Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

machen meiner Meinung nach die Diskussion, die wir führen müssen, kaputt.

[Beifall bei den Grünen – Mieke Senftleben (FDP): Frechheit! – Henner Schmidt (FDP): Unverschämtheit!]

Das passt Ihnen nicht, aber ich habe auch die Schnauze voll, hier immer wieder und zum wiederholten Mal über diese Dinge zu diskutieren, wenn Sie nichts dazulernen.

[Mieke Senftleben (FDP): Das ist dreist und unverschämt! – Weitere Zurufe von der FDP]

Herr Mutlu! Darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihre Wortwahl hier nicht geeignet ist?

Frau Präsidentin! Ich entschuldige mich für diesen Ausfall.

[Mieke Senftleben (FDP): Weiß man doch vorher, was man sagt, nicht nachher!]

Welches Problem der Grundschulen löst Ihr Antrag? Wie helfen Sie zum Beispiel den Eltern der unter Druck stehenden G-8-Gymnasiasten? Was bringt Ihr Vorschlag unseren Kindern, die unter großen Sprachdefiziten leiden?

[Zurufe von Dr. Felicitas Tesch (SPD) und Mieke Senftleben (FDP)]

Auf all diese Fragen haben Sie keine Antwort.

[Mieke Senftleben (FDP): Die Antworten habe ich schon längst gegeben!]

Deshalb finde ich es bedauerlich. Ich kann Ihnen nur raten, Frau Kollegin, warten Sie den Prozess ab, wir haben uns gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband hingesetzt und ausgetauscht.

[Henner Schmidt (FDP): Das haben wir schon längst hinter uns!]

Schauen Sie zu, was die Konferenz bringt. Hören Sie erst einmal den Expertinnen und Experten zu, dann können wir uns in diesem Haus immer noch nach den Vorschläge dieser Experten richten und ernsthaft und nachhaltig über eine Bürgerschule oder eine neue Schule, eine eigenverantwortliche austauschen.

[Henner Schmidt (FDP): Haben wir auch schon getan!]

Unser Ziel sollte die bestmögliche Förderung eines jeden Schülers, einer jeden Schülerin sein. Wir sollten die Möglichkeiten, die uns das bestehende Gesetz bei der Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit gibt, ausschöpfen. Das war Kern des neuen Schulgesetzes. Das ist in vielerlei Hinsicht nicht ausgefüllt. Daran sollten wir arbeiten und nicht versuchen, hier mit einer Debatte, die aus meiner Sicht daneben ist, eine Diskussion voranzutreiben, die uns aber nicht voranbringt.

[Beifall bei den Grünen – Beifall von Dr. Gabriele Hiller (Linksfraktion)]

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mutlu! – Das Wort für eine Kurzintervention hat der Herr Abgeordnete Dr. Lindner.

[Uwe Doering (Linksfraktion): Jetzt hast du etwas provoziert! Jetzt ist Lindner böse auf dich!]

Lieber Kollege Mutlu! Das war unter aller Kanone! Das muss ich Ihnen sagen. Wir hatten in der Tat diese Experten, von denen Sie sprachen, die Sie gerne anhören wollen, in der Fraktion.

[Özcan Mutlu (Grüne): Die schütteln den Kopf bei diesem Antrag!]

Wir hatten Frau John vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und andere in der Fraktion. Wir hatten dazu auch spezielle Veranstaltungen.

Sie reden an dem Thema schlichtweg vorbei. Wir haben für diese Fragen, die Sie aufgeworfen haben, klare Antworten gegeben. Wir wollen nicht, dass sich der Staat aus der Bildungspolitik herauszieht. Das können Sie und Ihre anderen linken Schulideologen in der PDS,

[Uwe Doering (Linksfraktion): Linksfraktion!]

bei den Grünen, bei der SPD oder sonst wo immer wieder zelebrieren, aber es ist nicht so. Wir fordern einen klaren staatlichen Auftrag, Bildungsziele zu formulieren und sie nicht nur zu formulieren, sondern auch zu evaluieren und über zentrale Prüfungen zu überprüfen. Unser Modell sieht die Veröffentlichung der Ergebnisse vor, schafft Transparenz und Auswahl für die Eltern und Schüler und Wettbewerb zwischen den Schulen. Unser Modell verabschiedet sich aber nicht von der staatlichen Verantwortung, ganz im Gegenteil: Unser Finanzierungsmodell schafft erst die Möglichkeit, dass auch Kinder aus nicht begüterten Familien Zugang zu Privatschulen haben.

[Özcan Mutlu (Grüne): Welches Finanzierungsmodell?]

Das ist die Privatschule für alle. Das ist gelebte Sozialpolitik im Unterschied zu dem, was Sie haben.

[Beifall bei der FDP]

Sie wollen doch durch Ihre Politik verhindern, dass Bürgerinnen und Bürger, die keinen dicken Geldbeutel haben, auch die Möglichkeit haben, auf private Schulen, auf freie Schulen zu gehen.

[Gelächter von Steffen Zillich (Linksfraktion)]

Sie sorgen durch Ihre uniformistische Schulpolitik dafür, dass die staatlichen Schulen immer schlechter werden und nur die Leute mit den dicken Geldbeuteln die Chance haben, sich freie, private Alternativen zu suchen. Das ist un

sozial, was Sie machen, Kollege Mutlu, was Ihre Partei macht.

Der FDP-Antrag ist gelebte Sozialpolitik, das ist vernünftige Bildungspolitik, Sie sollten in eine seriöse Diskussion darüber einsteigen, statt ständig Ihre ideologischen Monstranzen vor sich herzuschieben.

[Beifall bei der FDP]

Danke, Herr Abgeordneter! – Sie möchten nicht antworten, Herr Mutlu?

[Özcan Mutlu (Grüne): Was soll ich dazu sagen? – Uwe Doering (Linksfraktion): Nein, darauf muss man nicht antworten!]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie, wozu ich keinen Widerspruch höre.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 c:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes

Beschlussempfehlung BildJugFam Drs 16/1342 Antrag der SPD und der Linksfraktion Drs 16/1142

Der Dringlichkeit wird offenbar nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der drei Artikel miteinander zu verbinden. Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I bis III Drucksache 16/1142.

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die antragstellende Fraktion der SPD. Frau Dr. Tesch ist schon hier. – Bitte sehr, Sie haben das Wort!

Danke schön, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Mutlu hat gerade am Schluss gesagt, Ziel sei die bestmögliche Förderung jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers. Das passt wunderbar auf diese Gesetzesänderung hier. Wir haben ihn nun endlich nach zahlreichen Diskussionen in diversen Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreisen, Koalitionsrunden und nicht zuletzt unterstützt durch den hochkarätig besetzten Beirat Gemeinschaftsschule. Nun liegt er vor, der Antrag zur Änderung des Schulgesetzes, der die Gemeinschaftsschule als eine besonders ausgestaltete Schulversuchsform implementiert. Ich muss sagen, ich bin stolz darauf, dass wir dieses Vorhaben nun in eine Gesetzesform gießen werden.

[Beifall bei der SPD und der Linksfraktion]

Nach diversen Landesparteitagsbeschlüssen der SPD haben wir die Pilotphase Gemeinschaftsschule in die Koalitionsvereinbarungen von 2006 geschrieben und dafür insgesamt 22 Millionen € in den Haushalt eingestellt.

Was ist die Idee der Gemeinschaftsschule, und was unterscheidet sie von anderen Schulformen? – Diese Schule ist für alle Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer ethnischen, sozialen oder kulturellen Herkunft konzipiert und versucht, die Abhängigkeit des Bildungserfolges von außerschulischen Faktoren durch gemeinsames Lernen von der Schulanfangsphase bis zum Ende der Sekundarstufe I mit verbindlich geregeltem Übergang in die Sekundarstufe II zu verbinden.

Die Abhängigkeit des Bildungsweges von der sozialen Herkunft wurde uns durch PISA und andere Studien in Deutschland immer wieder bescheinigt.

[Zuruf von Mieke Senftleben (FDP)]