise ausgeschwärmt und haben Strafzettel verteilt, kaum dass jemand irgendwo ein paar Minuten gestanden hat. Wir reden hier nicht von einer irgendwie gearteten Gefahrensituation, von einer Feuerwehranfahrtszone, sondern von Parkplätzen, die zwei Stunden später legal zu benutzen gewesen wären. Das ist das, was die Leute vom Staat nicht erfahren wollen, in einer sol

chen Situation auch noch abkassiert zu werden, ist wirklich eine schäbige Vorgehensweise.

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion)]

Und das muss aufhören. Da erwarten wir vom Staat Großzügigkeit.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der Linksfraktion]

Das kann doch nicht ernsthaft sein, dass dann, wenn einmal einer die Busspur benutzt oder gar nicht anders kann, als in die Umweltzone einzufahren, in einer solchen Situation nichts anderes als Abzocke wieder oben steht. So geht man nicht mit seinen Bürgerinnen und Bürgern um, sondern wir erwarten hier – –

[Uwe Doering (Linksfraktion): Wie viel mussten Sie denn zahlen?]

Schauen Sie! Wenn Sie die Amnestie machen, die wir fordern, dann werde ich den Betrag, den ich ggf. zu bezahlen habe, verdoppeln und krebskranken Kindern spenden. Damit habe ich überhaupt kein Problem!

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der Linksfraktion]

Aber sorgen Sie dafür, dass die Leute, die es sich nicht leisten können, nicht auch noch vom Staat abkassiert werden! Das schulden Sie den Leuten. Sie haben hier versagt. Sie haben diese Streiksituation herbeigeführt, und da kann es nicht sein, dass Sie am Ende die Leute auch noch kujonieren und abkassieren. Zeigen Sie einmal, dass ein Staat auch kulant sein kann, dass er auch großzügig sein kann, dass er liberal sein kann, dass er nicht jede Gelegenheit nutzt, gegen seine eigenen Bürgerinnen und Bürger vorzugehen, die wirklich gar nichts für diesen Streik können. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dr. Lindner! – Frau Matuschek! Darf ich Sie darum bitten, dass Sie künftig ein wenig mehr auf Ihre Gestik achten. Sie ist hier schon sehr aufgefallen. – Das Wort für den Senat hat nunmehr der Senator für Wirtschaft, Technologie und Frauen, Herr Senator Wolf – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren über ein Thema, das in den letzten Tagen die gesamte Stadt bewegt hat. Es hätte mich schon interessiert, was die größte Oppositionspartei zu diesem Thema vorzuschlagen hat.

[Wolfgang Brauer (Linksfraktion): Nichts!]

Herr Pflüger! Ich habe in Ihrem Redebeitrag – wie üblich – wieder eine Bewertung von Stilfragen gehört. Sie haben

Haltungsnoten verteilt, aber Sie haben keinen einzigen Satz zum Thema gesagt, dazu, welche Position Sie in dieser Tarifauseinandersetzung einnehmen und welche Perspektive Sie der BVG vorschlagen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Herr Ratzmann! Wenn man genau zugehört hat, konnte man erkennen, was die Grünen vorschlagen. Die Grünen sagen nämlich, der Anfang allen Übels – da sind Sie sich einig mit Herrn Lindner – war der mit Verdi 2005 ausgehandelte Tarifvertrag. Die Grünen sagen weiter, an diesem Tarifvertrag war falsch, dass der Senat den Beschäftigten eine Beschäftigungsgarantie ausgesprochen hat. Sie sagen im Weiteren – so Herr Ratzmann –, es muss das Lohnniveau auf den Bundesdurchschnitt gedrückt werden. Da hat er in der Replik auf Herrn Lederer noch einmal gesagt: Man muss noch einmal über Anpassungsregelungen reden. Dann frage ich Sie: Was ist Ihre Position zum Sicherungsbetrag, der im Tarifvertrag vereinbart worden ist, Herr Ratzmann?

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Wollen Sie diesen Sicherungsbetrag angreifen? Wollen Sie, dass der Senat diesen Sicherungsbetrag aufkündigt – was nicht geht? Oder sagen Sie, dass die Altbeschäftigten, die ein hohes Lohnniveau haben, nach der Absenkung von 6,1 Prozent, die mit dem Tarifvertrag 2005 vereinbart wurde, und mit der Festschreibung des 13. Monatsgehaltes auf 1 000 € eine weitere Absenkung wollen? Dazu hätte ich gern etwas von Ihnen gehört, Herr Ratzmann!

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Dann ist deutlich geworden – was wir schon wissen: Die Grünen sind dagegen, dass die BVG mit der hundertprozentigen Erbringung der Nahverkehrsleistungen im Land Berlin beauftragt wird. Die Grünen wollen ausschreiben. Die Grünen wollen damit das öffentliche Nahverkehrsunternehmen zerschlagen.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Das ist es, was Sie den Beschäftigten anzubieten haben, was Sie den Fahrgästen anzubieten haben, nämlich Zustände, wie wir sie in Bereichen haben, wo der öffentliche Personennahverkehr privatisiert worden ist.

[Henner Schmidt (FDP): Und welche Zustände haben wir jetzt?]

Das wollen wir nicht. Wir wollen die Verkehrsleistung aus einer Hand mit Qualität und möglichst in Zukunft noch besser, als sie die BVG zurzeit erbringt. Dafür steht dieser Senat.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Herr Ratzmann! Sie sagen, wir müssen eine Position einnehmen, wo alle in gemeinsamer Verantwortung eine Lösung für dieses Unternehmen entwickeln. Da sage ich: Ja! Das war der Tarifvertrag mit dem TV-N, der 2005 abgeschlossen wurde. Das war ein Zeichen von gemeinsamer Verantwortung für die Stadt und gemeinsamer Verantwortung für das Unternehmen. Da wurde ein Geschäft auf Gegenseitigkeit getroffen, und da gab es ein Geben und

Nehmen. Ich will es noch einmal darstellen, weil es der Ausgangspunkt für die Diskussion ist, die wir gegenwärtig in dieser Tarifauseinadersetzung führen.

[Klaus-Peter von Lüdeke (FDP): Was wollen Sie denn anbieten?]

Zuvor jedoch noch eine Anmerkung: Wenn Sie sagen, da ist gar nicht festgeschrieben – bis 2020 –, dass es nie und nimmer irgendeine Tariferhöhung geben kann,

[Volker Ratzmann (Grüne): Ist es festgeschrieben oder nicht?]

dann finde ich das schon bemerkenswert. Dann finde ich es bemerkenswert, dass von den Grünen gesagt wird: Wir verlangen, dass bis 2020, das heißt über 15 Jahre, kein Wort zwischen den Tarifparteien über eine Gehaltsaufbesserung geredet werden darf.

[Volker Ratzmann (Grüne): Das waren die Worte von Wowereit!]

Das heißt, Sie wollen 15 Jahre lang Reallohnabbau, da wir in diesen 15 Jahren Preissteigerungen haben. – Herr Ratzmann! Das ist die Position, die Sie vertreten haben.

[Unruhe – Volker Ratzmann (Grüne): Nein! Wowereit!]

Diese Position ist absurd.

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]

Es ist richtig, dass der Tarifvertrag bis 2020 gilt, und das ist es, was Klaus Wowereit gesagt hat. Ja, der Tarifvertrag gilt bis 2020! Das ist die Laufzeit dieses Tarifvertrags. Aber es gibt die Möglichkeit, während der Laufzeit dieses Tarifvertrags über die Höhe der Tabellenentgelte zu diskutieren. Das muss doch möglich sein, in einem Land, das Gewerkschaftsfreiheit hat, das Koalitionsfreiheit und Tarifvertragsfreiheit hat, dass man innerhalb von 15 Jahren über Tarife sprechen kann. Was ist das für eine Position, die die Grünen hier vertreten?

[Beifall bei der Linksfraktion und der SPD]